Protokoll: Ausschuss für Umwelt und Technik des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
789/2018
GZ:
T
Sitzungstermin: 18.09.2018
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Thürnau
Berichterstattung:der Vorsitzende, Herr Schirner (GFF)
Protokollführung: Frau Westhaus-Gloël de
Betreff: Arbeitsplanung der Forstbetriebe Landeshauptstadt Stuttgart und ForstBW-Betriebsteil Stuttgart für die anstehende Wintersaison 2018/2019

Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Technischen Referats vom 13.09.2018, GRDrs 789/2018. Sie ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokoll-exemplar für die Hauptaktei beigefügt.


Einführend bemerkt BM Thürnau, Auslöser für die Mitteilungsvorlage seien die Diskussionen und die Reaktionen anlässlich der Baumfällarbeiten im Wald um Botnang herum Anfang 2018 gewesen. Auf die Rahmenbedingungen bei der Forstbewirtschaftung eingehend, berichtet der Vorsitzende, der Stadtkreis Stuttgart sei zu einem Viertel seiner Fläche bewaldet, rund 2.700 ha seien Stadtwald und rund 2.000 ha Staatswald, die der Forstbetrieb im Auftrag des Landes bearbeite. Im Gemeinderat sei zuletzt im Jahr 2012 die Forsteinrichtung beschlossen worden, die von 2013 bis 2022 gelte, also eine Laufzeit von 10 Jahren habe. Schon damals sei über das Alt- und Totholzkonzept intensiv diskutiert worden. Für etwa 5 % der Waldbodenfläche seien unterschiedliche Habitatbaumgruppen festgelegt worden. In der Forsteinrichtung 2013-2022 sei der Hiebsatz um 2.500 Festmeter reduziert worden, von 17.800 auf 14.300 Festmeter. Zudem werde der Waldumbau auf klimaresistente Arten vorangetrieben, "weg von der Buche, hin zur Eiche". Auch dieser Waldumbau ziehe Fällungsarbeiten nach sich. Buchen würden gefällt, um hitzeresistentere Eichen nachwachsen zu lassen. Erstmals werde in der Forsteinrichtung 2013-2022 auch ein Bodenschutzkonzept verfolgt, indem explizit zu befahrene Rückegassen festgelegt worden seien. So werde eine flächige Verdichtung des Waldbodens verhindert. Außerdem sei man dazu übergegangen, die Holzernte zu blocken: Während es im Zehnjahreszeitraum einer Forsteinrichtung zuvor 2 bis 4 Eingriffe in einen Waldbestand gegeben habe, gebe es nun maximal einmal in 10 Jahren einen Eingriff, der dadurch aber deutlich intensiver ausfalle. Das sei aus heutiger Sicht vielleicht ein Fehler gewesen. Zu bedenken sei auch, dass aufgrund der Rechtsprechung das Thema Verkehrssicherungspflicht an Bedeutung weiter zugenommen habe.

Wie in der Mitteilungsvorlage dargestellt, sei im Bereich des Stadtwaldes für die anstehende Hiebsaison ein Einschlag von 8.000 Festmetern geplant. Das entspreche nur rund 60 % des in der Forsteinrichtung beschlossenen jährlichen Hiebsatzes und führe zu Einnahmebußen beim Holzerlös von etwa 240.000 €. Beim Staatswald sei ein Einschlag von rund 11.000 Festmetern vorgesehen. Bisher seien mit der Landesverwaltung 9.000 Festmeter für den Winterhieb festgelegt worden. Möglicherweise werde die Landesverwaltung aber auf Erfüllung des verabredeten Hiebsatzes bestehen.

Durch die Holzentnahme aus dem Stadtwald entstehe für die Stadt ein wirtschaftlicher Gewinn in Höhe von 600.000 €. Im Vordergrund stehe aber die Klima- und Erholungsfunktion des Waldes. Bäume müssten auch in Zukunft gefällt werden, aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht und des Waldumbaus hin zu hitzeresistenten Arten, aber auch, um die Erholungsfunktion des Waldes zu erhalten, und dafür Wege zum Wandern, Radfahren, Reiten und Hunde ausführen freizuhalten und Blicke und Sichtbeziehungen im Wald zu ermöglichen. Zum Kleinen Stellenplan sei eine Stelle beantragt worden, damit über die Maßnahmen im Wald entsprechend informiert werden könnte. Seitens der Referate AKR und WFB sei die Vorlage aber nicht mitgezeichnet worden. Für die Zukunft solle im Vorfeld der Forsteinrichtung 2023 ff. ein Runder Tisch eingerichtet werden, an dem neben den entsprechenden Fachleuten auch Bürgerinnen und Bürger teilnehmen können.

StRin Bulle-Schmid (CDU) betont, ihrer Fraktion sei ein sensibler Umgang mit dem Wald und der betroffenen Bevölkerung, die den Wald zur Erholung nutze und schützen wolle, sehr wichtig. Sie begrüßt einen Runden Tisch, an dem Bürgerinnen und Bürger beteiligt sind.

StRin Schiener (90/GRÜNE) kritisiert, dass die Vorlage sehr kurzfristig vorgelegt worden ist und sieht Versäumnisse bei der Information über die Maßnahmen im Wald. Sie regt an, das geplante Vorgehen den betroffenen Bezirksbeiräten zu erläutern. Die Reaktionen in Botnang Anfang des Jahres seien "heftig" gewesen. Bei der Kommunikation müsse die Verwaltung noch besser werden.

