Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Jugend und Bildung
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration

Gz: JB/SI
GRDrs 84/2019
Stuttgart,
05/21/2019


Rahmenkonzept "Kita für alle in Stuttgart"
Neue Strukturen und Modelle für eine inklusive Bildung, Erziehung und Betreuung für alle Kinder in Stuttgart




Mitteilungsvorlage zum Haushaltsplan 2020/2021


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Jugendhilfeausschuss
Sozial- und Gesundheitsausschuss
Beirat für Menschen mit Behinderung
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
öffentlich
03.06.2019
01.07.2019
21.10.2019

Bericht:

„Es ist normal, verschieden zu sein. Es gibt keine Norm für das Menschsein.“

Das sagte Bundespräsident Richard von Weizsäcker am 1. Juli 1993 in seiner Ansprache bei der Eröffnungsveranstaltung der Tagung der BAG Hilfe für Behinderte.

Die Stadt Stuttgart folgt in ihrem neu entwickelten Programm "Kita für alle in Stuttgart" diesem Leitmotiv: Nichts ist genormt, jedes Kind ist besonders, alle sind willkommen.

Inklusion in Kindertageseinrichtungen bedeutet, dass eine Kita für alle Kinder da ist, das heißt unabhängig von sozialer und nationaler Herkunft, Geschlecht, Religion, finanziellem und kulturellem Hintergrund, gesundheitlicher Beeinträchtigung bzw. Behinderung und weiteren Unterschieden. Davon ausgehend konstituierte sich im November 2017 im Auftrag der Referate Jugend & Bildung sowie Soziales & gesellschaftliche Integration eine ämterübergreifende Arbeitsgruppe mit Vertreter*innen der folgenden Ämter und Geschäftsstellen: mit der Aufgabe, ein für Stuttgart passendes Programm "Kita für alle in Stuttgart" zu entwickeln und zu implementieren. Das daraus entstandene Rahmenkonzept ist der Anlage 1 zu entnehmen.

Im Programm "Kita für alle in Stuttgart" liegt der Schwerpunkt auf Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern mit Behinderung in Kindertageseinrichtungen. Perspektivisch wird in der weiteren Planung die Kindertagespflege eingebunden.

Mit Abschluss der Konzeptentwicklung erfolgte im Februar 2019 eine Konzeptberatung durch Herrn Prof. Jerg von der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg (Inklusive Soziale Arbeit, Pädagogik der frühen Kindheit, Praxisforschung). Beteiligt an dieser Beratung waren die Mitglieder der ämterübergreifenden Arbeitsgruppe sowie Vertreter*innen von Kindertageseinrichtungen.

Der folgende Bericht umfasst folgende Bestandteile:
1. Aktueller Stand in der Landeshauptstadt Stuttgart
2. Handlungsbedarfe, neue Strukturen und Modelle
3. Ziele des Programms "Kita für alle in Stuttgart"
4. Programm "Kita für alle in Stuttgart"
5. Entwicklungsperspektiven


1. Aktueller Stand in der Landeshauptstadt Stuttgart
Zum Stichtag 1. März 2018 wurden in Stuttgarter Kindertageseinrichtungen 237 Kinder mit Behinderung betreut, die Eingliederungshilfe erhielten, davon 111 (47%) mit körperlicher, 79 (33%) mit geistiger und 47 (20%) mit seelischer Behinderung. Quelle: Kinderzahlenmeldungen (0 bis 6) der Tageseinrichtungen für Kinder zum Stichtag 01.03.2018. Erstellt am 14.08.2018, 51-AL-01 Kinder mit Sinnesbehinderung sind statistisch nicht gesondert ausgewiesen, sondern in den genannten Daten enthalten.


Darüber hinaus wurden zum Stichtag 07.06.2018 insgesamt 193 Kinder mit besonderen Förderbedarfen in den öffentlichen und privaten Schulkindergärten betreut. Diese sind auf verschiedene Behinderungsarten spezialisiert: Körperliche, geistige und/oder emotional-soziale Entwicklung sowie Sprache, Hören und Sehen. Es handelt sich nach § 20 SchulG BW um ein freiwilliges Angebot des Landes Baden-Württemberg (kein Rechtsanspruch), das über Landes- und ergänzend über kommunale Mittel gefördert wird.
Die Schulkindergärten unterscheiden sich von Kindertageseinrichtungen in ihrer Betriebsorganisation in einigen wesentlichen Aspekten, z.B. Aufnahme erst ab dem 2. bzw. 3. Geburtstag des Kindes, keine Ganztagsbetreuung oder Schließzeiten während der Schulferienzeiten.

