Protokoll: Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
795/2022
GZ:
WFB
Sitzungstermin: 27.01.2023
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Fuhrmann
Berichterstattung:Frau Rüdiger, Herr Zügel (LiegA)
Protokollführung: Frau Sabbagh th
Betreff: Städtische Kleinsiedlungen in Steinhaldenfeld, Neuwirtshaus, Hoffeld und Wolfbusch, 1. Veräußerung von Erbbaugrundstücken und Kleinsiedlerstellen, 2. Verlängerung der Erbbaurechte in den städtischen Kleinsiedlungsgebieten
- Vertagung -

Vorgang: Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vom 09.12.2022, öffentlich, Nr. 207
Ausschuss für Stadtentwicklung u. Technik v. 13.12.2022, öffentlich, Nr. 414
Gemeinderat vom 15.12.2022, öffentlich, Nr. 269
jeweiliges Ergebnis: Zurückstellung

Die Tagesordnungspunkte 5 und 6 werden gemeinsam aufgerufen. Die Aussprache ist nachfolgend wiedergegeben.


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 05.12.2022, GRDrs 795/2022, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Von den potenziellen Entwicklungsbereichen in den 4 Kleinsiedlungsgebieten Steinhaldenfeld, Neuwirtshaus, Hoffeld und Wolfbusch wird Kenntnis genommen.

2. Die Veräußerung von Erbbaugrundstücken bzw. Kleinsiedlerstellen im Volleigentum der Stadt in den vier Kleinsiedlergebieten an Erbbauberechtigte, Mieter oder bei Leerstand an Dritte außerhalb dieser Entwicklungsbereiche ist weiterhin möglich.

3. In den Entwicklungsbereichen ist vorgesehen, durch Teilung der Flurstücke langfristig eine bauliche Entwicklung zu ermöglichen. Bei den Grundstücken, die innerhalb der Entwicklungsbereiche liegen, wird daher künftig wie folgt verfahren:

3.1: Erbbaugrundstücke bzw. Objekte innerhalb der Entwicklungsbereiche können veräußert werden, sofern bei Teilung der Grundstücke jeweils erschlossene bzw. zugängliche Grundstücke entstehen. Die abgeteilte erschlossene/zugängliche Fläche, für die ein bauliches Entwicklungspotenzial gesehen wird, wird nicht verkauft, kann jedoch vom Kaufinteressent angepachtet werden.

3.2: Bei Erbbaugrundstücken bzw. Objekten innerhalb der Entwicklungsbereiche, bei denen bei einer Teilung keine erschlossenen/zugänglichen Flächen entstehen würden, wird der Verkauf zunächst zurückgestellt.

4. Im Falle, dass ein Erbbauberechtigter sein in einem Entwicklungsbereich liegendes Erbbaurecht an einen Dritten verkauft, findet bezüglich des Angebots zum Erwerb des städtischen Erbbaugrundstücks an den Käufer (neuen Erbbauberechtigten) vorstehende Ziffer 3 entsprechend Anwendung (kein Verkauf bzw. Teilung und Zurückbehaltung der Entwicklungsfläche).

5. Der Verlängerung von Erbbaurechten außerhalb der potenziellen Entwicklungsbereiche bis zum 31.12.2065 wird zugestimmt.

6. Bei Anfragen zu Erbbaurechtsverlängerungen in den Entwicklungsbereichen ist das Erbbaurecht von der Verwaltung analog vorstehender Ziffer 3 im Einzelfall ggf. nur für die Teilfläche des Grundstücks zu verlängern, die nicht für eine langfristige Entwicklung notwendig ist. Dabei sollte dem Erbbauberechtigten die abgeteilte Restfläche pachtweise zur Nutzung überlassen werden.

7. Die bisherigen Konditionen für einen Verkauf der Grundstücke in den Kleinsiedler-gebieten gelten weiter. Dies gilt hinsichtlich des Kaufpreises nur bezüglich der Höhe des Abschlages bei Selbstnutzung (30%), nicht aber für den jeweiligen Bodenwert. Die Anpassung der Bodenwerte erfolgt in einer separaten Vorlage.

Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


Vorab erläutert Frau Rüdiger kurz die Vorlage. Zu den in der letzten Sitzung aufgeworfenen Fragen informiert sie, es gebe sieben leerstehende städtische Gebäude. Hier müsse zunächst geprüft werden, ob es sich um eine Fläche mit Entwicklungspotenzial handle. Sei dies nicht der Fall, schlage sie weiterhin den Verkauf vor, andernfalls müsste die Stadt die Gebäude sanieren, um sie überhaupt vermieten zu können. Die Frage, ob es die erbbauberechtigten Eigentümer zu einem Verzicht auf die Potenzialfläche bewegen würde, wenn diese dann vorrangig eine Wohnung erwerben könnten, verneint sie, da an der Stelle Einfamilienhäuser gebaut werden sollten. Ohnehin liefen die Erbbaurechte noch, und die Erbbauberechtigten würden nicht auf einen Teil ihrer Rechte verzichten.

