Protokoll: Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
309/2021
GZ:
WFB
Sitzungstermin: 07.05.2021
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Fuhrmann
Berichterstattung:Herr Sidgi (SWSG)
Protokollführung: Frau Sabbagh
Betreff: Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft mbH
Jahresabschluss 2020

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 15.04.2021, GRDrs 309/2021, mit folgendem

Beschlussantrag:

Der Vertreter der Stadt in der Gesellschafterversammlung der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft mbH wird beauftragt,

1. den Jahresabschluss zum 31.12.2020 in der vorliegenden Fassung festzustellen,

2. den Bilanzgewinn 2020 in Höhe von 5.376.549,26 EUR den Rücklagen zuzuführen,

3. die Geschäftsführung für das Geschäftsjahr 2020 zu entlasten,

4. als Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2021 die RWT Crowe GmbH Wirtschafts-prüfungsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft, Stuttgart zu bestellen,

5. den Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2020 zu entlasten.

Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Der Antrag Nr. 169/2021 vom 05.05.2021 (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Die StRinnen Fischer, Nuber-Schöllhammer, Sklenářová (alle 90/GRÜNE) sowie die StRe Adler (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei), Köhler (AfD), Körner (SPD) und Puttenat (PULS) nehmen wegen Befangenheit im Sinne von § 18 GemO an der Beratung und Abstimmung von Ziffer 5 des Beschlussantrags nicht teil.

BM Fuhrmann kündigt an, Herr Sidgi werde aus zeitlichen Gründen nur einen kurzen Überblick geben. Die vorbereitete Präsentation werde den Mitgliedern des Ausschusses per E-Mail zugesandt.

Herr Sidgi berichtet im Sinne der Vorlage kurz zum Jahresergebnis 2020. Abgesehen von weniger Übergaben im Bauträgergeschäft habe die SWSG ein relativ stabiles Jahr zu verzeichnen. Maßnahmen in bewohnten Wohnungen seien wegen Corona verschoben worden, was zu deutlich geringeren Aufwendungen für Instandhaltungen geführt habe und so das Jahresergebnis wesentlich bestimme. Aufgrund der hohen Investitionsquote werde die SWSG in den kommenden Jahren einen großen Fremdkapitalbedarf haben. 2020 habe die Nettoinvestition nach Abschreibung bei über 60 Mio. € gelegen. Hinzu kämen - trotz Einschränkungen bei bewohnten Maßnahmen - die Aufwendungen von über 120 Mio. € für Instandhaltung. Von 2020 bis 2025 sollten über 40 Projekte mit insgesamt 2.500 Wohneinheiten (WE) fertiggestellt werden. Bezogen auf das Wohnen sei die SWSG der mit Abstand größte Projektentwickler in Stuttgart. Unter den größten kommunalen deutschen Wohnungsunternehmen belege die SWSG mit ihrer Neubauquote nach München aktuell Rang 2. Der relativ hohe Jahresüberschuss 2020 sei maßgeblich bestimmt durch die geringeren Aufwandspositionen der bewohnten Maßnahmen, die jedoch nachgeholt würden. Dabei liege die monatliche Durchschnittsmiete aktuell bei 7,54 €/m², bereinigt um die Neubaumieten der letzten zehn Jahre bei 7,19 €/m². Auch die Mieten im Neubau seien 70 bis 80 % unter dem Marktniveau. Mit Blick auf die Pandemie habe man bei den Mietrückständen der Wohnungsmieter fast das Vorkrisenniveau erreicht. Offensichtlich wirkten die Sicherungssysteme von Bund, Land und Kommunen sowie die intensivierte Mietschuldnerberatung. Im Gewerbebereich habe die SWSG den von angeordneter Schließung betroffenen Betrieben für diesen Zeitraum 50 % der Grundmiete erlassen. Die SWSG werde in den kommenden Jahren jährlich durchschnittlich ca. 400 WE fertigstellen.

