Protokoll: Ausschuss für Umwelt und Technik des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 25.09.2018
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Pätzold
Berichterstattung:die Herren Forderer (S/OB-Mobil) und Jödecke (H2Mobility)
Protokollführung: Frau Faßnacht
Betreff: Förderung der Wasserstoffinfrastruktur in Stuttgart
- Antrag Nr. 197/2018 v. 06.07.2018 (CDU),
mündl. Berichte
- zum Sach- u. Arbeitsstand
- des Konsortiums H2 Mobility zu Chancen und Hemm-
nissen mögl. Wasserstoffinfrastruktur in der LHS

Der im Betreff genannte Antrag ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Sie ist außerdem dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei in Papierform angehängt.


Herr Forderer (S/OB-Mobil) berichtet, die Verwaltung - vor allem die Wirtschaftsförderung - habe sich sehr darum bemüht, einen Standort für eine Wasserstoff-Tankstelle zu finden, dennoch sei dies bisher nicht geglückt. Es sei u. a. wegen der extremen Flächenknappheit in der Stadt unglaublich schwierig, einen Standort mit 400 m² Fläche zu finden, wo allen Rechtsvorschriften Genüge getan wird und der genügend Platz bietet für An- und Abfahrt.

Die Märkte Stuttgart (MS) richten gerade eine Tankstelle ein, sodass sich dort evtl. eine Möglichkeit ergeben könnte, auf dem Gelände des Großmarkts eine Wasserstoff-Tankstelle mit einzurichten. Der Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) prüfe außerdem einen Standort an der Heinrich-Baumann-Straße. Jedoch sei es noch unsicher, ob dies baurechtlich dort möglich ist. Darüber hinaus richte die SSB auf ihrem Betriebshof in Gaisburg eine Wasserstoff-Tankstelle ein, die aber nicht öffentlich zugänglich sein wird, sondern nur für die eigenen Wasserstoff-Busse dient, welche bisher am Flughafen betankt werden. Das Genehmigungsverfahren über den Bund sei extrem kompliziert, weshalb die SSB schon seit Monaten auf die Genehmigung wartet.

Er übergibt das Wort an Herrn Jödecke vom Konsortium H2Mobility, der mit Hilfe einer Präsentation, Seiten 1 bis 6, die Chancen und Hemmnisse der Wasserstoffinfrastruktur in Stuttgart erläutert.

StR Kotz (CDU) wie auch die folgenden Redner seitens des Ausschusses danken für den Bericht. StR Kotz ruft den Antrag Nr. 197/2018 der CDU-Gemeinderatsfraktion in Erinnerung und verweist auf die enormen Herausforderungen, wenn es darum geht, eine große Anzahl von Fahrzeugen mit derartiger Ladeinfrastruktur zu betanken. Die Vorteile von mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellen seien überzeugend, was Reichweite und Länge des Betankungsvorgangs angeht. Was die Frage "Huhn oder Ei" angeht, so laute seine Meinung, dass, solange es keine Infrastruktur gibt, die Hersteller zurückhaltend sein werden. Es brauche daher beides - Infrastruktur und Fahrzeuge -, um diese Technik zu befördern. Ohnehin halte man den Rückbau von Tankstellen in Stuttgart während der letzten Jahre aus heutiger Sicht für falsch, weil diese Standorte jetzt wichtig wären. Der Stadtrat spricht sich dafür aus, die Chance für den Ausbau einer solchen Ladeinfrastruktur mit dem Partner zu ergreifen.

Bezüglich der konkreten Standorte hält er eine Fläche am Parkplatz des Großmarktes "bei der Automatik-Tankstelle für vorstellbar, die in Richtung Lkw oder so etwas ein Einzugsgebiet hätte". Denkbar wäre auch ein Standort im Bereich des AWS-Geländes an der Cannstatter Straße, der vielleicht sogar doppelt nutzbar wäre - öffentlich zur Cannstatter Straße und nach innen für die AWS-Fahrzeuge. Ein solch zentraler Standort wäre außerdem ein Signal angesichts der Nähe zum problematischsten Umweltpunkt Neckartor. Er äußert gegenüber den beteiligten Ämtern die große Bitte, dort möglichst eine Lösung zu finden.

