Protokoll:
Ausschuss für Umwelt und Technik
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
277
11
Verhandlung
Drucksache:
GZ:
Sitzungstermin:
26.06.2018
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
BM Pätzold
Berichterstattung:
Herr Oehler (ASS)
Protokollführung:
Frau Faßnacht
de
Betreff:
Ergebnisse der Verkehrszählungen an der Markungsgrenze 2016 und am Kesselrand 2017
- mündlicher Bericht -
Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.
Herr
Oehler
(ASS) führt durch den umfangreichen Bericht mithilfe einer Präsentation. Er macht darauf aufmerksam, dass dank der eingesetzten Kameratechnik inzwischen die Daten tatsächlich über 24 Stunden erhoben werden, gegenüber früher, wo nur 16 Stunden gezählt wurde. Es werde daher immer auch eine Referenz auf dieser Grundlage angegeben.
Als Fazit hält er fest, an der Markungsgrenze stagniere man auf sehr hohem Niveau, am Kesselrand sei eine eher gleichbleibende Linie über viele Jahre hinweg zu verzeichnen mit einer leichten Tendenz nach unten. Gleiches gelte für den Schwerverkehr. Den ÖPNV in die Betrachtung einbezogen lasse sich feststellen, dass der Zuwachs in der Bevölkerungszahl sich vor allem im ÖPNV widerspiegelt und nicht im MIV. Den bedauerlich geringen Besetzungsgrad der Pkw erkläre man sich mit der Individualisierung der täglichen Abläufe und dem Willen nach persönlicher Flexibilität. Nichtsdestotrotz bleibe es ein hehres Ziel, einen höheren Besetzungsgrad zu erreichen.
Nach Ansicht von StR
Kotz
(CDU) zeigen die Zahlen, dass alle Anstrengungen, die die Mobilität unterstützen sollen, dazu führen, den Verkehr an der Gemarkungsgrenze nicht extrem ansteigen zu lassen und im Talkessel die Kfz-Zahlen in etwa stagnieren zu lassen. Es zeige auch, dass das Ziel, den Kfz-Verkehr um 20 % zu reduzieren, nur auf einem sehr langen Zeitstrahl möglich ist oder dass die Hoffnung zu groß ist. Einigkeit sieht er dahingehend, dass die Zahl der Arbeitsplätze und die Attraktivität Stuttgarts nicht sinken sollen. Daher hält er die Argumentation für schlüssig, auch einen verstärkten Anteil an der Schaffung von Wohnraum in Stuttgart zu übernehmen. Der Bericht habe auch gezeigt, dass Tunnelbauten und Straßenbauprojekte gerade nicht zu mehr Verkehr in der Stadt geführt haben, sondern diese Bauwerke die Auswirkungen des Verkehrs für die Bevölkerung verringern. Weiterhin gelte es alle Anstrengungen zu unternehmen "in einem Maß, wie es für die Stadt, für die Wirtschaft und für die Einwohner vertretbar und angemessen ist und nichtsdestotrotz dort für den Individualverkehr noch Verbesserungen zu schaffen, damit der Verkehr weg ist von den Menschen, die dort leben oder flanieren oder Sonstiges wollen."
