Protokoll:
Ausschuss für Umwelt und Technik
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
274
8
Verhandlung
Drucksache:
201/2018
GZ:
T
Sitzungstermin:
26.06.2018
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
BM Thürnau
Berichterstattung:
Protokollführung:
Frau Faßnacht
de
Betreff:
Kirchenkolumbarium Berger Kirche
- Einbringung -
- Zurückstellung -
Beratungsunterlage ist die Vorlage des Technischen Referats vom 13.06.2018, GRDrs 201/2018, mit folgendem
Beschlussantrag:
1. Die von der evangelischen Kirchenpflege Stuttgart nach § 5 Abs. 1 BestattG BW beantragte Genehmigung zur Anlage und Bewirtschaftung eines Kirchenkolumbariums wird nicht erteilt. Die Verwaltung empfiehlt die Ablehnung des Antrags.
2. Der Beauftragung einer Machbarkeitsstudie "Dienstleistungszentrum für Trauernde im Pragfriedhof" für sämtliche Gebäudeeinheiten incl. Erneuerung des Krematoriums und Schaffung weiterer Urnennischen wird zugestimmt.
Für StRin
Bulle-Schmid
(CDU) ergibt sich aus der Vorlage, dass die Berger Kirche saniert werden muss und die Evangelische Kirche vorschlage, die Mittel dafür mit Hilfe des Kirchenkolumbariums zu erwirtschaften. Man halte diesen Weg nicht für den richtigen, jedoch sei ihrer Fraktion der Erhalt von Kirchen generell wichtig. In besonderem Maße gelte dies für die den Stadtteil prägende Berger Kirche, die unbedingt erhalten bleiben sollte. Daher erbitte man Vorschläge seitens der Verwaltung, wie die Mittel dazu erwirtschaftet werden können auf andere Art und Weise. Die Einbringung der Vorlage könne dennoch erfolgen.
StRin
Munk
(90/GRÜNE) teilt mit, ihre Fraktion möchte die Vorlage aus mehreren Gründen nicht beraten. Zum einen sehe man eine Grundsatzfrage berührt und erkenne darin einen Präzedenzfall, wie man mit dem Thema umgeht: "Wer als Dritter soll neben der Stadt noch zu welchen Gründen oder unter welchen Bedingungen Grabstätten errichten können? Beerdigung und Kirche gehören irgendwie originär zusammen." Die Stadt habe laut Bestattungsgesetz das Recht zu bestimmen, da nur im Einvernehmen mit der Gemeinde so etwas möglich ist. Wegen der großen Tragweite wolle man das Thema in einer Arbeitsgruppe beraten, die über den Runden Tisch hinausgeht, bevor der Gemeinderat eine Entscheidung trifft.
StR
Körner
(SPD) schließt sich der grundsätzlichen Argumentation der Vorrednerinnen an. Ihm ist wichtig, dass die Stadtverwaltung gemeinsam mit der Evangelischen Kirche nach Wegen sucht, um die Berger Kirche zu erhalten. Auch seine Fraktion sei skeptisch, ob der Weg des Kolumbariums der richtige Weg ist.
Die Fraktionsgemeinschaft teile die Position der Fachverwaltung, so StR
Ozasek
(SÖS-LINKE-PluS). Er erkenne jedoch kein Grundsatzthema, was gesondert zu erörtern wäre. Ganz klar sehe man, dass "Liegenschaften der Kirche Liegenschaften der Kirche sind und deren Zuständigkeitsfeld sind und nicht Sache der Kommune". Insofern sollte kein erheblicher Transfer öffentlicher Mittel dorthin stattfinden. Ungeachtet dessen seien Kirchen wichtige Punkte im Stadtbild und für das Ortsbild von Relevanz.
StR
Conz
(FDP) warnt davor, die Monopolstellung der Kommune diesbezüglich aufzugeben. Wenn man auf dieses Monopol hier verzichtet, so befürchtet er, dass viele weitre Kirchen ebenfalls "solche Regale für Urnen" aufbauen wollen. Für die Stadt wäre dies ein deutlicher Einkommensverlust. Er fragt, welche Formen von Urnenbestattungen es bisher auf städtischen Friedhöfen gibt und ob man ein entsprechendes Angebot machen kann.
BM
Thürnau
führt aus, es handle sich bei der Berger Kirche sowohl um Urnengräber um die Kirche herum als auch um klassische Urnenschreine (Kolumbarien) in der Kirche. Er begrüßt es, die Frage der Finanzierung der Berger Kirche zu trennen von der Frage, wie geht die Stadt mit dem Thema Kolumbarien allgemein und auf ihren Friedhöfen um.
