Protokoll: Sozial- und Gesundheitsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
130/2023
GZ:
SI
Sitzungstermin: 20.03.2023
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BMin Dr. Sußmann
Berichterstattung:Frau Meyer (Zentrale Schuldnerberatung Stuttgart GbR)
Protokollführung: Herr Krasovskij th
Betreff: Bericht über die Arbeit der Zentralen Schuldnerberatung Stuttgart 2023
- mündlicher Bericht -

Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Referats Soziales und gesellschaftliche Integration vom 22.02.2023, GRDrs 130/2023. Sie ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Einleitend verweist BMin Dr. Sußmann auf die Vorlage und den dazugehörigen Bericht.

Nach einer Nachfrage durch StRin Sklenářová (90/GRÜNE) zur Zahl der überschuldeten Haushalte in Stuttgart erklärt Frau Meyer (Zentrale Schuldnerberatung Stuttgart), dass die Überschuldung in der Stadt laut dem regionalen Schuldneratlas trotz der aktuellen Krisen zurückgegangen ist. Nach Daten der Statistik sei jeder 15. Erwachsene in Stuttgart von einer Überschuldung betroffen.

StRin Sklenářová spricht anschließend die aktuell angespannte Personalsituation bei der Zentralen Schuldnerberatung an, weshalb auch die gesteckten Zielvorgaben wie die Einhaltung der Wartezeit bis zum Beratungsbeginn von maximal sechs Monaten und die Zahl der Fallabschlüsse von mindestens 630 Fällen pro Jahr nicht eingehalten werden konnten. Die Stadträtin sowie im Folgenden auch StRin Müller-Enßlin (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) und StR Lutz (SPD) erkundigen sich, wie bei der Beratung angesichts der hohen Nachfrage priorisiert werde.

Frau Meyer berichtet, dass die Schuldnerberatung versuche, alle Personen, die in Notsituationen telefonischen Kontakt mit der Beratungsstelle aufnehmen, möglichst noch am gleichen Tag zurückzurufen. Dabei finde ein Clearinggespräch statt, in dem erste Hilfsmaßnahmen erörtert würden, zum Beispiel mögliche Schutzmaßnahmen, falls eine Pfändung, Energiesperre oder Kündigung seitens des Vermieters drohe. Diesen Personen in Notsituationen versuche man sofort zu helfen, sie kämen nicht auf die Warteliste. Auf die Warteliste würden Schuldnerinnen und Schuldner aufgenommen, bei welchen eine weiterführende Regulierungsberatung angebracht ist.

Im Folgenden bringt StRin Dr. Hackl (SPD) zum Ausdruck, dass die Zentrale Schuldnerberatung bestrebt sein müsse, mittelfristig die gesteckten Zielvorgaben, insbesondere eine Reduzierung der Wartezeit bis zu einer Beratung, zu erreichen. Ähnlich äußert sich auch StRin Durst (CDU) und StRin Müller-Enßlin. Auf Nachfragen aus dem Gremium bezüglich eines hierfür ggf. erforderlichen Mehrbedarfes an Personal oder weiteren finanziellen Mitteln eingehend, äußert Frau Meyer die Hoffnung, die Zielvorgaben mit dem derzeitigen Personalstand nach erfolgter Einarbeitung und Nachbesetzung erreichen zu können.

Die Berichterstatterin verweist aber auch darauf, dass sich unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Zentralen Schuldnerberatung aktuell ein Generationenwechsel vollziehe, da einige langbeschäftigte Kolleginnen und Kollegen bereits in den Ruhestand eingetreten sind oder dieser bald anstehe. Zugleich sei die Nachbesetzung der Stellen nicht einfach, da es auf dem Arbeitsmarkt kaum geschulte Schuldnerberaterinnen und Schuldnerberater gebe. Deshalb werde auch nach Sozialarbeitern oder Sozialpädagogen gesucht, die fortgebildet werden können.

