Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration
Gz:
GRDrs
601/2023
Stuttgart,
06/13/2023
Hebammenakutversorgung - Vertretung in der Urlaubszeit
Mitteilungsvorlage zum Haushaltsplan
2024
/2025
Vorlage an
zur
Sitzungsart
Sitzungstermin
Sozial- und Gesundheitsausschuss
Kenntnisnahme
öffentlich
03.07.2023
Bericht:
Mit dem Pilotprojekt „Hebammenakutversorgung“ hat die Hebammenkoordinierungsstelle im Gesundheitsamt ein innovatives Projekt entwickelt, um dem Hebammenmangel, der insbesondere in den Ferienzeiten zu einem Problem wird, entgegen zu wirken. In der GRDrs 900/2022 wurde dazu ausführlich berichtet. Mit Unterstützung und Finanzierung durch die Eduard-Pfeiffer-Stiftung konnte dieses Pilotprojekt in bisher 3 Projektphasen umgesetzt werden. Bis Ende 2023 wird es noch zwei weitere Projektphasen geben. Eine Fortsetzung des Projektes mit Drittmitteln ist nicht zu erwarten.
Ziele für nachhaltige Entwicklung – SDG 3:
Gesundheit und Wohlergehen
Die Hebammenkoordinierungsstelle mit der Hebammenakutversorgung trägt mit ihrer Arbeit zur Einhaltung der SDG-Ziele 3.1 Müttersterblichkeit senken und 3.2 Neugeborensterblichkeit senken bei.
Hebammenkoordinierungsstelle mit Hebammen-Notsucheverteiler:
Das ganze Jahr vermittelt die Hebammenkoordinierungsstelle Frauen, die auf eigene Initiative vor der Geburt keine Hebamme für ihre Wochenbettbegleitung finden konnten, an freiberufliche Hebammen mit Kapazitäten.
2022: 1.180 Anfragen – Vermittlung ca. 35,35% (+5,35%)
Anfragen von Frauen mit erhöhtem Hilfebedarf (Vulnerabilität) wie z. B. Frauen mit Wochenbettdepressionen, alleinerziehende Mütter, Frauen in speziellen Mutter-Kind-Einrichtungen und geflüchtete Frauen werden ausführlich von der Hebammenkoordinierungsstelle beantwortet und nach Möglichkeit direkt an eine Hebamme oder an Angebote der Frühen Hilfen weitergeleitet.
Über die Anfragen der Frauen an den Hebammen-Notsucheverteiler fällt auf, dass in den Ferienzeiten der ohnehin vorhandene Hebammenmangel mit den Urlaubszeiten der Hebammen korreliert und sich so in diesen Zeiten der Hebammenmangel verstärkt. Deshalb hat die Hebammenkoordinierungsstelle in den besonders betroffenen Ferienzeiten die Hebammenakutversorgung in Kooperation mit dem Hebammenverband (Kreisgruppe Stuttgart) organisiert. Mit dem Projekt der Hebammenakutversorgung können direkt und niederschwellig Stuttgarter Frauen mit Hebammenhilfe im Wochenbett versorgt werden.
Hebammenakutversorgung:
·
Art eines Bereitschaftsdienstmodells mit tageweisen Einsatzplan der freiberuflichen Hebammen
·
kurzfristige Notversorgung
·
niederschwelliger Zugang
·
kurze Besuche für akute Bedarfe der Frauen und Neugeborenen
·
Montag bis Samstag, aufsuchend, sonntags Telefon-/Videosprechstunde
Frauen, die nach der Geburt noch keine Hebamme für die Begleitung im Wochenbett gefunden haben, werden von der Hebammenkoordinierungsstelle und den Kooperationspartner*innen (freiberufliche Hebammen, Frühe Hilfen, Geburtskliniken, KifaZe, Kinderärzt*innen, Malteser Migrantenmedizin, niedergelassene Gynäkolog*innen, Schwangerenberatungsstellen) über die Hebammenakutversorgung informiert und erhalten alle notwendigen Informationen.
