Protokoll:
Ausschuss für Umwelt und Technik
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
255
2
Verhandlung
Drucksache:
GZ:
Sitzungstermin:
19.06.2018
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
BM Pätzold
Berichterstattung:
Herr Berlepp (LBBW Immobilien), Herr Riehle (Vorsitzender der Wettbewerbsjury) und Herr Gessert (h4a-Architekten)
Protokollführung:
Frau Faßnacht
pö
Betreff:
Neubebauung Eberhardstr. 18 - 22, Stuttgart-Mitte
- mündlicher Bericht zum Wettbewerb durch den
Bauherrn LBBW Immobilien und den Juryvorsitzenden
Architekt Wolfgang Riehle -
Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation kann aus Kapazitätsgründen diesem Protokoll nicht als Dateianhang hinterlegt werden. Sie ist dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei in Papierform beigefügt.
Herr
Riehle
freut sich über die Möglichkeit, dem Gremium das Ergebnis des Wettbewerbs vorstellen zu dürfen. Er geht zunächst auf den "Theaterdonner", den es im Nachgang zum Wettbewerb gegeben habe, ein, insbesondere da er als Ehrenpräsident der Architektenkammer gesetzlich verpflichteter Hüter des Wettbewerbswesens sei. Laut Architektengesetz hat die Architektenkammer das Wettbewerbswesen zu fördern.
"Mir ist ganz wichtig, zunächst einmal festzustellen, dass die Stadt Stuttgart in den zurückliegenden Jahren eine ganz vorbildliche Verfahrenskultur zum Thema Qualitätssicherung in der Architektur entwickelt hat. Fast alle wesentlichen Projekte finden über Wettbewerbe statt, und wir haben auch unter meiner Leitung viele wichtige Projekte juriert. Und Sie wissen, dass ich sehr darauf aus bin, wenn immer möglich einstimmige oder jedenfalls sehr mehrheitliche Entscheidungen herbeizuführen. In diesem Fall war das auch so, denn wir haben ein sehr eindeutiges Ergebnis mit 9 : 4 Stimmen gehabt.
Trotzdem bin ich seit der Veröffentlichung in der Stuttgarter Zeitung vom 07.05.2018 natürlich sehr in Sorge, dass dieses System kippen könnte, denn es wurden im Nachgang einige Commitments verletzt, auf die wir uns im Preisgericht verständigt hatten. Dazu gehört die Nichtöffentlichkeit, dazu gehört die Vertraulichkeit, dazu gehört die Zusammensetzung des Preisgerichts, dazu gehören all die Regularien, die die RPW - die Regeln für Planungswettbewerbe - vorsehen, und die haben wir uns gemeinsam und unwidersprochen auferlegt. Nicht für das Verfahren insgesamt, sondern in Anlehnung für die Durchführung dieser Jurierung, die ja auch anonym erfolgte.
Und dass danach nun sozusagen Teile dessen, was dort entschieden wurde, an die Öffentlichkeit getragen wurden und in sehr tendenziöser Form journalistisch aufgearbeitet wurden, das hat mich sehr enttäuscht und stimmt mich wie gesagt sehr sorgenvoll mit Blick auf die Verlässlichkeit auch einer solchen Preisgerichtsentscheidung für die Investoren und künftigen Auslober. Denn stellen Sie sich vor, die würden mit Wettbewerbsergebnissen genauso umgehen, dann könnten wir ja mit Fug und Recht dieses System irgendwie infrage stellen. Und das wäre sehr, sehr schade, weil wir in den allermeisten Fällen feststellen können, dass es sich doch um ein sehr hilfreiches Instrument handelt, um nicht zur erstbesten, sondern zur besten Lösung zu kommen, und das steckt ja dahinter.
Sie wissen, insbesondere soweit Sie Gemeinderäte sind, durch Ihren eigenen erheblichen Zeitaufwand, wie viel Aufwand insgesamt ein solches Wettbewerbsverfahren macht. Und dann sollte hinterher auch guter demokratischer Brauch sein, im Zweifel sich einem deutlichen Mehrheitsergebnis zu beugen und nicht zu versuchen, das von hinten irgendwie zu torpedieren und mithilfe eines Journalisten irgendwie aufzurollen. Ich muss das loswerden, sehen Sie es mir bitte nach. Mir geht es einfach darum, dass Sie wieder anknüpfen an die Kultur, die Sie sich selber auferlegt haben und für die wir in meiner Zeit als Präsident und auch unter meinem Nachfolger Markus Müller kämpfen und mit Ihnen zusammen gute Ergebnisse erzielen."
