Landeshauptstadt Stuttgart
Technisches Referat
Gz: T
GRDrs 380/2023
Stuttgart,
04/24/2023


Bäderentwicklungsplan 2030 – Fachkräftemangel - Sachstand 2023



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
BäderausschussKenntnisnahmeöffentlich05.05.2023

Bericht:



Vorbemerkungen

In den nachfolgend angeführten Gemeinderatsdrucksachen haben die Stuttgarter Bäder (STB) ausführlich über die Ist-Situation und die notwendige Neuausrichtung der Bäder in Stuttgart berichtet.

Speziell auf den Fachkräftemangel im Funktionsbereich der Aufsichtsfachkräfte wurde in der GRDrs 519/2019 eingegangen.

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt hat sich seit der Berichtserstattung 2019 deutlich verschlechtert. Für eine bedeutende Anzahl von Arbeitsplätzen mit bestimmten Qualifikationsanforderungen besteht ein branchenübergreifender Mangel an Beschäftigten. Der bundesweite Fachkräftemangel trifft auch die STB und ganz besonders den für den Betrieb von Bädern zwingend erforderlichen Funktionsbereich der Aufsichtsfachkräfte.

Die Auswirkungen des Fachkräftemangels trifft Betriebe mit präsenzpflichtigen Arbeitsplätzen ganz besonders, da der Mangel an geeigneten Beschäftigten sofort Auswirkungen auf das Leistungsangebot hat!




Fakten zum Fachkräftemangel


Auswirkungen des Fachkräftemangels


Grundsätzliches

Der Eigenbetrieb Stuttgarter Bäder betreibt ganzjährig für Öffentlichkeit, Schulen und Vereine drei Thermen (DAS LEUZE, SoleBad Cannstatt, Mineralbad Berg) und acht Hallenbäder (Feuerbach, Heslach, Plieningen, Sonnenberg, Vaihingen, Zuffenhausen, Leo-Vetter-Bad, Sportbad NeckarPark).

Die grundlegende Personalausstattung bemisst sich nach den errechneten, festgelegten und betrieblich notwendigen Personalfunktionsbedarfen der Thermen und der Hallenbäder.

Zusätzlich sind während der jährlichen Sommerbadesaison 5 Freibäder (Möhringen, Rosental Vaihingen, Sillenbuch, Killesberg, Inselbad Untertürkheim) zu betreiben.

Die STB stehen zudem durch die umfangreichen Freibadöffnungszeiten über dem
bundesdurchschnittlichen Niveau vor besonderen Herausforderungen.

Bundesdurchschnittliche Öffnungszeiten Freibäder = 70 Stunden/Woche. (Quelle:
Altenburg BäderReport 2019)

Stuttgarter Freibäder im Juni, Juli und August = 90,5 Stunden/Woche (Montag bis Freitag von 07:00 Uhr bis 20:30 Uhr, Samstag und Sonntag von 09:00 Uhr bis 20:30 Uhr).

Möhringen
Killesberg
Sillenbuch
Inselbad Untertürkheim
Rosental Vaihingen
Öffnungsstunden für die Öffentlichkeit/Woche (Juni, Juli und August)
90,5
90,5
90,5
90,5
90,5
Vergleich zum Bundesdurchschnitt
+29,29%
+29,29%
+29,29%
+29,29%
+29,29%

Die Öffnungszeiten/Woche der Stuttgarter Freibäder liegen um 29,29% über dem Bundesdurchschnitt. Damit ist der saisonale Personalmehrbedarf in Stuttgart deutlich höher als anderswo und es muss überdurchschnittlich mehr saisonales Personal gefunden werden.

Der Vergleich zum Altenburg BäderReport 2016, als die Öffnungszeiten der Stuttgarter Freibäder noch 27,47% über dem Bundesdurchschnitt lagen zeigt, dass andere Badbetreibende bereits Öffnungszeitenreduzierungen umgesetzt haben.

Um das für den Betrieb der Stuttgarter Freibäder erforderliche zusätzliche Personal zur Verfügung stellen zu können, werden bisher – geplant - (vgl. auch GRDrs 519/2019) folgende Maßnahmen umgesetzt:
Um in der Sommersaison alle Freibäder der Bevölkerung anbieten zu können, ist ein temporärer saisonaler Mehrbedarf an Personal notwendig. Der bundesweite Fachkraftmangel im Aufsichtsbereich führt aber dazu, dass die saisonal zusätzlich erforderliche Anzahl an Fachkräften nicht mehr zu finden ist und somit nicht zur Verfügung steht.

