Im Verlauf der Aussprache begrüßt StRin Bulle-Schmid (CDU), dass eine Evaluation der ambulanten Suchthilfe und Suchtprävention in der Landeshauptstadt Stuttgart durch die Kölner Gesellschaft für Forschung und Beratung im Gesundheits- und Sozialbereich GmbH (FOGS) durchgeführt worden sei. Der Abschlussbericht hätte gezeigt, dass die Stadt Stuttgart sowohl im Bereich ambulante Suchthilfe als auch bei der Suchtprävention über ein differenziertes und fachlich gut aufgestelltes Hilfesystem verfüge, wenngleich von FOGS auch Handlungsempfehlungen für die einzelnen Bereiche genannt worden sind.
Als eine wichtige und notwendige Aufgabe bezeichnet die Stadträtin im Folgenden die geplante Einrichtung eines Drogenkonsumraums in der Stadt. Diese Einschätzung wird später auch durch StRin Rühle (90/GRÜNE) geteilt.
Darauf eingehend, berichtet Frau Reichhardt (SozA), dass beim Liegenschaftsamt und dem Amt für Stadtplanung und Wohnen derzeit Suchaufträge für mögliche Standorte oder bestehende Bauten, die zur Einrichtung eines solchen Drogenkonsumraums umgebaut werden könnten, laufen würden. Aufgrund der Corona-Pandemie habe es auch hier leider Verzögerungen im Verfahren gegeben. Die Verwaltungsmitarbeiterin betont, dass die Sozialverwaltung vor einer Festlegung auf einen Standort nicht mit dem Entwicklungsprozess beginnen könne, wenngleich es bereits Ideen für Entwicklungsprozesse gebe.
In ihrer weiteren Wortmeldung macht StRin Bulle-Schmid auf die Wichtigkeit von neuen handlungsfeldübergreifenden Beratungs- und Unterstützungsangeboten und einer besseren Verzahnung bestehender Regelangebote aufmerksam. Es sei notwendig, dass alle relevanten Akteure, freie Träger, Multiplikatoren und auch die Betroffenen, konsequent einbezogen würden, um ein umfassendes und zielgerichtetes Angebot auf den Weg zu bringen. Hierzu gehöre auch die regelmäßige Überprüfung der Wirkung von Maßnahmen und Angeboten. Falls diese nicht zu den gewünschten Erfolgen und Verbesserungen bei den Betroffenen führten, müsse nachgesteuert werden. In diesem Zusammenhang begrüßt die Stadträtin bezugnehmend auf die Vorlage die geplante Überarbeitung der Leistungsbeschreibungen der ambulanten Suchthilfe aus dem Jahr 2003.
Eine zukünftige Herausforderung und Aufgabe sieht StRin Bulle-Schmid im Ausbau und einer Stärkung der Präventions- und Aufklärungsarbeit im Bereich der Alkoholabhängigkeit. Denn krankhafte Alkoholsucht sei ein großes Problem und betreffe alle gesellschaftlichen Schichten. Vor diesem Hintergrund bittet die Stadträtin um zeitnahe konkrete Vorschläge seitens der Sozialverwaltung wie die Präventionsarbeit in diesem Bereich künftig weiter intensiviert werden könnte.
Die Notwendigkeit einer besseren Prävention im Bereich der Alkoholsucht wird auch durch StRin Rühle betont. Dabei richtet die Stadträtin den Blick gerade auch auf Jugendliche und junge Erwachsene und plädiert für eine künftig noch engere Zusammenarbeit mit Jugendhäusern und Schulen. In diesem Kontext bedauert sie, dass der Status von Alkohol als "legale und gesellschaftlich akzeptierte Volksdroge" die Präventionsarbeit nicht einfacher mache.
Hierauf eingehend, betont Frau Faust-Mackensen (GesundhA), dass Alkoholprävention ein fester und sehr wichtiger Bestandteil im Rahmen der suchtpräventiven Arbeit in Stuttgart sei. Die Gefahren eines krankhaften Alkoholmissbrauchs würden bei allen Gelegenheiten im Zuge der universellen Präventionsarbeit gerade auch an Schulen angesprochen. Perspektivisch wolle das Gesundheitsamt auch die indizierte Präventionsarbeit sowie die Frühintervention ausbauen und stärken, um möglichst frühzeitig und konsequent bei missbräuchlichem und riskantem Konsumverhalten einzugreifen. Im Zusammenhang mit dem Thema indizierte Prävention erwähnt die Verwaltungsmitarbeiterin das Projekt KATER, ein Gruppenangebot des Klinikums Stuttgart für Jugendliche und junge Erwachsene, die unter Alkoholeinfluss auffällig geworden sind. Zudem würden beispielsweise auch verunfallte junge Menschen im Olgäle begleitet und ggf. in Angebote der Suchhilfe vermittelt.
