Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration
Gz:
SI
GRDrs
802/2019
Stuttgart,
09/09/2019
Begleitete Elternschaft in der Landeshauptstadt Stuttgart
Mitteilungsvorlage
Vorlage an
zur
Sitzungsart
Sitzungstermin
Sozial- und Gesundheitsausschuss
Jugendhilfeausschuss
Beirat für Menschen mit Behinderung
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
öffentlich
23.09.2019
23.09.2019
17.02.2020
Bericht:
In der Fachdiskussion nimmt das Thema der Elternschaft von Menschen mit Behinderung in den letzten Jahren zunehmend Raum ein. Dabei stehen vor allem Konzepte gelingender Unterstützung im Mittelpunkt. Besondere Aufmerksamkeit erhält die sogenannte „Begleitete Elternschaft“. Unter begleiteter Elternschaft wird ein Angebot an (werdende) Eltern mit einer geistigen Behinderung verstanden, das diese in ihrer Rolle als Eltern nach Bedarf anleitet, begleitet und unterstützt.
Zuletzt wurde in der Sitzung des Sozial- und Gesundheitsausschusses am 14.11.2017 ausführlich über die begleitete Elternschaft berichtet (GRDrs 741/2017 „Begleitete Elternschaft“). Der vorliegende Sachstandsbericht informiert über die Entwicklungen der begleiteten Elternschaft in der Landeshauptstadt Stuttgart.
Rechtlich steht der Anspruch auf angemessene Unterstützung im Falle einer Elternschaft von Menschen mit Behinderung außer Frage. In der UN-Behindertenrechtskonvention, die von der Bundesrepublik Deutschland bereits vor zehn Jahren ratifiziert wurde, wird das Recht von Menschen mit einer Behinderung festgehalten, eine Familie zu gründen. Dabei betont Artikel 23: „[…] Die Vertragsstaaten unterstützen Menschen mit Behinderung in angemessener Weise bei der Wahrnehmung ihrer elterlichen Verantwortung. […] In keinem Fall darf das Kind aufgrund einer Behinderung entweder des Kindes oder eines oder beider Elternteile von den Eltern getrennt werden“. Im Bundesteilhabegesetz (BTHG) wird das Recht auf Unterstützung von Eltern mit einer Behinderung durch eine entsprechende Assistenz festgeschrieben: „Die Leistungen für Assistenz nach Absatz 1 umfassen auch Leistungen an Mütter und Väter mit Behinderungen bei der Versorgung und Betreuung ihrer Kinder“ (§ 78 Abs. 3 SGB IX).
Nach Rückmeldungen des Fallmanagements des Sozialamts der Landeshauptstadt Stuttgart bewegen sich die Anfragen für Angebote der begleiteten Elternschaft im einstelligen Bereich. Alle Einzelfälle begleiteter Elternschaft sind sehr unterschiedlich und werden personenbezogen und eng begleitet. Es gilt, in jedem Fall eine individuelle Lösung zu finden, die den Rechten und Bedarfen von Eltern und Kind gerecht wird.
In einer Stichtagsabfrage zum 30.06.2019 wird durch das Sozialamt der Landeshauptstadt Stuttgart in insgesamt fünf Fällen Elternassistenz gewährt. In einem Fall erhält eine Mutter mit einer körperlichen Behinderung ein persönliches Budget, mit dem sie eine Assistenz für die Freizeitgestaltung mit dem Kind und die Begleitung des Kindes in die Kindertageseinrichtung bezahlt. In vier Fällen werden Eltern mit einer geistigen Behinderung unterstützt. In einem der Fälle lebt eine Mutter mit ihrem Kind im Weraheim (Haus für Mutter und Kind der Kirchlichen Stiftung Zufluchtsstätten in Württemberg). Drei der Elternteile mit Kind werden in einem spezialisierten Wohnangebot (Peter-Eckle-Haus des Caritasverbandes für Stuttgart e. V.) unterstützt.
Dieses Wohnangebot in der Landeshauptstadt Stuttgart hat die Sozialplanung gemeinsam mit dem Caritasverband für Stuttgart e. V. und dem Jugendamt als Angebot des ambulant betreuten Eltern-Kind-Wohnens für Eltern(teile) mit einer geistigen Behinderung entwickelt.
Das ambulant betreute Wohnangebot der begleiteten Elternschaft richtet sich an (werdende) Mütter, Väter und Eltern mit einer geistigen und mehrfachen Behinderung und deren Kinder, die auf Unterstützung angewiesen sind. Im Peter-Eckle-Haus (Lindichstraße 6 - 8, S-Feuerbach) des Caritasverbandes für Stuttgart e. V. stehen sieben Ein-Zimmer-Appartements für ambulant betreutes Wohnen und sieben Zwei-Zimmer-Wohnungen für ambulant betreutes Eltern-Kind-Wohnen zur Verfügung (GRDrs 748/2018 „Entwicklung der Angebote für Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung in den Bereichen Wohnen und Tagesstruktur in der Landeshauptstadt Stuttgart (Erhebung 31.12.2017)“).
Das Wohnangebot ist seit November 2018 bezogen. Zum Stichtag 30.06.2019 leben dort sieben Elternteile mit einem Kind, darunter sechs (werdende) Mütter und ein Vater. Eine der Frauen ist schwanger. Die Kinder sind zwischen einem Monat und zehn Jahre alt und haben entsprechend sehr unterschiedliche Bedarfe. Die Hilfen, welche die Eltern erhalten, können je nach Bedarf sehr unterschiedlich sein und reichen von Unterstützung in Erziehungsfragen und in der Haushaltsführung bis hin zu Begleitung im medizinischen Bereich.
Die enge Zusammenarbeit mit dem Beratungszentrum des Jugendamtes ist unerlässlich und wird als sehr gut erlebt. So werden auch Angebote im Stadtteil für Eltern und Kinder erschlossen (z. B. Kinderhaus Feuerbach). Allen jüngeren Kindern wird ein Platz in einer Kindertageseinrichtung im Stadtteil vermittelt. Hier finden ebenfalls gelingende Kooperationen statt.
Für die oben genannten drei Fälle des Eltern-Kind-Wohnens im Peter-Eckle-Haus in Stuttgarter Kostenträgerschaft wird das Angebot über das ambulant betreute Wohnen mit Wohntraining nach §§ 53, 54 SGB XII im Rahmen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung finanziert (GRDrs 110/2011 „Flexibilisierung ambulant betreuter Wohnformen“). Zusätzlich erhalten die Eltern Hilfen zur Erziehung durch das Jugendamt nach Bedarf.
Ziel aller Bemühungen in der Landeshauptstadt Stuttgart ist, weiterhin das gelingende Aufwachsen der Kinder bei ihren Eltern – unabhängig von einer Behinderung – durch die Zugänglichkeit zu angemessenen Unterstützungsangeboten zu gewährleisten. Das sozialplanerische Konzept eines ambulanten Angebots hat sich bewährt.
Das Eltern-Kind-Wohnen im Peter-Eckle-Haus des Caritasverbandes für Stuttgart e. V. kann dabei neun Monate nach Erstbezug bereits als ein erfolgreicher Baustein einer angemessenen Angebotsstruktur für begleitete Elternschaft bewertet werden. Ob weitere Bausteine notwendig sind, wird sozialplanerisch durchgehend geprüft.
Beteiligte Stellen
Das Referat JB hat die Vorlage mitgezeichnet.
Vorliegende Anträge/Anfragen
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Dr. Alexandra Sußmann
Bürgermeisterin
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<Anlagen>
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