Antrag vom 06/17/2010
Nr. 188/2010

Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion
Betreff

LBBW SE wirksam kontrollieren
Bei Restrukturierung der LBBW Aufsicht stärken

Nachdem die LBBW im Jahr 2009 nur durch eine Eigenkapitalspritze ihrer Träger in Höhe von 5 Mrd. EUR und Garantieübernahmen in Höhe von 12,7 Mrd. EUR durch das Land Baden-Württemberg in ihrem Weiterbestand gesichert werden konnte, wurden ihr anschließend seitens der EU strenge Voraussetzungen diktiert, unter welchen diese Milliardenhilfen von Brüssel gebilligt werden: Reduktion auf das Kerngeschäft, Aufgabe des riskanten Investmentgeschäfts, Reduktion der Bilanzsumme um 40 Prozent, Abbau von Personalstellen bis zum Jahr 2013, umfangreicher Verkauf von Beteiligungen und Verkleinerung der Auslandsnetze waren die wichtigsten Bedingungen.

Weitere Auflagen aus Brüssel betreffen die zukünftige Rechtform: Spätestens Ende 2013 soll eine Rechtsform-Änderung von der Anstalt des öffentlichen Rechts in eine SE (société européenne, AG nach europäischem Recht) abgeschlossen sein. Bereits Ende des Jahres 2010 sollen im Vorgriff auf die SE die wesentlichen inhaltlichen Aspekte des Deutschen Corporate Governance Kodex eingeführt werden: Die Funktion der bisherigen Aufsichtsorgane sollen neu definiert und am Recht der Kapitalgesellschaften ausgerichtet werden.

Abzulehnen ist, dass im Zuge dieser Rechtsform-Änderung im Landesbankgesetz Baden-Württemberg der ‚öffentliche Auftrag’ aus den Grundsätzen der Geschäftsführung gestrichen werden soll. Dies bestärkt uns in unserer wiederholt in Anträgen dargestellten Auffassung, dass die Beteiligung an einer international agierenden und zumindest in der Vergangenheit weltweit spekulierenden Bank nicht zu den Aufgaben der Daseinsvorsorge der Landeshauptstadt Stuttgart gehört.

Da nicht davon auszugehen ist, dass eine Stuttgarter Stadtsparkasse schnell aus der LBBW abgespalten werden kann, müssen die in der GRDrs 252/2010 vorgelegten Anpassungen der Rechtsgrundlagen darauf überprüft werden, wie sehr sie bei erkennbaren Privatisierungstendenzen noch den öffentlichen Auftrag, Transparenz und öffentliche Kontrolle gewährleistet.


Wir beantragen daher:

1. Da das Gesetzgebungsverfahren im Landtag nicht abgeschlossen ist – die zweite Lesung findet erst im Juli statt – ist davon auszugehen, dass sich noch Änderungen an den vorgelegten Rechtsgrundlagen ergeben. Über die GRDrs 252/2010 in der jetzigen Form wird daher nicht abgestimmt.
2. Die Verwaltung nimmt Stellung zu den nachfolgend aufgeführten Punkten und Fragen und stellt dar, wie diese Eingang in die Satzung der Landesbank Baden-Württemberg bzw. in das Landesbankgesetz finden können.
3. Erst nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens und der Stellungnahme der Verwaltung wird die Vorlage GRDrs 252/2010 auf die Tagesordnung des Gemeinderats der Stadt Stuttgart gesetzt.


I Landesbankgesetz

Die vorgeschlagene Änderung des §6 (7) halten wir für den Einstieg in eine Privatisierung der Bank. Wir drängen auf einen Beibehalt des öffentlichen Auftrags der Bank, die dessen ungeachtet sämtliche Aufträge nach betriebswirtschaftlichen Kriterien führen kann und soll.
Sollte der öffentliche Auftrag aus dem Landesbankgesetz gestrichen werden, ließe sich eine Beteiligung der Stadt Stuttgart an der Landesbank Baden-Württemberg nicht mehr rechtfertigen.

Da eine Privatisierung der Landesbank nicht ausgeschlossen werden kann, darf der Weg zu einer Stuttgarter Stadtsparkasse durch die Anpassung der Rechtsgrundlagen nicht verbaut werden. Die Möglichkeit einer Abspaltung der BW-Bank als Stadtsparkasse oder die Neugründung einer solchen muss offen gehalten werden.


II Vereinbarung zwischen den Trägern der LBBW

Wir begrüßen die Forderung nach von jedem Träger zu entsendenden unabhängigen Aufsichtsratsmitgliedern. Das Verhältnis der unabhängigen Vertreter zu der Gesamtzahl der zu entsendenden Vertreter muss jedoch für alle Träger möglichst dasselbe sein. Zudem wäre nach der vorgeschlagenen Regelung für die Stadt Stuttgart ein Vier-Augen-Prinzip ausgeschlossen. Es wird daher bereits jetzt festgehalten, dass nach der Übergangsphase, also mit der Umwandlung der LBBW in eine SE, von der Stadt Stuttgart bei insgesamt drei Sitzen e i n Platz durch ein unabhängiges Aufsichtsratsmitglied besetzt wird.