Für falsch hält er die Meinung, "Beerdigung und Kirche gehören originär zusammen". Dies sei schon seit sehr langer Zeit nicht mehr so. In den späten 1950er Jahren habe man das Bestattungswesen unter die Daseinsvorsorge der Kommunen gestellt. Man habe den Kirchen im Bestattungsrecht zugelassen, dass sie die Flächen um ihre Kirchen herum noch nutzen dürfen. Daher rühre auch die jetzige Situation, wo man seitens der Fachverwaltung die Meinung vertrete, es könne nicht angehen, "dass sämtliche Friedhofsbenutzer der Stadt Stuttgart gleich welcher Glaubenszugehörigkeit Quersubventionierung für die Sanierung der Berger Kirche betreiben". Denn es wäre nichts anderes, wenn die Stadt dort Einnahmeverluste im Wert von maximal fast 7,5 Mio. € hätte, die sich dann niederschlagen entweder in die Fragestellung, die Gebühr für den einzelnen Beisetzungsfall zu erhöhen oder der Steuerzahler für den geringeren Kostendeckungsgrad aufkommen muss. Dies könne aus seiner Sicht nicht der Weg sein, wie man in Zukunft damit umgeht - zumal es Folgen hätte, weil andere Kirchen es auch tun.
Seitens der Verwaltung habe man kein Problem damit, in einer Arbeitsgruppe diese Fragen zu erörtern, zumal man sich schon seit 2013 mit dem Thema auseinandersetze. Die Kirche versuche seitdem, dieses Thema voranzubringen. Man habe mit der Evangelischen Kirche auch bereits darüber gesprochen, eine andere Nutzung in der Berger Kirche zu machen, beispielsweise eine Nutzung als Stadtteilzentrum. Innerhalb der Verwaltung sei dies an der Frage der Finanzierung gescheitert. In die zu bildende Arbeitsgruppe müssen das Amt für Liegenschaften und Wohnen und die Stadtkämmerei einbezogen werden, und je nach Nutzung auch das Referat AKR. Man werde auf die Fraktionen zukommen und nach Ansprechpartnern fragen als Vertreter für diese Arbeitsgruppe, zu der auch Vertreter*innen der genannten Fachämter eingeladen werden.
StRin
Munk
verweist auf den Passus im Bestattungsgesetz, wonach die Kirchen einen solchen Antrag stellen können. Insofern besitzen die Kirchen einen Sonderstatus gegenüber anderen Dritten. Ihr ist wichtig, in der Arbeitsgruppe zu diskutieren, wie gehen wir grundsätzlich mit diesem Thema um, gerade weil das Bestattungsgesetz den Kirchen einen Sonderstatus einräumt.
Das Bestattungsgesetz habe 2014 mit der Landtagsdrucksache Nr. 154543 ermöglicht, dass reine Urnenfriedhöfe von Dritten angelegt werden können, informiert der
Vorsitzende.
Diese "Dritten" können Kirchen sein, es können aber auch andere Dritte sein. Es heiße aber auch klar im Gesetz: "Für das Land und die Kommunen sollen keine zusätzlichen finanziellen Kosten und Auswirkungen entstehen." Dies ergebe sich allein aus der Pflichtaufgabe, die die Stadt als hoheitliche Kommune hat, die Möglichkeiten für die Beisetzung zu schaffen. Beides zusammen betrachtet ergebe eine gerade Argumentationslinie: So lange das in einem Maß wäre, wo es sich um kleine Bereiche handelt, z. B. für die Gemeindemitglieder der Berger Kirchengemeinde, so könne man darüber reden - nicht aber, wenn es um ein Volumen geht, wo mehrere tausend Beisetzungsplätze geschaffen werden.
StR
Ehrlich
(SPD) ergänzt, die Evangelische Gesamtkirchengemeinde versuche seit dem Jahr 2008 ein Finanzierungskonzept zum Erhalt der Berger Kirche umzusetzen. Leider erschienen alle Ideen bisher nicht finanzierbar, sodass die Idee mit dem Kirchen-Kolumbarium entstanden sei.
Mit Hinweis auf die neu zu bildende Arbeitsgruppe stellt BM
Thürnau
abschließend fest:
Die GRDrs 201/2018 wird
zurückgestellt.
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