Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Städtebau und Umwelt
Gz: StU
GRDrs 584/2018
Stuttgart,
09/03/2018


Bericht zu den Tätigkeiten der wasserfachtechnischen Bauüberwachung zu Stuttgart 21



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Umwelt und TechnikKenntnisnahmeöffentlich18.09.2018

Bericht:


Gemäß dem Auftrag aus der UTA-Sitzung vom 24.04.2018 wird im Folgenden zu den Tätigkeiten der wasserwirtschaftlichen Bauüberwachung Stuttgart 21 (BÜ-S21) berichtet. Für diesen Aufgabenbereich sind 4,5 Stellen vorgesehen. Diese sind im Sachgebiet „Technischer Boden- und Grundwasserschutz“ bei der unteren Wasserbehörde im Amt für Umweltschutz angesiedelt, da hier die profundesten Fachkenntnisse im Hinblick auf den Grundwasserschutz beim Bauen im Stuttgarter Heilquellenschutzgebiet vorhanden sind.

Die Aufgaben der BÜ-S21 erstrecken sich schwerpunktmäßig auf die Kontrolle der Einhaltung der wasserwirtschaftlichen Nebenbestimmungen, die in den jeweiligen Planfeststellungsbeschlüssen und den Beschlüssen zugehöriger Planänderungen zum Projekt Stuttgart 21 enthalten sind – und die auf den Schutz des Grundwassers bzw. ganz besonders auf den Schutz der Heilquellen abzielen.

Mit den vom Eisenbahnbundesamt zur Hälfte mitfinanzierten Stellen sind die Mitarbeiter BÜ-S21 als fachliche Vollzugskontrollorgane für das EBA tätig. Sie nehmen rein wasserfachtechnische Aufgaben wahr, die rechtliche Zuständigkeit liegt beim EBA als Planfeststellungsbehörde. Das hierbei erforderliche Zusammenspiel ist gut, die Einhaltung der in den Planfeststellungsbeschlüssen enthaltenen Vorgaben zum Schutz des Grundwassers und der Heilquellen lässt sich in dieser Konstellation reibungslos kontrollieren und durchsetzen.

Von den hierfür vorgesehenen 4,5 Stellen sind derzeit 4 besetzt. Die Stelleninhaber sind in streckenbezogenen Zuständigkeiten in den aktiven Baubereichen der Planfeststellungsabschnitte (PFA) 1.1 (Talquerung mit Hauptbahnhof), 1.2 (Fildertunnel), 1.5 (Zuführung Feuerbach und Bad Cannstatt inkl. S-Bahnanbindung) und 1.6a (Zuführung Ober-/Untertürkheim) tätig. 0,5 Stellenanteile sind derzeit noch nicht besetzt, da im PFA 1.3a (Neubaustrecke und Flughafentunnel) zwar eine Plangenehmigung vorliegt, Bauarbeiten aber aufgrund ausstehender Gerichtsentscheidungen noch nicht aufgenommen wurden. Im PFA 1.3b (Gäubahn, Flughafenkurve, Rohrer Kurve), ist das Anhörungsverfahren erst eingeleitet, im PFA 1.6b (Abstellbahnhof Untertürkheim) ruht das Verfahren derzeit ebenfalls, da überarbeitete Unterlagen eingereicht werden sollen.

1. Aufgaben

Folgende Tätigkeitsbereiche der BÜ-S21 sind zu unterscheiden:

1.1 Vor-Ort-Kontrollen

Diese finden regelmäßig 1- bis 2-mal pro Woche in den ober- und untertägigen Baustellen der jeweiligen Zuständigkeitsbereiche statt. Hauptaugenmerk gilt dem ordnungsgemäßen Betrieb der örtlichen Bauwasserhaltungen (Mengenerfassung, Bauwasseraufbereitung, Funktion der Rückinfiltration über Brunnen oder Sohlfilteranlagen bzw. Ableitung des Überschusswassers in den Neckar), der Einhaltung grundwasserspezifischer Begrenzungen (z. B. Bohrpfahltiefen) sowie der sachgerechten Ausführung wasserwirtschaftlich relevanter Einrichtungen (z. B. Grundwasserumläufigkeitsleitungen/-dräns, Grundwassersperren, Arbeitsraumverfüllungen etc.). Weiterer Schwerpunkt sind Erfolgskontrollen vorgenommener Abdichtungsmaßnahmen – speziell in den bergmännisch aufgefahrenen Tunneln sowie in den Arbeitsräumen offener Baugruben. Entsprechend den jeweiligen Baufortschritten werden kontinuierlich Möglichkeiten zur Steigerung der Rückinfiltration des gereinigten Bauwassers in den Untergrund geprüft. Beides zielt auf die Minimierung des vorhabenbedingten Grundwasserdefizits ab.

Hinzu kommen anlassbezogene Vor-Ort-Einsätze im Fall unvorhergesehener grundwasserrelevanter Ereignisse (z. B. Havarien im Baubetrieb, Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen).

Wichtiger Bestandteil der Vor-Ort-Kontrollen ist ferner die Überwachung der fristgerechten und ordnungsgemäßen Durchführung der auf Initiative der BÜ-S21 vom EBA angeordneten Beprobung des Infiltrationswassers an den Infiltrationsbrunnen.

Treten bei Vor-Ort-Kontrollen Beanstandungen auf oder werden Optimierungspotentiale erkannt, werden – ggf. über das EBA – umgehend Nachbesserungen veranlasst.