Ergänzt werden Kindertageseinrichtungen und Schulkindergärten in Stuttgart durch zwei Fördergruppen (Angebot nach § 35 a SGB VIII) mit jeweils 10 Plätzen für Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten und Entwicklungsverzögerungen. In diesen Frühfördereinrichtungen erhalten die Kinder sozial- und heilpädagogische Förderung mit dem Ziel, dass sie einen Platz in einer Regeleinrichtung ihres Lebensumfeldes erhalten.

Zusammengefasst wurden 2018 zu den genannten Stichtags- und Bestandserhebungen in Stuttgart in folgenden Einrichtungen Kinder mit Behinderung betreut und gefördert:

Tabelle 1: Betreung und Förderung von Kindern mit Behinderung in Stuttgarter Einrichtungen gesamt

EinrichtungsartErhebungsartAnzahl der Kinder mit Behinderung in %
KitasStichtagserhebung Kinder 01.03.18
237
53%
SchulkindergärtenStichtagserhebung Plätze 07.06.18
193
43%
FördergruppenStichtagserhebung Plätze 01.06.18
20
4%
Summe
450
100%


2. Handlungsbedarfe, neue Strukturen und Modelle
In Stuttgart besteht der Anspruch, dass alle Kindertageseinrichtungen für alle Kinder offenstehen und alle Familien gemäß des Wunsch- und Wahlrechts nach § 5 SGB VIII eine Einrichtung auswählen können. In diesem Zusammenhang ist der Hinweis wichtig, dass dieser Anspruch teilweise bereits erfüllt ist und Inklusion in zahlreichen Kindertageseinrichtungen erfolgreich gelebt wird. Dennoch gibt es nach wie vor Herausforderungen, die in einer Regeleinrichtung besondere Strukturen erfordern und aus denen sich fünf zentrale Handlungsbedarfe für die inklusive Weiterentwicklung ableiten lassen:

Vor dem Hintergrund dieser Handlungsbedarfe und um die Inklusion in Stuttgarter Kindertageseinrichtungen weiterzuentwickeln und Rahmenbedingungen zu verbessern, entwickelte die ämterübergreifende Arbeitsgruppe „Kita für alle in Stuttgart“ neue Strukturen und Modelle, die im Gesamtprogramm beschrieben sind:



3. Ziele des Programms "Kita für alle in Stuttgart"
Durch das Programm „Kita für alle in Stuttgart“

4. Programm "Kita für alle in Stuttgart": Neue Strukturen und Modelle
Im Rahmenkonzept "Kita für alle in Stuttgart"(Anlage 1) werden alle Strukturen und Einrichtungs- bzw. Betreuungsarten dargestellt, das heißt, auch diejenigen, die bereits bestehen. Im Folgenden werden ausschließlich die neuen Strukturen und Modelle beschrieben, die ab 2020 entwickelt werden sollen.



4.1. Zentrale Informations- und Beratungsstelle (ZIB) "Kita für alle in Stuttgart" (Rahmenkonzept Kapitel 6.1.)





Eine der größten strukturellen Herausforderungen sowohl für Eltern von Kindern mit Behinderung als auch für Kindertageseinrichtungen besteht darin, dass die Unterstützungssysteme nach wie vor versäult sind und es eine Vielzahl unterschiedlicher Anlaufstellen und Zuständigkeiten gibt. Die langjährigen Erfahrungen des Sozialdienstes für Menschen mit chronischer Erkrankung oder Behinderung des Stuttgarter Gesundheitsamts zeigen, dass sich betroffene Familien einen niederschwelligen Zugang zu Information und Hilfe wünschen. Sie erwarten eine Anlaufstelle für alle Eltern mit Kindern mit Unterstützungsbedarf im Sinne einer Lotsenfunktion mit einem stadtweit einheitlichen Verfahren.

