Protokoll: Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 27.01.2023
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Fuhrmann
Berichterstattung:Herr Langemack (Stadtkämmerei)
Protokollführung: Frau Sabbagh th
Betreff: Gesamtübersicht aller Be- und Entlastungen des städtischen Haushalts im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise - mündlicher Bericht


Zunächst informiert Herr Langemack zum Zwischenstand der Be- und Entlastungen des städtischen Haushalts anhand einer Präsentation, die dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt ist. Dem Originalprotokoll ist sie in Papierform angehängt. Sie wird den Mitgliedern des Ausschusses im Nachgang zur Sitzung zugemailt.

Er weist darauf hin, dass die Prognose für 2023 nur die bereits abgeschlossenen Verträge beinhalte. In den Kosten für die Unterbringung sei die Auszahlung für die erste Tranche der Modulunterbringung enthalten. Nicht enthalten seien die Hochrechnungen des Sozialamts für die weitere Entwicklung des Zuzugs von Geflüchteten. In dem geplanten Nachtrag solle alles, was dann bekannt sei, berücksichtigt werden. Hier müsse ein Sicherheitsaufschlag im Bereich Deckungsreserve oder Anmietbudget beim Liegenschaftsamt, Bauunterhaltungsbudget, Betreuung beim Sozialamt erfolgen. Unterm Strich werde es auf jeden Fall eine Mehrbelastung im Nachtragshaushalt 2023 geben.

Die Vertreter*innen der Fraktionen danken für den Bericht und loben die engagierte Arbeit der Verwaltung, für die sie sich ebenfalls bedanken.

StR Pitschel (90/GRÜNE) erklärt, die Krise treffe die Stadt in vielfältigen Bereichen. Insofern hätte man hier auch das Energiethema einbeziehen können. Er betont, seine Fraktion wolle die Geflüchteten aus der Ukraine nicht separat zu allen anderen Geflüchteten, die ja trotzdem weiterhin kämen, betrachten. Grundsätzlich habe es sich als richtig erwiesen, als die Verwaltung vor bald einem Jahr erklärt habe, nun das Nötige zu tun und die Kosten erst hinterher zu betrachten. Hier unterstütze seine Fraktion die Verwaltung weiterhin. Über die Kosten insgesamt sollte künftig auch im Verwaltungsausschuss diskutiert werden.

Insbesondere für Großstädte sei die Situation sehr schwierig, merkt StRin Porsch (CDU) an, denn dorthin wollten die meisten Geflüchteten. Hier komme es auf die Haltung des Landes an, ob es die Kosten grundsätzlich bezahle oder nur für die zugewiesenen Personen. Darauf müsse sich die Stadt einstellen und in den Haushaltsplanberatungen entsprechende Rücklagen bilden, die dann wiederum an anderer Stelle fehlten. Sie regt ein vierteljährliches Update zur finanziellen Situation im Ausschuss an.

Letzterem schließt sich StR Lutz (SPD) an. Dabei gehe es ihm nicht um exakte Prognosewerte, sondern um eine Aussage, was auf die Stadt zukomme, welche zusätzlichen Entlastungen es ggf. gebe.

Die Zahlen zeigten die Solidarität der Stadt mit der Ukraine, betont StR Pantisano (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei). Ihn würde ein Vergleich interessieren, welche Summen bezüglich der Aufnahme ukrainischer Geflüchteter im Verhältnis zu den anderen Geflüchteten eingesetzt würden. Seinem Eindruck nach mache die Stadt in ihrem Handeln für die Geflüchteten keinen Unterschied. Kritisch wertet er die seit einer Woche von der CDU-Fraktion aufgeworfene Frage nach den Grenzen der Aufnahmefähigkeit. In seinen Augen dürfe es keine Grenze geben, wenn es darum gehe, Schutz suchende Menschen aus Kriegsgebieten aufzunehmen. Damit verlasse man den bislang mit Ausnahme einer Fraktion im Rat herrschenden Konsens, allen Menschen gegenüber offen zu sein und sie aufzunehmen. Die Frage müsse sein, was man tun müsse, um die Kapazitäten erhöhen zu können.

Hierin stimmt StR Serwani (FDP) seinem Vorredner zu. Die Stadt könne stolz darauf sein, mehr zu tun als das Nötigste. Die Aufwendungen seien enorm, doch sei Stuttgart eine reiche Stadt. Eine Begrenzung der Zahl der Aufnahmen wäre ihrem Ansehen in Deutschland nicht förderlich. Ohnehin wollten viele der aus der Ukraine Geflüchteten wieder zurück.

