Protokoll:
Ausschuss für Umwelt und Technik
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
166
1
Verhandlung
Drucksache:
GZ:
Sitzungstermin:
24.04.2018
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
BM Thürnau
Berichterstattung:
der Vorsitzende
Protokollführung:
Frau Faßnacht
pö
Betreff:
Kahlschlag statt Kunst - Sanctuarium auf dem Prag-
sattel wurde zerstört
Antrag Nr. 101/2018 vom 28.03.2018 (SÖS-LINKE-PluS)
- mündlicher Bericht -
Der im Betreff genannte Antrag ist dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt. Gleiches gilt auch für die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation, die aus Datenschutzgründen nicht im Internet veröffentlicht werden kann und die dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt ist.
BM
Thürnau
begrüßt zu diesem Tagesordnungspunkt Herrn OB Kuhn, dem er das Wort übergibt.
OB
Kuhn
führt aus, es sei ihm ein Bedürfnis, dem Ausschuss zu erklären, warum er sich für den Vorgang entschuldigt habe. Persönlich war er schockiert von den Fotos, die den Rückschnitt des Sanctuariums zeigten. Das Vorgehen passe nicht in die Zeit, wo große Programme in den Doppelhaushalten zum Thema grüne Infrastruktur gemacht werden aus der Erkenntnis heraus, dass Stuttgart mehr Grün braucht, vor allem in Bezug auf die Abgassituation und wegen der warmen Sommer. In Gesprächen mit BM Thürnau und Herrn Schirner habe er klargestellt, dass solche Rückschnitte künftig nicht mehr stattfinden, und zwar weder bei Arbeiten durch das Amt selber als auch bei Arbeiten durch beauftragte Firmen. Diese Anweisung, rücksichtsvoller zurückzuschneiden, gelte auch für Schul- und Kita-Gärten. Im Falle des Sanctuariums wäre es selbstverständlich gut gewesen, das Konzept des Rückschnitts zu hinterfragen und abzusichern.
Da die Bepflanzung nachwächst, werde sich der Schaden in Grenzen halten, jedoch brauche man das Grün dringend in der Stadt. Er habe sich in aller Form bei dem Künstler und bei der Öffentlichkeit für den Kahlschnitt entschuldigt und werde darauf achten, dass so etwas in dieser Form nicht noch einmal geschieht.
Nachdem das Wort seitens der Antragsteller zunächst nicht gewünscht wird, schildert BM
Thürnau
mithilfe einer Präsentation die Gründe, warum das Kunstwerk "Sanctuarium" auf dem Pragsattel in der erfolgten Weise zurückgeschnitten wurde.
"Ich will kurz auf die Historie eingehen: Das Sanctuarium ist ein Kunstwerk von Herman de Vries, zur IGA 1993 erstellt worden. Wenn man sich einmal die Bilder anschaut, wie das ausgesehen hat im Jahr 1996, dann kann man unschwer erkennen, dass damals wirklich eine unbewachsene Fläche war. Da ist es schon drei Jahre im Bestand zu sehen. Und dass dieses Kunstwerk sich über die Jahre weiterentwickelt hat, wir haben da noch ein Bild von 2006, da sieht man einen Aufwuchs in einer Größenordnung, wo man noch sehr schön den eigentlichen Zaun erkennen kann. Wir sind nämlich der Meinung, dass dieses Kunstwerk von beidem lebt, von dem Grün und von dem Zaun, weil, es soll ja innerhalb dieses Zaunes dargestellt werden - so auch der Künstler, mit dem wir im intensiven Austausch derzeit sind -, was die Natur macht, wenn man sie in Ruhe lässt. Und dann haben wir noch ein Bild dabei, wie es 2014 ausgesehen hat. Da ist der Zaun nur schwer zu erkennen. Sie sehen da nur ein paar Spitzen noch herausragen. Das war der Zustand.
Wir haben das Kunstwerk zweimal vorab zurückgeschnitten, und wir haben die Situation, dass es zu diesem Rückschnitt ein Parkpflegewerk gibt. Das Parkpflegewerk ist 1996 vom Gartenbaubüro Luz erstellt worden, und darin steht, 'dass die Entwicklung zum Wald innerhalb dieses Bereiches durch regelmäßiges Zurückwerfen der Spontanvegetation auf das Ausgangsstadium unterbunden werden soll, sobald die Gehölze die Zaunspitzen überwachsen haben'. Wenn man das jetzt wörtlich nimmt, so lese ich das - ich sage nicht, dass das der richtige Weg ist, aber wenn man das wörtlich nimmt, und das haben die Mitarbeiter an der Stelle getan, dann steht da drin, wenn das so aussieht wie auf dem Foto von 2014, dann ist es auf den Stock zurückzusetzen, auf das Ausgangsstadium. Der Oberbürgermeister hat es gesagt, das ist nicht mehr 'State of the Art' für uns. Das ist auch für uns als Gartenbauamt so angekommen, ganz klar.