Die Hebammenkoordinierungsstelle Stuttgart organisiert den Einsatzplan der freiberuflichen Hebammen, die tageweise die Versorgung der Frauen im Rahmen der Hebammenakutversorgung übernehmen und macht Kooperationspartner*innen und Betroffene auf das Angebot aufmerksam.
Vorteile der Hebammenakutversorgung:
Frauen
·
Kurzfristige Verfügbarkeit von Hebammenhilfe zur akuten Behandlung von Mutter und Kind sowie zur gesundheitlichen Prävention
·
Niederschwelliger Zugang
Hebammen
·
Planbare Arbeitszeiten, tageweise
o
(Wieder-)Einstieg, reduziertes Arbeiten im Ruhestand, tageweises freiberufliches
o
Arbeiten trotz Schichtdienst möglich
·
Geregelte Vertretung
o
Mehr Wochenbettbegleitung möglich, Motivation
Kommune
·
Entlastung anderer Berufsgruppen (Kinderärzt*innen, Gynäkolog*innen, Kliniken)
Die Hebammen erhalten für jeden Tag ihrer Mitarbeit eine Aufwandsentschädigung, die durch den hohen zusätzlichen Aufwand gerechtfertigt ist und die Attraktivität, in der Hebammenakutversorgung mitzuarbeiten, steigert. Die erbrachten Leistungen in der Familie werden wie üblich von den Hebammen mit der Krankenkasse abgerechnet.
Durch den akuten Hebammenmangel sind die gegenseitigen Vertretungen der freiberuflichen Hebammen in den Ferienzeiten oft nicht mehr möglich, da die Kapazitäten der verbleibenden Hebammen nicht ausreichen. Das innovative Konzept der Hebammenakutversorgung bietet Hebammen die Möglichkeit, trotz Unplanbarkeit des Geburtstermins die Versorgung der Familien zu gewährleisten. Gleichzeitig haben sozial und gesundheitlich belastete Familien die Möglichkeit, kurzfristig auf Hebammenhilfe zuzugreifen. Laut teilnehmenden Hebammen wurde das Angebot häufig (ca. 50%, Angabe auf Grundlage der Zahlen aus der Evaluation der Projektphasen) von benachteiligten Frauen (z. B. Migrationshintergrund/ Sprachbarrieren, niedriger sozioökonomischer Status, Bildungsferne, alleinerziehende Mütter, Frauen in Institutionen (Unterkunft für Geflüchtete, Mutter-Kind-Heim)) in Anspruch genommen.
Die Hebammenakutversorgung konnte erstmals als Pilotprojekt vom 18. Dezember 2021 – 9. Januar 2022 umgesetzt werden. Die Evaluation erfolgte in Kooperation mit der DHBW Stuttgart Studiengang angewandte Hebammenwissenschaften (berufsbegleitend) im Rahmen einer Bachelorarbeit. Die Evaluation der folgenden Projektphasen erfolgt in angepasster Form durch die Hebammenkoordinierungsstelle.
Mit den bisher durchgeführten Projektphasen der Hebammenakutversorgung konnte Abhilfe für den Hebammenmangel geschaffen und bislang folgendes erreicht werden:
Zahlen der drei bisherigen Projektphasen der Hebammenakutversorgung, Stand 08.05.23
·
Erreichte Familien: 152, davon laut Hebammen ca. 50% benachteiligte Frauen
·
Besuche in den Familien im Wochenbett zu Hause: 478
·
Durchschnittliche Anzahl der Besuche pro Familie: 3
·
95% der Frauen waren sehr zufrieden mit der Hebammenbetreuung
·
Pro Projektphase: 21-25 teilnehmende Hebammen
·
Jede Hebamme hat sich durchschnittlich an drei Tagen in das Projekt eingebracht und konnten so zur Mehrarbeit motiviert werden
Ausblick:
Sollte eine Fortführung der Hebammenakutversorgung nach dem letzten Projektzeitraum Weihnachtszeit 2023/2024 nicht finanziert werden, müsste das Projekt eingestellt werden. Die bisherige Finanzierung über die Eduard-Pfeiffer-Stiftung läuft Ende 2023 aus, eine Weiterfinanzierung ist über Drittmittel nicht möglich.
