Protokoll: Sozial- und Gesundheitsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 13.02.2017
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Wölfle
Berichterstattung:Frau Dongus (SozA), Herr Weiß (Polizeipräsidium Stuttgart)
Protokollführung: Frau Gallmeister fr
Betreff: Aktueller Bericht über Drogenkonsum in Stuttgart
- Anfrage Nr. 372/2016 "Starke Zunahme des Drogen-
konsums" vom 18.11.2016 von StRin Bulle-Schmid,
StR Dr. Reiners und StR Fuhrmann (alle CDU)
- mündlicher Bericht -

Die im Betreff genannte Anfrage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


Nach der Begrüßung durch BM Wölfle entschuldigt sich Herr Weiß zunächst dafür, dass er keine Präsentation mit statistischen Zahlen aus der polizeilichen Kriminalstatistik mitbringen konnte, da diese zur Veröffentlichung noch nicht vorliegt.

Die Ausführungen von Herrn Weiß werden nachstehend in leicht überarbeitetem Wortlaut wiedergegeben.

"Ich denke, man muss zu Beginn unterscheiden, was wir unter Drogenszenen verstehen, weil Drogenszene ja nicht gleich Drogenszene ist, sondern wir haben verschiedene Konsummuster und dadurch auch verschiedene Szenen in Stuttgart, die zum einen stadtteilgeprägt sind, das sind einfach sozial geprägte Strukturen - man wächst gemeinsam auf, man kennt sich gemeinsam -, aber auch suchtstoffbezogene und -geprägte Szenen: Die Partyszene im Zusammenhang mit Discogängern, die Partydrogenszene, die sich auf Events oder auf Clubs konzentriert, genauso gewisse Szenenbereiche, wenn man die weichen Drogen sich anschaut, wo wir in den letzten Jahren im Umfeld vom Stuttgarter Hauptbahnhof, Arnulf-Klett-Platz und den Parkanlagen einen Schwerpunkt hatten, so auch dieser Punkt, der ja auch, denke ich, wesentlicher Bestandteil von der Anfrage bezüglich Bad Cannstatt war, die Szene um die harten Drogenkonsumenten. Bei den harten Drogenkonsumenten ist es so, dass gegenüber Anfang der 90er-Jahre, wo wir klassische offene Rauschgiftszenen in Stuttgart noch hatten, wo Drogenkonsum in der Öffentlichkeit wahrnehmbar war, wo offen konsumiert wurde, wo es für ortsfremde Personen unproblematisch möglich war, Drogen zu erwerben, weil es gewisse Anlaufstellen gab, eine Veränderung eingetreten ist, was nicht ausschließlich, aber auch auf polizeiliche Einsatzmaßnahmen, Schwerpunktmaßnahmen, zurückzuführen ist, aber auch auf eine gut gewachsene soziale Struktur, um die Leute auch in Substitutions- oder niedrigschwelligen Drogenbehandlungen unterzubringen.

Diese Szenen, die wir Anfang der 90er-Jahre hatten, haben sich ein Stück weit verändert. Wir haben immer noch Sozialszenen, ich würde sie als Kontaktszenen bezeichnen, weil ein Großteil von unseren Konsumenten in der Opiat- oder Opioidabhängigkeit auch in diesem sozial schwachen Bereich sich konzentriert - Herr Dr. Zsolnai hat vorhin von seiner Diamorphinbehandlung in der Schwerpunktpraxis berichtet -, ein Großteil des Lebensumstands der Opiat-/Opioidabhängigen dreht sich um die Sucht. So ist auch der soziale Kontakt untereinander geprägt. Und das führt dazu, dass man sich an gewissen Örtlichkeiten trifft, austauscht und auch dort seiner Suchtneigung nachgeht, Drogen erwirbt und auch Drogen verkauft. Diese Situationen haben wir auch in verschiedenen Bereichen in Stuttgart. Und es ist sehr schwer aus polizeilicher Sicht, da nachhaltig eine abschließende Veränderung herbeizuführen, weil, wie gesagt, auch der soziale Austausch da eine Rolle spielt. Ich nenne nur als Beispiel die Situation am Rupert-Mayer-Platz, wo ja städteplanerisch sehr viel in den letzten Jahren umgesetzt wurde, um da auch eine Veränderung herbeizuführen. Nichtsdestotrotz ist es immer noch ein Anlaufpunkt, wo sich sozial schwache Personen, aber auch Drogenkonsumenten, treffen und austauschen.