Bereits in der jüngeren Vergangenheit mussten alle Hallenbäder in Stuttgart während der Sommersaison geschlossen bleiben, um die Freibäder mit dem zwingend notwendigen Fachpersonal auszustatten. Da selbst diese zusätzlichen Maßnahmen zum Teil nicht genügten, musste das Freibad Inselbad Untertürkheim teilweise nur im Einschichtbetrieb geöffnet werden.



Sachstand bei der Saisonpersonalgewinnung am 21.04.2023

2023 gingen auf mehrmalige-mehrwöchige Stellenausschreibungen in den bei der LHS buchbaren Paketen (hier: Amtsblatt und unter www.stuttgart.de, außerdem in folgenden Jobbörsen: Echolot Extra-Paket monster, stellenanzeigen.de, jobs.de/JobScout24.de, JobNinja + Kooperationspartner Indeed und yourfirm und Homepage STB) für Fachangestellte für Bäderbetriebe und für Saisonaufsichtskräfte insgesamt 32 Bewerbungen (Köpfe ≠ Vollzeitkräfte) ein.

Mit 7 Bewerbenden mit einem Arbeitszeitumfang von 6 Vollzeitkräften konnten bisher Arbeitsverträge abgeschlossen werden.


Sachstand Personalbedarf / -ausstattung am 21.04.2023:

Die STB errechnen auf der Grundlage der Öffnungszeiten für die Öffentlichkeit und den notwendigen Vor- und Nachbereitungszeiten unter Einhaltung der gesetzlichen und tariflichen Vorgaben den präsenzpflichtigen Vollzeitkräftebedarf für die einzelnen Bäder.

Für den Aufsichtsbereich ergeben sich folgende Funktionsbedarfe:
(Hinweis: eine Vollzeitstelle kann auch durch mehrere Personen besetzt sein, d. h. es werden in der Regel mehr Köpfe als die reine Anzahl an Vollzeitstellen benötigt.)


Bedarf an Aufsichtsvollzeitkräften für die Thermen
47
Bedarf an Aufsichtsvollzeitkräften für die Hallenbäder (Kat. I + II)
30
Summe: Erforderliche Personalausstattung an Aufsichtsvollzeitkräften für die grundlegende Personalausstattung der Thermen und Hallenbäder mit Kursbedarf in den Hallenbädern Sonnenberg und Leo-Vetter-Bad
77
Zusätzlicher Bedarf an Aufsichtsvollzeitkräften für die 5 Freibäder während der Sommerbadesaison
56

Erforderlicher zusätzlicher saisonaler Bedarf an Aufsichtsvollzeitkräften für den Betrieb der Freibäder (Möhringen, Killesberg, Sillenbuch, Inselbad Untertürkheim, Rosental Vaihingen) mit den aktuellen bundesüberdurchschnittlichen Öffnungszeiten
-56
Für die Sommerbadesaison freiwerdende Aufsichtsvollzeitkräfte durch Einstellung des STB-eigenen Schwimmkursangebots in den Hallenbädern Sonnenberg und Leo-Vetter-Bad
+6
Für die Sommerbadesaison freiwerdende Aufsichtsvollzeitkräfte durch die Schließung der Kategorie-II-Bäder (Feuerbach, Sportbad NeckarPark, Vaihingen) für die Öffentlichkeit
+4
21.04.2023: Stand der eingestellten Aufsichtsvollzeitkräfte (nicht mit der Anzahl an Köpfen gleich zu setzen) zur Deckung des Bedarfs während der Sommerbadesaison
+6
Summe Unterdeckung 1 / mit bisherigen Maßnahmen
-40
Somit sind für die Sommerbadesaison 2023 weitere Maßnahmen zur Abdeckung des Aufsichtsvollzeitkräftebedarfs erforderlich:
Nicht erforderliche Aufsichtsvollzeitkräfte durch die ungeplante sanierungsbedingte Schließung des Freibads Möhringen
+8
Zwischensumme ohne Personalbedarf Freibad Möhringen
-32
Für die Sommerbadesaison freiwerdende Aufsichtsvollzeitkräfte durch Schließung der Kategorie-I-Bäder (Leo-Vetter-Bad, Sonnenberg, Zuffenhausen) für die Öffentlichkeit
+20
Summe Unterdeckung 2 / mit weiteren Maßnahmen
-12

Aktuell fehlen noch 12 Aufsichtsvollzeitkräfte, um die Aufsichtsfunktionsbedarfe der Thermen und der Freibäder (ohne Freibad Möhringen) abdecken zu können.


Trotz der vorstehend aufgelisteten Maßnahmen besteht also weiterhin eine Unterdeckung an Aufsichtsvollzeitkräften, sodass in 2023 darüber hinaus noch weitere Einschränkungen notwendig sind.