III Satzung der Landesbank Baden-Württemberg

1. Im Beschluss der Kommission vom 15.12.2009 über die Staatliche Beihilfe Deutschlands zur Umstrukturierung der Landesbank Baden-Württemberg (C 17/2009) wird zugesagt, dass die LBBW das Kreditersatzgeschäft abbaut, Beteiligungen veräußert, einen wesentlichen Teil ihrer Auslandstöchter und Repräsentanzen schließt, ganze Produktlinien ihres derzeitigen Corporate-Geschäfts aufgibt, ihr vermitteltes Hypothekenkreditgeschäft einstellt, den strategischen Eigenhandel aufgibt und komplexe Finanzmarkttätigkeiten vermeidet, die Immobilienfinanzierung auf einige Regionen und ausgewählte Objektarten beschränken und ihr Großkundengeschäft auf die Nachbarländer von Deutschland konzentriert. Diese Zusage muss sich in den Sätzen (1) und (3) des § 4 der Satzung der Landesbank Baden-Württemberg niederschlagen.

2. Nachdem – wie unter § 9 ‚Aufgaben der Hauptversammlung’ dargestellt, diese über wichtige Aufgaben beschließt, halten wir die Ergänzung „Die Hauptversammlung tagt öffentlich“ in § 10 (2) für unerlässlich.

3. § 15 (3) wird wie folgt ergänzt: „Einzelne Aufsichtsratsmitglieder können in Absprache und mit Zustimmung des Aufsichtsratsvorsitzenden ebenfalls die vorstehend genannten Auskünfte und Einsichtnahmen verlangen.“

4 Zu starkem Unmut und Politikverdrossenheit hat die Tatsache geführt, dass nicht wenige Millionen der von der Öffentlichen Hand für Bankenrettungspakete aufgebrachten Milliarden in Form von Vergütungen und Boni an Bankenmanager flossen, die – vielleicht – für die Bankenkrise mit verantwortlich waren. Daher soll unter § 15 in einem weiteren Satz (5) festgeschrieben werden, dass der Aufsichtsrat der von der LBBW verfolgten Grundstruktur der Vergütungen und Boni sowie deren Höhe in regelmäßigen Abständen zugunsten von Transparenz und effektiver Verwendung der Mittel zur Zustimmung vorgelegt bekommt.

5. Ausschüsse sind in Aufsichtsräten längst üblich. Deren Aufgabe wird aber in der Geschäftsordnung des Aufsichtsrates festgelegt, da ansonsten die Gefahr besteht, dass einzelnen Aufsichtsräten die Möglichkeit der Überwachung bzw. Information entzogen wird. § 17 der Satzung ist entsprechend abzuändern.

6. In § 13 wird bestimmt, dass auch der Aufsichtsratsvorsitzende aus dem Kreis der sogenannten „unabhängigen“ Mitglieder zu wählen ist. Dies ist ein herber Schlag gegen die Sparkassen, welche als Hauptrefinanzierer und Partner der LBBW unbedingt eine tragende Rolle bei der Überwachung der Bank haben müssen. Wir treten dafür ein, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrats auch von der Sparkassenorganisation entsandt werden kann.

7. Der § 20 „Risikoausschuss“, Satz (2) wird wie folgt ergänzt: Der Risikoausschuss tagt vierteljährlich und bekommt alle relevanten Informationen in Quartalsberichten vorgelegt.


IV Externe Vertreter der Stadt im Aufsichtsrat

1. Die von der Landeshauptstadt Stuttgart zu entsendenden externen Mitglieder des Aufsichtsrats müssen neben ihrer Unabhängigkeit ein hohes Maß an Sachverstand z.B. aus wissenschaftlicher Tätigkeit oder aufgrund internationaler Börsenerfahrung vorweisen können.
2. Für ihre verantwortungsvolle Tätigkeit müssen auch Ressourcen z.B. in Form eines Backoffices bereitgestellt werden.


V Fragen zur Geschäftsentwicklung

1. Veräußerungen: In welchem Umfang sind die seitens Deutschlands in der C 17/2009 gemachten Zusagen über Veräußerungen von Beteiligungen bereits erfolgt?
2. Wer wurde von der LBBW als Wirtschaftsprüfer benannt und beauftragt, dem es obliegt, die vollständige und korrekte Umsetzung der Zusagen über die Veräußerungen vollumfänglich zu überwachen und detailliert zu überprüfen?
3. Wie wurden, wie zugesagt, die internen Anreizsysteme der LBBW auf Angemessenheit überprüft und darauf hingewirkt, dass diese nicht zur Eingehung unangemessener Risiken verleiten sowie an nachhaltigen und langfristigen Unternehmenszielen ausgerichtet und transparent sind.

VI Fortschrittsbericht

Deutschland hat sich verpflichtet, jedes Jahr einen Fortschrittsbericht an die Kommission zu übersenden. Der Bericht muss eine Zusammenfassung über den Fortschritt bei der Umsetzung des Umstrukturierungsplans sowie die Einzelheiten über alle Verkäufe von Beteiligungen sowie Schließungen von Tochtergesellschaften, Abteilungen und Standorten gemäß der Entscheidung der Kommission enthalten. Die Fortschrittsberichte sind spätestens bis zum 31.Mai jeden Jahres zu übermitteln. Die bisher übermittelten und zukünftigen Fortschrittsberichte werden dem Gemeinderat vorgelegt.


Muhterem Aras Werner Wölfle


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