Stuttgart hat diesen einen Umstand, der vielleicht auch für diese Situation es schwermacht, eine abschließende Veränderung herbeizuführen, dass Stuttgart sehr gut im Nahverkehrsbereich zu erreichen ist. Wir haben ein sehr gut ausgebautes Straßenbahnnetz. Es ist also keiner gezwungen, sich irgendwo zentral aufzuhalten, sondern ich kann mich quer durch Stuttgart bewegen. Und der Rauschgifthandel und der Rauschgifterwerb spielen zum Großteil natürlich nach den Grundsätzen der freien Marktwirtschaft - Angebot und Nachfrage. Dort, wo Drogen angeboten werden, werden Personen sich hinbegeben, um Drogen zu erwerben, und in gewissem Maß auch, wenn der Suchtdruck so hoch ist, um die auch zu konsumieren. Das wird mittlerweile natürlich auch gefördert durch den Umgang miteinander. Fast 100 % der Drogenkonsumenten haben ein Mobiltelefon und tauschen sich über das Mobiltelefon aus. Es ist nicht mehr notwendig, wie früher, dass ich den persönlichen und sozialen Kontakt suchen muss, um an Drogen heranzukommen. In der Medienberichterstattung ist ja auch schon zur Genüge dargestellt worden, ein Großteil des Rauschgifthandels spielt sich auch übers Internet ab, Postversand, Darknet, nur so als Beispiel genannt. Es ist also nicht zwingend notwendig, dass ich mich in Gefahr begebe in der Öffentlichkeit, dem polizeilichen Verfolgungsdruck zu erliegen. Ich habe genug andere Ausweichmöglichkeiten.

Nichtsdestotrotz kommt es immer wieder zu Ansammlungen, die von der Bevölkerung als belastend wahrgenommen werden. Und Bad Cannstatt ist vielleicht so ein Beispiel, wo verschiedene Parameter zu so einem Umstand geführt haben, dass Drogenkonsum und -handel auch etwas in die Öffentlichkeit ausgestrahlt haben. Wir hatten im Verlauf des letzten Jahres mehrere Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Bad Cannstatt, wo eine Örtlichkeit eine Rolle gespielt hat, wo Drogenhändler die Möglichkeit hatten, unter dem relativen Ausschluss der Öffentlichkeit ihrem Drogenhandel nachzugehen. Es kam infolgedessen zu einer merkbaren Ansammlung von Drogenkonsumenten, die auch in die Öffentlichkeit ausstrahlte. Die Polizei hat schon frühzeitig versucht, dort nachhaltig Veränderungen herbeizuführen. Es wurden verschiedene Ermittlungsverfahren eingeführt, auch umfangreiche kriminaltaktische Maßnahmen durchgeführt in diesem Zusammenhang, um hier nachhaltig eine Veränderung herbeizuführen. Wir haben im Dezember 2016 diese Ermittlungsverfahren weitgehend zum Abschluss gebracht. Darüber fand auch eine Medienberichterstattung statt. Das war eine Situation, die mit Sicherheit so in der Bevölkerung wahrgenommen wurde, auch diese belastende Situation im Vorfeld, weil es auch im Ausfluss zu diesen Rauschgiftdelikten zu Situationen kam, dass die Drogenkonsumenten mehr in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurden als bisher.

