Protokoll:
Ausschuss für Umwelt und Technik
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
95
11
Verhandlung
Drucksache:
GZ:
Sitzungstermin:
14.03.2017
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
BM Dr. Schairer
Berichterstattung:
der Vorsitzende, BM Thürnau
Protokollführung:
Frau Westhaus-Gloël
fr
Betreff:
Modellsegelflug in Stuttgart
- Antrag Nr. 398/2016 (AfD) vom 08.12.2016
- mündlicher Bericht -
Vorgang: Ausschuss für Umwelt und Technik vom 21.02.2017, öffentlich, Nr. 71
Ergebnis: Zurückstellung
Der im Betreff genannte Antrag ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.
BM
Dr. Schairer
schlägt vor, die Tagesordnungspunkte 11, 12 - "Grüner Heiner", Antrag Nr. 431/2016 der SPD-Gemeinderatsfraktion vom 19.12.2016 und TOP 13 - "Aufhebung der Freigabe der Flächen für den Modellsegelflug an der Grünanlage 'Grüner Heiner'"- gemeinsamer Antrag Nr. 404/2016 (der Gemeinderatsfraktionen von Freien Wählern und CDU, der FDP und der STAdTISTEN vom 12.12.2016, und damit alle gestellten Anträge zum Thema Modellsegelflug in Stuttgart am "Grünen Heiner", zusammen aufzurufen. Dagegen erhebt sich kein Widerspruch.
BM
Dr. Schairer
verweist einführend auf den Bericht zur GRDrs 795/2016 in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik am 06.12.2016. Auf der städtischen Fläche des "Grünen Heiner" finde seit 1970 ein Modellsegelflugbetrieb statt, der im Grunde vom Garten- Friedhofs- und Forstamt (GFF) geduldet worden sei. Es habe keine ausdrückliche Freigabe gegeben. Betonen wolle er, dass überwiegend auswärtige Vereine und Einzelpersonen den intensiven Modellsegelflug betreiben würden. Das Stuttgarter Bedürfnis, das den Gemeinderäten in Schreiben mitgeteilt worden sei, müssten diese nochmals prüfen.
Am 18.03.2016, so BM Dr. Schairer weiter, sei wenige Meter neben einer Korntaler Schülergruppe bekanntlich ein Modellsegelflugzeug abgestürzt. Es sei glücklicherweise nichts passiert, doch sei die Stadt Stuttgart in diesem Zusammenhang von der Stadt Korntal-Münchingen darüber unterrichtet worden, dass bereits am 30.12.2012 ein Modellsegelflieger tödlich durch ein Modellsegelflugzeug verunglückt war. Daraufhin habe die Stadt eine Überprüfung vorgenommen. Sie sei zu der Rechtsansicht gelangt, dass sie es haftungsrechtlich nicht dulden könne, wenn dort mehr oder weniger unkontrolliert und ohne Regeln ein Modellsegelflugbetrieb stattfindet. In der GRDrs 795/2016 sei auch klargestellt worden, dass es weder eine zeitliche noch eine räumliche Aufteilung der Nutzungen Modellsegelflug und Naherholung am "Grünen Heiner" geben kann.
Auch im Nachgang zu dem Bericht im Ausschuss sei man nochmals zu dem Ergebnis gekommen, dass es nur ein Entweder-oder gebe. Der "Grüne Heiner" sei eine öffentliche Grünfläche und werde als Erholungsgebiet betrieben. In § 3 Abs. 9 der Grünflächensatzung stehe: "Schließ-, Wurf-, Schleudergeräte sowie Golfschläger oder ähnliche Sport- und Spielgeräte dürfen nicht benutzt werden. Modellautos mit Verbrennungsmotor sowie Flugmodelle zu Zwecken der Freizeitgestaltung und des Sports dürfen nur auf dafür besonders freigegebenen und gekennzeichneten Flächen betrieben werden". Theoretisch könne der Gemeinderat entscheiden, den "Grünen Heiner" aus der Ausweisung als Grünfläche und Erholungsgebiet herauszunehmen, und dort eine - wie bei der Anlage an der Teck - mit Zäunen klar abgegrenzte und festgelegte Anlage für Modellsegelflugzeuge aufzubauen, die von irgendjemand dann betrieben werden müsse. Bevor die Entscheidung über ein solches Vorgehen getroffen sei, mache es auch keinen Sinn, sich über mögliche Betriebskonzepte zu unterhalten. Letzten Endes müsse der Gemeinderat entscheiden, ob die Stadt den "Grünen Heiner" zu einem Fluggebiet macht oder nicht. Andere Gebiete, in denen man Modellsegelflug machen könne, gebe es in Stuttgart nicht. Der "Grüne Heiner" mit seiner speziellen Thermik biete die einzige Möglichkeit.
