Protokoll:
Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
26
7
Verhandlung
Drucksache:
939/2019
GZ:
OBM
Sitzungstermin:
28.01.2020
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
BM Pätzold
Berichterstattung:
Herr Forderer (S/OB Mobil)
Protokollführung:
Frau Faßnacht
de
Betreff:
Konzept für die Förderung des Carsharings in der
Landeshauptstadt Stuttgart (Carsharing-Konzept)
Vorgang: Ausschuss für Stadtentwicklung u. Technik v. 03.12.2019, öffentlich, Nr. 154
Ergebnis: Einbringung
Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 19.11.2019, GRDrs 939/2019, mit folgendem
Beschlussantrag:
Das Konzept für die Förderung des stationären Carsharings in der Landeshauptstadt Stuttgart (Carsharing-Konzept) wird gemäß Anlage 1 beschlossen.
StRin
Munk
(90/GRÜNE) lobt das für dieses Konzept zuständige Verwaltungsteam und die Zusammenarbeit mit den externen Fachleuten. Die Nachfrage nach Carsharing sei groß, weswegen eine umfassende und systemische Betrachtung notwendig sei, um das Konzept in der Großstadt zu implementieren. Mit Blick auf die in der Vorlage enthaltene Karte, in der farblich gekennzeichnet ist, wo Nachfrage besteht und wo nicht bzw. welche Bereiche genauer betrachtet werden müssen, hält sie es für richtig, Bereiche mit einem Campus wie in Plieningen-Birkach und Vaihingen differenzierter zu bewerten und weitere Standorte mithilfe der jeweiligen Bezirksbeiräte generieren zu können. Darüber hinaus erinnert sie an den GRÜNEN-Antrag, wonach an einem Pilot-Standort im Stuttgarter Westen getestet wird, wo verschiedene Infrastruktur auf einem Stellplatz gebündelt wird ("Stuttgarter Rechteck) mit dem Ziel, den Fußverkehr zu fördern und die Gehwege für diesen Zweck freizuräumen. Sie bittet darum, dies generell beim Carsharing-Konzept mitzudenken.
StR
Vetter
(CDU) berichtet, der Bezirksbeirat Plieningen werde in der nächsten Woche einen Antrag einbringen, bei dem es darum gehe, einen Carsharing-Platz in der Ortsmitte von Plieningen zu realisieren. Es sei die Aufgabe der Bezirksbeiräte darüber zu diskutieren. Er regt an, gegenüber allen Bezirksbeiräten zu kommunizieren, dass dieses Konzept jetzt in der Stadt umgesetzt wird. Was den genannten GRÜNEN-Antrag angeht, so stehe in der Vorlage bereits, dass im Zusammenhang mit potenziellen intermodalen Knotenpunkten, z. B. Fahrradabstellplätze und Mobilitätsangebote anderer Art, technisch und räumlich zu bündeln versucht wird. Auch gehörten öffentliche Fahrradständer mit mindestens 4 Abstellvorrichtungen laut Vorlage zur Standardausrüstung. Den Antrag betrachte er insofern als erledigt, als die Stadt bereits umsetze was gefordert wird. Ihn interessiert, ob die Anbieterfirmen des Carsharing für den Entfall der Parkerlöse an die Stadt ein Entgelt für die Nutzung des öffentlichen Straßenraums bezahlen müssen.