Ein zentraler Bestandteil des Programms besteht daher im Aufbau einer zentralen Informations- und Beratungsstelle, in der eine trägerunabhängige, ganzheitliche und interdisziplinäre Beratung erfolgt, welche die jeweiligen Gegebenheiten vor Ort bestmöglich berücksichtigt. Diese zentrale Stelle soll beim Stuttgarter Gesundheitsamt angesiedelt werden. Die Kernaufgaben der ZIB sind sozialarbeiterische und ärztliche Hilfen, Beratung und Informationen aus einer Hand In dieser Lotsenfunktion gewährleistet die ZIB eine niederschwellige und unbürokratische Hilfestellung. Die ZIB ist keine Ansprechstelle eines Rehabilitationsträgers im Rahmen des BTHG und die Beratung erfolgt außerhalb des im BTHG dargestellten Antragsverfahrens. Familien können sich also auch direkt an den jeweiligen Rehabilitationsträger wenden.

Für die ZIB beim Stuttgarter Gesundheitsamt sollen insgesamt 4,15 Stellen eingerichtet werden, entsprechende Stellenanträge wurden gestellt.

Tabelle 2: Stellenbedarf zentrale Informations- und Beratungsstelle (ZIB)
FunktionsbezeichnungEntgelt-gruppeAnzahl der StellenØ kostenwirksamer Aufwand in Euro
Sozialarbeiter*in
S 15
3,00
194.400
Facharzt/-ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie
EG 15
0,25
25.075
Facharzt/-ärztin für Kinder- und Jugendmedizin
EG 15
0,40
40.120
Ergotherapeutin
EG 9a
0,25
14.675
Assistent*in/Sachbearbeiter*in
EG 6
0,25
12.150
Summe
4,15
286.420

4.2. Fachkräfte-Pools


In vielen Kindertageseinrichtungen ist die einzelfallorientierte Begleitung und Förderung nach §§ 53 und 54 SGB XII von Kindern mit Behinderung und ihren Familien durch eine stundenweise Inklusionskraft gängig. Die monatlich pauschalen Vergütungen pro Kind in Höhe bis zu maximal 1.131 Euro/Kind sind flexibel einsetzbar: Neben dem (stundenweisen) Einsatz von Integrationsfachkräften kann eine Kindertageseinrichtung bedarfsweise auch FSJ-Kräfte, Erhöhung von Stellenanteilen, notwendige Ausstattungen oder Fortbildungen für die Kita-Fachkräfte finanzieren.

Wie unter „Handlungsbedarf 1“ dargelegt, gestaltet sich die Akquise und stundenweise Anstellung von Integrationskräften immer schwieriger, da diese über die Einzelfallhilfen nur auf Honorarbasis beschäftigt werden können, was für viele Fachkräfte unattraktiv ist.

Für die bessere Umsetzung der Einzelfallförderung ist daher die Entwicklung von Fachkräfte-Pools geplant. Dabei sollen flexible Lösungen erarbeitet werden, das heißt, große Träger könnten einen eigenen Pool etablieren, während für kleinere Träger ein trägerübergreifender Fachkräfte-Pool aufgebaut werden soll. Die Pool-Lösung ermöglicht die Festanstellung der Fachkräfte und ihren Einsatz in mehreren Kindertageseinrichtungen. Für die Entwicklung von Fachkräfte-Pools werden gemeinsam mit den Trägern und Einrichtungen ein Konzept und Standards erarbeitet.

Geplant ist, dass ab 2020 beim Gesundheitsamt zwei Stellen für den Aufbau eines trägerübergreifenden Pools eingerichtet werden, die auch bei der Entwicklung von trägerspezifischen Fachkräfte-Pools unterstützen. Damit verbunden ist die vorausgehende Klärung von Fragestellungen, die mit dem Aufbau des Fachkräfte-Pools zusammenhängen. Im Doppelhaushalt 2020/2021 soll der mögliche Einstieg in eine erste Umsetzung des Fachkräfte-Pools mit vorhandenen Mitteln aus den monatlich pauschalen Vergütungen refinanziert werden (max. 1.131 Euro/Kind). Nach einer zweijährigen Erfahrungszeit wird dem Gemeinderat ein Bericht vorgelegt.

Für den Aufbau des trägerübergreifenden Fachkräfte-Pools beim Stuttgarter Gesundheitsamt sollen 2,00 Stellen eingerichtet werden, ein entsprechender Stellenantrag wurde gestellt.