Die Hoffnung der Polizei ist, dass zum einen durch unsere polizeilichen Einsatzmaßnahmen, aber auch durch intensivierte Kontrollmaßnahmen, die auch weiterhin durchgeführt werden, es uns gelingt, da eine mögliche Verfestigung zu verhindern. Man darf aber in Bad Cannstatt nicht außer Acht lassen, dass wir hier genau, was ich zu Anfang beschrieben habe, eine Situation haben, wo verschiedene Szenen zusammentreffen. Wir haben im Umfeld vom Bahnhof Bad Cannstatt sehr viele Gastronomie- und Gewerbebetriebe, die sehr anziehend für eine gewisse Klientel sind, und durch die es natürlich auch im weiteren Sinne zu einer gewissen Kriminalitätsbelastung kommen kann. Da ist für die Polizei nur in Abschnitten die Möglichkeit da, eine Veränderung herbeizuführen. Hier müssten letztlich auch ein Stück weit städteplanerische Überlegungen eine Rolle spielen.

Es wurde die Frage auch noch gestellt, ob es aufgrund von Schwerpunktmaßnahmen zu einer Verlagerung der Drogenszene nach Bad Cannstatt kommt. Ich kann dazu sagen, dass wir im Jahr 2016 keine Schwerpunktmaßnahmen, was die harte Drogenszene betrifft, im innerstädtischen Bereich durchgeführt haben. Nichtsdestotrotz, und das ist ja auch in den Medien berichtet worden, kam es im Nachgang zu den Ausschreitungen in Köln auch in Stuttgart zur Intensivierung polizeilicher Maßnahmen im öffentlichen Raum. Es wurde hier die Stuttgarter Sicherheitskonzeption gebildet, die schwerpunktmäßig Kontrollmaßnahmen im öffentlichen Raum durchführt. Das sind natürlich Maßnahmen, die auch in der Bevölkerung so wahrgenommen werden, die sich letztlich auch statistisch, in der polizeilichen Kriminalstatistik, niederschlagen werden. Aber es sind zum Großteil natürlich alles Kontrolldelikte, so wie auch die überwiegende Zahl der polizeilichen Kriminalstatistik aus Kontrolldelikten entsteht. Das heißt, je mehr die Polizei ihre Maßnahmen intensiviert, desto mehr werden sich diese Delikte auch in der Kriminalstatistik niederschlagen."

Frau Dongus ergänzt hinsichtlich der Streetwork-Arbeit, dass sich die in Bad Cannstatt bestehende Straßen- und Sozialarbeit, die sich aber schwerpunktmäßig um die Trinkerszene um den Bahnhof Bad Cannstatt kümmere, mit den Streetworkerinnen/Streetworkern zusammengesetzt habe, und sie hätten auch am Runden Tisch Bad Cannstatt teilgenommen. Ein Austausch finde statt. Auf ihre aktuelle Erkundigung, wie die Situation in Bad Cannstatt von den Kollegen, die dort Streetwork machen, wahrgenommen wird, sei dargelegt worden, dass, seit die eine Örtlichkeit, die von vielen Drogenabhängigen genutzt wurde, nicht mehr in dieser Funktion bestehe, sich die Situation wieder normalisiert habe. Ansonsten seien aus ihrer Sicht die Szenen, die sich am Rupert-Mayer-Platz oder am Rotebühlplatz oder um die Leonhardskirche herum aufhielten, mit denen in Bad Cannstatt, was die Drogenkonsumenten angehe, identisch.