Mögliche weitere Einschränkungen
Einschichtbetrieb Freibad Inselbad Untertürkheim
+3,6
Einschichtbetrieb Freibad Rosental Vaihingen
+3,4
Einschichtbetrieb Höhenfreibad Killesberg
+2,0
Einschichtbetrieb Freibad Sillenbuch
+0,3
Einschränkung des Saunaangebots im Mineralbad Berg
+1,2
Summe nach weiteren Einschränkungen
+10,5


Der Bezirksbeirat Möhringen wünscht wegen der ungeplanten Sanierungsschließung des Freibads Möhringen, die Öffnung des Hallenbads Sonnenberg in der aktuellen Sommerbadesaison.
Dies ist aber nur zu realisieren, wenn hierfür die erforderlichen Aufsichtsvollzeitkräfte (8 Aufsichtsvollzeitkräfte) durch anderweitige Einschränkungen zur Verfügung stehen. D. h. die vorgenannte Summe Unterdeckung 2 / mit weiteren Maßnahmen erhöht sich bei Nicht-Schließung des Hallenbads Sonnenberg um 8 Aufsichtsvollzeitkräfte auf
insgesamt -20 Aufsichtsvollzeitkräfte.


Ausblick und Ziel

Aufgrund der aktuellen Bewerbungslage sind die STB, wie viele andere Badbetreibende auch, gezwungen, die Öffnungszeiten für die Öffentlichkeit kurzfristig anzupassen.

Das temporär benötigte Saisonpersonal wird sich auf absehbare Zeit auf dem Arbeitsmarkt möglicherweise nicht mehr in ausreichender Anzahl rekrutieren lassen.

Unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktfakten wollen die STB durch Anpassung des Betriebs der Bäder auf die Arbeitsmarkt-Ist-Situation ein realistisches und planbares Bäderangebot bereithalten.

Wichtigstes Ziel ist es, möglichst einen ganzjährigen, gleichmäßigen Personalfunktionsbedarf zu erreichen. Bei ganzjährig gleichmäßigem Personalfunktionsbedarf könnten die Bäder durch Öffnungszeitenmanagement und flexiblen Personaleinsatz jeweils situationsgerecht planbarer zur Verfügung gestellt werden.


Folgende Maßnahmen könnten zukünftig dazu beitragen ein planbareres Bäderangebot vorzuhalten und sollten daher diskutiert werden:


1. Erhöhung der Aufsichts-Funktionsbedarfe außerhalb der Sommerbadesaison durch Prüfung eines zusätzlichen Schwimmkursangebots der STB

Die STB bieten aktuell während der Wintersaison in den Hallenbädern Sonnenberg und Leo-Vetter-Bad mit 6 Aufsichtsvollzeitstellen während der Öffnungszeiten für die Öffentlichkeit eigene Schwimmkurse an.
In der Wintersaison 2022/2023 standen insgesamt 1.338 Kursplätze zur Verfügung. Diese dienen in erster Linie dazu die Schwimmfähigkeit von Kindern zu fördern. Eine Erhöhung des Kursangebots würde nach unserer Einschätzung auch auf eine entsprechende Nachfrage treffen.

Für die Durchführung des Schwimmkursangebots sind in diesen beiden Bädern
Aufsichtsfachkräfte tätig, die bereits jetzt in der Sommersaison in den Freibädern eingesetzt werden.

Ein mögliches eigenes Schwimmkursangebot in den Hallenbädern Heslach und Zuffenhausen könnte in der Wintersaison weitere unbefristet tätige Aufsichtsfachkräfte an die STB binden. Diese könnten in der Sommerbadesaison ebenfalls in den Freibädern eingesetzt werden.

Entsprechendes Fachpersonal für Schwimmkurse und Aufsicht müsste dazu noch gewonnen und zusätzlich beschäftigt werden.

Die Kursangebote der externen STB-Kooperationspartner können auch weiterhin während der Sommerbadesaison stattfinden.


2. Personalgewinnung und -bindung durch Bezahlung einer Zulage

Mit der GRDrs 762/2022 (Flexibilisierung der Personalgewinnung) wurden im Hinblick auf den bereits bestehenden und aller Voraussicht nach stärker werdenden Personal- bzw. Fachkräftemangel erste Maßnahmen zur Personalgewinnung und -bindung beschlossen.

Diese Maßnahmen werden im Bereich der Bäder nicht zu einer spürbaren Verbesserung der Situation führen, da insbesondere im Funktionsbereich Aufsicht persönliche Qualifikationsanforderungen (Rettungsfähigkeit) erforderlich sind.