BM Fuhrmann weist an dieser Stelle auf die Sondersitzung des WA am 21.05.2021 hin, in der die Strategie der SWSG nochmals intensiv diskutiert werden solle. Die hierzu vorliegenden Anträge (nach Rücksprache mit StR Adler auch der Antrag Nr. 169/2021 vom 05.05.2021) sollten zudem noch sehr umfangreich schriftlich beantwortet werden.

Die Vertreter der Fraktionen danken für den Bericht. Sie bitten, den Dank auch an die Mitarbeiter*innen der SWSG weiterzuleiten.

Ihrer Fraktion sei immer wichtig gewesen, so StRin Fischer, dass die Landeshauptstadt nicht nur eine Wohnungsgesellschaft in ihrem Eigentum habe, sondern dass diese auch finanziell sehr stabil aufgestellt sei und die Wohnungsziele so konsequent verfolge, wie dies mit Herrn Sidgi der Fall sei. Hervorzuheben sei hier insbesondere die Neubauaktivität, die qualitativ herausragenden Quartiersentwicklungen, die Modernisierungen und Instandhaltungen sowie die Ankäufe mit dem Ziel, die SWSG zu vergrößern. Ein zweiter wichtiger Punkt seien möglichst sozial ausgerichtete Mieten. Positiv vermerkt sie, dass über 73 % der Mieten unter 8,50 €/m² liegen. Aus ökologischem Blickwinkel betrachtet, sollte sich die SWSG noch stärker im Klimaschutz engagieren und verstärkt energetisch sanieren. Um die Stabilität des Unternehmens zu halten und diese Aufgaben zu finanzieren, müsse der Bilanzgewinn den Rücklagen zugeführt werden. Ihre Fraktion stimme der Vorlage zu.

StR Mörseburg (CDU) schätzt das ausgeglichene Verhältnis zwischen dem sozialen Zweck und der wirtschaftlichen Solidität. Die SWSG sei nicht nur ein gutes und solides Unternehmen, sondern auch ein innovatives, wie die App zur Kommunikation mit den Mietern zeige. Trotz der aktuell guten Situation müsse das Unternehmen SWSG auch in den nächsten Jahren solide aufgestellt werden, da sich die Zinsen und der Wohnungsmarkt nicht zwangsläufig weiter so entwickeln müssten, wie dies bisher der Fall gewesen sei. Deshalb sollte die SWSG ihren erfolgreichen Kurs beibehalten.

StR Adler erneuert seine Kritik, wonach die SWSG personell viel zu schmal aufgestellt sei. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien seit Beginn der Pandemie u. a. durch Homeoffice sehr belastet. Die tariflich bezahlten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten eine steuerfreie Corona-Prämie in Höhe von etwa 1.000 € erhalten. Die SWSG sei ein florierendes Unternehmen. Er sehe keine Anzeichen dafür, dass die SWSG mit ihrer soliden Finanzausstattung in den kommenden Jahren nicht in der Lage sein sollte, ihre Aufgaben zu erfüllen. Verschlechtert habe sich die Entwicklung der Mieten in Stuttgart, die trotz Corona weiter stiegen. Im Weiteren begründet er den Antrag Nr. 169/2021 seiner Fraktion und ergänzt, dieser könne gerne auch erst am 21.05.2021 aufgerufen werden.

Für die Mieterinnen und Mieter sei wichtig gewesen, dass es seit fünf Jahren keine Mietpreiserhöhung gegeben habe, erklärt StR Körner. Ungeachtet dessen sei die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der SWSG hervorragend. Mit der SWSG besitze die Stadt ein wichtiges Instrument, um die soziale Balance zu halten. Seine Fraktion unterstütze die SWSG auch bei Neubauprojekten in der Nachverdichtung. Im Hinblick auf die Corona-Pandemie begrüße seine Fraktion es sehr, dass die SWSG ihren gewerblichen Mietern, die von Schließungen betroffen seien, zunächst pauschal 50 % ihrer Miete erlasse und darüber hinaus in begründeten Einzelfällen über weitere Reduzierungen verhandle. Diesem Vorbild sollte sich die Stadt anschließen. Grundsätzlich sollten die Mieten der SWSG im Schnitt 30 % unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Angesichts der aktuellen Situation plädiere seine Fraktion für eine reale Nullrunde bei den Mieten. Die SWSG müsse noch mehr Wohnungen anbieten können. Das vom Gemeinderat beschlossene Ziel, 30.000 WE zu schaffen, sei nur mit intensiver Nachverdichtung und dem Erwerb von Beständen zu erreichen. Seine Fraktion stimme der Vorlage gerne zu.