Wir sind in dem ganzen Thema in gutem Kontakt mit dem Künstler, Herr Schirner in Person. Gerade letzten Freitag hat es noch ein Telefonat gegeben, und der Künstler hat uns an der Stelle auch gesagt, sein Ziel ist, dass das nicht noch mal passiert. Das werden wir garantieren. Er wünscht sich aber auch, das hat er am Freitag in dem Telefonat gesagt, dass sich die Wogen zum Thema jetzt wieder glätten sollen. Unser Weg dahin ist, dass wir das Parkpflegewerk neu in Auftrag geben zu überarbeiten. Das Parkpflegewerk beschäftigt sich nicht nur mit dem Sanctuarium, sondern es geht dabei um alle Ausstellungsgegenstände der IGA. Und in dem Zuge wird Herr de Vries persönlich mit eingebunden mit der Fragestellung, wie gehen wir in Zukunft mit der Situation um. Wir können uns da einen moderaten Rückschnitt vorstellen, weil wir der Meinung sind, wenn wir uns das Bild aus 2014 vor Augen rufen, das kann eigentlich auch nicht im Sinne des Künstlers sein, weil, da sieht man von der Umzäunung gar nichts mehr. Und der Unwissende, der dieses Kunstwerk nicht kennt, kriegt ja gar keinen Zusammenhang mehr zu der Fragestellung: Warum ist da so ein Stück Grün eingezäunt?, weil er den Zaun gar nicht mehr sieht. Wir werden uns auch noch mal schriftlich bei Herrn de Vries für dieses Verhalten entschuldigen. Es ist passiert. Wir lernen daraus. Wir werden in der Zukunft anders damit umgehen. Und ich denke, so könnte man weiterverfahren."
StR
Ozasek
(SÖS-LINKE-PluS) dankt für die Möglichkeit, heute über das aus Sicht der Fraktionsgemeinschaft sehr traurige Ereignis zu sprechen. Herr de Vries habe mit diesem Kunstwerk der Stadt eine komplizierte Aufgabenstellung gegeben, der Mensch im Verhältnis zu seiner natürlichen Umwelt, zu seinen natürlichen Lebensgrundlagen. Vielleicht habe er eine Falle gestellt, ob die Stadt in der Lage ist, mit diesem Thema adäquat umzugehen. Bedauerlicherweise sei die Stadt in diese Falle getappt, indem sie "eine schwäbische Komplettrasur angewandt und damit das Wesen dieses Kunstwerks in Gänze zerstört hat".
Nach den heutigen Ausführungen scheine das Pflegekonzept nicht hinreichend ausformuliert zu sein, um ein Kunstwerk wie dieses zu respektieren. An dieser Stelle müsse eine Korrektur erfolgen. Außerdem verstehe er die Ausführungen so, dass die "Komplettrasur" durch einen externen Dienstleister erfolgt ist. BM
Thürnau
stellt klar, es sei im Auftrag des GFF so erfolgt, weshalb kein Dritter einen Fehler gemacht habe.
StR
Ozasek
bittet darum sicherzustellen, dass alles unternommen wird, damit ein solcher Eingriff in ein Kunstwerk innerhalb einer öffentlichen Grünanlage in Zukunft nicht mehr passieren kann. Es stelle sich die Frage nach dem Umgang mit diesem Schaden gegenüber dem Künstler und seinem geistigen Werk. Er begrüßt den engen Austausch mit Herrn de Vries. Die richtige Reaktion aus seiner Sicht wäre jedoch, aus einem Sanctuarium in der Konsequenz viele Sanctuarien zu machen, indem an mehr Orten ähnliche Strukturen geschaffen werden, wo die Natur sich völlig ohne menschlichen Eingriff entwickeln kann. Diese Orte sollen nicht eingepfercht zwischen Fahrbahnen sein, sondern da, wo Menschen sie erleben können. Die Verwaltung möge Vorschläge machen, wo im Stadtraum geeignete Räume dafür sein könnten. Darüber hinaus sei man der Meinung, dass die Stadt in der Kommunikation dieser Sache gravierende Fehler gemacht hat - seitens der Pressestelle in den sozialen Medien, aber auch seitens der Fachverwaltung. Man hätte sich gewünscht, auch eine kulturpolitische Botschaft nach draußen zu geben und dass sich auch das Kulturreferat zu dieser Frage verhält, z. B. indem es in der heutigen Sitzung vertreten ist und dazu spricht.