StRin Bulle-Schmid (CDU) dankt Herrn Weiß und Frau Dongus für ihre Ausführungen. Zur Aussage von Herrn Weiß, dass die Situation in Bad Cannstatt nicht so schlimm sei, verweist sie auf Aussagen aus der Bevölkerung, dass der Spritzenverkauf in Bad Cannstatt rasant angestiegen sei. Spritzen würden rund um den Bahnhof gefunden. Dies sei der Anlass für die Anfrage Nr. 372/2016 gewesen. Nachdem die Toilette im Bezirksrathaus zum Drogenkonsum missbraucht wurde, sei diese zunächst abgeschlossen, jedoch von jemandem aufgebrochen worden. Jetzt sei blaues Licht installiert worden, damit die Drogensüchtigen die Venen beim Einstechen nicht mehr finden können. Ihre Fraktion interessiere sich für die Zahlen der polizeilichen Kriminalstatistik, sobald diese veröffentlicht werden können. Gemeinderat und Verwaltung müssten sich ihres Erachtens überlegen, wie das Drogenproblem in Stuttgart in den Griff zu bekommen sei.

BM Wölfle verdeutlicht an StRin Bulle-Schmid gewandt, dass Herr Weiß die Lage nüchtern beschrieben hat. In Bad Cannstatt habe es einen bestimmten Hotspot gegeben, der zu bestimmten Auswirkungen geführt habe; um den Bahnhof Bad Cannstatt herum bestehe aber ein allgemeines Problem angesichts des städtebaulichen Umfeldes.

StRin Seitz (90/GRÜNE) merkt an, aus dem Bericht von Herrn Weiß bleibe ihr im Gedächtnis, dass eine nachhaltige Veränderung auch der ganzen Szene mit polizeilichen Maßnahmen nur schwer zu erreichen sei. Wenn dies so sei, stelle sich die Frage, ob bestehende Maßnahmen angepasst und ausgeweitet werden müssten. Interessieren würde sie, wie es mit dem Partydrogenprojekt Take von Release weitergeht.

Mit der städtebaulichen Situation am Bahnhof Bad Cannstatt müsste man sich einmal befassen, wenn dort eine Verbesserung der Situation gewünscht werde, so StRin Seitz.

StR Ehrlich (SPD) geht davon aus, dass illegaler Drogenkonsum, solange er seine Verbreitung findet, immer noch ein lukratives Geschäftsmodell darstellt, das die Gesellschaft noch lange beschäftigen wird. Ob die generelle Freigabe von Drogen eine Lösung sein könnte, werde aber wohl anderswo zu diskutieren sein. Die Polizei könne im Drogenbereich zwar kontrollieren, aber wohl strategisch nichts tun; dies sei ein Stück Polizeiarbeit, die wohl mit hoher Frustration verbunden sei. Umso mehr Respekt habe er vor den Leistungen der Polizei in diesem Bereich.

StRin Gröger (SPD) verweist auf ihre Teilnahme am letzten Runden Tisch. Die Situation in Bad Cannstatt sei, bis auf den von StRin Bulle-Schmid angesprochenen Fall der Zweckentfremdung der öffentlichen Toilette, nicht so alarmierend geschildert worden.

Neben der städtebaulichen Situation im Bahnhofsbereich Bad Cannstatt spiele auch eine Rolle, dass viele Menschen in ihrer schwierigen Lebenssituation im Zentrum von Bad Cannstatt noch eine Wohnung finden und dort dann auch ihr Aufenthaltsort ist.

StRin Gröger thematisiert außerdem den Drogenumschlag an S-Bahn-Stationen, wo unter Umständen zwei oder drei Leute mit Drogen bedient werden könnten, bevor die S-Bahn weiterfährt.

Unter Hinweis auf einen Artikel in der Stuttgarter Zeitung vom 24.01.2017 mit der Fragestellung "Jugend auf Droge?", in dem von fast einer Verdreifachung der Drogendelikte an Schulen in Baden-Württemberg berichtet wurde, wirft StRin Gröger die Frage auf, was da abgeht. Sie bittet, im Schulbeirat über die Gründe zu berichten, warum trotz sehr vieler Präventionsprojekte der Drogenkonsum sich fast verdreifacht hat.

Vermisst habe sie bei der Berichterstattung Aussagen dazu, dass beim Einkaufszentrum Milaneo sich unter Umständen eine Szene entwickeln könnte oder bereits entwickelt hat, da viele Schülerinnen und Schüler sich dort treffen.