Dadurch würden sich folgende Auswirkungen ergeben:
1. Die derzeit durch die Hebammenakutversorgung betreuten Frauen sind ohne Hebammenbegleitung im Wochenbett.
2. Die Versorgung muss durch kinderärztliche und/oder gynäkologische Praxen und Notfallambulanzen der Kliniken aufgefangen werden. Die in diesem Bereich ohnehin prekäre Situation verstärkt sich zusätzlich. Zudem erfolgt die Konsultation aus Unsicherheit/ Unkenntnis häufig zu früh (häufige unnötige Besuche) oder zu spät (größere medizinische Interventionen werden erforderlich).
3. Mögliche erweiterte Hilfebedarfe werden verzögert erkannt und nicht entsprechend weitervermittelt.
Durch die Etablierung als festes Stuttgarter Angebot kann dieses Projekt einen wichtigen Beitrag zu einer besseren Versorgung von Frauen ohne Hebamme für das Wochenbett leisten. Von dem niederschwelligen Angebot profitieren insbesondere Frauen mit einem hohen Hilfebedarf (Vulnerabilität). Der Antrag auf Mittel für die Hebammenakutversorgung ist an die Hebammenkoordinierungsstelle gekoppelt, deren Verstetigung in den GRDrs 900/2022 ausführlich dargelegt wurde
.
Finanzielle Auswirkungen
Osterferien
(2 Wochen)
Pfingstferien
(2 Wochen)
Zeitraum
23.03.24
- 07.04.24
Anzahl
Hebammen
18.05.24
- 02.06.24
Anzahl
Hebammen
Tage
Tage
Anzahl Tage à 100 €
11
4
4.400,00 €
11
4
4.400,00 €
Anzahl Tage à 60€
(Video)
3
1
180,00 €
3
1
180,00 €
Anzahl Tage à 150€
2
4
1.200,00 €
2
4
1.200,00 €
Anzahl Tage à 90€
0
1
0
1
Summe
16
5.780,00 €
16
5.780,00 €
Sommer-
urlaubszeit
(9 Wochen)
Weihnachtsferien
(3 Wochen)
Zeitraum
13.07.24
- 14.09.24
Anzahl
Hebammen
23.12.24
- 12.01.25
Anzahl
Hebammen
Tage
Tage
Anzahl Tage à 100 €
55
4
22.000,00 €
14
4
5.600,00 €
Anzahl Tage à 60€
(Video)
10
1
600,00 €
3
1
180,00 €
Anzahl Tage à 150€
0
4
6
4
3.600,00 €
Anzahl Tage à 90€
0
1
0
1
Summe
65
22.600,00 €
23
9.380,00 €
Gesamtsumme
43.540,00 €
Ergebnishaushalt (zusätzliche Aufwendungen und Erträge):
Maßnahme/Kontengr.
2024
TEUR
2025
TEUR
2026
TEUR
2027
TEUR
2028
TEUR
2029ff.
TEUR
Hebammenakutversorgung
Sachaufwand/440
43,5
43,5
43,5
43,5
43,5
Finanzbedarf
43,5
43,5
43,5
43,5
43,5
Mitzeichnung der beteiligten Stellen
Die Referate AKR und WFB haben Kenntnis genommen. Haushalts- und stellenrelevante Beschlüsse können erst im Rahmen der Haushaltsplanberatungen erfolgen.
Dr. Alexandra Sußmann
Bürgermeisterin
Anlagen:
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