StR
Ozasek
(Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) erinnert daran, dass das Carsharing-Konzept auf eine Initiative der Fraktionsgemeinschaft bei der Fortschreibung von Nachhaltig Mobil in Stuttgart zurückgehe. Er lobt die hervorragend ausgearbeitete Strategie, für die er der Stabsstelle ein großes Dankeschön sage. Es gebe in Stuttgart ein immenses Potenzial für Carsharing. Das Carsharing-Gesetz des Bundes und die Novelle des Landesstraßengesetzes geben nun den Rahmen, dass insbesondere Entwidmungsverfahren für Parkplätze künftig nicht mehr benötigt werden, sondern strategisch im öffentlichen Raum Sharing-Punkte ausgewiesen werden können. Man gehe nun dazu über, im gesamten Stadtraum solche Sharing-Angebote zu platzieren. Die private Haltung von Pkws werde damit überflüssig gemacht, sodass öffentlicher Raum eine andere Nutzung erhalten kann. Auch freue man sich darüber, dass viele der Punkte aus dem Antrag Nr. 174/2019 in das Konzept eingeflossen sind, insbesondere die Orientierung am "Blauen Engel Carsharing". Weiter begrüße man, dass die Anbindung an Polygo gelungen ist, sodass nun all diese alternativen Mobilitätsbausteine dort zusammengeführt und niederschwellig nutzbar gemacht werden. Allerdings wolle man sich zu einem späteren Zeitpunkt darüber unterhalten, "ob wir nicht flächiger eine Art Konzessionierung für das Carsharing in der Stadt anbieten, damit entsprechend Gebiete mit einer hohen Nachfrage verbunden werden mit Gebieten mit einer schwächeren Nachfrage, damit die Anbieter auch verpflichtet sind, in die Gebiete zu gehen, wo wir heute eine hohe Kfz-Quote und eine niedrige bauliche Dichte haben und wo die Nachfrage vielleicht erstmal nicht in der Weise da ist wie z. B. in den Innenstadtbezirken."
Diskussionsbedarf im weiteren Prozess habe man noch in der Frage, wie viele vollelektrische Fahrzeuge in dieser Flotte sein sollen, da momentan solche Fahrzeuge am Markt noch deutlich teurer sind als Verbrenner-Fahrzeuge. Bei der Ausstattung der Mobilitäts-Hubs müsse man dieses, aber auch andere Themen mitdenken und über die Details noch diskutieren. Richtig sei, ein modulares System zur Grundlage zu machen für die Mobilitäts-Hubs. Hierüber wünscht er separat im Ausschuss zu diskutieren, da den meisten das "Stuttgarter Rechteck" kein Begriff sei und auch noch keine Vorlage hierzu existiere. Aus diesem Grund spreche er sich auch dagegen aus, bereits jetzt irgendwo einen Piloten aufzusetzen.
Entscheidend werde sein, dass die Strategie vermittelt wird in die Verwaltung und in ihre Organisationseinheiten hinein, die künftig mit diesen Fragen befasst sind. In den Soziale-Stadt-Gebieten, in den Stadterneuerungsgebieten, brauche es einen Schwerpunkt auf Sharing, vor allem aber brauche es die Stadtbezirke, die mit dieser Strategie vertraut gemacht werden müssen und Vorschläge machen können, wo diese Mobilitäts-Hubs integriert werden sollen. Was die Finanzierung derselben angeht, so brauche man von der Verwaltung eine Idee, aus welchen Teiletats im laufenden Haushalt dies möglicherweise finanziert werden kann. Seines Wissens hat die Stabsstelle Mobilität einen Teil aus dem Klimaschutzpaket übertragen bekommen, weshalb er anrege, aus diesen 30 Mio. € einen Teil für die Herstellung von Hubs zu verwenden.
StRin
Schanbacher
(SPD) sieht als gemeinsames Ziel, den Individualverkehr - fließend und ruhend - zu reduzieren in der Stadt, um mehr Lebensraum und -qualität für die Stuttgarter Bevölkerung zu bekommen. Das Carsharing-Konzept sei ein wichtiger Teil des Ganzen. Für sie interessant sei, dass laut Vorlage das stationsgebundene Carsharing das attraktivere ist, weil das Motivationsverhalten dahinter ein überlegteres ist und es den Umstieg vom eigenen Auto auf Carsharing-Angebote ermöglicht, wohingegen Floating-Angebote eher kritisch zu sehen sind, da sie im Zweifelsfall den ÖPNV ersetzen. Sie sehe dies auch bei Rollern und anderen gegeben. Sie begrüßt daher das vorgeschlagene Konzept sehr, auch weil Rad- und Fußverkehr mitgedacht werden - Stichwort: "Gehwegnasen".