Was die Unterstützung der gewerblichen Mieter anbelange, legt BM Fuhrmann dar, so biete die Stadt diesen für die Dauer des Lockdowns eine Umsatzpacht an. Ohne Umsatz falle auch keine Pacht an.

StR Neumann (FDP) betont, es gelte zunächst, die aktuelle Stärke der SWSG zu erhalten. Schließlich weise der Bericht operative, strategische und finanzielle Risiken sowie solche, die aus neuen gesetzlichen Vorgaben resultierten, aus. Die SWSG bewege sich in einem Umfeld mit unterschiedlichen Anforderungen, die ihre Stabilität schwächen könnten. Hier dürfe man den Bogen nicht überspannen. Die Stadt brauche eine stabile SWSG, gerade auch im Hinblick auf den Neubau von Wohnungen.

Auf einem guten Weg sieht StR Zaiß (FW) die SWSG nach wie vor. Die Gewinne müssten im Unternehmen gelassen werden, um Neubauten, Modernisierungen und Quar-tiersentwicklungen zu ermöglichen. Insofern halte er einen Mietpreisstopp angesichts einer Durchschnittsmiete von 7,54 €/m² bei den SWSG-Wohnungen nicht für sinnvoll. Seine Fraktion werde die Forderung, künftig 30 % unter dem Mietspiegel zu bleiben, ablehnen, der Vorlage jedoch gerne zustimmen.

StR Köhler unterstreicht die Ausführungen seines Vorredners. Da die Mieterzufriedenheit bei der SWSG sehr hoch sei, halte er eine Reduktion des Mietniveaus nicht für notwendig. Dieses sei gegenüber Mietern, die nicht in einer Wohnung der SWSG wohnten, ungerecht.

Zustimmung zur Vorlage signalisiert auch StR Puttenat. Der im Antrag Nr. 169/2021 geforderten Aussetzung der Mieterhöhung stehe seine Fraktion prinzipiell positiv gegenüber. Die Balance zwischen bezahlbaren Mietpreisen und energetisch-klimatischen Aspekten sei schwierig.

Zur Mieterhöhung 2022 führt Herr Sidgi aus, mit dem Wirtschaftsplan solle Ende November im Aufsichtsrat auch die Ertragsplanung inklusive einer möglichen Mietanpassung für 2022 beschlossen werden. Schon im September solle die Mieterhöhung als Sonderthema diskutiert werden. Dabei solle vor allem bei Mietern, die keine staatliche Unterstützung erhielten, das verfügbare Einkommen bei der Wohnkostenbelastung berücksichtigt werden. Diesbezüglich hätten bereits Gespräche mit der Stadt stattgefunden. Statt pauschal zu entscheiden, sollte jeweils geprüft werden, was dies im Einzelfall für die betroffenen Mieter bedeute.

Auf Nachfrage von StR Puttenat erläutert Herr Sidgi, bei einem Verzicht auf Mieterhöhungen entgingen der SWSG geschätzte 3 bis 5 Mio. €, was in etwa dem entspreche, was für Instandhaltung vorgesehen sei. Darüber sei mit dem Aufsichtsrat noch nicht verhandelt worden. Es habe einen Insolvenzfall in der Gastronomie gegeben, der allerdings nichts mit Corona zu tun gehabt habe.

An StR Körner wendet sich StRin Fischer mit dem Hinweis, bei der SWSG habe es noch nie "drastische Mieterhöhungen" gegeben. Die SWSG habe die Mieten immer ausgewogen und deutlich unter dem gesetzlich Möglichen erhöht. Zum Antrag Nr. 169/ 2021 merkt sie an, die Mieten der SWSG bewegten sich schon um mindestens 20 % unter dem Mietspiegel. Dies halte ihre Fraktion für genau richtig. Da hier keine Deckelung eingetragen sei, habe die SWSG Spielraum, um individuell reagieren zu können. Zeichen dort zu setzen, wo die Menschen ohnehin in nicht hochpreisigen Wohnungen lebten, halte ihre Fraktion für ungünstig. Hieraus entstünden Neidsituationen.