Bevor er das Wort übergibt an Herrn Gessert vom Architekturbüro Gessert + Randecker, welches den 1. Rang im Verfahren mit 9 : 4 Stimmen (2 Enthaltungen) belegt habe - der 2. Rang habe 4 : 9 Stimmen (2 Enthaltungen) erreicht -, merkt er an: "Sie wissen, dass es sich um ein extrem schwieriges und in einer Gemengelage mit mehreren Gesichtern befindlichen Ecke unserer Stadt befindet und die spannende Herausforderung an die Teilnehmer war, hierfür die richtige Antwort zu finden."
Herr
Günzler
(LBBW Immobilien) schließt sich dem Dank für die Einladung, den Siegerentwurf im Ausschuss vorstellen zu dürfen, an. Das Büro h4a habe inzwischen daran gearbeitet und sich der Themen aus dem Preisgerichtsprotokoll angenommen.
Herr
Gessert
schickt voraus, das Büro h4a habe sich sehr über das Wettbewerbsergebnis gefreut und sich sehr intensiv mit der Aufgabe beschäftigt, die man als sehr spannend und sehr wichtig für die Stadt Stuttgart empfinde. Anschließend geht Herr Gessert anhand einer Präsentation zunächst auf die Umgebung und die Historie an dieser Stelle ein und erläutert dann den Entwurf, der eine Neuinterpretation des Stadteingangs auf Grundlage der vorhandenen Kanten entlang der Eberhard- und der Geißstraße sei und gleichzeitig Antworten findet auf die historische Struktur, die sich an der Geißstraße findet.
Herr
Riehle
nimmt Bezug auf die übrigen Wettbewerbsarbeiten, die in Anlehnung an das ehemalige Kaufhaus Schocken "eher einen Großklotz" auf die Ecke setzten und sich die Themen Kleinteiligkeit, Footprint und Maßstäblichkeit im Hinblick auf die Geißstraße nicht zunutze gemacht haben. Es sei eine Stärke der zwei Wettbewerbssieger, beide Strukturen aufzunehmen. Danach stellt er den Entwurf des 2. Preisträgers (Büro Jo. Franzke, Frankfurt/M.) mithilfe einer weiteren Präsentation kurz vor. Dieser Entwurf habe es nach mehrheitlicher Auffassung des Preisgerichts nicht geschafft, "die Welt des Tagblattturms und die vordere Ecke und den Übergang ans Kaufhaus so aufzugreifen, wie es aus heutiger Sicht wohl sinnvoll und richtig ist".
StR
Hill
(CDU) merkt zum Verfahren und die Verletzung der Nichtöffentlichkeit betreffend an, er halte die Kritik dort für nachvollziehbar, wo Details über das Abstimmungsverhalten und über bestimmte Äußerungen in der Zeitung zu lesen waren. Dass aber ein so prominentes Bauvorhaben an dieser zentralen Stelle in irgendeiner Form in der Öffentlichkeit diskutiert werden sollte und das Ergebnis die Robustheit haben muss, diese Diskussion auszuhalten, stehe aus politischer Sicht außer Frage. Er erinnert in diesem Kontext an den Hochhausneubau auf dem A1-Gelände und an die Diskussion zu Neubauvorhaben am Pragsattel.
Was das demokratische Verfahren und die klare Mehrheit betrifft und die Sorge, die Planungskultur gerate in Gefahr, wenn man von dem mehrheitlichen Ergebnis abweichen würde, so zitiert er aus der Auslobung, wo es z. B. unter Ziffer 4, Teil A: "Die Ausloberin behält sich zur endgültigen Entscheidung vor, die Wettbewerbsbeiträge des 1. und 2. Ranges überarbeiten zu lassen." Der Auslober nehme sich damit die Freiheit zu sagen, "wenn mir der erste Sieger nicht gefällt, dann nehme ich eben den zweiten!" Das Gleiche finde sich in Ziffer 11 der Auslobung: "Das Ergebnis der Planungskonkurrenz soll Grundlage für die weitere Realisierung des Bauwerks sein. Der Auftraggeber wird - sofern das Projekt realisiert wird - in Würdigung der Empfehlung der Jury einen oder mehrere Teilnehmer mit Architekturleistungen gemäß …. beauftragen." Demnach habe der Auslober sogar die Freiheit, von einer Realisierung abzusehen. Es habe sich zudem nicht um einen Wettbewerb gehandelt, sondern um eine Planungskonkurrenz. Dies sei rechtlich gesehen etwas ganz Anderes.
Wenn der Auslober sich ein solches Recht herausnimmt, so müsse dies auch für die Politik möglich sein "und diejenigen, die hinterher den Kopf hinhalten müssen für das, was an dieser Stelle steht. Denn Verantwortung für das Baurecht, was dort entstehen darf, wenn es nicht im bestehenden Baurecht möglich ist, trägt die Politik".
