Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen
Gz: WFB
GRDrs 390/2023
Stuttgart,
04/27/2023



Ausübung des Vorkaufsrechts an dem Grundstück Flst. 574/4
Charlottenstraße 26, Rosenstraße 45, Gemarkung Stuttgart-Mitte




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Wirtschaft und WohnenBeschlussfassungöffentlich05.05.2023



Beschlußantrag:

1. Der hilfsweisen preislimitierten Ausübung des Vorkaufsrechts an dem Grundstück

Gemarkung Stuttgart (-Mitte)

zum Kaufpreis von 2. Der Kaufpreis in Höhe von „Betrag 1“ *) wird im Teilfinanzhaushalt 230- Liegenschaftsamt, Projekt 7.232000-Immobilien, AuszGr. 782-Erwerb von unbeweglichem Anlagevermögen, finanziert.



Begründung:


Das Grundstück wurde mit Kaufvertrag vom 15.03.2023 zu einem Kaufpreis in Höhe von „Betrag 2“ *) von „Name 1“ *) an „Name 2“ *) verkauft.

Der Kaufvertrag ist beim Amt für Stadtplanung und Wohnen am 20.03.2023
eingegangen. Die Ausübungsfrist endet damit am 20.06.2023.

Das Kaufgrundstück liegt im Geltungsbereich einer Satzung über ein besonderes
Vorkaufsrecht gem. § 25 Abs. 1 Nr. 2 BauGB („Stadterneuerungsvorranggebiet Nr. 04 - Leonhardsviertel/Hohenheimer Straße-"). Der Landeshauptstadt Stuttgart steht deshalb ein Vorkaufsrecht nach § 25 Abs.1 Nr. 2 BauGB an dem Grundstück zu.


Der Abschluss des Kaufvertrages vom 15.03.2023 ist nunmehr der siebte Versuch der Verkäufer im Zeitraum von 2019/2023, das Grundstück Flst. 574/4, Charlottenstr. 26, Rosenstr. 45 zu verkaufen.

Beim ersten Verkaufsfall vom 19.12.2019 wurde das Grundstück zu einem Kaufpreis in Höhe von „Betrag 3“ *) verkauft. Sodann wurde zwischen den Käufern und der
Landeshauptstadt Stuttgart zur Abwendung der Vorkaufsrechtsausübung eine
Abwendungsvereinbarung getroffen. In der Vereinbarung sollte sich der Käufer dazu verpflichten, die für die Gebäude bestehende Nutzungsmischung mit Schwerpunkt Wohnen zu erhalten. Durch anschließende Rückabwicklung des Kaufvertrages von den Kaufparteien ist die getroffene Vereinbarung jedoch unwirksam geworden.


Mit Kaufvertrag vom 22.06.2020 wurde das Grundstück zu einem Kaufpreis in Höhe von „Betrag 3“ *) erneut verkauft. Aus dem Kaufvertrag ergab sich, dass der Neubau eines Geschäfts- und Bürogebäudes geplant war. Aus diesem Grund wurde eine
weitere Abwendungsvereinbarung von der Verwaltung abgelehnt. Die Wertermittlung des Stadtmessungsamtes, Abteilung Immobilienbewertung und Beiträge, ergab einen Wert im Bestand in Höhe von
„Betrag 5“ *). Das Amt für Stadtplanung und Wohnen hat die Ausübung des Vorkaufsrechts empfohlen. Das Vorkaufsrecht wurde daraufhin preislimitiert zum Preis von „Betrag 5“ *) ausgeübt. In der Folge sind die Verkäufer gemäß § 28 Abs. 3 BauGB form- und fristgerecht vom Kaufvertrag zurückgetreten.

Mit Kaufvertrag vom 30.10.2020 wurde das Grundstück erneut zu einem Kaufpreis in Höhe von „Betrag 4“ *) an den damaligen Käufer verkauft. Im Kaufvertrag verpflichtet sich der Käufer auf dem Grundstück innerhalb der nächsten 3 Jahre ein Büro- und
Geschäftsgebäude zu errichten. Das Vorkaufsrecht wurde nach erneuter Empfehlung der Ausübung durch das Amt für Stadtplanung und Wohnen mit Bescheid vom 09.12.2020 wieder preislimitiert zum Preis von
„Betrag 5“ *) ausgeübt. Die Verkäufer sind daraufhin abermals gemäß § 28 Abs. 3 BauGB form- und fristgerecht vom Vertrag zurückgetreten.