BM
Thürnau
geht auf die Fragen aus dem gemeinsamen Antrag Nr. 404/2016 ein. Zur Frage, wie sich die Stadt Korntal-Münchingen zu dem Thema stelle, weil sie ein Stück Eigentum am "Grünen Heiner" habe, führt er aus, die Stadt Korntal-Münchingen habe anlässlich des Vorfalls mit der Schülergruppe deutlich gemacht, dass sie aufgrund der Zuständigkeiten der Landeshauptstadt Stuttgart nicht weiter beteiligt werden möchte. Die entsprechenden Flächen lägen auf Stuttgarter Stadtgebiet. Zur Frage, wo denn das enorme Haftungsrisiko sei und ob man das in Euro beziffern könne, wolle er nur sagen, dass seiner Ansicht nach die beiden geschilderten Vorfälle nicht in Euro umzurechnen seien. Ein Todesfall und ein Beinaheunfall mit einer Schülergruppe müssten als Haftungsrisiko ausreichen. In einer Stellungnahme des Rechtsamts werde vor dem Hintergrund des geschilderten Haftungsrisikos dringend davor gewarnt, den Modelsegelflugbetrieb in der Verantwortung der Stadt Stuttgart weiterzuführen.
Auf die Frage, ob mit den Modellsegelfliegern geredet worden sei, antwortet BM Thürnau, das GFF habe nach dem Vorfall in 2016, bevor man dem Gemeinderat berichtet habe, dass der Betrieb zunächst einmal gesperrt werde, zu den ihm bekannten Modellsegelfliegern den Kontakt gesucht und über die Sperrung informiert. Dies sei wohl auch der Auslöser für die Vorschläge gewesen, wie man den Weiterbetrieb noch realisieren könne. Zunächst müsse aber geklärt werden, was der Gemeinderat grundsätzlich wolle. Ein Miteinander von öffentlicher Grünflächennutzung und Modellsegelflugbetrieb an dieser Stelle werde von der Verwaltung als kritisch angesehen. In der Zuständigkeit des GFF, das wolle er ganz klar sagen, werde kein Modellsegelflug betrieben werden.
StR
Fuhrmann
(CDU) äußert sein Verständnis dafür, dass die Stadt Maßnahmen ergreift, um Haftungsrisiken einzuschränken. Man könne im Leben aber nicht jedes erdenkliche Risiko in den Griff bekommen. Bei zwei Vorfällen sei einer ohne Folgen geblieben. Umso tragischer sei natürlich der erste Unfall. Es stelle sich nur die Frage, ob dies den enormen Eingriff einer Sperrung für den Modellsegelflugbetrieb rechtfertige. Der Modellsegelflug am "Grünen Heiner" habe eine gewisse Tradition. Regelmäßig kämen auch viele Besucher, um zuzuschauen. Er frage sich, ob nach dem Luftverkehrsgesetz die Nutzung den Modellsegelfliegern nicht eigentlich zustehen müsse. Seine Fraktion hätte es begrüßt, wenn eine Lösung für eine Mischnutzung - Modellsegelflug und Naherholung - gefunden worden wäre, zum Beispiel in zeitlicher Hinsicht. Die Besucher hätte man mit Schildern wie "Vorsicht Modellflug. Betreten auf eigene Gefahr" anweisen können, um das Haftungsrisiko zu vermeiden. Wenn die Verwaltung nun der Ansicht sei, dass der "Grüne Heiner" nur entweder für den Modellsegelflug oder als Naherholungsgebiet genutzt werden dürfe, könne er persönlich sich schönere Naherholungsgebiete vorstellen. Seine Fraktion wolle sich gerne noch einmal beraten und das Thema auch noch einmal mit dem Bezirksbeirat besprechen.