Unglücklich sei er über das Erscheinen des Fotos des Fassadenentwurfs in der Zeitung. Er hätte sich gewünscht, der Architekt hätte die Möglichkeit bekommen, die Fassade zu überarbeiten, die Überarbeitung im UTA vorzustellen und anschließend in den Fraktionen zu präsentieren. Bedauerlicherweise sei es anders gelaufen, und die Reaktionen seitens der Öffentlichkeit auf das Bild in der Zeitung waren wie von ihm erwartet. Die CDU-Gemeinderatsfraktion habe, nachdem er die Wettbewerbsunterlagen des 1. und des 2. Ranges, die ihm zur Verfügung standen, präsentiert habe, sich einhellig für den 2. Rang ausgesprochen.
Im Nachgang habe er noch einmal Anlass und Ziele der Auslobung herangezogen und fühle sich bestätigt, dass der an Platz 2 gesetzte Entwurf dem Auslobungstext, der intensiv mit der Verwaltung diskutiert und erarbeitet worden sei, entspricht. Dort wurde formuliert: "Anlass der Planungskonkurrenz ist die Absicht, anstelle der Bestandsgebäude Eberhardstraße 22 in zentraler und prominenter Lage der Stuttgarter Innenstadt ein modernes Wohn- und Geschäftshaus zu errichten, welches auf die historische Altstadt, Umgebungsbebauung, Nachbarschaft Rücksicht nimmt bzw. auf deren Struktur und Kleinteiligkeit städtebaulich und architektonisch angemessen reagiert." Es sei eine Sache der Interpretation, was die angemessene Reaktion ist, jedoch sei die CDU-Gemeinderatsfraktion der Meinung, dass der auf Platz 2 gesetzte Entwurf den o. g. Kriterien, die sich mehrfach im Text wiederfinden, gerecht wird, der an Platz 1 gesetzte dagegen nicht. Man spreche sich daher zusätzlich für die Überarbeitung des an Rang 2 gesetzten Entwurfes aus, um dann zu einer abschließenden Beurteilung zu schreiten.
StRin
Munk
(90/GRÜNE) teilt, das Prozedere betreffend, das Bedauern, "dass es der Presse durchgestochen wurde". Zu Anlass und Zielen der Auslobung sei aufgefallen, dass in den Unterlagen in großer Ausführlichkeit fast vorbeugend mehrmals benannt wurde, dass der Auslober sich vorbehält, auch den anderen Preisträger in die Bearbeitung zu nehmen. Auch sie betont, es sei eine Planungskonkurrenz und kein Wettbewerbsverfahren, und es könne nicht sein, dass die Auswahl nur einseitig der Ausloberseite zusteht. Es stehe vielmehr auch der Politik zu, das Ergebnis offen zu bewerten.
Ihre Fraktion nehme eine differenzierte Haltung ein und bitte darum, beide Entwürfe gleichermaßen in die Überarbeitung zu geben, sodass man sieht, wie sich beide entwickeln wollen. Sowohl der 1. als auch der 2. Rang haben Stärken und Mängel. Die städtebauliche Qualität, das Thema "Wo soll der Bruch entstehen?" komme ihres Erachtens bisher zu kurz. Dass die "Brücke" vom Kaufhaus zur Eberhardstraße 18 wegfällt, begrüßt sie sehr. Sehr stark im Fokus stehe die Ansicht vom Tagblattturm her, die Frage der Anmutung vom Hans-im-Glück-Brunnen einschließlich der Blickbeziehungen vom Hans-im-Glück-Brunnen in Richtung Tagblattturm sei aber noch nicht beantwortet. Sie bittet darum, dies in einem 3 D-Stadtmodell visualisiert darzustellen, und bedauert, dass kein Modell im Sitzungssaal ausgestellt ist.
In ihrer Fraktion laute die Fragestellung nicht "Satteldach oder Flachdach?", sondern "Wo ist der Sprung? Will man hier wirklich schon über die Straße die Höhe aufgreifen, und welche Signale sendet das auch in andere Richtungen, wenn wir weitere Blöcke in die Bearbeitung bekommen werden?" Was das Wohnen angeht, falle auf, dass in der Visualisierung des 1. Ranges Brandwände dargestellt sind, die Grundrisse jedoch Wohn- und Schlafräume oder Küchen zeigen. Die Stadträtin geht davon aus, dass die Visualisierung nicht den Grundrissen entspricht, und legt diesbezüglich Wert auf Nachvollziehbarkeit. "Wie sieht das nachher wirklich aus, wenn wir hier Wohnen realisieren möchten?"