StR Peterhoff (90/GRÜNE) sieht mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge ebenfalls als wichtigen Baustein hin zu einer nachhaltigen Mobilität. Verwunderlich sei es, dass diese Art der Fahrzeugenergie derartig langsam anläuft. Er unterstützt ein Weiterkommen mit dieser Technik. Dies gelte auch für Gasfahrzeuge, die in Deutschland ebenfalls so gut wie nicht vorkommen. Was den Schwerverkehr angeht, so könne seine Fraktion mitgehen bei der vorgestellten Grundsatzstrategie, wonach es Tankstellen an den Hauptverkehrsachsen braucht. Er ermutigt dazu, hierfür auch auf private Flächen mit großen Parkplätzen zu schauen. Wenn weitere Infrastruktur benötigt wird, so müsse es ggfs. auch Umnutzungen bei bestehenden Tankstellen geben (weniger herkömmliche Ladesäulen zugunsten anderer Energiearten).

StR Körner (SPD) fragt, weshalb das Konsortium Zuschüsse für seine Investitionen braucht. Er ist diesbezüglich verwundert angesichts der Gesellschafter und deren ökonomischer Situation. Als möglichen Standort für eine Wasserstoff-Tankstelle nennt er eine Fläche an der Rotenbergstraße 170 (Flurstück 9968/8) und bittet darum, diesen zu prüfen.

Aus Sicht von StR Ozasek (SÖS-LINKE-PluS) kann man aus den Berichten folgern, dass das Interesse der Industrie sich sehr in Grenzen hält und sie wenig Vertrauen in diese Technologie hat. Dies verwundere nicht, weil der technische Reifungsprozess bei der Akku-Technologie deutlich weiter vorangebracht wurde und die Wirkungsgrade erhöht hat. Das Grundproblem, dass die Antriebstechnologie die stadtzerstörerische Wirkung des Automobils nicht auflöst, bleibe aber dennoch bestehen. Die Fraktionsgemeinschaft baue auf nachhaltige Mobilitätslösungen, die außerhalb des Automobils stattfinden werden. Im Bereich der Nutzfahrzeuge könne aufgrund der Energiedichte der Wasserstoff jedoch durchaus eine interessante Option sein. Dennoch sei es keine öffentliche Aufgabe, ein Wasserstoff-Tankstellennetz in Stuttgart zu organisieren oder zu finanzieren, sondern dies sei - wenn überhaupt - Spielfeld der Industrie.

StR Conz (FDP) fragt, wie viele mit Wasserstoff angetriebene Fahrzeuge es überhaupt und in Stuttgart gibt. Wenn es schon nicht gelinge, auch nur einen Standort für eine einzige derartige Tankstelle in Stuttgart zu finden, so werde eine flächendeckende Infrastruktur niemals gelingen. Er möchte wissen, wie das Konsortium gedenkt, die von ihm angestrebte Zahl an Wasserstoff-Infrastruktur zu realisieren. Zu erklären bittet er außerdem, warum es Ladeinfrastruktur mit unterschiedlichem Druck geben muss, nämlich mit 350 Bar und mit 700 Bar.