StR
Peterhoff
(90/GRÜNE) dankt für die sehr gute Information über die Entwicklung. Die Daten der Kesselrandzählung zeigen ein kleines, aber kontinuierliches Absinken bis zu dem aktuellen Wert, der zuletzt in den 1980er Jahren gezählt wurde. Die Werte aus der Mobilitätsdebatte in der Stadt seien zu nennen: Pro 1.000 Einwohner habe man seit dem Jahr 2000 weniger Autos, der Modal Split zeige, dass der ÖPNV den MIV im Tal-kessel überholt hat. Die Gemarkungsgrenzzählung zeige dagegen einen neuen Höchstwert, wenngleich die Zunahme geringer ausfalle, wobei der Modal Split dort zeige, dass 74 % mit dem Auto unterwegs sind. Daher bestehe Handlungsbedarf. Er sieht die Entwicklung durch die Maßnahmen im ÖPNV auf einem guten Weg. Seines Erachtens würde es Sinn machen, auch die Region bei der Gemarkungsgrenzzählung einzubeziehen. Um den Kfz-Verkehr um 20 % zu reduzieren, müsse man umso mehr tun. Die Wachstumsraten beim VVS seien bundesweit die höchsten, insbesondere durch das Jobticket. Die P-Linie und die U 16 sowie vor allem die Tarifreform 2019 helfen nach seiner Überzeugung, um einen massiven Schub für den ÖPNV zu bringen.
Dabei dürfe nicht vergessen werden, den Rad- und Fußverkehr deutlich zu verbessern und die dazu gefassten Haushaltsbeschlüsse umzusetzen. Ein großes Problem sieht er in dem erneut gesunkenen Pkw-Besetzungsgrad auf nur noch 1,23 Personen pro Fahrzeug. Zu hoffen sei, dass Projekte wie SSB Flex angenommen werden. Weiter müsse verstärkt Aufklärungsarbeit geleistet werden und man müsse mutiger werden, wenn der Ausbau von Rad- und Fußverkehr einmal zulasten des MIV gehen sollte. Die massive Reduktion des Kfz-Verkehrs auf der Nord-Süd-Straße muss seines Erachtens in der Diskussion darüber, wie es dort weitergehen soll, berücksichtigt werden. Gegenüber StR Kotz verweist er auf die zahlreichen Vorschläge der GRÜNEN zur Nachverdichtung innerorts und auf die Gegenvorschläge der CDU-Fraktion, dort etwas Anderes als Wohnen zu machen.
Aus Sicht von StR
Körner
(SPD) ist man Richtung Innenstadt vorangekommen und mit dem gemeinsamen Beschluss zur City habe der Gemeinderat eine klare Ansage für die Zukunft gemacht. Die Außenbezirke dürfe man dennoch nicht vergessen: Beispielsweise entstünden im Gewerbegebiet Vaihingen noch viele tausend Arbeitsplätze, was natürlich verkehrliche Auswirkungen haben werde. Auch Zuffenhausen sei so stark vom Verkehr belastet wie kaum ein anderer Stadtbezirk in Stuttgart. Es gebe also diesbezüglich eklatanten Nachholbedarf. Folglich müssen insbesondere die Alternativen Bus und Bahn noch attraktiver gemacht werden. Auch er verspricht sich sehr viel von der VVS-Tarifreform. Wichtig sei außerdem, in Richtung Außenbezirke und in Richtung Region das Angebot auszubauen. Der Nahverkehrsentwicklungsplan der Region beschreibe, dass mit der Neuaufstellung des Bahnknotens S 21 die Zahl der Fahrgäste im Regionalverkehr verdoppelt werden kann. Auch die Entwicklung an der Kulturmeile und der Fildertunnel führen zu einer enormen Verbesserung im Nahverkehr. Hinzukommen müssen weitere Ausbauprojekte der Stadtbahn, von denen die Außenbezirke profitieren. Seine Fraktion sei bereit, viel dafür zu tun.