Mit dem Vorschlag hingegen, Stadtrandlagen sollen perspektivisch ins Konzept aufgenommen werden, tue man sich schwer, da dies nach Meinung ihrer Fraktion eine Voraussetzung sei, um die Menschen zum Umstieg zu motivieren. Gerade in Stadtrandlagen haben die Menschen am meisten das Gefühl, ihr eigenes "Kärrele" zu brauchen, um von A nach B zu kommen. Das Verfahren sehe bereits vor, dass Vorschläge für Standorte in den Bezirken aus den Bezirksbeiräten kommen. Die Einbindung von Unternehmen sei eine sehr gute Idee, insbesondere was die Nutzung durch Private am Wochenende und die geschäftliche Nutzung an Wochentagen angeht. Sie fragt, ob bereits ein Plan besteht, wie und welche Unternehmen dazu angesprochen werden. Ein wenig zu allgemein gehalten finde sie die Vorlage in Bezug auf konkrete Aussagen, wie das Carsharing darüber hinaus gefördert werden kann. Hier bittet sie um eine Aussage der Verwaltung, welche nächsten Schritte anstehen.
StR
Serwani
(FDP) lobt das hervorragende Konzept. Ohne Zweifel werde das Carsharing immer mehr zunehmen, insbesondere in der jüngeren Bevölkerung, die immer mehr auf das eigene Auto verzichtet. Hervorzuheben sei auch die Verknüpfung mit der Polygo-Card. Auch er mahnt, nicht nur die Innenstadt, sondern auch die äußeren Stadtbezirke flächendeckend auszustatten.
StR
Zeeb
(FW) fragt, inwieweit man sich innerhalb dieses Konzepts Gedanken gemacht hat über die Ausstattung der Fahrzeuge mit Kindersitzen bzw. Kleinkindersitzen und für Babys.
StR
Dr. Mayer
(AfD) erkundigt sich nach der laut Vorlage dauerhaften Förderung zur Finanzierung der Einrichtungskosten von Carsharing-Stationen nach Ende des Pilotprojektes. Er stelle sich eher vor, dass der Anbieter des Carsharing dann eine Miete für die Stationen bezahlen muss. Für ihn stelle sich außerdem die Frage, ob stationäre Systeme die beste Idee sind. Seines Erachtens werden planwirtschaftliche Lösungen auch in diesem Fall nicht funktionieren. Daher möge man es der Entscheidung der Bürger bzw. dem Markt überlassen.
StRin
Köngeter
(PULS) begrüßt das Konzept und freut sich, damit als Stadt das Angebot im Hinblick auf die Mobilitätswende weiter auszubauen anstatt ausschließlich auf Verbote zu setzen. Wichtig ist auch ihr, dass das Konzept perspektivisch ausgeweitet wird. Gegenüber StR Zeeb teilt sie mit, Stadtmobil biete Fahrzeuge an, die mit Kindersitzen, meist in Form von Sitzerhöhungen ausgestattet sind, ihres Wissens jedoch nicht mit solchen für Kleinkinder und Babys. Die Ausstattung der Fahrzeuge sei im Bestellvorgang ersichtlich. Folglich müssten die Baby-Schalen mitgebracht werden oder zuerst zum Wohnort gefahren werden, um Kinder plus Baby- oder Kindersitze abzuholen. Dies gestalte sich jedoch schwierig, wenn man alleine mit Kindern unterwegs ist.
BM
Pätzold
dankt für diesen Praxisbericht. Er betont, in der Tat gelte es, das Potenzial zu heben, weshalb er an alle appelliert, die das Angebot noch nicht wahrgenommen und somit das Potenzial gestärkt haben. Das Thema Carsharing sei an die Nutzerinnen und Nutzer und an deren Nachfrage gebunden. Ein großer Vorteil beim stationsgebundenen Carsharing sei, dass bei der Rückgabe ein fester Parkplatz benutzt werden kann. Man sehe es als sehr wichtig an, das Carsharing zu fördern, weil dieses Thema in allen Bereichen weiter zunehme und es insbesondere beim Auto Platz schafft innerhalb der Stadt und eine breite Palette an Fahrzeugen zur Verfügung stehe. Die Anbieter haben bei der Frage, welche Fahrzeuge sind auf dem Markt, das Problem einer eingeschränkten Auswahl, aber auch, dass eine große Anzahl der Nutzer gar kein E-Fahrzeug möchte wegen der eingeschränkten Reichweite und der langen Ladezeit. Es müsse daher über die Zusammensetzung der Flotte diskutiert werden und darüber, wie diese verteilt werden kann. Mit der Uni Hohenheim sei man darüber hinaus in engen Gesprächen zum Thema Mobilitätskonzept. Es sei noch die Frage, ob dort ein eigenes System aufgesetzt wird oder ob sich die Uni auf ihrem Campus eines Anbieters mit Carsharing bedienen wird. Die Landeshauptstadt Stuttgart habe eine Mobilitätsberatung, mit der sie auf Firmen zugehe und ÖPNV aber immer auch Carsharing ein Thema zur Beratung sei. Auch die Stadtverwaltung selber nehme am Carsharing teil.