Tabelle 3: Stellenbedarf Aufbau trägerübergreifender Fachkräfte-Pool
FunktionsbezeichnungEntgelt-gruppeAnzahl der StellenØ kostenwirksamer Aufwand in Euro
Sozialarbeiter*in
S 15
2,00
129.600
Summe
2,00
129.600


4.3. Strukturelle Förderung von Kindertageseinrichtungen


In vielen Kindertageseinrichtungen ist die einzelfallorientierte Begleitung und Förderung nach §§ 53 und 54 SGB XII von Kindern mit Behinderung und ihren Familien durch eine stundenweise Inklusionskraft gängig. Allerdings zeigen die Erfahrungen und Auswertungen der letzten 20 Jahre, dass diese oftmals keine nachhaltige Wirkung haben. Hinzu kommt: Je mehr Kinder mit (Mehrfach-) Behinderung in einer Kindertageseinrichtung betreut werden, desto komplexer wird es, mehrere Inklusionsfachkräfte zu finden und diese in das Team und die Organisationsprozesse einzubinden.

Geplant ist daher, modellhaft Stuttgarter Kindertageseinrichtungen strukturell zu fördern und damit die Festanstellung einer Inklusionsfachkraft zu ermöglichen. Durch eine Festanstellung wird die unerlässliche Einbindung einer Integrationsfachkraft in das Team, die (Beziehungs-) Arbeit mit den Eltern sowie der Transfer von sonder- und heilpädagogischem Wissen an die sonstigen Kita-Fachkräfte gewährleistet, was durch stundenweise Einzelfallbegleitung nicht gegeben ist.

Die Etablierung von strukturell geförderten Kindertageseinrichtungen soll dazu dienen, die Inklusion in Stuttgarter Kindertageseinrichtungen weiter auszubauen und damit noch mehr Kindern mit Behinderung den Zugang zu eröffnen, denn:
Durch die strukturelle Förderung
Geplant ist, für die strukturelle Förderung Kindertageseinrichtungen auszuwählen, die bereits (mehrjährige) Erfahrung in der Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern mit Behinderung mitbringen. Hintergrund für dieses Auswahlkriterium ist die Annahme, dass Kultur und Strukturen einer solchen Einrichtung bereits inklusiv geöffnet sind und die strukturelle Förderung von Beginn an in die Begleitung und Unterstützung der Kinder einfließt. Insgesamt sollen sieben Kitas modellhaft strukturell gefördert werden, die sich bereit erklären, mit der Förderung durchgängig mindestens 3 und bis zu 5 Kinder mit Behinderung zu betreuen. Es wird ein fester Stellenanteil von 0,2 pro Platz für eine Inklusionsfachkraft gefördert, das heißt, maximal 1,0 Stellen pro Einrichtung.

Durch die Begrenzung auf maximal fünf Kinder mit Behinderung soll gewährleistet werden, dass sich die beteiligten Einrichtungen nicht zu „Schwerpunkt-Kitas“ entwickeln, in denen vorrangig Kinder mit Behinderung betreut werden. Ansonsten könnte das Risiko entstehen, dass andere Einrichtungen auf diese Kitas verweisen und somit eine unbeabsichtigte Exklusion entstünde. Die modellhafte Strukturförderung soll vielmehr den Weg in die Regeleinrichtungen öffnen, um sukzessive alle Kinder in allen Einrichtungen zu betreuen und zu unterstützen.


Die strukturelle Förderung wird zunächst auf vier Jahre befristet und soll mit dem Kindergartenjahr 2020/2021 starten (01.09.2020 bis 31.08.2024). Eine Evaluation erfolgt nach zweijähriger Laufzeit im Herbst 2022. Für die strukturelle Förderung von Kindertageseinrichtungen wird von folgender Verteilung ausgegangen:

Tabelle 4: Anzahl strukturell geförderte Einrichtungen, betreute Kinder und Stellenbedarf
Anzahl EinrichtungenØ Anzahl Kinder pro EinrichtungSumme
Kinder
Stellenbedarf pro Einrichtung
(0,2 Stellen/Kind)
Stellenbedarf gesamt
3
3
9
0,6
1,8
2
4
8
0,8
1,6
2
5
10
1,0
2,0
Summe
7
27
5,4

Unter den sieben Kindertageseinrichtungen ist eine Einrichtung des städtischen Trägers vorgesehen, in der 5 Kinder mit Behinderung betreut werden.