Bereits seit 1992 beobachte er das Thema Wasserstoff-Fahrzeuge, so StR Dr. Schertlen (STd), und sei schon früh zu der Ansicht gelangt, dass dies früher oder später das Antriebsmedium in Zukunft sein wird. Insofern sei es unglaublich, heute solche Probleme zu haben, um Standorte für die Infrastruktur zu finden, insbesondere angesichts des Interesses der Bundesregierung daran und der Tatsache, dass ein Konsortium bereit ist, die entsprechende Infrastruktur zu liefern. Ihm scheint es keinen echten Willen bzw. nur bedingt den Willen zu geben, diese Technologie auf die Straße zu bringen. Sowohl die Anzahl der Fahrzeuge als auch die Anzahl der angebotenen Fahrzeuge mit dieser Technologie sei sehr überschaubar. Wenn es eine gewisse Zahl an Ladeinfrastruktur geben würde, so bestünde die Hoffnung, dass sich die Fahrzeuge japanischer und südkoreanischer Hersteller besser verkaufen und dass die deutschen Hersteller nachziehen.

Er regt an, bei Mr. Wash in der Heilbronner Straße nach einem Standort anzufragen. Außerdem könnte eine Option der Grünstreifen in der Krailenshalde sein, dort, wo das Industriegleis abgebaut worden ist. Der Parkplatz beim TÜV und/oder der Kfz-Zulassungsstelle könnte dafür mit Wasserstoff-Tanks unterbaut werden. Eine weitere Möglichkeit sieht er darin, im Kontext mit dem Neubau des Mercedes-Forum von Daimler an der Heilbronner Straße eine Wasserstoff-Tankstelle einzurichten.

BM Pätzold unterstreicht, man sei sehr daran interessiert, diese Infrastruktur auszubauen. Neben den geschilderten Randbedingungen sei man bei privaten Grundstücken jedoch auf die Mitarbeit der Eigentümer angewiesen.

Herr Jödecke informiert zur Frage der Finanzierung der Wasserstoffinfrastruktur, gut die Hälfte der Investition für eine Wasserstofftankstelle komme von den Shareholdern, wo Mittel für bis zu 400 Tankstellen, die man in Deutschland aufbauen werde, bereitstehen. Der Rest komme aus Förderprogrammen, die auf nationaler und europäischer Ebene, zukünftig vielleicht auch Landesebene aufgelegt sind, sodass es eine ungefähr 50:50-Finanzierung für 700 Bar-Pkw-Tankstellen gebe. Die Erweiterung auf eine 350 Bar-Tankstelle sei relativ einfach zu bewerkstelligen und koste etwa ein Zehntel bis ein Achtel von dem, was eine normale 700 Bar-Pkw-Tankstelle kostet. 700 Bar gebe es aus dem Grund, um den Pkw-Kunden die Reichweiten zu ermöglichen, die man mit heutigen Diesel- und Benzinfahrzeugen hat, nämlich 400 bis 500 km, und der Platzbedarf für die Tanks durch den hohen Druck geringer ist. Auf Lkws und Bussen habe man dagegen viel Platz für die großen Tanks mit 350 Bar.

Aktuell sind in Deutschland etwa 400 Fahrzeuge mit Wasserstofftechnik zugelassen. Bis Ende 2019 werden es ca. 1.000 Fahrzeuge sein, von denen der Großteil von japanischen und südkoreanischen Herstellern kommt. Alle aktuell angebotenen Wasserstoff-Fahrzeuge sind ausverkauft. Festgestellt werden könne auch, dass dort, wo die entsprechende Infrastruktur gebaut wird, Nachfrage entsteht.

Der Vorsitzende dankt für die Hinweise für mögliche geeignete Flächen und wiederholt, die Verwaltung sei sehr daran interessiert, diese Infrastruktur bereitzustellen, um die Entwicklung zu befördern.

Herr Forderer trägt nach, ein europäisches Konsortium unter der Leitung des Deutschen Instituts für Luft- und Raumfahrt entwickelt aktuell völlig neuartige Brennstoffzellen-Lastenfahrräder. Geplant sei, dass zwei dieser Lastenräder ab Ende 2019 in Stuttgart im Einsatz sein werden.

Mit Dank an die Berichterstatter stellt BM Pätzold abschließend fest:

Der Ausschuss für Umwelt und Technik hat von dem Bericht Kenntnis genommen.
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