StR Körner begrüßt, dass die SWSG Einkommen berücksichtigen wolle. Gegenüber StRin Fischer begründet er den 30 %-Vorschlag damit, dass sich der Mietspiegel in den letzten Jahren dramatisch erhöht habe. Die Mieten seien doppelt so schnell gestiegen wie die Einkommen z. B. im
Einzelhandel. Die aktuelle Planung der SWSG, die für 2022 eine Mietpreiserhöhung von 6 % für bestimmte Bestände annehme, führe dazu, dass in der mittelfristigen Planung bei besten wirtschaftlichen Verhältnissen die 30 %-Marke in ca. drei Jahren unterschritten werde. Mit dem strategischen Ziel, 20 % unter dem Mietspiegel zu bleiben, müssten die Mieten drastisch erhöht werden. Dies sei für die städtische Wohnungsbaugesellschaft kein angemessen soziales Ziel.

An seinen Vorredner gewandt merkt StR Neumann an, die Mietpreisdiskussion lenke von der Nebenkostendiskussion ab. So wirkten z. B. steigende Kosten für Energie als Preistreiber bei den Nebenkosten. Dies schränke das Mietenpotenzial ein, wie im Bericht ausgeführt werde.

StR Adler plädiert dafür, wenn die Mieten der SWSG im Durchschnitt der Bestände 27 % unter dem Mietspiegel lägen, sollte man dem Antrag seiner Fraktion zustimmen, der nur 3 % mehr vorsehe. In einem ersten Schritt sollten die Mieterinnen und Mieter nicht mit weiteren Erhöhungen belastet werden.

Herr Sidgi präzisiert zunächst, es gehe um 30 oder 20 % unter dem Mittelwert des Mietspiegels. Er betont, die SWSG bemühe sich um eine Nachhaltigkeits-Trias; Ökologie, Ökonomie und Soziales müssten immer Kernziele sein. Die gesamte Ertragspolitik werde von den Gremien mitbestimmt. In den nächsten zehn bis zwanzig Jahren müsse die SWSG enorme Herausforderungen stemmen, wenn sie das Ziel, 30.000 neue Wohnungen zu schaffen, ernst nehme. Das bedeute eine Investition von 4,2 bis 4,5 Mrd. €. Um das Klimaziel zu erreichen, müssten 2,5 bis 3 Mrd. € investiert werden (bei einer aktuellen Bilanzsumme von 1,3 Mrd. €). Mit dem verstärkten Bau neuer Wohnungen ändere sich die Zusammensetzung des Portfolios, was einen statistischen Effekt auf die Durchschnittsmiete habe. Das habe aber nichts mit dem sozial orientierten Geschäftsmodell zu tun. Insofern sollte man sich nicht auf die 20 oder 30 % fokussieren, sondern vielmehr schauen, wie die SWSG auch in Zukunft allen Bewohnergruppen, für die sie da sei, eine vernünftige sozial orientierte Miete anbieten könne. Des Weiteren gelte es zu beachten, dass die SWSG Mieten, die 30 % unter dem Mittelwert des Mietspiegels lägen und die bereits mit öffentlichen Mitteln subventioniert seien, nochmals subventioniere. Hier komme dann die Frage der Subsidiarität ins Spiel. Insofern werbe er dafür, die SWGS im Hinblick auf sozial orientiertes Handeln an den Ergebnissen zu messen.

BM Fuhrmann stellt abschließend fest:

Der Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen beschließt die Ziffern 1 bis 4 des Beschlussantrags einstimmig wie beantragt. Ziffer 5 des Beschlussantrags beschließt der Ausschuss, nachdem die befangenen Stadträtinnen und Stadträte den Saal verlassen haben, ebenfalls einstimmig wie beantragt.
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