1.2 Kontrolle des baubegleitenden Grundwasser- und Heilquellen-Monitorings

Hier werden eingehende Messdaten, die von den Baustellen geliefert werden, sowie Meldungen des Sachverständigen für Wasserwirtschaft der Vorhabenträgerin (SVWW) laufend auf Plausibilität und Konformität mit festgelegten Kontrollparametern (z. B. Warn- und Einstellwerte der Planfeststellungsbeschlüsse) geprüft.

Bei fragwürdigen Meldungen bzw. bei Ausreißern der Mess-/Analysendaten wird Sachverhaltsklärung durch die Vorhabenträgerin - ggf. mit einem Ortstermin zur Festlegung technischer Instandsetzungen - veranlasst. Bei Überschreitungen vorgegebener Kontrollparameter werden gegebenenfalls über das EBA Maßnahmen wie Nachuntersuchungen/-beprobungen oder baubetriebliche Anpassungen entsprechend den Vorgaben der Planfeststellungsbeschlüsse eingeleitet. Diesbezügliche Vorschläge der Vorhabenträgerin/des SVWW werden fachlich geprüft und befürwortet – oder erforderlichenfalls modifiziert.

1.3 Prüfung von Berichten – u. a. zur Grundwassermodellierung

Berichte und Dokumentationen (z. B. Berichte zur Beweissicherung) werden seitens der BÜ-S21 auf Plausibilität und Konformität mit den Auflagen des jeweiligen Planfeststellungsbeschlusses bzw. auf Abweichungen von den tatsächlichen Vor-Ort- Beobachtungen im Baugeschehen geprüft. Bei Bedarf werden Sachverhaltsaufklärungen und Mängelanalysen bzw. Nachbesserungen verlangt.

Besonderer Kontrollschwerpunkt sind die Berichte zur baubegleitenden Grundwassermodellierung. Prüfobjekt ist zum einen die halbjährlich vorzulegende Rechnung bzw. Prognose der Grundwassermodellierung der Vorhabenträgerin, zum anderen die zugehörige Prüfrechnung mit dem sogenannten „Behördenmodell“. Letztere wird bei jedem Rechengang des Modells der Vorhabenträgerin routinemäßig als Kontrollrechnung seitens des Landes in Auftrag gegeben. Dabei werden die modellierten Szenarien sowie die Prognosen mit den durchgeführten Baumaßnahmen, den gelieferten Messergebnissen und den Vor-Ort-Beobachtungen verglichen und auf Übereinstimmung bzw. auf Plausibilität geprüft. Im Fall von Abweichungen oder Widersprüchen werden Problemanalysen sowie Maßnahmen zur Optimierung der Prognosefähigkeit in die Wege geleitet.

1.4 Prüfung von Ausführungsplanungen und Sondervorschlägen

Da die Planfeststellungsbeschlüsse nur die umfassenden wasserrechtlichen Belange regeln, muss die Vorhabenträgerin sämtliche wasserwirtschaftlich relevanten Ausführungsplanungen der BÜ-S21 zur Abstimmung vorlegen. Hierbei wird im Detail kontrolliert und sichergestellt, dass die fachlichen Details der Ausführungsplanungen den Anforderungen des zugehörigen Planfeststellungsbeschlusses entsprechen. Dasselbe gilt bei grundwasserrelevanten Sondervorschlägen zur Bauausführung (z. B. Zusatzabdichtungen durch Nachverpressungen; vorauseilende Gebirgsinjektionen; alternative Gründungsvarianten unter Verzicht einer Bauwasserhaltung).

1.5 Prüfung von Anträgen für das EBA

Im Fall von Anträgen zu Stuttgart 21, deren Genehmigungszuständigkeit bei der Planfeststellungsbehörde (EBA) liegt und bei denen wasserwirtschaftliche Belange betroffen sind (z. B. Anpassungen von Kontrollwerten an aktuelle hydrogeologische Entwicklungen, Feststellung hydrologischer Sondersituationen und Beanspruchung entsprechender Zusatzmengen bei der Wasserhaltung, Anträge auf Planänderungen) wird das Amt für Umweltschutz seitens des EBA im Rahmen fachlicher Prüfungen beteiligt. Dies geschieht – je nach rechtlicher Einstufung durch das EBA – entweder als dessen Vollzugskontrollorgan oder als Träger Öffentlicher Belange. In beiden Fällen wird nach Prüfung und Bewertung auf Grundlage eigener Erkenntnisse eine wasserfachtechnische Stellungnahme an das EBA abgegeben. Dieses entscheidet aufgrund seiner rechtlichen Zuständigkeit.

2. Zusammenfassung

Die Vorhaben zu Stuttgart 21 werden von den Inhabern der 4 Stellen zur wasserfachtechnischen Bauüberwachung gemäß der Vereinbarung mit dem EBA fortlaufend und zeitnah überwacht, wobei sich eine konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem EBA entwickelt hat. Aktuelle Detailkenntnisse, redundante Kontrollmechanismen sowie kurze Kommunikationswege haben sich – u. a. durch ihre hohe Präventionswirkung – im Hinblick auf den Grundwasser- und Heilquellenschutz bestens bewährt. Im Ergebnis hiervon bewegen sich die tatsächlichen - d. h. die gemessenen - Schüttungsschwankungen an den Heilquellen bislang im Bereich der Untergrenze der einst prognostizierten und gemäß den Plangenehmigungen zu Stuttgart 21 über die Bauzeit zu tolerierende Bandbreite von 3 bis 5 Liter pro Sekunde.




Beteiligte Stellen

Keine.


Vorliegende Anträge/Anfragen

Keine.
Keine.




Peter Pätzold
Bürgermeister





Keine.



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