Frau Meyer erklärt weiter, dass die Nicht-Erreichung der gesteckten Zielvorgaben auch hinsichtlich der angestrebten Fallabschlüsse auf die Einschränkungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie bzw. auch längerfristige Krankheitsfälle und Ausfälle im Team zurückzuführen sei. Dadurch sei die Warteliste bei der Beratungsstelle angewachsen. Aktuell würden 435 Personen auf eine weiterführende Beratung warten, 2019 seien auf der Warteliste noch ca. 290 Personen vermerkt gewesen. Mittelfristig hoffe man, den Umfang der Warteliste reduzieren und die Zahl der Fallabschlüsse steigern zu können. Im Jahr 2020 seien 484 Fallabschlüsse erreicht worden, 2021 waren es 645 und im Jahr 2022 558 Fallabschlüsse.

In diesem Zusammenhang bitten die StRinnen Dr. Hackl und Yüksel (FDP) um die Zusendung weiterer konkreter statistischer Daten zur Überschuldungssituation in Stuttgart und den betreuten Fällen (z. B. zur Altersstruktur der Betroffenen oder der Frage wie die Fälle abgeschlossen werden) im Nachgang an die heutige Sitzung. BMin Dr. Sußmann und Frau Meyer sagen die schriftliche Beantwortung aller heute offen gebliebenen Fragen zu.

Durch StRin Yüksel wird im selben Kontext darauf hingewiesen, dass Personen mit einer Überschuldungsproblematik, beispielsweise in Bereichen der Verbraucherinsolvenz, auch über andere Beratungshilfen wie zum Beispiel einem Beratungsschein für den Anwalt geholfen werden könne und deshalb in der Öffentlichkeit stärker auf diese Möglichkeiten aufmerksam gemacht werden sollte, auch durch die Zentrale Schuldnerberatung.

Im weiteren Verlauf der Aussprache wird durch die Ratsmitglieder fraktionsübergreifend die Wichtigkeit und Notwendigkeit einer effektiven Präventionsarbeit zur Vermeidung einer Schuldensituation hervorgehoben. Dabei wird betont, dass neben der Gruppe der jungen Menschen insbesondere auch die älteren Menschen in den Blick genommen werden sollten.

Frau Meyer führt hierzu aus, dass die für die Erweiterung der Präventionsarbeit gewährten 1,5 Stellen Mitte 2020 besetzt werden konnten. Allerdings konnte auch die Präventionsarbeit aufgrund der Corona-Pandemie nur eingeschränkt stattfinden. Insbesondere seien die Zugänge zu älteren Menschen schwierig gewesen. Dies liege aber auch daran, dass das Thema Schulden häufig sehr schambehaftet sei sowie auch daran, dass viele der älteren Menschen mobilitätseingeschränkt sind, und die persönliche Beratung vor Ort nicht wahrnehmen können.

Mittlerweile werde die Präventionsarbeit über Infobroschüren, Veranstaltungen oder Multiplikatoren wieder ausgeweitet. Für jüngere Menschen würden beispielsweise Workshops zu den Themen Finanzkompetenz oder Umgang mit der ersten eigenen Wohnung angeboten. Ältere Menschen versuche man auch über die Begegnungsstätten oder den Treffpunkt 50+ zu erreichen. Es gebe eine telefonische Budgetberatung für Ältere und eine spezielle Infobroschüre, die auch als Brücke zur Kontaktaufnahme diene.

Grundsätzlich werde im Rahmen der Präventions- und Beratungsarbeit auch die Möglichkeit für eine Online-Beratung angestrebt. Dies sehe die Schuldnerberatung aber eher als zusätzliches Angebot und eine Möglichkeit, die erste Hemmschwelle der Kontaktaufnahme zu überbrücken. Die eigentliche Beratungsarbeit sollte - nicht zuletzt auch aus datenschutzrechtlichen Gründen - in einem persönlichen Gespräch vor Ort in der Zentralen Schuldnerberatung stattfinden.

StRin von Stein (FW) erkundigt sich in diesem Kontext nach den Gründen der zurückhaltenden Inanspruchnahme der telefonischen Budgetberatung für Ältere.

Abschließend werden weitere wenige Verständnisfragen der Ratsmitglieder zur Vorlage durch Frau Meyer beantwortet.


Danach stellt BMin Dr. Sußmann fest:

Der Sozial- und Gesundheitsausschuss hat von der GRDrs 130/2023 Kenntnis genommen.

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