StRin
Kletzin
(SPD) dankt für die ausführliche Darstellung und die Entwicklung des Entwurfsgedankens. Ihre Fraktion habe aus terminlichen Gründen nicht am Preisgericht teilgenommen, weswegen eine Beurteilung zunächst nur grob erfolgen könne. Sie nimmt Bezug auf das Verfahren und die von Herrn Riehle geäußerte Kritik und weist darauf hin, dass man durchaus Fälle kenne, wo nicht der erste Preis, sondern der zweite Preis zur Ausführung gekommen ist. Dabei war immer die übliche Praxis, dass gute Gründe dafür sprechen. Somit habe es immer eine fundierte Begründung dafür gegeben, den zweiten Preis und nicht den ersten zu realisieren. Zu den "guten Gründen" gehöre somit nicht nur die Geschmacksfrage, sondern es gehe auch um inhaltliche Punkte. Aus ihrer Sicht wird in der Lageplan-Figur sehr deutlich, was hinter dem Entwurfsgedanken von h4a-Architekten steht: Es gehe um Stadtreparatur, "wo man sagt, wir sind an einer Stelle, wo eine Ecke in einer bestimmten Körnung dargestellt werden soll, die dem dahinterliegenden Gebiet entspricht".
Bei den Ansichten reagiere die Höhenentwicklung an der Eberhardstraße auf das Gegenüber, wo mit dem Hegel-Haus eine relativ kleine Figur besteht. Ihres Erachtens liegt das Problem "an der Ecke weiter vorne, gegenüber dem Tagblattturm, wo die Verhältnismäßigkeiten nicht gegeben" seien. Die erste Überarbeitung zeige, dass es im oberen Teil ums Wohnen geht und im unteren Teil andere Nutzungen untergebracht sind.
Innerhalb der SPD-Gemeinderatsfraktion sei die eindeutige Meinung: Der 2. Rang ist nicht besser als der 1. Rang. Insofern würde man es sehr begrüßen, wenn der Vorschlag aufgegriffen wird, auch den zweiten Siegerentwurf überarbeiten zu lassen. Nach ihrer persönlichen Meinung reagiert der 1. Rang viel besser, da er die Kleinkörnigkeit aufnimmt und auf das Gegenüber eingeht. Der 2. Rang versuche mit den Giebeldächern das Flair aufzunehmen, das nebendran ist, er tue sich aber eher schwer damit. Bei einer Überarbeitung des Entwurfes legt sie Wert darauf, dass die Höhenentwicklung des Kaufhofs und die Höhenentwicklung dieser Ecke ebenso dargestellt wird wie der Blick von der Geißstraße nach oben.
StR
Pantisano
(SÖS-LINKE-PluS) freut sich sehr darüber, dass die Architektenkammer sich einsetzt für wichtige Gestaltungsfragen gerade im Architektur- und Wettbewerbswesen. Dennoch würde er sich wünschen, dass die Architektenkammer sich stärker gegenüber dem Investor durchgesetzt hätte, um ein RWP-Verfahren durchzuführen, und somit ein echter Wettbewerb stattgefunden hätte. Weiter würde er sich wünschen, dass die Architektenkammer sich öfters lautstark zu Wort meldet, wenn Wettbewerbsergebnisse, die eine bestimmte Gestaltung und ein bestimmtes Aussehen haben, in der Realisierung dann ganz anders aussehen, wie z. B. im Falle des "Cloud 7". Dort stünden Wettbewerb und Realisierung in einem komplett konträren Gegensatz. Auch für den Wettbewerb, bei dem es darum ging, "dass die Strabag dieses Hochhaus hinter dem Hauptbahnhof baut und wo komische Zusammenhänge zwischen Teilnehmern und Auslober da waren", gelte dies.
Die Forderung, man müsse sich demokratischen Mehrheitsbeschlüssen beugen, weist er zurück. Der Gemeinderat habe letztlich im Rahmen des aufzustellenden Bebauungsplans das Recht, zu bestimmen, was dort passiert. Weil Gemeinderäte den Auftrag haben, das Beste für die Stadt zu erreichen und nicht das Beste für den Investor, sei man immer in der Situation, das, was im Rat beschlossen wird, den Bürgern gegenüber rechtfertigen zu müssen. In Richtung Finanzreferat sage er daher: "Für so einen wichtigen Ort muss die Stadt die Fläche erwerben, und wir selber beschließen und entscheiden darüber, was dort passiert!"