StR Pantisano (SÖS-LINKE-PluS) teilt die Ansicht, dass in bestimmten Quartieren die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass es zu Drogenkonsum kommt, wenn beispielsweise die Armut groß ist, wenn Arbeitslosigkeit und sozialer Druck herrschen. Deshalb sei die Prävention sehr wichtig, damit verhindert wird, dass jemand überhaupt süchtig wird. Angegangen werden müssten auch Örtlichkeiten, bei denen städtebauliche Fehler begangen wurden. Als Beispiel nennt der Stadtrat die Klettpassage, die dazu einlade, mit Drogen zu handeln, was andere Menschen auch verängstige.

Zum City-Streetwork-Projekt, das gerade die Jugendlichen, die nachts in der Partyszene unterwegs sind, erreicht hat, das aber leider habe eingestellt werden müssen, sollte nach Meinung seiner Fraktionsgemeinschaft im Rahmen der nächsten Haushaltsplanberatungen überlegt werden, dieses Projekt mit 200.000 € im Jahr wiederaufzunehmen.

Außerdem spricht StR Pantisano an, dass es neben den Menschen, die ihren Drogenkonsum in der Öffentlichkeit ausleben, eine große Anzahl von Menschen gibt, die ihre Drogen nicht nach außen sichtbar konsumieren. Drogenkonsum sei kein Problem nur von Jugendlichen, sondern es gebe auch ein Drogenproblem im Beruf, in Manager-Etagen usw., das nicht so auffällig sei.

StR Dr. Fiechtner (AfD) verweist auf seine Zeit als Mitglied des Innenausschusses des Landtags. Dort sei ebenfalls die Erhöhung der Kriminalität, und zwar Trunkenheit an Schulen, erörtert worden. Nachdem offensichtlich an Schulen mehr kontrolliert wurde, hätten sich die angestiegenen Zahlen ergeben. Ihm stelle sich dabei die Frage, ob es sich dabei um einen echten Anstieg handle oder nicht. Wahrscheinlich bräuchte man Zahlen über Krankenhauseinweisungen, Behandlungen u. ä., um festzustellen, ob die Zahlen wirklich gestiegen sind. Solange der Gebrauch mancher Substanzen kriminalisiert werde und der anderer nicht, werde das Problem bestehen, dass aus dem Missbrauch kriminelles Handeln entsteht. Er persönlich wäre eher für die Freigabe, bei voller Haftung für den Gebrauch.

Der Vortrag von Herrn Weiß klinge für ihn auch nach einem Versagen staatlicher Funktionen. Die Hauptaufgabe eines Staates sei nach seiner Auffassung die Sicherung der inneren Sicherheit und der äußeren Grenzen. Wenn in verschiedenen Bereichen in Stuttgart, z. B. bei der Leonhardskirche oder am Rotebühlplatz, Handlungen stattfinden, die nach gegenwärtiger Definition als kriminell erachtet werden, und man der Situation nicht Herr wird, könne man dem Problem auch nicht mit Präventionsmaßnahmen beikommen - diese seien in der Wirksamkeit ohnehin fraglich. Er habe hier selten gehört, dass eine Maßnahme wirklich belegbar effizient gewesen sei.

Herr Dr. Obert merkt zum Runden Tisch Bad Cannstatt an, dass man sich in der Sitzung im März d. J. mit der Drogenproblematik nochmals befassen werde. Herr Binder fügt an, nach dem von StRin Gröger erwähnten Artikel habe er Herrn Weiß kontaktiert. Dieser habe ihm gesagt, dass sich die Zahlen der Drogendelikte in Stuttgart in den letzten 4 Jahren nicht verändert hätten; sie lägen alle in einem Bereich von rund 50 Straftaten pro Jahr. In Baden-Württemberg seien es knapp 1.000 Drogendelikte. In Stuttgart habe der dramatische Anstieg nicht stattgefunden. Bei allen anderen Kennzahlen, was Rauschgiftdelikte betreffe, liege Stuttgart doppelt so hoch wie der Landesschnitt. Argumentiere man jetzt einmal nur mit Zahlen, könne festgestellt werden, dass die Präventionsangebote in Stuttgart Wirkung zeigen.