Für die strukturell geförderten Kindertageseinrichtungen fällt – ohne Berücksichtigung der unten dargestellten Refinanzierung – ab 2020 folgender Mehrbedarf an:

Tabelle 5: Mehrbedarf für strukturell geförderte Einrichtungen
Mehrbedarf in Euro
2020*
2021**
Heilpädagog*in o.ä. (Entgeltgruppe: SuE S 9 TvöD)
27 Kinder x 0,2 Stellen/Kind = 5,4 Stellen gesamt
112.791
343.966
Sachkosten (Hilfsmittel, Kleinausstattung)
1.200 €/Einrichtung p.a. x 7 Einrichtungen
2.800
8.400
Summe Mehrbedarf:
115.591
352.366
*2020: Start zum 1. September = 4 Monate Umsetzungsphase
**2021: 12 Monate Umsetzungsphase (01.01. – 31.12.2021)

Demgegenüber steht eine Refinanzierung durch Eingliederungshilfen nach § 35 a SGB VIII und §§ 53 und 54 SGB XII, die durch die Strukturförderung abgelöst und infolgedessen nicht mehr als Einzelfallhilfe an die Kindertageseinrichtungen ausgezahlt werden. Der Mittelwert an ausgezahlten Eingliederungshilfen in den ersten drei Quartalen 2018 liegt bei rund 840 Euro pro Kind/Monat. Daraus ergibt sich folgende durchschnittliche kalkulatorische Refinanzierungssumme pro Jahr:

Für 2020 liegt die kalkulatorische Refinanzierung damit bei -90.720 Euro (4 Monate Umsetzungsphase), für 2021 bei -272.160 Euro, wodurch eine Refinanzierungsquote von rund 80% erreicht wird.

Für eine strukturell geförderte Einrichtung beim städtischen Träger soll beim Stuttgarter Jugendamt eine 1,00 Stelle eingerichtet werden, ein entsprechender Stellenantrag wurde gestellt.

Tabelle 6: Stellenbedarf Jugendamt für eine strukturell geförderte Einrichtung
FunktionsbezeichnungEntgelt-gruppeAnzahl der StellenØ kostenwirksamer Aufwand in Euro
Heilpädagog*in o.ä.
5 Kinder x 0,2 Stellen/Kind = 1,0 Stelle gesamt
S 9
1,00
58.600
Summe
1,00
58.600

Die Dienststelle Förderung freier Träger ist Ansprechpartner für die freien Träger, setzt die getroffenen Gemeinderatsentscheidungen um, bewilligt die Zuschüsse, sorgt für den Mittelfluss und prüft die Verwendung der Zuschüsse.
Es wird auf den Stellenplanantrag Nr. 85 des Jugendamtes verwiesen.


4.4. Inklusionskooperation: Modell-Kita "Zusammen wachsen"


Ein bereits langjährig bestehendes Konstrukt ist die so genannte „Intensivkooperation“, in welcher eine Kindertageseinrichtung (Regeleinrichtung) und ein Schulkindergarten (sonderpädagogische Einrichtung) eng miteinander kooperieren, allerdings nach wie vor rechtlich und formal voneinander getrennt sind. In Stuttgart existieren folgende Intensivkooperations-Modelle:
Eine solche „Intensivkooperation“ eröffnet die Chance, alle notwendigen Fachkompetenzen und –kenntnisse unter einem Dach zu bündeln und somit auch Kinder mit besonders hohem Förderbedarf integrativ zu betreuen und zu fördern. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund wichtig, dass immer wieder Kinder mit Behinderung besonders hohem Förderbedarf weder einen Betreuungsplatz in einem Schulkindergarten noch in einer Regeleinrichtung finden und damit nicht versorgt werden können.

Die nach wie vor rechtlich und formal getrennten Systeme unterscheiden sich allerdings wesentlich in ihren Betriebsorganisationen. Beispielhaft unterscheiden sich Schulkindergärten von Kindertageseinrichtungen – neben dem speziell ausgebildeten Fachpersonal – durch folgende Aspekte (ausführliche Darstellung siehe Rahmenkonzept, Anhang 1): Das bedeutet, dass die Kinder mit Behinderung nicht am gesamten Spektrum einer Kindertageseinrichtung teilhaben können; zudem stehen Eltern vor der Herausforderung, die Betreuung außerhalb der verlängerten Öffnungszeiten und während der Schulferien zu organisieren.