StRin
Bulle-Schmid
(CDU) ist verwundert über die Aufregung und darüber, wie hoch das Thema angesiedelt wird. Ihre Fraktion habe zur Kenntnis genommen, dass das Parkpflegewerk den Auftrag hatte, immer wieder auf das Ausgangsstadium zurückzuschneiden. Nachdem nichts Anderes gemacht wurde, finde sie es nicht richtig, das Garten-, Friedhofs- und Forstamt dafür zu verprügeln. Die Mitarbeiter*innen leisten das ganze Jahr über in der gesamten Stadt gute Arbeit. Ihres Erachtens wäre es dem Kunstwerk nicht zuträglich gewesen, wenn es im alten Zustand belassen worden wäre. Der Zaun, der mindestens so wichtig sei wie die Pflanzen, die innerhalb davon wachsen, sei nicht mehr erkennbar gewesen und somit auch das Kunstwerk selber nicht. Wenn die Rückschnitte in Zukunft nicht mehr so gravierend erfolgen sollen, so müsse man dies sagen. Aus Sicht ihrer Fraktion sei momentan kein Fehler gemacht worden. Für völlig übertrieben halte sie zudem die Forderung ihres Vorredners, überall in der Stadt Sanctuarien einzurichten, zumal es überall in der Stadt bereits Grün gebe, das wuchert und sich ausbreitet.
StR
Winter
(90/GRÜNE) hält es für richtig und angemessen, dass OB Kuhn hierzu Stellung genommen hat. Auch er war erschrocken über die Berichterstattung und entsetzt vom Anblick des Sanctuariums. Der betreffende Passus zum Rückschnitt im Parkpflegewerk stehe im Widerspruch zur eigentlichen Aussage des respektvollen und geschützten Raumes, der verletzt worden sei. Heute würde man die Verhältnismäßigkeit anders sehen. Es sei eine unglaublich schöne Idee des Künstlers gewesen, in den 1990er-Jahren zu fragen, wie holt sich Natur Raum wieder zurück. "Und zu behaupten, dass die Natur uns braucht per se, die würde ich sehr infrage stellen." Es sei nicht nur ein Kunstwerk, sondern gleichzeitig ein bewusst gesetztes Zeichen in der damaligen Zeit in der Fragestellung IGA, aber auch in der Fragestellung, an welchem Platz es ist. Ein Teil dieser Botschaft liege auch in dem Zaun, und wenn der nicht mehr wahrnehmbar ist, so müsse man sich damit auseinandersetzen. Er begrüßt die Zusage einer Überarbeitung des Parkpflegewerks.
Man sei nun sensibilisiert, was die Frage Kunst im öffentlichen Raum angeht. Hiervon gebe es ziemlich viel in Stuttgart, sodass es sinnvoll wäre, sich grundsätzlich dieser Frage der Pflege von Kunst im öffentlichen Raum zuzuwenden: "Gibt es eine Auflistung, wo ist Kunst im öffentlichen Raum?" Der Anregung von StR Ozasek könne seine Fraktion sich gerne anschließen.
Für StR
Körner
(SPD) ist die Konsequenz für die Pflege insofern klar, als zukünftig der Rückschnitt dort rücksichtsvoller vorgenommen wird. Er hält die ökologische Bedeutung des Kunstwerks an diesem Ort für nicht so groß. Was die künstlerische Bedeutung angeht, so verstehe er das Kommen des Oberbürgermeisters heute so, dass ihm diese wichtig ist. Er könne insofern auch den Wunsch der Fraktionsgemeinschaft nachvollziehen, die es angemessen gefunden hätte, wenn auch das Kulturreferat Stellung genommen hätte. Was die Intention des Künstlers angeht, darzustellen, wie die Natur sich Raum zurückerobert, so bedeute dies zwangsläufig, dass man immer wieder zurückschneiden muss, um die Eroberung zu zeigen. Der Künstler habe im Hinblick auf die Begrenzung der Eroberung durch den Zaun der Stuttgarter Zeitung gegenüber gesagt, "dass allein was durch den Zaun nach draußen wächst, gestutzt werden soll". Weil dies wieder eine andere Pflegekonsequenz hätte, müsse dies in einem Gespräch mit Herrn de Vries geklärt werden. Aus seiner Sicht hält das Kunstwerk den Menschen einen Spiegel vor, da man in Stuttgart massiv zulasten der Natur lebe.