Auch StR Puttenat (PULS) empfindet es als Sache des Anstands und der Solidarität, hohe Summen bereitzustellen. Stuttgart sei dazu in der Lage und mache es auch gut. Das Formulieren von Obergrenzen halte er für gefährlich. Stolz könne man auf die Arbeit der Verwaltung sein, die relativ geräuschlos ablaufe. Dies sollte auch nach außen kommuniziert werden.

StR Zaiß (FW) geht ebenfalls davon aus, dass noch mehr Menschen hierherkommen wollten. Natürlich spiele Geld immer eine Rolle, doch sei Stuttgart momentan in der Lage, dies so zu leisten. Die Stadt habe die letzte Flüchtlingskrise ja ebenfalls geräuschlos bewerkstelligt. Bleibe zu hoffen, dass sich hier nichts gravierend ändere und es keine entsprechenden Tumulte gebe.

Er habe keine Probleme mit den Zahlen und auch nicht mit den Leuten, die diese Zahlen verursachten, betont StR Köhler (AfD). Probleme habe er jedoch damit, wenn moralische Imperative formuliert würden, die einen selbst nichts kosteten und die auch nicht realistisch seien. Das Konzept der allgemeinen globalen Verantwortung werde auf Dauer nicht tragfähig sein.

StRin Porsch stellt klar, der Antrag Nr. 7/2023 ihrer Fraktion trage die Überschrift "Wohnraum für Asylsuchende und Flüchtlinge in Stuttgart – wie schaut die langfristige Strategie aus?". Diese Frage sollte durchaus gestellt werden dürfen, denn es gehe ja nicht nur um die Ukraine, sondern um eine weltweite Flüchtlingsbewegung.

Der Antrag sei nachvollziehbar, merkt StR Pantisano an, nicht jedoch die Strategie. Um Aufmerksamkeit zu erhalten, verwende die CDU im Amtsblatt und im Internet die Überschrift "Grenzen der Aufnahmefähigkeit?". Im Text sei dann vieles richtig, doch erzeuge man mit dieser Überschrift einen Eindruck bei der Bevölkerung, der die Unterbringung von Geflüchteten erschwere.

BM Fuhrmann erklärt, die Verwaltung habe den Antrag so verstanden, dass es um eine Strategie gehe. Allerdings gebe es immer Grenzen. Die Stadt Stuttgart sei mit ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit noch nicht an der Obergrenze, andere Städte hingegen sehr wohl. Gegenüber StRin Porsch führt er aus, die medizinische Versorgung erfolge durch den MedPoint. Hierfür seien 2022 noch 0,7 Mio. € veranschlagt worden, dies sei 2023 entfallen. Den mehrfach gewünschten Quartalsbericht werde die Verwaltung schriftlich an die Fraktionen übermitteln.

An StR Pitschel gewandt merkt Herr Langemack an, eine exakte Trennung zwischen Geflüchteten aus der Ukraine und "normalen" Asylbewerbern sei nicht möglich, da in sehr vielen Unterkünften mittlerweile beide Gruppen untergebracht seien. Eine exakte Trennung könne das Sozialamt organisatorisch nicht gewährleisten. Das bedeute, dass in einem regelmäßigen Finanzbericht die Zahlen insgesamt abgebildet würden. Auch bezüglich der Betreuung und Verpflegung verhalte es sich ähnlich. Die zusätzlich abgeschlossenen Verträge flössen ein und vermischten sich mit der Zeit. Es würden also nicht zwei unterschiedliche Berichtssysteme aufgebaut.

StRin Fischer (90/GRÜNE) sieht den einzigen Grund, warum die Verwaltung dies getrennt aufschlüsseln sollte, darin, dass man vermute bzw. immer noch hoffe, dass die meisten der aus der Ukraine Geflüchteten in absehbarer Zeit wieder zurückkehrten. Dies sei bei den meisten anderen Geflüchteten, z. B. aus Syrien, nicht der Fall. Eine gemischte Belegung sei sinnvoll, ebenso eine Erhebung der gesamten Kosten, wenngleich diese für die interne Betrachtung getrennt ausgewiesen werden sollten.

BM Fuhrmann bedankt sich für die Rückmeldungen und das Lob an die Verwaltung.


Der Vorsitzende stellt Kenntnisnahme des Berichts fest und sagt zu, den Ausschuss regelmäßig über die weitere Entwicklung zu informieren.

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