Ferner erklärt Frau Faust-Mackensen, dass gerade beim Thema Alkohol künftig auch die Verhältnisprävention eine größere Rolle spielen müsse, d. h. gemeinsam zu überlegen, wie könne die Stadt Stuttgart Verhältnisse schaffen, um schädlichem Alkoholkonsum erfolgreich entgegenzuwirken. Denkbar und sicherlich hilfreich wäre hier u. a. ein Alkoholwerbeverbot.
Im weiteren Verlauf äußert sich StRin Bulle-Schmid noch einmal bezugnehmend auf die Handlungsempfehlungen von FOGS angesichts der aktuellen städtischen Haushaltslage und im Hinblick auf den Nachtragshaushalt kritisch bezüglich der Empfehlung zur Erhöhung der Stellenkapazitäten in der Suchthilfeplanung. Sie bezweifelt, dass die geforderten Stellen tatsächlich in den Haushaltsplanberatungen des Doppelhaushalts 2022/2023 beschlossen werden könnten.
Im Gegensatz dazu spricht sich StRin Rühle vor dem Hintergrund der sich ausdifferenzierenden Problemstellungen und dem damit einhergehenden Zuwachs an Herausforderungen und Aufgaben für die empfohlenen Stellenschaffungen aus.
Im Folgenden unterstreicht auch StRin Rühle das ausdifferenzierte, vielfältige und fachlich gut aufgestellte Versorgungsangebot im Rahmen der ambulanten Suchthilfe und Suchtprävention in Stuttgart. Sie dankt der Sozialverwaltung, allen Mitarbeiter*innen bei den freien Trägern und allen weiteren Beteiligten für ihre tägliche gute und engagierte Arbeit in einem anspruchsvollen und komplexen Aufgabengebiet.
Bezugnehmend auf die Vorlage und die Konzeption zur Umsetzung der Handlungsempfehlungen von FOGS begrüßt die Stadträtin das Grundlagenpapier der ambulanten Suchthilfe (Anlage 2 zur Vorlage), das eine gute Basis für eine qualitative dauerhafte Weiterentwicklung liefere. Es sei positiv, dass die Handlungsempfehlungen ämterübergreifend gesichtet und priorisiert wurden. Denn gerade im Bereich der Suchthilfe sei aufgrund der Vielschichtigkeit und der Komplexität des Themas und der häufig multiplen Problemlagen der Betroffenen auch eine enge Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe, der Wohnungsnotfallhilfe und der Sozialpsychiatrie sehr wichtig.
In diesem Zusammenhang spiele künftig auch die sozialräumliche Orientierung im Rahmen der Beratungs- und Unterstützungsangebote sowie der Präventionsarbeit eine große Rolle. Die vielen Begegnungsstätten in der Stadt sowie die Stadtteil- und Familienzentren seien geeignete Orte, um Menschen in ihrem sozialen Umfeld zu erreichen und zu beraten. Doch auch die mobilen Angebote dürften nach Ansicht der Stadträtin auch in Zukunft nicht vernachlässigt werden.
Bezugnehmend auf die Beratung- und Unterstützungsangebote merkt die Stadträtin an, dass auch der Erhalt der Arbeitsfähigkeit und eine Integration in Arbeit für Menschen mit Suchtproblematiken sehr wichtig und hilfreich seien. Dies gelte es deshalb im Grundlagenpapier noch stärker zu berücksichtigen.
Beim Thema Suchtprävention macht StRin Rühle auch auf die stoffungebundenen Süchte aufmerksam, die ebenfalls konsequent in den Blick genommen werden müssten. In diesem Zusammenhang spricht sich die Stadträtin für eine bessere Medienbildung und Medienpädagogik aus. Zudem plädiert sie bei der Präventionsarbeit aber auch der Suchthilfe für eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit den umliegenden Städten und Kommunen. Ähnlich äußert sich zu diesem Thema im weiteren Verlauf der Aussprache auch StRin Dr. Hackl (SPD). Sie regt einen gemeinsamen regionalen Ansatz der Stadt Stuttgart mit den umliegenden Landkreisen für die Suchthilfe und Suchtprävention an.