Er teilt die Meinung von StRin Munk, wonach - um die zwei platzierten Entwürfe gegenüberstellen zu können - im Sitzungssaal ein Modell hätte gezeigt werden müssen. Sowohl im ersten wie auch im zweiten Entwurf gebe es Mängel bzw. Dinge, die nicht so vorteilhaft sind, wie z. B. die Fassadengestaltung beim zweiten Entwurf. Es habe bei der Jury eindeutig zwei unterschiedliche Perspektiven der Betrachtung des Projekts gegeben: Eine von der Seite des Autofahrers, der in die Eberhardstraße hineinfährt, und die Perspektive, die von den Gemeinderäten übernommen worden sei, vom Hans-im-Glück-Brunnen und von der Fußgängerperspektive aus. Platz 2 passe sich der zweiten Perspektive besser ein im Verhältnis dazu, wie Platz 1 auf die Situation reagiert. Der Bereich werde sich verändern, und in Zukunft werde maßgeblich Fußgängerverkehr dort sein. Der Vorteil von Platz 2 sei, dass das Eckgebäude leicht zurückgesetzt ist, wodurch eine Platzsituation entsteht, die auch besser auf das Hegel-Haus reagiert.
Er schließt sich der Bitte an, auch den zweitplatzierten Entwurf zu überarbeiten. Was die heute gezeigte Überarbeitung von Rang 1 angeht, so habe diese noch immer eine sakrale Anmutung. "Es hat die Anmutung vom Kolumba in Köln, immer noch. Es wirkt nicht wie ein Wohnungsbau, der an diesem Ort die richtige Antwort bietet, wie wir uns das vorstellen, dass Stadtreparatur stattfindet."
Den Aussagen von Herrn Riehle zur Wettbewerbskultur stimmt StR
Zeeb
(FW) uneingeschränkt zu, "denn wo kämen wir denn hin, wenn Wettbewerbe zu Publicity-Veranstaltungen letzten Endes gemacht werden und wenn die Vertraulichkeit bei solchen Veranstaltungen nicht mehr gewahrt ist?" In diesem Sinne appelliert er an die Ratskolleg*innen. Natürlich könne man Architektur unterschiedlich interpretieren. Er findet die Neuinterpretation der historischen Bebauung sehr schlüssig. Diese sei tatsächlich eine Stadtreparatur an dieser Stelle. Auch könne der Maßstab in der Innenstadt sich nicht am kleinsten danebenliegenden Gebäude orientieren. Die eigentliche Herausforderung an die Architekten sieht er beim Anschluss an die bestehenden Gebäude in der Eberhardstraße, "und zwar von der Eberhardstraße und auch der Anschluss hinten von der Geißstraße her". Beim zweiten Entwurf findet er dies nicht so gut gelungen wie beim 1. Rang. Die Ablesbarkeit beim Wohnen stehe für ihn nicht im Vordergrund. Die Spitzgiebel des 2. Rangs betrachtet er als Anbiederung. Der Bitte nach Überarbeitung auch dieses Entwurfs schließt er sich an. "Vielleicht wird aus dem Ganzen ja etwas noch Besseres, und vielleicht sagen wir nachher, jawohl, der erste Entwurf ist wirklich der bessere!"
Herr
Riehle
nimmt zu den Wortbeiträgen Stellung. Nachdem in der Auslobung die Überarbeitung ausdrücklich vorgesehen ist, spreche vom Grundsatz her nichts dagegen, eine solche zu machen, "wenn wir gemeinsam das Gefühl haben, man sei da noch nicht am ganz richtigen Punkt". In einem Wettbewerbsverfahren klassischer Art würde es bedeuten, das Preisgericht tagt erneut in seiner damaligen Zusammensetzung und trifft erneut eine Entscheidung. Dann sei die entscheidende Frage "Sind wir dann an dem Punkt, an den Sie wollen, oder beanspruchen Sie als Politik die Entscheidungshoheit darüber, was der Bauherr, der private Investor an dieser Stelle, zu tun oder zu lassen hat?" Insofern müsste man sich heute darüber verständigen, ob dies der Entscheidungsgang ist und das Votum des Preisgerichts dann akzeptiert wird. Schon das Wettbewerbsverfahren sei ein sehr großer Aufwand gewesen, und zuvor sei bereits eine Planungsrunde gelaufen, um zu sehen, was könnte für den Wettbewerb die Basis sein.