Aus ihrer Sicht widerspreche das nun geplante Vorgehen nicht dem Grundsatz-beschluss Bodenpolitik, in dem es um Geschosswohnungsbau gehe. In Anbetracht der anderen Beschlusslagen und der Möglichkeit, die Potenziale zu heben, schlage sie vor, zweigleisig zu fahren. In die Überlegungen zur Erhebung der Potenziale und der Erschließungen sollten auch die Siedlervorstände als Vertreter der Erbbau-berechtigten und der Bewohner miteinbezogen werden. Dies sei bei der aktuellen Vorlage nicht der Fall.

Die Vertreter*innen der Fraktionen danken für den Bericht.

Nach Ansicht ihrer Fraktion, so StRin Fischer (90/GRÜNE), sollte die Stadt nun nicht mehr verkaufen, sondern das Erbbaurecht anwenden. Nachvollziehbar sei die unterschiedliche Behandlung der Grundstücke je nachdem, ob dort zusätzliches Potenzial für Wohnen bestehe. Sie plädiert dafür, die gesamte Vorlage auf die nächste Sitzung des Ausschusses im Februar zu vertagen, um bis dahin fraktionsintern zu klären, ob ein kompletter Verzicht auf einen Verkauf wirklich die beste Idee sei. Im WA sollte dann dargestellt werden, mit welchem Konzept dieses Potenzial an Wohnraum geschaffen werden solle und wie man auf die Siedler zugehen wolle. Dies liege dann in der Zuständigkeit von Referat SWU.

Die Pläne erinnerten ihn an ein Puzzle, erklärt StR Currle (CDU). Seine Fraktion begrüße die bisherige zweigleisige Vorgehensweise, wonach sowohl Kauf als auch Erbpacht möglich gewesen seien. Er stimme auch einer Verlängerung der Erbpacht bis Ende 2065 und dem Bau von Einfamilienhäusern zu. Seine Fraktion sei mit einer Vertagung auf die nächste Sitzung des Ausschusses einverstanden.

Letzterem schließt sich StR Lutz (SPD) im Namen seiner Fraktion an. Er betont, dass seine Fraktion keinen Verkauf mehr wünsche. Ziel sei nun, die Grundstücke in Erbbaupacht weiterzuentwickeln, die dafür auch verlängert werden könne. Es gebe andere Bundesländer, in denen Erbbaupacht völlig normal und auch bei Hypotheken unproblematisch sei.

StR Pantisano (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) spricht sich ebenfalls gegen den Verkauf bestehender Erbbaugrundstücke aus. Verlängerungen des Erbbaurechts befürworte er. Die Idee nachzuverdichten, gerade auch im Wolfbusch, unterstütze seine Fraktion. Allerdings sollten keine Einfamilienhäuser gebaut werden. Dort sei – evtl. über neues Baurecht - Geschosswohnungsbau mit drei oder vier Geschossen sinnvoll. Dies gelte es zu prüfen.

Zustimmung zur Vorlage sowie zur Vertagung signalisiert StR Serwani (FDP). Er halte ein zweigleisiges Vorgehen für möglich und habe auch nichts gegen Einfamilienhäuser einzuwenden.

Auch StR Puttenat (PULS) stimmt der Vertagung zu. Ein Verkauf stehe für seine Fraktion nicht zur Debatte. Der Wunsch, in einem Einfamilienhaus zu wohnen, sei für ihn absolut legitim. Doch müsse man aufgrund des Wohndrucks andere Prioritäten setzen, weshalb er sich der Argumentation von StR Pantisano anschließe.

Nach Ansicht von StR Zaiß (FW) kann die Stadt Stuttgart nicht nur Grundstücke kaufen, sondern muss auch verkaufen. Dies sei sinnvoll, da man mit einer eigenen Immobilie anders umgehe als mit einer Immobilie, deren Erbbauvertrag auslaufe. Insofern sei das vorgeschlagene zweigleisige Vorgehen der richtige Weg.