Daher soll mittelfristig die Modell-Kita "Zusammen wachsen" als Pilotprojekt in Stuttgart etabliert werden, um eine erweiterte „Intensivkooperation“ im Sinne einer „Inklusionskooperation“ zu entwickeln. Hierfür wurde von einer ämterübergreifenden Arbeitsgruppe (TN: Jugendamt, Schulverwaltungsamt, Staatliches Schulamt) unter Einbezug des städtischen Trägers eine Konzeption mit Personal-, Raum- und Betriebsorganisationsstrukturen erarbeitet mit dem Ziel, die beiden Systeme in einer Modell-Kita "Zusammen wachsen" zusammenzuführen und gleiche Bedingungen für alle Kinder und Familien herzustellen.

Die ämterübergreifende Abstimmung des bislang entwickelten Konzeptentwurfs (siehe Anhang 3 des Rahmenkonzepts in Anlage 1) erfolgte im März 2019. In diesem Entwurf sind ausschließlich strukturelle Rahmenbedingungen und Anforderungen für eine Modell-Kita zusammengefasst. Eine weitere Konzeptentwicklung inklusive Kostenaufstellung erfolgt, sobald der Standort für die Kita "Zusammen wachsen" feststeht. Als Standort ist aktuell die Baufläche Q13.1 im Gebiet Neckarpark anvisiert, für die 2020/2021 eine Machbarkeitsstudie durchgeführt werden soll. Bei positivem Ergebnis wird für den Doppelhaushalt 2022/2023 eine entsprechende Vorlage mit Darstellung der finanziellen Auswirkungen für die Modell-Kita "Zusammen wachsen" erstellt.


4.5. Kommunale Leitlinie und Steuerungsrunde "Kita für alle in Stuttgart"


Die Erstellung einer verbindlichen kommunalen Leitlinie trägt wesentlich dazu bei, dass die inklusive Haltung und Öffnung von Einrichtungen unterstützt wird. Daher ist geplant, dass die Landeshauptstadt Stuttgart eine entsprechende Leitlinie erstellt, die für alle Kindertageseinrichtungen in Stuttgart Gültigkeit besitzt und die als verbindliches Element des Qualitätsmanagements in allen Kita-Konzeptionen verankert sein soll. Die Leitlinie soll in einem Beteiligungsprozess erarbeitet und bis 2023 erstellt sein. Dabei soll das Leitbild der Landeshauptstadt Stuttgart (GRDrs 793/2015) zur Umsetzung der Ziele der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ebenso wie daran beteiligte Akteur*innen eingebunden werden.

Geplant ist zudem, eine Steuerungsrunde "Kita für alle in Stuttgart" zu konstituieren, welche die gesamte Umsetzung des Programms begleitet, koordiniert und evaluiert. Diese soll sich aus Leitungskräften und Gremienvorsitzenden der Träger und Verwaltung, der Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung und der Kinderbeauftragten zusammensetzen.


5. Entwicklungsperspektiven
Das vorliegende Gesamtprogramm "Kita für alle in Stuttgart" legt den Fokus in einem ersten Schritt auf die Förderung von Kindern mit diagnostizierter Behinderung in einer Kindertageseinrichtung, die Entwicklung von Modellprojekten und den Aufbau einer zentralen Informations- und Beratungsstelle. Wie eingangs erwähnt bedeutet Inklusion in Kindertageseinrichtungen, dass eine Kita für alle Kinder da ist, das heißt unabhängig von sozialer und nationaler Herkunft, Geschlecht, Religion, finanziellem und kulturellem Hintergrund und weiteren Unterschieden. Daher sollen die geplanten Rahmenbedingungen und Strukturen sukzessive für alle Kinder gelten und entsprechend weiterentwickelt und angepasst werden.

In einem zweiten Schritt leiten sich weitere Entwicklungperspektiven und -felder ab wie beispielsweise Inklusion in der Kindertagespflege oder der Übergang von der Kindertageseinrichtung in die (Ganztags-) Schule. Diese und weitere Entwicklungsfelder werden mit der Umsetzung des Programms "Kita für alle in Stuttgart" analysiert und konzeptionell eingebunden.


