Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Städtebau/Wohnen und Umwelt
Gz: SWU
GRDrs 687/2022
Stuttgart,
12/12/2022



Gewerbegebietsmanagement Weilimdorf
- Machbarkeitsstudie | Städtebaulich-freiräumliche Weiterentwicklung
Nord-Süd-Korridor




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik
Bezirksbeirat Weilimdorf
Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik
Einbringung
Beratung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
24.01.2023
25.01.2023
31.01.2023



Beschlußantrag:

1. Die Machbarkeitsstudie wird zustimmend zur Kenntnis genommen. Sie dient als Grundlage für das weitere planerische Handeln. 2. Eine Mitwirkungsbereitschaft der privaten Grundstückseigentümer vorausgesetzt, wird die Verwaltung beauftragt, auf Basis der vorliegenden Ergebnisse der Machbarkeitsstudie die Auslobung eines städtebaulich-freiräumlichen Planungswettbewerbs vorzubereiten.


Begründung:


1. Ausgangslage

Im Rahmen des Freiraum- und Gestaltungskonzepts für das Gewerbegebiet Weilimdorf – erarbeitet vom Planungsbüro Ramboll Studio Dreiseitl – wurden freiräumliche Leitideen, Entwicklungsziele sowie 14 Maßnahmenvorschläge entwickelt und in einem Masterplan verortet. Neben gestalterischen Aussagen für den öffentlichen Raum wurden vor allem auch wichtige ökologische Aspekte – im Hinblick auf Klima, Retention und Grünausstattung - sowohl für Flächen im städtischen Eigentum als auch für private Grundstücke in die Planung aufgenommen. Eine Umsetzung des Freiraum- und Gestaltungskonzepts wurde durch den Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik am 12.10.2021 beschlossen (vgl. GRDrs. 218/2021).

Aus dem Prognosemodell der Entwicklungskonzeption Wirtschaftsflächen für Stuttgart (EWS) aus dem Jahr 2016 ergibt sich bis 2030 ein zusätzlicher Flächenbedarf von rund 145 ha. Dabei geht die Prognose von einem anhaltenden Bedarf an unterschiedlichen Standorttypen aus: von Flächen für Produktions- und Fertigungstätigkeiten über einfache Gewerbeflächen bis hin zu Büro-/Dienstleistungsflächen. Um dem Ziel einer nachhaltigen Innenentwicklung gerecht zu werden, ist neben der Sicherung bestehender Flächen auch die verstärkte Aktivierung von Nachverdichtungspotenzialen und die effektivere Nutzung von Flächen unter Berücksichtigung der freiräumlich-klimatischen Belange erforderlich.

In diesem Sinne erfolgte im Gewerbegebiet Weilimdorf die Prüfung einer möglichen maßvollen baulichen Ergänzung insbesondere für eine Büronutzung und verwandte Nutzungen auf heutigen zumeist privaten, teils auch städtischen Parkierungsflächen. Diese befinden sich im westlichen Teil des Gewerbegebiets. Die Parkierungsflächen grenzen nördlich und südlich an die S-Bahnstation Weilimdorf an. Es handelt sich dabei um den Bereich zwischen der Ingersheimer Straße im Osten, der Weissacher Straße im Westen, der B295 im Süden sowie der Motorstraße im Norden. Neben der Aktivierung von Innenentwicklungspotenzialen ist gleichzeitig die ökologische und gestalterische Qualifizierung sowie Erweiterung des bestehenden öffentlichen Freiraums ein wichtiges stadtplanerisches Ziel. Der Gesamtbereich hat auch eine hohe stadtklimatische Relevanz. Insbesondere klimatische Aspekte sollen daher auch Berücksichtigung finden.