Die Bürgerveranstaltung in Botnang hat StRin Kletzin (SPD) zufolge gezeigt, dass Kommunikation notwendig ist, um auf eine sachliche Ebene zu kommen. Sie verweist auf eine Veranstaltung im Stuttgarter Rathaus am 9.10.2018 um 19 Uhr - unter Beteiligung weiterer Fraktionen -, bei der es um die zukünftige Nutzung des Stuttgarter Waldes gehe und bei der auch die Verwaltung ihre Sicht darstelle. Die Veranstaltung sei mit der Bürgerinitiative zusammen geplant worden.

StR Ozasek (SÖS-LINKE-PluS) stellt in Frage, dass in der bestehenden Forsteinrichtung weiter wie geplant vorgegangen werden kann. Er plädiert dafür, bereits die anstehende Durchforstung im Winter 2018/2019 zum Thema eines Runden Tisches oder eines Unterausschusses zu machen, oder einen Beirat einzurichten. Die anstehende organisatorische Trennung von Stadtwald und Staatswald laufe für die Fraktionsgemeinschaft bisher noch weitgehend verdeckt ab.

StR Zeeb (FW) ist mit der dargestellten Vorgehensweise einverstanden. Die Verwaltung mache eine gute Arbeit. Was die Informationspolitik angehe, sei sie mittlerweile auf einem guten Weg. Diesen Äußerungen schließt sich StR Conz (FDP) an.

StR Dr. Schertlen (STd) unterstützt die Anliegen von StR Ozasek. Ein Vorgehen wie im Wald bei Botnang, das zu Bodenverdichtungen und großen Lichtungen geführt habe, könne er in Zukunft nicht mehr mittragen.

BM Thürnau verweist auf das Rückegassenkonzept zur Forsteinrichtung 2013-2022 und zitiert aus dem Protokoll zum Beschluss des Gemeinderats dazu. Was StR Ozasek befürworte, führe zu einer Einzeldiskussion um jeden Baum mit den Bürgerinnen und Bürgern. Das sei nicht leistbar. Vor dem Einschlag würden Fachleute in den Wald gehen und den Bestand beurteilen. Die zukünftige Forsteinrichtung könne aber gern in Form eines Runden Tisches mit Fachleuten und der Bürgerschaft im Vorfeld diskutiert werden. Er schlage vor, das Thema des Vorgehens im Stadtwald losgelöst von dem Thema der Organisationsstruktur - die Trennung der Staatswaldbewirtschaftung vom Forstbetrieb der Stadt - zu sehen. Die Verwaltung sei dazu noch in Gesprächen mit der Landesverwaltung. Ende 2018 oder Anfang 2019 wisse man mehr und könne im Ausschuss dazu berichten.

Weiter erläutert der Vorsitzende, es werde nicht jeder einzelne gefällte Baum nachgepflanzt. Wenn um ein oder zwei starke Eichen herum der Buchenbestand gefällt werde, gebe es eine Aussaat und einen Aufwuchs. In der Zukunft werde es zwei unterschiedliche Strukturen geben, die auch zu unterschiedlichen Bildern in der Waldbewirtschaftung führen könne.

StR Ozasek plädiert nochmals dafür, im Zuge der anstehenden Reorganisation die Waldbewirtschaftung durch die Stadt Stuttgart bereits in der laufenden Forsteinrichtung zu diskutieren und vor dem Hintergrund einer fortschreitenden Begleitforschung neu zu definieren.

BM Thürnau sieht keine Notwendigkeit für einen Runden Tisch zur laufenden Forsteinrichtung, bei der man schon unter den festgelegten Hiebsätzen bleibe. Für die zukünftige Forsteinrichtung müsse die Diskussion aber rechtzeitig und breit aufgestellt geführt werden. Ein Runder Tisch sei aus seiner Sicht das richtige Instrument.

StR Winter (90/GRÜNE) kann sich dem Ansinnen von StR Ozasek anschließen. Eine relativ kurzfristige Diskussion und Information hält er für sinnvoll und stellt einen gemeinsamen Antrag in Aussicht. Für StRin Bulle-Schmid wird eine öffentliche Bezirksbeiratssitzung, in der zur anstehenden Waldbewirtschaftung im Bezirk informiert wird, der notwendigen Kommunikation eher gerecht, als ein "geschlossener Runder Tisch".

Auf eine Frage von StR Conz antwortend, teilt Herr Schirner mit, dass die Holzentnahme aus dem Staats- und dem Stadtwald unter dem Nachwuchs liegt. Man habe also eher einen zuwachsenden Wald als einen abnehmenden Wald.

StR Dr. Schertlen regt an, dass die Verwaltung darstellt, inwieweit sich ein Wald drei, fünf und zehn Jahre nach dem Einschlag wieder regeneriert hat. Das sei ein gutes Thema für einen Runden Tisch zur Forsteinrichtung 2023 ff., wirft BM Thürnau ein.




Der Vorsitzende weist darauf hin, dass die Mitteilungsvorlage in den betroffenen und beteiligten Bezirksbeiräten erläutert wird, und stellt fest:

Der Ausschuss für Umwelt und Technik hat von der GRDrs 789/2018 Kenntnis genommen.

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