StR
Ozasek
teilt die Ansicht, es gehe bei dem Kunstwerk um den Selbstreflexionsprozess, "wie der Mensch mit einer Natur umgeht, die er hemmungslos ausbeutet". Das Verhältnis der CDU zur Kunst im öffentlichen Raum bezeichnet er als erschreckend. Er bittet darum, den Ausschuss auf dem Laufenden zu halten, wie man mit Herrn de Vries verblieben ist, und wiederholt seinen Wunsch, sich Gedanken zu machen über weitere Orte in der Stadt, "wo sich die Natur frei und ohne Eingriff durch den Menschen in geschütztem und respektiertem Raum entwickeln kann" als Wiedergutmachung an diesem Kunstwerk.
Nach Meinung von StRin
von Stein
(FW) lässt sich in ganz Stuttgart kein Fleck finden, der total sich selbst überlassene Natur ist. Die Frage, wie man in Zukunft mit der Pflege dieses Kunstwerks umgeht, sieht sie geklärt mit der Weiterentwicklung des Pflegekonzepts. Sie kann nachvollziehen, dass ein solch radikaler Schnitt vom Künstler nicht gemeint war. Würde der Rat der Forderung nach weiteren Naturinseln folgen, so werde es immer wieder einen Zwiespalt mit der Verkehrssicherheit geben. Außerdem merkt sie an, der Vorgang habe dem Künstler vermutlich sogar gutgetan, um seinen Marktwert zu erhöhen.
Wenn man sich nicht mit der modernen Kunst beschäftigt, so könne sie - wie in diesem Fall geschehen - schnell aus dem Blick geraten und sei nicht mehr als solche erkennbar, so StR
Conz
(FDP). Der Rückschnitt an sich sei sehr krass erfolgt, dennoch ist er überzeugt, dass, wenn die Agierenden gewusst hätten, dass es sich um ein Kunstwerk handelt, sie vermutlich anders vorgegangen wären. Es sei schade, dass der Kahlschlag passiert sei, doch sei er optimistisch, dass in Zukunft kein Schaden mehr behoben werden muss. Sehr gut sei es, dass man mit dem Künstler im Gespräch stehe, um einen klaren Fokus auf die Entwicklung des Kunstwerks zu haben, und dass dieses wieder in den Blick geraten ist für die Bevölkerung.
StR
Brett
(AfD) teilt angesichts des schnellen Wachstums, in dem sich die Natur in diesem Kunstwerk ausgebreitet hat, die Aussage von StR Körner nicht, wonach die Menschen in Stuttgart zulasten der Natur leben. Nach seiner Meinung ist der Vorgang es nicht wert, dass sich der UTA derart lange damit beschäftigt.
Das Sanctuarium sei Bestandteil des Grünen U, das zur Internationalen Gartenschau 1993 angelegt wurde, so StR
Dr. Schertlen
(STd). Dass es ein herausragendes Einzelkunstwerk darstellt, sei ihm bis vor Kurzem nicht bewusst gewesen. Der Kahlschlag des Grün darin sei flächig auf Wurzelhöhe angesetzt worden, sodass nach seiner Meinung der gesunde Menschenverstand schon nahegelegt hätte, zumindest einige der Pflanzen stehenzulassen und den Kahlschlag eher außerhalb des Zauns zu machen. Die Aussage der CDU zeige Respektlosigkeit und achtlosen Umgang mit dem Kunstwerk, was fehl am Platze sei. Es gelte nun jedoch, den Blick wieder nach vorne zu richten und in Zukunft einen achtsamen Umgang auch mit dem Stuttgarter Grün allgemein zu pflegen.
OB
Kuhn
stellt klar, das Thema eigne sich nicht dazu, die Fachverwaltung an den Pranger zu stellen. Er schätze die Arbeit des Garten-, Friedhofs- und Forstamts sehr, das tolle Mitarbeiter, sehr viel Qualifikation und eine sehr wichtige Aufgabe habe. Trotzdem sei an dieser Stelle ein Fehler passiert. "Wenn Ämter mal keine Fehler mehr machen dürfen, dann wäre das auch komisch, und Fraktionen und Verwaltung, das wäre absurd. Da ist also ein Fehler gemacht worden, und für den habe ich mich entschuldigt!"