Es seien heute einige richtige Dinge gesagt worden, es seien aber auch Dinge gesagt worden, die er so nicht akzeptieren könne, weil die Auslobung als Geschäftsgrundlage von den Mitgliedern in der Beurteilungskommission selbst beschlossen wurde. Dafür gebe es die Preisrichtervorbesprechung. Der Auslobungstext sei somit allen bekannt gewesen, und die Mitglieder haben teilweise zu den Inhalten beigetragen. Er könne somit nicht nachvollziehen, wenn im Nachgang gesagt wird, es sei ein Recht des Auslobers, dieses oder jenes zu tun. "Es ist selbstverständlich Ihr gutes Recht, Baurecht zu schaffen. Dafür sind Sie da. Aber Sie bedienen sich eben eines Instruments, dem sich auch ein privater Auslober unterwirft, nämlich einem Wettbewerb. Und wenn das Ergebnis des Wettbewerbs vorliegt, braucht er natürlich auch eine gewisse Sicherheit, dass er davon etwas umsetzen kann bzw. am besten natürlich das umsetzen kann, was er möchte. Und wenn er sich der Empfehlung des Preisgerichts unterwirft, dann kann man ihm da meines Erachtens keine Vorwürfe machen."
Für BVin
Kienzle
(Mitte) zeigt allein der Übergang vom neuen Gebäude zum historischen Gebäude, "dass es Ecken gibt, die schwierig sind. Oder auch bei der Variante von der Geißstraße aus der Fußgängerperspektive blickend ist sehr fraglich, ob wir dann dort überhaupt noch Bäume pflanzen können oder ob nicht der Untergrund dann bereits so ist, dass dieses Architektengrün, was dort gezeichnet wurde, gar nicht in der Art und Weise umsetzbar ist". Nach den Rückmeldungen aufgrund des Presseartikels könne man sagen, dass es für die Leute sehr wichtig ist, dass es eine Ablesbarkeit gibt, wo Wohnen stattfindet und wo Wohnen nicht stattfindet, und dass es anerkannt wird. Es möge zutreffen, dass es ein besonders schwieriges Grundstück ist, doch sei es auch "eines der schönsten Grundstücke, die wir in der Stadtmitte haben. Es bringt die neue Welt mit der alten Welt zusammen, und das ist eigentlich das Wichtige. Und es behandelt eines der wichtigsten Grundziele, die auch der Gemeinderat sehr ausgiebig am vergangenen Donnerstag diskutiert hat, nämlich das Thema Wohnen, und das Thema Wohnen nicht nur hinter Fassaden, die hinter irgendwas benutzt werden könnten, sondern das Wohnen als sichtbares Element in der Stadt."
An Herrn Riehle gewandt macht StR
Kotz
deutlich, "der Gemeinderat kann sich nicht irgendeiner Jury verpflichten. Das ist demokratisch gar nicht zulässig. Wir haben eine oder einen Vertreter*in jeweils in dieser Jury, manche Gruppierungen hier haben gar keinen Vertreter in dieser Jury. Es wäre daher völlig abstrus zu sagen, was immer da herauskommt, das machen wir. Wir sind vom Bürger gewählt, haben der Stadt Bestes zu entscheiden, und das mag mal so rum, mal so rum sein. Dass es in 98 % der Fälle sich deckt mit Jury-Entscheidungen, ist ein schöner Umstand, der Vieles leichter macht. Aber dass es auch Fälle gibt, wo es differenziert ist, muss man entsprechend sehen. Insofern wäre für mich das Verfahren klar: Ja, in die Überarbeitung des ersten und zweiten Ranges zu gehen. Dann kann der Investor mit seinem Vorschlag hier präsentieren, und dann muss der UTA in seiner freien Mandatsausübung entscheiden, welches Planrecht er schafft." Wenn der Investor im vorhandenen Planrecht bauen würde, bräuchte er den Gemeinderat gar nicht. Wenn jedoch ein neues Planrecht geschaffen werden muss, dann sei der Gemeinderat in seiner demokratischen Legitimierung dafür verantwortlich. Nach seinem Dafürhalten muss die Jury nicht ein weiteres Mal einberufen werden.
StRin
Munk
stimmt ihrem Vorredner, das Thema Baurecht betreffend, zu. Nach dem Baugesetzbuch könne der Gemeinderat durch nichts gebunden werden. Wenn also ein neues Planrecht gebraucht wird, so könne der Gemeinderat nicht gebunden werden und sei den Bürger*innen der Stadt und dem eigenen Gewissen verpflichtet. Daher müsse der Gemeinderat beide Entwürfe in der Überarbeitung sehen, weil auch der 1. Rang Schwächen habe, wie z. B. das Thema der Brandwände. In einer Visualisierung müssen vor allem die Übergänge nachvollziehbar dargestellt sein, um bewerten zu können, "Will man den Sprung zum Kaufhaus an dieser Stelle so nehmen oder will man bewusst den Bruch an der Straße schaffen?" Weiter verweist sie auf die Sanierungsziele in diesem Sanierungsgebiet, wonach urbanes Wohnen verstärkt stattfinden muss. Ihre Fraktion finde es sehr gut, dass in den oberen Stockwerken der Neubebauung Wohnen stattfinden soll, und sei für beide Entwürfe offen. Sie sieht die Arbeit in der Planungskonkurrenz für beendet an, da es nun um die Frage des Bebauungsplans gehe und was sich dort im künftigen Planrecht wiederfinden soll.