StR
Ozasek
(SÖS-LINKE-PluS) sieht in dem Aufwuchs von 11.700 Fahrzeugen an der Gemarkungsgrenze gegenüber der letzten Messung eine signifikante Steigerung an Verkehrsbewegungen, auf die man Antworten geben müsse. Höchst bedenklich sei auch, dass der Pkw-Besetzungsgrad den niedrigsten Wert seit Beginn der Messungen erreicht hat. Die Gesamtentwicklung sei keine gute, aber ein logisches Ergebnis der Verkehrspolitik von Land und Stadt. Auch wurde ein Höchststand an angemeldeten Fahrzeugen in der Region vermeldet. So bekomme man die Luftreinhalteproblematik nicht in den Griff und es helfe auch nicht, zu verkünden was schon alles an guten Dingen passiert ist. "Es geht nur mit Push und Pull, es geht nur mit Verboten. Der motorisierte Individualverkehr muss unattraktiver werden, wir müssen über die Frage der Reisezeiten sprechen, über den Kordon-Widerstand und andere Maßnahmen, die wir ergreifen können um die Reisezeiten zu erhöhen. Wir schlagen weiterhin vor, Verkehrsmengen herunter zu dosieren mit Pförtnerampeln, wir schlagen weiter vor Umweltkosten einzupreisen für Auto fahrende Menschen in unserer Stadt und natürlich schlagen wir vor, Straßeninfrastruktur zurückzubauen. Nur wenn wir das System ändern, verändern wir auch das Verhalten der Verkehrsteilnehmer." Erschreckend sei, dass heute der Ausbau der Nord-Süd-Straße trotz Rückgang der Pkw-Zahlen "durchgewinkt" wurde.
Bei der Nord-Süd-Straße sei zu bedenken, dass nicht der Ist-Zustand zu bewerten ist, sondern die Entwicklung der nächsten Zeit, kontert StR
Zeeb
(FW). Aus seiner Sicht zeigt die Entwicklung eindeutig, dass es verkehrspolitische Schwerpunkte gibt, die es weiter zu verfolgen gelte. Um die Pendlerströme zu reduzieren, müsse der Wohnungsbau in Stuttgart ausgedehnt werden dort, wo es möglich ist. Der geringe Pkw-Besetzungsgrad sei befremdlich, weshalb man über Mitfahrbörsen und sonstige Dinge nachdenken sollte. Ein Schwerpunkt müsse zudem sein, P&R-Plätze am Rande der Stadt anzulegen und dabei die Region einzubinden, die ebenfalls solche Plätze erweitern bzw. neu bauen müsse.
StR
Conz
(FDP) geht zunächst auf die gestiegenen Verkehrszahlen an der Gemarkungsgrenze ein. Ein Grund dafür sei, dass es für viele Menschen in Stuttgart keine adäquaten Wohnungen gibt und diese folglich zum Teil weit in die Region hinein wohnen, wo es um den ÖPNV traurig bestellt sei, sodass sie zur Pkw-Nutzung gezwungen seien. Seines Erachtens stagniert das Verkehrsaufkommen am Kesselrand aus dem Grund, weil die Straßen an ihrer Belastungsgrenze gestoßen sind. Diese Einschätzung teilt StR
Schupeck
(LKR), der glaubt, weitere Verkehrsreduzierungen können nur durch Zwangsmaßnahmen erfolgen. Dies werde der Wähler entsprechend quittieren.
Für StR
Dr. Schertlen
(STd) wäre mehr P&R in der Region wünschenswert und notwendig, ebenso wie Mitfahrbörsen einzurichten. Er fragt nach einem städtischen Angebot in dieser Sache, welches Anfragen kanalisiert, und erinnert an seinen Antrag, etwas Derartiges zusammen mit der Fa. Porsche einzurichten. Im Hinblick auf den Transitverkehr sollte man "vielleicht doch einmal darüber nachdenken, den Verkehr außen herumzuführen". Die Pkw-Auslastung sei in der Tat fatal niedrig, doch habe die SSB bei den Bahnen ebenfalls nur eine Auslastung von 13 %, bei den Bussen von 11 %. Er fragt weiter, ob es über die automatischen Zählstellen hinaus auch eine Erhebung für den Radverkehr an der Gemarkungsgrenze bzw. am Kesselrand gibt. Letzteres verneint Herr
Oehler.
BM
Pätzold
stellt abschließend fest:
Der Ausschuss für Umwelt und Technik
hat
vom Bericht
Kenntnis genommen.
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