Herr Weiß geht auf die aufgeworfenen Fragen ein. Wenn die Polizei Erkenntnisse über Straftaten habe, müsse sie die nötigen Ermittlungen einleiten. So sei dies auch im Bereich der Rauschgiftkriminalität. Wenn die Polizei Kenntnis davon habe, dass Straftaten begangen wurden, würden entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Wie diese aussehen, hänge vom entsprechenden Hinweis und von den Straftaten ab. Mit allen Möglichkeiten oder Beschränkungen, welche die Strafprozessordnung der Polizei auferlege, versuche die Polizei, die ihr möglichen Maßnahmen zu treffen. Dies könne mit Platzverweisverfahren umgesetzt werden, aber auch mit gezielten polizeilichen Aktionen, die zur Strafverfolgung und auch zu Inhaftierungen von gewerbsmäßigen Straftätern führen.

Zur Frage, wo polizeiliche Maßnahmen aufhören und wo sie anfangen, merkt Herr Weiß an, er sehe es so, dass polizeiliches Einschreiten mittlerweile über Jahre hinweg sehr eng mit sozialen Diensten gekoppelt und mit ihnen verbunden ist. Er verweist in diesem Zusammenhang auf das FreD-Programm - die Frühintervention bei erstauffälligen Drogenkonsumenten -, bei dem nicht die Strafverfolgung im Vordergrund stehe, sondern die Zielrichtung sei, diese jungen Menschen möglichst schnell in eine sozialtherapeutische Beratung zu bekommen. Es bestehe hier eine enge Verzahnung zwischen der Polizei und Release. Aber auch in vielen anderen Bereichen seien die Kontakte eng verknüpft, um gemeinsam in die Zielrichtung vorzudringen, gewisse Veränderungen herbeizuführen.

Die Polizei sei sehr aufmerksam, wenn sie Hinweise darauf habe, dass Drogenkonsum sich ausweitet oder es zu Delikten kommt, die in die Öffentlichkeit ausstrahlen oder auch nicht in die Öffentlichkeit ausstrahlen. Auch gingen bei der Polizei Beschwerden über merkbaren Drogenkonsum ein. Es werde dann versucht, durch geeignete Kontrollmaßnahmen eine gewisse Veränderung herbeizuführen.

Der Verkauf von Drogen durch Rauschgifthändler sei nicht an Gaststätten oder andere Orte gebunden, sondern finde dort statt, wo sich der Rauschgifthändler aufhalte, z. B. in einer Gaststätte oder auf öffentlichen Plätzen oder an Stadtbahn- und S-Bahn-Haltestellen. Sobald die Polizei davon Kenntnis erlange, versuche sie dagegen vorzugehen und den Erwerb bzw. Verkauf von Drogen zu unterbinden. Die polizeilichen Maßnahmen hätten gewisse Verdrängungssituationen zur Folge, die aufgrund der Mobilität der Leute aber nicht abschließend nachhaltig seien.

Auf die entsprechende Frage von StR Dr. Reiners (CDU) merkt Herr Weiß an, im Bereich der harten Drogen verteile sich die Kriminalität relativ gleichmäßig auf alle Ethnien. Bei den weichen Drogen bestehe, was das Umfeld um den Bahnhof und die Händlerszene betreffe, ein Schwerpunkt im nord-, mittel- und zentralafrikanischen Bereich.




Abschließend stellt BM Wölfle, mit dem Dank an Herrn Weiß für die Berichterstattung, fest:

Der Sozial- und Gesundheitsausschuss hat Kenntnis genommen.

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