StR
Winter
(90/GRÜNE) teilt mit, dass auch seine Fraktion bisher davon ausgegangen ist, dass eine Lösung mit einer zeitlichen Aufteilung der Nutzungen möglich ist. Es gebe Angebote von Interessensgemeinschaften, die bereit seien, für eine Beschilderung zu sorgen, und dafür, dass nur geflogen wird, wenn entsprechendes Aufsichtspersonal vor Ort ist. Die Vorschläge zu zeitlichen Regelungen und entsprechenden Kontrollen habe er zumindest für diskussionswürdig gehalten. Die Verwaltung sage nun im Grunde genommen, dies sei nicht möglich, und der Gemeinderat müsse sich entweder für ein Naherholungsgebiet am "Grünen Heiner" oder für ein wie an der Teck abgesperrtes Gebiet für den Modellsegelflug entscheiden. Damit stelle sich nun die Frage, ob und wie auf das Bedürfnis, am "Grünen Heiner" Modellsegelflug zu betreiben, eingegangen werden solle. Auch seine Fraktion wolle das Thema nochmals beraten.
StR
Pfeifer
(SPD) stellt klar, dass es aus seiner Sicht keine Rolle spielt, ob mehrheitlich Stuttgarter ihr Modellsegelflughobby am "Grünen Heiner" ausüben wollen oder "jemand aus Korntal oder Ditzingen". Unter der Haftpflicht der Landeshauptstadt Stuttgart solle das Vorhaben aber nicht stehen. Sehr viel Sympathie habe seine Fraktion für ein von diesen Nutzern getragenes Betreibermodell. Im Moment könne er nicht einschätzen, ob der "Grüne Heiner" im Grunde hauptsächlich von der Modellfliegerszene, den Aktiven und den Zuschauern, besucht werde. Der Bezirksbeirat Weilimdorf könne sich vorstellen, dass weiter Modellsegelflug betrieben werde, mit den entsprechenden Vorgaben und Einschränkungen, Hinweistafeln und einer geklärten Haftung. Dem würde sich seine Fraktion gerne anschließen, wenn eine Abgrenzung, rechtlich oder topografisch, möglich sei.
StR
Pantisano
(SÖS-LINKE-PluS) macht deutlich, dass für die Fraktionsgemeinschaft die Einzäunung einer Grünfläche, die als öffentliche Grünfläche genutzt wird, nicht in Frage kommt und die Nutzung als Naherholungsgebiet höher bewertet wird als das Interesse der Modellsegelflieger.
StRin
von Stein
(FW) hält es für sinnvoll zu prüfen, ob das Haftungsrisiko an die Betreiber des Modellsegelflugs delegiert werden kann. Mit gutem Willen müsse es möglich sein, Lösungen zu finden, damit der Modellsegelflug am "Grünen Heiner" weiterbetrieben werde könne. Neben den aktiven Modellsegelfliegern gebe es dort auch jede Menge Zuschauer.
Auch StR
Klingler
(AfD) spricht sich dafür aus, eine Kompromisslösung zu finden, damit der Modellsegelflug weiter betrieben werden kann. Dass es einen tödlichen Unfall gegeben habe, sei tragisch. Man könne aber nicht alles verbieten, was gefährlich sein könne. Nur weil Vereine nicht in Stuttgart ansässig seien, heiße das noch nicht, dass niemand aus Stuttgart unter den Modellsegelfliegern sei. Die Verwaltung stelle sich bei dem Thema "stur" und wolle offensichtlich nicht, dass der Modellsegelflug weiter stattfinde. Mit Absperrungen durch Zäune oder zeitlichen Einschränkungen müsse das seiner Ansicht nach aber möglich sein.
Für StR
Conz
(FDP) ist der "Grüne Heiner" ein beliebter Ausflugsort für alle, die ein Interesse am Modellsegelflug haben. Dieser attraktive Sportbereich gehöre zur Landeshauptstadt Stuttgart und müsse eine Förderung dadurch erfahren, dass die Ausübung des Sports weiterhin möglich sein wird. Es müssten Kompromisse in zeitlicher oder räumlicher Art gefunden werden.
StR
Dr. Schertlen
(STd) würde es ebenfalls begrüßen, wenn am "Grünen Heiner" weiterhin Modellsegelflug stattfinden könnte. Wenn es zu einer Entweder-Oder-Entscheidung kommen müsse, werde er sich für die Einrichtung eines Modellsegelfluggeländes aussprechen. In rechtlicher Hinsicht könne man sich vielleicht an den neuen Richtlinien zum Drohnenflug orientieren.