StR
Dr. Schertlen
(STd) findet die Fassade des ersten Siegerentwurfs "recht langweilig", seiner Meinung nach ist die Fassade des 2. Rangs interessanter und würde besser zur Umgebung passen. Er fragt, ob eine Tiefgarage geplant sei und wo die Zufahrt für diese wäre. Grundsätzlich begrüßenswert sei es, Wohnraum zu schaffen, doch sehe er an dieser Stelle Konflikte durch Partylärm.
StR
Schupeck
(LKR) bewertet beide Entwürfe als "relativ gut" und denkt, man könne auf beide aufbauen. "Der Hochpunkt mit dem kubischen Kopf" erzeuge bei ihm im ersten Moment eine Abwehrhaltung. Ihn interessiert, ob die jeweiligen Nutzungsparameter bei beiden Entwürfen gleichwertig sind bzw. wo die Unterschiede liegen.
BM
Pätzold
konstatiert, würde das Wettbewerbsverfahren noch laufen, so würde die Überarbeitung über die Jury gehen. Der Rat habe klar geäußert, dass er eine Überarbeitung des ersten und des zweiten Platzes möchte. Einigen müsse man sich nun darüber, wo die Überarbeitungen präsentiert werden bzw. wo die Entscheidung fällt. Denkbar wäre dies in einem Sondertermin, wo die UTA-Mitglieder anwesend sind, oder im Rahmen einer UTA-Sitzung.
Herr
Berlepp
(LBBW) bringt als Geschäftsführer der LBBW Immobilien seine Betroffenheit zum Ausdruck. Die LBBW Immobilien habe sich hausintern verpflichtet, bei jedem Bauvorhaben eine konkurrierende Planungskonferenz vorwegzuschalten. Man mache dies aus der tiefen Überzeugung heraus, dass die beste Lösung von Architekten erarbeitet wird und nicht hausintern. Die beste Lösung sei am Ende in der Regel auch die wirtschaftlich beste Lösung.
Was den Ankauf des Grundstücks angeht, möge man sich zunächst den derzeitigen Zustand vor Augen führen: Es handle sich um drei Grundstücke, weshalb die Stadt im Falle des Erwerbs drei Grundstücke, von denen eines im Erbbaurecht ist, hätte erwerben müssen. Weil dies nicht so einfach sei, habe man mit dem Stadtplanungsamt im Vorfeld intensive Vorgespräche geführt, um zu einem vernünftigen Wert zu kommen. "Wir haben glaube ich über zwölf Monate Vorarbeit mit der Stadt geleistet, um überhaupt zu einer Wertermittlung zu kommen. Wie macht man das? Man muss überhaupt erst mal schauen, welche Baumasse an sich da ist. Der zweite Ansatz, den wir uns auf die Fahne geschrieben haben, ist Wohnraum zu schaffen. Da kann ich eine konkrete Frage auch gleich beantworten: Der zweite Entwurf hat - weil die Wohnungen an sich ja noch variabel sind - ca. 30 % weniger Wohnraum als der erste Entwurf.
Meine Betroffenheit kommt aber ganz woanders her: Wir sind in ein Planungsverfahren gegangen, wir haben auch internationale Architekten eingeladen. Dazu muss man leider sagen, dass die international eingeladenen Architekten es vorgezogen haben, an dem Wettbewerb nicht teilzunehmen. Warum können wir nicht sagen, aber die konkurrierenden Architekturbüros waren hochklassig besetzt. Und das ist die Haltungsfrage, die mich betroffen macht. Wir haben uns verpflichtet, und das ist nach der Planungskonkurrenz vom Jury-Vorsitzenden an mich gefragt worden, 'Ist der Investor bereit, den 1. Sieger umzusetzen?' Meine Antwort damals war: 'Ja, warum hätten wir sonst die Planungskonkurrenz machen sollen? Das hätten wir uns ja sonst ersparen können.' Ich gebe Ihnen recht, im Text steht etwas Anderes, aber genau deshalb hat der Jury-Vorsitzende damals diese Frage gestellt, die ich mit einem klaren Ja beantwortet habe.