Ausgebildete Fachangestellte für Bäderbetriebe werden nach Abschluss ihrer Ausbildung in Entgeltgruppe 5 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) eingruppiert.
Dies entspricht aktuell einem Bruttoentgelt von 2.576,29 Euro und bedeutet für meist junge Menschen ein Nettoentgelt von rund 1.700 Euro/Monat.

Andere Städte und Gemeinden bieten hier ein deutlich besseres Entgelt an.
So bezahlt z. B. die Stadt München ihre Bäderbeschäftigten nach dem Tarifvertrag für Versorgungsbetriebe (TV-V) und gewährt zusätzlich noch eine Zulage.

Entgeltgruppe 5 Stufe 1
Zulage
Summe
TVöD, Stadt Stuttgart
2.576,51 €
0,00 €
2.576,51 €
TV-V, Stadt München
2.878,46 €
270,00 €
3.148,46 €
Mehrverdienst in München
301,95 €
270,00 €
571,95 €

Durch die deutlich höhere Bezahlung anderer Badbetreiber besteht ein klarer Wettbewerbsnachteil für die STB.
Deshalb sollte auch bei den STB eine ganzjährige Zulage bezahlt werden, um beim Bemühen um Fachkräfte nicht das Nachsehen zu haben und die Stammbelegschaft an sich zu binden.


3. Beibehaltung der Öffnungszeiten der Hallenbäder während der Wintersaison und deren optionale Schließung während der Sommersaison für die Öffentlichkeit

Bundesdurchschnittliche Öffnungszeiten Hallenbäder = 48 Stunden/Woche. (Quelle: Altenburg BäderReport 2019)

Bäder der Kategorie I
Heslach
Leo-Vetter-Bad
Sonnenberg
Zuffenhausen
Öffnungsstunden für die Öffentlichkeit/Woche
65,5
62
72,5
66
Vergleich zum Bundesdurchschnitt
+36,46%
+29,17%
+51,04%
+37,50%

Die Kategorie-I-Bäder (mit umfangreichen Öffnungszeiten für die Öffentlichkeit, Schwimmkursangeboten, wenig Schul- und Vereinsbelegung) der STB liegen mit ihren aktuellen Öffnungszeiten alle weit über dem Bundesdurchschnitt. Diese Öffnungszeiten sollten während der Wintersaison beibehalten werden. Während der Sommerbadesaison könnten diese Hallenbäder für die Öffentlichkeit wie z. B. in 2022 geschlossen werden.

Die Kategorie-II-Bäder sollen wie bisher betrieben werden. Hier ist bereits aktuell die Schul- und Vereinsbelegung die Hauptausrichtung dieser Bäder.


4. Erhöhung der Ausbildungsplätze

Die STB bilden das Berufsbild „Fachangestellte*r für Bäderbetriebe“ aus. Ein Großteil der in den Stuttgarter Bädern tätigen Aufsichtsfachkräfte entstammt der eigenen Ausbildung. Aktuell ist jährlich angestrebt, bis zu 7 Auszubildende für das Berufsbild „Fachangestellte*r für Bäderbetriebe“ auszubilden.

Grundsätzlich werden die STB die Ausbildungskapazität auf bis zu 10 Auszubildende pro Jahr erhöhen.

Hier bleibt allerdings abzuwarten, ob in unserem wirtschaftsstarken Umfeld genügend geeignete Bewerbende gefunden und eingestellt werden können. Stand 21.04.2023 konnten für den Ausbildungsbeginn 01.09.2023 bisher mit 2 Auszubildenden Berufsausbildungsverträge abgeschlossen werden und bei 2 weiteren liegt der Berufsausbildungsvertrag zu deren Unterschrift vor.


5. Qualifikation von Quereinsteigern

Das neue Merkblatt der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen (R 94.05) regelt, dass für den Einsatz in der Wasseraufsicht eine kombinierte Rettungsübung zu absolvieren ist. Außerdem muss eine Erste-Hilfe-Ausbildung, insbesondere in der Herz-Lungen-Wiederbelegung vorliegen. Eine weitergehende Ausbildung ist nicht mehr erforderlich. Die bisherige Bedingung des Besitzes des Rettungsschwimmabzeichens in Silber der Deutschen-Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG) ist entfallen.

Ob sich dadurch die Anzahl von Bewerbungen für die Aufsicht in den Bädern erhöht bleibt abzuwarten. Im Falle von Bewerbenden ohne Ausbildung können die STB Möglichkeiten zur weiteren Qualifizierung anbieten (z. B. Teilnahme am betrieblichen Schwimmtraining).


Beteiligte Stellen

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Vorliegende Anträge/Anfragen

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Dirk Thürnau
Bürgermeister





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