Mit Kaufvertrag vom 07.01.2021 wurde das Grundstück schließlich erneut zu einem Kaufpreis in Höhe von „Betrag 6“ *) an den damaligen Käufer verkauft. Im diesem Kaufvertrag verpflichtet sich der Käufer auf dem Grundstück innerhalb der nächsten
3 Jahre ein Büro- und Geschäftsgebäude zu errichten. Das Vorkaufsrecht wurde nach erneuter Empfehlung der Ausübung durch das Amt für Stadtplanung und Wohnen mit Bescheid vom 17.02.2021 wieder preislimitiert zum Preis von
„Betrag 5“ *) ausgeübt. Die Verkäufer sind daraufhin abermals gemäß § 28 Abs. 3 BauGB form- und frist-gerecht vom Vertrag zurückgetreten.

Der weitere Kaufvertrag vom 09.04.2021 zu einem Kaufpreis in Höhe von „Betrag 6“ *) enthielt ebenfalls eine Bauverpflichtung zur Errichtung eines Büro- und Geschäfts-gebäudes innerhalb von 3 Jahren. Das Vorkaufsrecht wurde nach erneuter Empfehlung der Ausübung durch das Amt für Stadtplanung und Wohnen mit Bescheid vom 04.06.2021 wieder preislimitiert zum Preis von „Betrag 5“ *) ausgeübt. Die Verkäufer sind daraufhin abermals gemäß § 28 Abs. 3 BauGB form- und fristgerecht vom Vertrag zurückgetreten.

Mit Kaufvertrag vom 04.11.2022 / 07.11.2022 wurde das Grundstück zu einem Kaufpreis in Höhe von „Betrag 2“ *) erneut verkauft. Aufgrund der wiederholten Empfehlung des Amts für Stadtplanung und Wohnen wurde das Vorkaufsrecht mit Bescheid vom 14.02.2023 preislimitiert zum vom Stadtmessungsamt, Abteilung Immobilienbewertung ermittelten Wert in Höhe von „Betrag 10“ *) ausgeübt.

Bei einer preislimitierten Ausübung des Vorkaufsrechts ist der Verkäufer berechtigt bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Ausübungsbescheides vom Vertrag zurück zu treten. Mit Schreiben vom 28.02.2023 haben die Verkäufer („Name 1“ *)) die Landeshauptstadt Stuttgart über die Aufhebung des Kaufvertrages mit dem
Käufer
(„Name 5“ *)) in Kenntnis gesetzt. Die Rückabwicklung des Kaufvertrags, der Grundlage der Vorkaufsrechtsausübung war, hat auf den Fortbestand des Vorkaufsrechts grundsätzlich keinen Einfluss. Die Verkäufer haben gegenüber der Landeshauptstadt Stuttgart keinen Rücktritt vom, durch die Vorkaufsrechtsausübung
entstandenen, Kaufvertrag mit der Landeshauptstadt Stuttgart erklärt. Daher ist in dem Schreiben, das die Landeshauptstadt Stuttgart über die
Aufhebung des Kaufvertrags in Kenntnis setzt, keine Rücktrittserklärung zu sehen.


Mit Kaufvertrag vom 13.03.2023 (7. Verkaufsfall) wurde das Grundstück jedoch erneut verkauft. Wiederum zum Preis in Höhe von „Betrag 2“ *).

Die Landeshauptstadt Stuttgart geht davon aus, dass aufgrund des wirksam ausge-übten, bestandskräftigen Vorkaufsrechts ein erneuter Verkauf nicht möglich ist und der vorliegende Verkaufsfall ins Leere läuft. Der durch den Ausübungsbescheid vom 14.02.2023 entstandene Anspruch besteht und kann nach Auffassung der Landeshauptstadt Stuttgart nach Ablauf der Rücktrittsfrist auch durchgesetzt werden.

Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Verkäufer die Wirksamkeit der Vorkaufsrechtausübung gerichtlich überprüfen lassen. Es kann dabei nicht ausgeschlossen
werden, dass das Gericht die Mitteilung über die Aufhebung des Kaufvertrags als Rücktritt vom preislimitiert ausgeübten VKR wertet. Sicherungshalber, für den Fall, dass die Mitteilung über die Aufhebung des Kaufvertrags als Rücktritt vom Kaufvertrag zu werten ist, soll das Vorkaufsrecht hilfsweise erneut ausgeübt werden. Hierfür ist ein erneuter Beschluss erforderlich. Die Ausführungen betreffend Ausübungsumstände und -gründe entsprechen denen der Vorlage 78/2023.


Auf Grund der unveränderten Umstände hält das Amt für Stadtplanung und Wohnen mit Schreiben vom 29. März 2023 an der Ausübung des Vorkaufsrechts mit gleicher
Begründung fest:


In der Stellungnahme vom 09. März 2020 hat das Amt für Stadtplanung und Wohnen bereits unter anderem folgenden Begründung zur Empfehlung der Ausübung mitgeteilt:


Ob das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des besonderen Vorkaufsrechts recht-fertigt, hat sich an den Zielen zu orientieren, deren Sicherung die Vorkaufsrechts-satzung dienen soll. Der Erwerb der vom Vorkaufsrecht umfassten Grundstücke muss
objektiv dazu beitragen können, die von der Gemeinde verfolgte städtebauliche
Entwicklung zu sichern. Daher ist auf die konkreten städtebaulichen Erwägungen
abzustellen, die der Satzung zugrunde liegen. Mit Blick auf die konkrete städtebauliche Maßnahme müssen mit dem Grunderwerb in Abwägung mit den betroffenen privaten Interessen überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt werden. Regelmäßig reicht zur Bejahung des Wohls der Allgemeinheit die Annahme, dass die spätere
Verwirklichung der in Erwägung gezogenen Maßnahme durch vermehrten Grundbesitz der Gemeinde erleichtert wird. Das ist hier der Fall.


Die Verwaltung schlägt deshalb erneut die hilfsweise preislimitierte Ausübung des
Vorkaufsrechts zum Kaufpreis in Höhe von
„Betrag 1“ *) vor.

Eine preislimitierte Ausübung eines Vorkaufsrechts kommt seit der Novelle des BauGB durch das Baulandmobilisierungsgesetz in Betracht, wenn der Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet. Eine einfache Überschreitung des Verkehrswertes reicht seitdem aus. Im aktuellen Verkaufsfall liegt der Kaufpreis („Betrag 2“ *)) über dem ermittelten Verkehrswert („Betrag 1“ *).

Im Falle der preislimitierten Ausübung können die Verkäufer erneut vom Kaufvertrag gemäß § 28 Abs. 3 BauGB zurücktreten oder aber gerichtlich gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts vorgehen. Hierbei besteht die Möglichkeit, dass das Gericht die
Ausübung des Vorkaufsrechts als rechtmäßig bestätigt, jedoch die Preislimitierung
korrigiert. Das Vorkaufsrecht wäre dann zu dem vom Gericht festgesetzten Kaufpreis, maximal zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Kaufpreis von
„Betrag 2“ *)
zustande gekommen.

Im Falle des erneuten Rücktritts der Verkäufer vom Vertrag mit der Landeshauptstadt Stuttgart gem. § 28 Abs. 3 BauGB muss die Landeshauptstadt Stuttgart die Kosten des Vertrages auf Grundlage des limitierten Kaufpreises (voraussichtlich „Betrag 7“ *)
erstatten.


Wie auch der Kaufvertrag vom 04.11.2022/07.11.2022 enthält der Kaufvertrag vom 15.03.2023 darüber hinaus die Feststellung, dass das Objekt von der Maklerin „Name 3“ *) nachgewiesen und vermittelt wurde. Bei der „Name 4“ *) gab es am 06.12.2022 eine namensgleiche Mitarbeiterin „Name 3“ *), wie aus einer anderen Akte bekannt.
Die „Name 4“ *) ist unter derselben Adresse wie die Verkäufer ansässig. Gemäß
Kaufvertrag ist der Käufer verpflichtet im Wege eines echten Vertrags zugunsten Dritter eine Maklerprovision in Höhe von 5 % zzgl. gesetzlicher MwSt. vom Kaufpreis an die Maklerin binnen 14 Werktagen nach Rechnungsstellung zu bezahlen.