Es spricht überhaupt nichts dagegen, ich bin selbst, wenn ich das sagen darf, von der Ausbildung Architekt, und ich kann jeden Ihrer fachlichen und sachlichen Diskussionsbeiträge nachvollziehen. Genau das ist in einer Tagesveranstaltung gemacht worden. Ich habe selten erlebt, dass so kontrovers diskutiert wurde, aber ich habe auch selten erlebt, dass wir uns so in der Beurteilung der einzelnen Arbeiten verschätzt haben. Diejenigen, die dabei waren, wissen, es war ein anonymes Verfahren. Auch das ist wichtig. Wir haben nicht gewusst, wen wir am Ende prämieren werden. Und glauben Sie mir, natürlich ist es immer so, dass man sagt 'Das ist Frau Maier, das ist Herr Schulze'. Man versucht es zuzuordnen. Ich persönlich in meiner langjährigen Tätigkeit habe noch nicht erlebt, dass wir uns so sehr getäuscht haben. Das ist ein Qualitätsmerkmal für das Verfahren an sich.
Und der Wunsch, der jetzt an den Investor - sprich uns - herangetragen wird, beide Preisträger überarbeiten zu lassen: Kein Problem! Wir hätten uns genauso verpflichtet an dem Tag, den zweiten Preis zu bauen. Das hilft uns nur nicht wirklich weiter. Und das macht mich betroffen. Wir würden gerne im Jahr 2019, wenn Sie uns das Baurecht dafür geben, anfangen, dort Realitäten zu schaffen, Wohnungen zu bauen und diese wirklich katastrophale Situation - insbesondere der Anbau an das Kaufhaus - zu beenden. Dort haben wir die vollste Unterstützung der Stadtverwaltung. Und das, was für uns als Investoren wichtig wäre, ist die Verlässlichkeit der dann getroffenen Entscheidung. Und das hat dann doch etwas mit Zeit zu tun, und Zeit hat natürlich auch etwas mit Wirtschaftlichkeit zu tun.
Das heißt, aus Sicht des Investors sind wir gerne bereit, Ihrem Wunsch nachzukommen. Auf der anderen Seite hätte ich schon gerne ein Indiz, wie wir dann zu einer Entscheidung kommen, nachdem ja bereits gesagt wurde, dass der Vorschlag von Herrn Riehle, dies im Rahmen einer Jury-Entscheidung zu machen, nicht aufgegriffen wird. Denn eine baubegleitende Planung oder in 'eine Planung der Planung der Planung' würde ich ungern machen."
Eingehend auf die Eingangsbemerkungen von StR Hill merkt Herr
Riehle
an, es sei ganz selbstverständlich, dass ein solches Bauwerk in der Öffentlichkeit diskutiert werden muss. Jedoch habe es sich um eine sehr einseitige Darstellung gehandelt, die ihn veranlasst habe zu sagen, dass man es so nicht machen kann. Außer Frage stehe auch, dass der Gemeinderat souverän ist. Jedoch sei der Gemeinderat in die Verfahren eingebunden, damit solche Dinge möglichst nicht eintreten, sondern damit es möglichst Synergieeffekte gibt, die dann auch die Gremienarbeit erleichtern. Für den Investor sei es wichtig zu wissen, wie der Entscheidungsgang nach der geforderten Überarbeitung - die er in der Auslobung ja zugesagt habe - ist und wer diese Entscheidung trifft. Er nehme mit, dass dies für den Gemeinderat eine politische Entscheidung ist nach dem Muster "Wir hören zwar an, was der Auftraggeber sich wünschen würde, aber wir behalten uns vor, anders zu entscheiden".
Der
Vorsitzende
schlägt vor, den UA Eberhardstraße - welcher für den Wettbewerb eingerichtet wurde - nochmals zusammenzurufen, diesem Unterausschuss beide Arbeiten präsentieren zu lassen, dort ein Votum zu treffen und den endgültigen Beschluss dann im UTA zu fassen. StR
Hill
meldet Zweifel an, da im UA nicht alle Fraktionen und Gruppierungen vertreten sind. Er hält es für fraglich, diese auszuschließen angesichts der Bedeutung des Projekts, und plädiert für ein Verfahren, bei dem alle Fraktionen, Gruppierungen und Beteiligten eingebunden sind. Seine Wortmeldung von vorhin, ziehe er zurück. Er werde sich im nicht öffentlichen Teil der Sitzung zu Dingen äußern, die von Herrn Riehle und Herrn Berlepp angesprochen wurden.
BM
Pätzold
schließt den Tagesordnungspunkt für heute und hält fest:
Der Ausschuss für Umwelt und Technik hat vom Bericht
Kenntnis genommen.
Die Überarbeitung beider Entwürfe werde in "UTA-Zusammensetzung" zu einem noch festzulegenden Zeitpunkt präsentiert. Wert lege der Ausschuss dabei insbesondere auf eine 3 D-Darstellung aus dem Stadtraum und darauf, eine Fassadenabwicklung sowohl der Eberhardstraße von hinten her als auch von der Geißstraße zu zeigen.
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