BM Fuhrmann fasst zusammen, dass der Wunsch bestehe, die Vorlage im STA zu behandeln. Leider sei sie nicht auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung des STA. Insofern sollte sie am 07.02.2023 oder am 14.02.2023 im STA behandelt werden. Er gehe nicht davon aus, dass die Vorlage schon bis zur Sitzung des WA am 17.02.2023 modifiziert werden könne. Wahrscheinlich sei eine Behandlung dann im WA im März.

Frau Rüdiger merkt zum Erbbaurecht nochmals an, momentan liefen die meisten Erbbaurechte bis 2040. Zum Teil sei eine Verlängerung bis 2065 in Anspruch genommen worden. An diese Grundstücke komme man ohne Mitwirkung des Erbbauberechtigten nicht heran. Dies bitte sie zu berücksichtigen.

Dennoch müsse man zunächst grundsätzlich entscheiden, so StRin Fischer, ob man liegenschaftlich so vorgehen wolle, wie es in der Vorlage beschrieben sei, oder ob man hier etwas ändern wolle. Im STA werde dann über das Nachverdichtungspotenzial diskutiert.

Hier gelte es zu unterscheiden, betont Herr Zügel. Bei der GRDrs 795/2022 handle es sich um eine Grundsatzvorlage. Die Verwaltung wisse von Potenzialanalysen, die in den Gremien seines Wissens noch nicht behandelt worden seien. Gleichzeitig gebe es Anfragen diverser Eigentümer, die ihr Grundstück gerne erwerben würden und aktuell vor der Frage stünden, ob sie teilweise leerstehende Gebäude teuer modernisieren sollten. Hierzu sei in der Vorlage auf Seite 4 ein Vorschlag formuliert. Er nehme an, dass das Stadtplanungsamt aus Kapazitätsgründen nicht in der Lage sei, zu den einzelnen Gebieten konkret zu informieren. Dies rechtfertige andererseits aber auch keinen Stillstand über längere Zeit hinweg. Denn diejenigen, deren Erbbaurecht 2040 auslaufe, erhielten von der Bank angesichts der relativ kurzen Zeitspanne keinen Kredit für Modernisierungsmaßnahmen. BM Fuhrmann ergänzt, nach bisheriger Beschlusslage sei ein Verkauf möglich gewesen. Nun schränke man diesen Grundsatz ein, indem die Flächen mit Potenzialen nicht verkauft werden dürften.

StR Pantisano erklärt, seine Fraktion stimme der Nachverdichtung und der Prüfung, was für Wege es gebe, dies umzusetzen, zu. Diskutieren müsse man aber darüber, was auf den Grundstücken entstehen solle. Er regt eine Beschlussvorlage der Verwaltung im WA, die Potenziale durch Nachverdichtung zu nutzen, an.

Angesichts dessen, dass sich in den nächsten vier oder sechs Wochen nach ihrem Dafürhalten nichts mehr ändere, plädiert StRin Porsch (CDU) dafür, den Beschluss sofort zu fassen.

StRin Fischer erinnert an die letzte Sitzung des Ausschusses, in der um eine Darstellung gebeten worden sei, wie viele Bewerbungen für Kaufgrundstücke vorlägen. Ihre Fraktion vertrete die grundsätzliche Meinung, dass der bodenpolitische Beschluss nun gelten sollte. Gleichwohl sollten die bislang eingegangenen Bewerbungen noch berücksichtigt werden. Sie plädiert dafür, die Vorlage am 17.02.2023 nochmals im Ausschuss zu diskutieren. Dann könne man entweder die Vorlage oder einen Änderungsantrag beschließen.

Herr Zügel fasst zusammen, die Verwaltung solle bis 17.02.2023 eine Ergänzung zur Vorlage erarbeiten, in der dargestellt werde, wer Interesse habe und welche Gebäude leer stünden. Aktuell lägen 15-20 Anfragen von Personen vor, die ihr Erbbaurecht verlängern oder erwerben wollten. In der Ergänzung solle auch aufgezeigt werden, welche Immobilien sich in Gebieten mit Entwicklungspotenzial befänden. Für diese müsse das Stadtplanungsamt Planungsvorschläge vorlegen, sodass man sehen könne, ob eine Grundstücksteilung sinnvoll wäre und was dort baurechtlich möglich wäre. Einen groben Überblick bis zur nächsten Sitzung erachtet auch StR Currle als hilfreich.


Abschließend teilt BM Fuhrmann mit, sein Referat sei mit dem Stadtplanungsamt im Gespräch. Er hält fest:

Die Beratung wird auf die nächste Sitzung des Ausschusses am 17.02.2023 vertagt. Bis dahin erstellt die Verwaltung eine Ergänzungsvorlage.

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