BM
Thürnau
erläutert, der "Grüne Heiner" sei nach der Grünflächensatzung eine öffentliche Grünfläche. Es gebe einen Nutzungswiderspruch zwischen dem, was die Grünflächensatzung im § 3 Abs. 9 aussagt und dem, was dort stattgefunden hat. Wenn die Fläche aus der Geltung der öffentlichen Grünflächensatzung genommen werde, solle dort haften, wer wolle, nicht aber das Technische Referat und nicht das Garten- Friedhofs- und Forstamt. Das Modellsegelfluggebiet an der Teck sei eine vom Regierungspräsidium Stuttgart genehmigte Anlage. In einigen Wortbeiträgen sei der "Grüne Heiner" als reiner Modellsegelflugplatz dargestellt worden. Er sei aber immer noch ein Aussichtspunkt, an dem Leute spazieren gehen, Fahrrad fahren und den Abend genießen. Im Jahr gebe es dort geschätzt 20.000 - 25.000 Besucher. Sicherlich seien darunter auch Besucher, die wegen des Modellflugs kommen. Aber man könne nicht so tun, als sei der "Grüne Heiner" nur für den Modellsegelflug da. Für das GFF sei wichtig, dass das haftungsrechtliche Problem gelöst werde, das sich aus der Mischnutzung ergebe. Ob der "Grüne Heiner" eine reine Grünflächennutzung habe oder zu einer Modellsegelflugeinrichtung werde, müsse der Gemeinderat entscheiden.
BM
Dr. Schairer
weist darauf hin, dass die Stadt Stuttgart sicherlich keinen Modellsegelflugplatz eröffnen und betreiben wird. Das müsse von anderer Seite geschehen.
StR
Klingler
regt an, dass die Stadtverwaltung vor der erneuten Behandlung des Themas im Ausschuss, einen Vorschlag erarbeitet, ob der "Grüne Heiner" als Sportfläche ausgewiesen werden kann und soll.
Von der Verwaltung, so BM
Dr. Schairer
, werde kein Vorschlag kommen, bevor der Gemeinderat sich nicht entscheide, die Fläche für den Modellsegelflug freizugeben und das Erholungsgebiet zu schließen.
StR
Pfeifer
bittet die Verwaltung darum, bis zur nächsten Behandlung des Themas aufzuzeigen, welche konkreten Konsequenzen sich aus einer Entscheidung für die Einrichtung einer Modellsegelfläche ergeben. Erst wenn man die Konsequenzen vor Augen habe, könne man eine Entscheidung treffen. Die Fraktionen hätten ja offensichtlich eine Sympathie dafür, den Modellsegelflug zu ermöglichen. Welcher Preis damit verbunden sei, müsse die Verwaltung aufzeigen.
StR
Fuhrmann
regt an, die Stadt Korntal-Münchingen mit einzubeziehen, um rechtliche Zugriffsmöglichkeiten auf Korntaler Gemarkung zu regeln, für den Fall, dass ein Modellsegelflieger von Korntaler Gemarkung aus sein Modellflugzeug starte und über Stuttgarter Gebiet fliege.
StR
Winter
schließt sich der Bitte von StR Pfeifer an und bittet um weitere Informationen zu einer eventuell doch noch möglichen zeitlichen oder räumlichen Absperrung. Auch zur Frage der Aufsicht und Haftung - eventuell über das Regierungspräsidium Stuttgart oder einen zugelassenen Verein - will er noch nähere Informationen haben. Wenn die offenen Fragen geklärt seien, könne zügig eine Entscheidung gefällt werden.
An StR Fuhrmann gewandt gibt StR
Klingler
zu bedenken, dass vom Korntaler Gemeindegebiet am "Grünen Heiner" aus wegen der vorhandenen Bäume kein Modellsegelflugzeug starten könne. Er plädiert dafür, den Modellsegelflug an drei bis vier Tagen in der Woche freizugeben. Es gebe auch andere Sportarten, die nicht zu jeder Zeit ausgeübt werden könnten. Mit ein bisschen Flexibilität müsse die Verwaltung eine entsprechende Lösung erarbeiten können.
StR
Conz
fragt nach Informationen, welche Vor- oder Nachteile sich aus der Ausweisung eines Gebiets als Naherholungsgebiet ergeben und welche Folgen eine Aufhebung des Status "Naherholungsgebiet" hätte.
Die Mehrheit des Rates, so StR
Dr. Schertlen
, wünsche sich wohl, dass der Modellsegelflug weiterhin ermöglicht wird. Zumindest aber wolle man die Optionen kennen, um dann in ein paar Wochen zu einer Beschlussfassung kommen zu können.
BM
Dr. Schairer
hält abschließend fest, dass der Wille des Gemeinderats vernommen worden ist und das Thema behandelt wird, wenn die Verwaltung sich erneut Gedanken gemacht hat.
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