Die Natur verlange Respekt, da die Menschen die Natur brauchen. Man müsse daher behutsam mit ihr umgehen. Auch die Kunst verlange Respekt. Für die Zukunft heiße dies: "Rückschnitte nicht so brutal, und wenn es sich um ein Kunstwerk handelt, vielleicht in Kommunikation mit dem Künstler!" In Zukunft werde man mehr Grün in der Stadt brauchen. Das Thema grüne Infrastruktur bedeute, sich vorzubereiten, da die Sommer heißer werden, und daher werde die Stadt an vielen Stellen grüner. Beispielhaft verweist er auf die Hohenheimer Straße. BM Thürnau habe den Auftrag, mit dem Künstler die Art der Schnitte zu klären und diese behutsam ausführen zu lassen. Seines Erachtens, und hier spreche er auch für das Kulturamt, sei das Kunstwerk eine Verbindung von Natur und Zaun, weshalb man immer beides beachten müsse.
Nach Ansicht von StR
Kotz
müssen die Bereiche Klima/Grün und Kunst getrennt voneinander betrachtet werden. Die Themen aus dem ersten Block 'Ökologie' werden vom gesamten Rat mitgetragen, und für grüne Infrastruktur wurden im Doppelhaushalt gewaltige Geldmittel bereitgestellt. In diesem Zusammenhang bittet er zu prüfen, ob neben der B 10 von Esslingen kommend auf dem Grünstreifen rechts "auf Höhe Esslingen - Wangen, bevor die Straße Am Mittelkai dann weggeht" eine Baumallee gepflanzt werden kann.
Was den Block Kunst angeht, so verstehe er das Kunstwerk Sanctuarium so, dass es einen Zyklus darstellt von "Da ist gar nichts, und aus dem Nichts heraus wächst Natur und erobert sich den Raum". Deswegen wurde schon zweimal wieder auf den Ursprungszustand zurückgeschnitten, was nach seiner künstlerischen Betrachtung vollkommen richtig war, damit wieder eine neue Generation den Effekt erleben kann. Vorsichtig zurückschneiden sei im ökologischen Sinne in der Stadt richtig und wichtig, nicht aber bei diesem Kunstwerk, weil dann der Effekt "Da war einmal gar nichts, und jetzt ist da etwas" nicht mehr erlebbar ist. Es sei daher widersinnig, dieses Kunstwerk in seinem Zyklus zu stören. "Und deswegen gab es auch 1997 und 2007 war es, glaube ich, diesen Aufschrei nicht. Und ich glaube, auch heute ist dieser Aufschrei völlig falsch. Deswegen muss man sich meiner Meinung nach auch nicht dafür entschuldigen, dass man mit dem Kunstwerk so umgeht, sondern es ist der richtige Umgang!"
StR
Winter
hält es angesichts der diversen Interpretationen, die in der Diskussion geäußert wurden, für sinnvoll, den Künstler selber nach seiner Vorstellung zu fragen. Er verweist auf die jüngsten Äußerungen von Herrn de Vries. Der Kahlschlag sei von diesem nicht goutiert worden. Es gelte nun, für die Zukunft aus diesem Vorgang zu lernen und die bestehenden Sicherungen sowie das eigene Handeln immer wieder zu überprüfen und zu hinterfragen.
Die Diskussion in der zeitgenössischen Kunst über die Konservierung von Kunstwerken sei so alt wie die zeitgenössische Kunst an sich, so StR
Pantisano
(SÖS-LINKE-PluS). Der UTA sei der falsche Ort, um darüber zu diskutieren, wie man damit umgeht. Dies müsse dem Künstler überlassen bleiben, der gesagt habe: "Wenn er gewollt hätte, dass diese Fläche gerodet wird, dann hätte er eine Türe eingebaut." Zumal die Fläche in der Vergangenheit nur zweimal gestutzt, nicht aber gerodet worden sei. StR
Körner
erkundigt sich nach der Art der Rückschnitte in der Vergangenheit und danach, wie die Reaktionen darauf gewesen sind.