Finanzielle Auswirkungen


Ergebnishaushalt (zusätzliche Aufwendungen und Erträge):
Maßnahme/Kontengr.
2020
TEUR
2021
TEUR
2022
TEUR
2023
TEUR
2024
TEUR
2025 ff.
TEUR
Personalkosten
Gesundheitsamt
416,0
416,0
416,0
416,0
416,0
416,0
Personalkosten
Jugendamt
19,5
58,6
58,6
58,6
58,6
58,6
Sachkosten Jugendamt
0,4
1,2
1,2
1,2
1,2
1,2
Personalkosten
freie Träger
93,3
285,4
285,4
285,4
285,4
285,4
Sachkosten freie Träger
2,4
7,2
7,2
7,2
7,2
7,2
Ertrag: Refinanzierung strukturell geförderte Kitas (Eingliederungshilfen nach § 35a SGB VIII und §§ 53 und 54 SGB XII)
-90,7
-272,2
-272,2
-272,2
-272,2
-272,2
Finanzbedarf
440,9
496,2
496,2
496,2
496,2
496,2
(ohne Folgekosten aus Einzelmaßnahmen, Investitionen oder zusätzlichen Stellen – diese bitte gesondert darstellen)
Für diesen Zweck im Haushalt/Finanzplan bisher bereitgestellte Mittel:
Maßnahme/Kontengr.
2020
TEUR
2021
TEUR
2022
TEUR
2023
TEUR
2024
TEUR
2025 ff.
TEUR
Finanzhaushalt / Neue Investitionen (zusätzliche Ein-/Auszahlungen):
(Bezeichnung Vorhaben/ Maßnahme)Möglicher Baubeginn im Jahr:
Geplante Inbetriebnahme im Jahr:
Summe
TEUR
2020
TEUR
2021
TEUR
2022
TEUR
2023
TEUR
2024
TEUR
2025 ff.
TEUR
Einzahlungen
Auszahlungen
Finanzbedarf
Stellenbedarf (Mehrungen und Minderungen):
Beschreibung, Zweck, Aufgabenbereich
Anzahl Stellen zum Stellenplan
2020
2021
später
Gesundheitsamt
6,15
0,00
0,00
Jugendamt
1,00
0,00
0,00
Summe
7,15
0,00
0,00
Folgekosten (aus oben dargestellten Maßnahmen und evtl. Stellenschaffungen):
Kostengruppe
2020
TEUR
2021
TEUR
2022
TEUR
2023
TEUR
2024
TEUR
2025 ff.
TEUR
Laufende Erlöse
Personalkosten
Sachkosten
Abschreibungen
Kalkulatorische Verzinsung
Summe Folgekosten
(ersetzt nicht die für Investitionsprojekte erforderliche Folgelastenberechnung!)


Mitzeichnung der beteiligten Stellen

Referat WFB hat Kenntnis genommen, ist aber der Auffassung, dass durch die Stellenschaffungen beim Gesundheitsamt, insbesondere für die geplante ZIB, Doppelstrukturen entstehen. Bereits jetzt sind für den betreffenden Personenkreis ausreichend Beratungsangebote, auch beim Gesundheitsamt, vorhanden. Eine Bündelung der vorhandenen Beratungsangebote im Sinne einer einheitlichen Lotsenstelle muss nach Auffassung der Finanzverwaltung ohne zusätzliche Personalressourcen möglich sein. Doppelstrukturen sind auch im Hinblick auf die durch das BTHG wesentlich erweiterte Rolle der Fallmanager in der Eingliederungshilfe bzw. bei den Teilhabeleistungen zu vermeiden. Mit dem Fallmanagement (=Teilhabeplanung) nach dem BTHG werden durch die zuständige Dienststelle beim Sozialamt "Hilfen aus einer Hand" koordiniert. Hierfür wurden im Jahr 2018 nicht unerhebliche Personalressourcen bereitgestellt und ggf. ab 2020 noch ausgebaut. Bevor ein weiterer Ausbau von Beratungskapazitäten erfolgt, ist zunächst die Wirksamkeit der neuen personenenzentrierten Teilhabeplanung zu untersuchen.

Aus Sicht des Referats AKR sind bei den aufgezeigten Stellenbedarfen des Gesundheitsamtes die bestehenden Stellenkapazitäten bislang nicht berücksichtigt.






Isabel Fezer
Bürgermeisterin für Jugend und Bildung

i. V. Werner Wölfle
Bürgermeister für Soziales und gesellschaftliche Integration



Anlagen:

Anlage 1: Rahmenkonzept "Kita für alle in Stuttgart" (Stand: 15.04.2019)

<Anlagen>

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