Herr
Forderer
(S/OB Mobil) stellt klar, die Anbieter bezahlen momentan eine Miete von 30 bis 70 €/Monat je nach Standort. Auch die Einrichtungskosten seien vom Anbieter zu tragen. Im Rahmen der Plattform "Urbane Mobilität" habe man sich vor kurzem über das Thema "Wie geht es weiter?" unterhalten. Das Thema der nicht lukrativen Plätze in den Außenbezirken könne gelöst werden durch Vernetzung. Die Anbieter wissen genau, dass sie breitflächig sichtbar sein müssen, um als System erkennbar zu sein. Ein gutes Beispiel dafür sei Bremen, wo es viele kleine Carsharing-Punkte gibt, sodass niemand weit gehen muss, um zu einer Station zu gelangen. Die Überlegungen gingen dahin, zu fragen, "Was muss man noch dazugarnieren?" Man werde in den nächsten Monaten eine Art modulare Strategie entwickeln, um das klassische "Stuttgarter Rechteck" zu definieren und vielleicht auch weitere Dinge, je nach Bedarf des einzelnen Standorts, vorzusehen.
Zum Thema Stadtbezirke schlägt er vor, im Rahmen des regelmäßigen Treffens von EBM Dr. Mayer mit den Bezirksvorsteherinnen und Bezirksvorstehern das Konzept vorzustellen. Zur Frage der dauerhaften Förderung führt er aus, es koste Geld aus dem Etat des Tiefbauamts, die Carsharing-Plätze einzurichten, weshalb man als Stadt weiterhin auf Dauer die Mittel brauche, wenn Carsharing massiv ausgebaut werden soll.
StR
Ozasek
bittet dringend darum, "dass mit diesem Thema auch innerhalb der Verwaltung nochmal gearbeitet wird mit den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern". So habe z. B. im Soziale-Stadt-Gebiet Gablenberg das Amt für öffentliche Ordnung mitgeteilt, Carsharing im öffentlichen Raum werde es nicht geben, da es dafür nicht die Handhabe gebe.
BM
Pätzold
weist darauf hin, dass die Verwaltung gleichzeitig angehalten sei, den öffentlichen Raum auch nicht mit dieser Art von Mobilität vollzustellen. Natürlich werde man gemäß dem Auftrag des Rates auch darauf schauen, den öffentlichen Raum möglichst freizuhalten, insbesondere in der Innenstadt und in den zentralen Bereichen. Insofern komme es teilweise zu solchen Spannungsfeldern.
Herr
Forderer
ergänzt, die Aufgabe der Stabsstelle sei die strategische Vorbereitung und das Schaffen von Strukturen, damit das Thema operativ weiterläuft. Herr Leyva habe mit den beteiligten Ämtern, die diese Aufgabe weiterbearbeiten, ein Team aufgebaut. Es nehme jedoch einige Zeit in Anspruch, bis das neue Konzept innerhalb der Stadtverwaltung überall eingesickert ist. Auf Nachfrage von StRin Schanbacher das Thema Umwidmung von Firmenparkplätzen betreffend informiert er, es fänden immer wieder Treffen mit den 30 größten Arbeitgebern in Stuttgart statt, wo das Thema eingespeist worden sei. Außerdem gebe es die Förderrichtlinien "Carsharing im Quartier", wo Bauträger und Baugenossenschaften sich bewerben können. Derzeit gebe es Überlegungen im Zusammenhang mit der Ansiedlung von Daimler und Allianz in Vaihingen, konkrete Dinge zu machen. Darüber hinaus wissen die Firmen über das Bündnis für Mobilität usw. von den Möglichkeiten. Meistens gehe es ums Geld, sodass die Firmen durchaus ein Interesse haben, eigene Stellplätze zu minimieren. Dabei gelte es darauf zu achten, dass nicht Firmenstellplätze eingespart werden zulasten von Carsharing-Plätzen im öffentlichen Raum.
BM
Pätzold
stellt abschließend fest:
Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik
beschließt
einstimmig
wie beantragt
.
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