StR
Conz
fragt nach dem Zaun, der ebenfalls einem gewissen Verfall unterworfen sei. Er regt an, im Rahmen des Dialogs mit dem Künstler auch anzusprechen, ob ein potenzieller Verfall des Zauns im Sinne des Künstlers ist oder ob der Zaun gepflegt werden darf, z. B. durch einen neuen Anstrich. StR
Kotz
möchte wissen, ob die einstige Ausgestaltung des Parkpflegewerks mit dem Künstler seinerzeit abgestimmt war.
Zusammenfassend hält BM
Thürnau
fest, es gebe zwei Betrachtungsweisen, die man in diesem Fall anwenden kann: Erstens die reine Frage des Umgangs mit dem Kunstwerk, zweitens die Frage, wie geht die Stadtverwaltung, und in diesem Fall das Garten-, Friedhofs- und Forstamt, grundsätzlich mit Rückschnittmaßnahmen um. Zur letzteren führt er aus: "Sie alle kennen Rückschnittmaßnahmen von anderen Einheiten, die Sie draußen im Straßenraum erleben können, wo aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten mit dem Schlegelwerk entlanggefahren wird. Und dann sieht es aus, als wäre der Panzer durchgefahren." Man könne sehr wohl über die Frage reden, wie zukünftige Rückschnitte erfolgen. Diese werden auch heute im Garten-, Friedhofs- und Forstamt nicht mit Tabula rasa gemacht, es werde auch nichts auf den Stock zurückgesetzt.
Die künstlerische Betrachtung gehe so: "Es gibt vom Garten- und Landschaftsarchitekten Hans Luz, dem Vater von Christof Luz, ein Parkpflegewerk von 1996. Und da steht das drin, was ich Ihnen vorhin aufgezeigt habe: 'Zurücksetzen auf den Ursprungszustand'. Bei Herrn de Vries habe man nachgefragt, ob er das Parkpflegewerk denn nicht kennt, und als Antwort erhalten, es sei nicht mit ihm abgestimmt worden. Aus der Aktenlage lasse sich diese Aussage nicht verifizieren. Man nehme die Fakten zur Kenntnis, wonach "der Eine das Parkpflegewerk gemacht hat und das getan, was man machen kann, um ein Kunstwerk immer wieder dahin zu bringen, den Menschen zu zeigen, 'wenn du die Natur in Ruhe lässt, dann entwickelt sie sich so, und wenn sie dann diesen Status erreicht hat, ist der Sinn und Zweck des Kunstwerks irgendwie nicht mehr da'.
Das ist eine individuelle Betrachtungsweise, das wissen wir aber nicht, weil wir den Dissens zwischen der Tatsache, dass der Künstler sagt, 'mit mir ist das nicht abgestimmt worden, ich bin immer dagegen gewesen', nicht auflösen können. Das werden wir mit ihm jetzt klären für die Zukunft.
Damit es ein- für allemal für uns auch klar ist: Wir haben bisher, das sage ich auch ganz deutlich, nie so restriktiv auf den Stock gesetzt. Wir haben zweimal zurückgeschnitten, 1998 und 2007. Leider haben wir keine Fotos mehr davon gefunden, wir haben händeringend gesucht, weil Herr Schirner und ich es beide auch nicht wissen, wie stark man das gemacht hat. Aber ich gehe einmal davon aus, dass man es nicht so gemacht hat, wie man es jetzt gemacht hat.
Wert legt BM Thürnau darauf, deutlich zu machen, dass es von uns als Gartenamt "keine Missachtung der Natur und keine Missachtung des Kunstwerkes" gewesen ist, sondern dass man sich nach dem Regelwerk verhalten habe. "Weil, wenn ich jetzt den Anspruch habe, Herr Winter, zu sagen, meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten den ökologischen Part in ihrer Betrachtungsweise in den Vordergrund stellen müssen, dann steht da immer noch die Aussage im Parkregelwerk von 1996. Und Herr Luz ist nicht irgendjemand, der das zusammengeschrieben hat. Das hat sich kein Verwaltungsmensch ausgedacht, das hat die Verwaltung sich nicht selber gegeben, sondern das hat ein anerkannter und renommierter Garten- und Landschaftsplaner 1996 für die IGA erarbeitet. Und wir werden jetzt für die Zukunft dieses Thema auflösen und mit dem Künstler gemeinsam erarbeiten, wie man mit dem Kunstwerk umgeht. Und wenn wir das fertig haben, dann kommen wir wieder in den UTA und berichten Ihnen."
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