Ähnlich wie ihre Vorrednerinnen begrüßt auch StRin Dr. Hackl die geplante Erarbeitung von handlungsfeldübergreifenden Leitlinien und Zielen im Bereich der ambulanten Suchthilfe/ Suchthilfeplanung sowie das Ansinnen nach einer engeren Zusammenarbeit und Verzahnung der einzelnen Maßnahmen und Angebote. Sowohl bei der Suchthilfe als auch im Bereich der Suchtprävention betont die Stadträtin die Wichtigkeit einer gut funktionierenden Schnittstelle zur Jugendhilfe, wobei auch die Jugendhäuser, Träger der Jugendberufshilfe oder der Jugendmigrationsdienst beteiligt werden sollten. In diesem Zusammenhang hebt sie zudem die Notwendigkeit einer besseren Frühintervention hervor.
Auch die Sozialverwaltung sehe die Notwendigkeit einer engeren Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe – sowohl auf Trägerebene, als auch auf der Planungsebene, um bessere übergreifende Konzepte möglich zu machen, bestätigt anschließend Frau Reichhardt. In diesem Zusammenhang betont auch die Verwaltungsmitarbeiterin die große Bedeutung einer handlungsfeldübergreifenden Zusammenarbeit. So würden die Planungen in den Bereichen Suchthilfe, Wohnungsnotfallhilfe und Sozialpsychiatrie bereits jetzt immer miteinander abgestimmt. Frau Reichhardt begrüßt zudem ausdrücklich die Durchführung der Evaluation der ambulanten Suchthilfe und Suchtprävention in Stuttgart. Durch diese Maßnahme hätten sich für die Sozialverwaltung sowie die Träger und alle Beteiligte neue Perspektiven und viele Ansätze ergeben, um das Versorgungssystem in Zukunft noch weiter zu verbessern.
Im Kontext des Themas Suchthilfe und Frühintervention erwähnt Frau Dongus (SozA) das am Klinikum Stuttgart geplante neue Projekt ASSIST, das ab Herbst beginnen werde. Ziel sei u. a. eine Verbesserung der Zugänglichkeit durch bessere und neue Zugangswege sowie eine zielgenauere Vermittlung in passgenaue Angebote, um Menschen mit einem risikohaften Konsumverhalten nach Möglichkeit frühzeitiger zu erreichen, bevor eine schwerwiegende und jahrelange Abhängigkeit eintritt. StRin Dr. Hackl bittet darauf eingehend um einen Bericht zur Projektarbeit nach einer ersten Anlaufphase. Ferner bittet die Stadträtin um Vorstellung der Ergebnisse der geplanten 'Zukunftswerkstatt' zum Thema Suchtprävention. Diese Anliegen werden durch BMin Dr. Sußmann zugesagt.
Abschließend spricht sich auch StRin Dr. Hackl für einen Ausbau der Präventionsarbeit in den verschiedenen Bereichen im Sinne der Handlungsempfehlungen der Evaluation aus. Hierbei verweist sie auch auf notwendige Kooperationen mit der Suchtmedizin und der Substitutionsmedizin.
Auf eine Nachfrage der Stadträtin eingehend erklärt Frau Faust-Mackensen, dass die Überarbeitung des Grundlagenpapiers Suchtprävention, ein Prozess, der bereits parallel zur Evaluation gestartet wurde, nahezu abgeschlossen sei. Allerdings habe das Corona-Geschehen auch hier für Verzögerungen gesorgt. Im neuen Grundlagenpapier würden viele Anregungen von FOGS beispielsweise zu den Themen partizipatives Arbeiten, Beteiligungsprozessen oder sozialräumliche Aspekte, bessere Kooperationen mit den Schnittstellen etc. aufgegriffen. Die Vorstellung der überarbeiteten Grundlagen Suchtprävention solle im Sozial- und Gesundheitsausschuss nach einer vorher erfolgten Abstimmung mit den Kooperationspartnern in der zweiten Schwerpunktsitzung zum Thema Sucht im Herbst 2020 erfolgen. Danach stellt BMin Dr. Sußmann fest: Der Sozial- und Gesundheitsausschuss hat von der GRDrs 519/2020 Kenntnis genommen. Am Ende der Schwerpunktsitzung Sucht begrüßt BMin Dr. Sußmann noch Herrn Klenk, der seit kurzem als Nachfolger von Herrn Binder als Geschäftsführer bei Release Stuttgart e. V. tätig ist. Zudem wird Herr Klenk nach dem Beschluss der GRDrs 459/2020 durch den Gemeinderat am 23.07.2020 zum neuen sachkundigen Einwohner für den SGA für den Bereich Suchthilfe bestellt.
Anschließend stellt sich Herr Klenk kurz dem Gremium vor.
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