Der Zahlung einer Maklerprovision setzt den Abschluss eines Maklervertrages voraus. Der Lohnanspruch entsteht gemäß § 652 BGB, wenn ein Kaufvertrag infolge des Nachweises oder infolge der Vermittlung des Maklers zustande kommt. Durch die im Kaufvertrag getroffene Vereinbarung erwirbt die Maklerin einen eigenen Anspruch
gegenüber dem Käufer und damit im Falle der Ausübung des Vorkaufsrechts gegenüber der Landeshauptstadt Stuttgart.


In Anbetracht dessen, dass das Grundstück bereits sieben Mal innerhalb des Zeitraums 2019/2023 verkauft wurde und zudem die Maklerin mutmaßlich Mitarbeiter auf Ver-käuferseite ist, bestehen berechtigte Zweifel daran, dass der Kaufvertrag tatsächlich infolge der Vermittlung der im Kaufvertrag benannten Maklerin zustande gekommen ist.

Im Falle der rechtswirksamen Ausübung des Vorkaufsrechts, hat die bisherige Käuferin darüber hinaus einen Anspruch auf Erstattung der vereinbarten Maklerprovision durch die Landeshauptstadt Stuttgart, soweit dieser entstanden wäre.

Der Lohnanspruch der Maklerin entfällt grds. nicht durch Rücktritt vom Vertrag. Auf Grund der Gesamtumstände ist es wahrscheinlich, dass die Maklerprovision im vor-liegenden Kaufvertrag vereinbart wurde, um die Landeshauptstadt Stuttgart an der Ausübung des Vorkaufsrechts zu hindern bzw. die Ausübung zu erschweren. Es
besteht daher die Möglichkeit die Einwendung gemäß § 226 BGB zu erheben. Gemäß § 226 BGB ist die Ausübung eines Recht unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen.


Die Verwaltung rechnet damit, dass der Anspruch auf Zahlung der Maklerprovision nach Ausübung des Vorkaufsrechts gerichtlich geltend gemacht wird. Das rechtliche Risiko, zur Zahlung verurteilt zu werden, kann nicht vollständig ausgeschlossen
werden.



Finanzielle Auswirkungen

Der Kaufpreis in Höhe von „Betrag 1“ *) wird im Teilfinanzhaushalt 230- Liegenschaftsamt, Projekt 7.232000-Immobilien, AuszGr. 782-Erwerb von unbeweglichem Anlage-vermögen, finanziert.

Sollte in einem gerichtlichen Verfahren die Preislimitierung für nicht zulässig erachtet werden, wäre ein Kaufpreis in Höhe von „Betrag 2“ *) zu bezahlen.

Im Falle des Rücktritts gem. § 28 Abs. 3 BauGB muss die Landeshauptstadt Stuttgart
die Kosten des Vertrages auf Grundlage des limitierten Kaufpreises (voraussichtlich
„Betrag 7“ *) erstatten.

Im Falle der Ausübung des Vorkaufsrechts muss die Landeshauptstadt Stuttgart mit der Geltendmachung von Ansprüchen auf Zahlung einer Maklerprovision in Höhe von
voraussichtlich
„Betrag 9“ *) rechnen.

Auf Grund der Gesamtumstände geht die Verwaltung davon aus, dass der Landeshauptstadt Stuttgart gegen diese Ansprüche Einwendungen zustehen. Es besteht jedoch
letztlich das Risiko, dass diese Einwendungen einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten und die Landeshauptstadt Stuttgart zur Zahlung der Maklerprovision
verpflichtet wird.




Beteiligte Stellen

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Vorliegende Anträge/Anfragen

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Erledigte Anträge/Anfragen

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Thomas Fuhrmann
Bürgermeister


Anlagen

Anlage 1: Lageplan
Anlage 2: Luftbild

*) Hinweis: Die Beträge unterliegen der Vertraulichkeit und sind nur für die Mitglieder des Gemeinderats in KSD / KORVIS einsehbar


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