Die Prüfung von Nachverdichtungspotenzialen ist auch in Verbindung mit der Schaffung der neuen Stadtbahnanbindung in Richtung dem neuen Stadtbahnbetriebshof bzw. dem Stadtteil Hausen (Linie U13, geplante Haltestelle auf Höhe des Fußgänger- und Radfahrersteges über der B295) und dem damit einhergehend angestrebten Ausbau des Bereichs um den S-Bahnhof im Gewerbegebiet zu einer Mobilitätsschnittstelle mit zusätzlichem P+R-Angebot zu sehen. Auch soll dieser Bereich als urbane Mitte des Gewerbegebiets Weilimdorf mit kleinteiliger Versorgungs- und Dienstleistungsfunktion gestärkt werden. Die Erreichbarkeit des Gewerbegebiets insgesamt wird sich durch die neue Stadtbahnanbindung weiter verbessern und der Standort eine zusätzliche Attraktivitätssteigerung für die Ansiedlung von Unternehmen erfahren.

Aufgrund der genannten Gründe ist gegenüber dem bisherigen Status Quo von modifizierten Rahmenbedingungen auszugehen. Die bisherigen Planungsziele der Stadtverwaltung für den Bereich werden damit einhergehend angepasst. Eine städtebauliche Entwicklung in einer hohen gestalterischen und grünordnerischen Qualität mit einer angemessenen baulichen Dichte ist aus stadtplanerischer Sicht empfehlenswert.








2. Ergebnis

Aufbauend auf einem verwaltungsintern erstellten städtebaulichen Flächenlayout zeigt die vorliegende Machbarkeitsstudie – gemeinsam erstellt durch die Büros blocher partners und Ramboll Studio Dreiseitl – in einem ersten Testentwurf eine maßvolle bauliche Ergänzung sowie eine Qualifizierung und Erweiterung des öffentlichen Freiraums nach dem Schwammstadt-Prinzip auf.

Dabei konzentrieren sich die vier Baufelder für eine perspektivische Nachverdichtung auf den heutigen privaten Parkplatzflächen entlang der Weissacher Straße, während der bereits vorhandene öffentliche Freiraum durch Entsiegelung der östlich angrenzenden privaten Parkplatzflächen entlang der lngersheimer Straße vergrößert und durch qualitätsvolle Aufenthaltsflächen (Orte für die Mittagspausen, Sportangebote etc.) und neue Wegeverbindungen aufgewertet und ergänzt wird.

Der Testentwurf sieht für die städtebauliche Grundstruktur eine maximale Gebäudehöhe von meist drei bis vier Geschossen vor. Einzelne Hochpunkte bis maximal fünf Geschosse (mit Sondernutzungen in den EG-Zonen) befinden sind im Bereich zwischen der Weissacher Straße und Kannengießerstraße. Insgesamt könnte somit eine zusätzliche Bruttogeschossfläche von rund 20.000 m² geschaffen werden.

Die Aktivierung von Nachverdichtungspotenzialen bietet nicht nur den bereits heute ansässigen Unternehmen die Chance sich am Standort zu erweitern, sondern eröffnetet auch die Möglichkeit weitere Flächenbedarfe innerhalb des Stadtgebiets zu decken. Das Nutzungskonzept sieht einen Mix aus Büro- sowie Gewerbeflächen mit hohem Qualifikationsniveau vor. Um die Attraktivität zu erhöhen und gleichzeitig die Aufgabe des Bereichs um die S-Bahnstation als funktionale urbane Mitte des Gewerbegebiets zu stärken, sollen zusätzlich in der EG-Zone kleinteilige Versorgungs- und Dienstleistungsnutzungen entwickelt werden. In Kombination mit der angestrebten Verbesserung der Aufenthaltsqualität im Freiraum wird die Attraktivität des Gewerbestandorts Weilimdorf damit insgesamt erhöht.

Die Idee eines „Schwammstadt-Parks“ leistet einen wichtigen Beitrag hin zu einer stärker begrünten und klimaangepassten Stadt und setzt wichtige Umweltziele um. Durch die Schaffung mehrerer Retentionsmulden kann ein Teil des Niederschlagswassers oberirdisch zurückgehalten werden. Es sind außerdem alternative Bewässerungsbewirtschaftungsformen mitzudenken. Dazu gehört auch eine mögliche Grauwasseraufbereitung und -nutzbarmachung. Gleichzeitig beeinflusst die Verdunstung und Verschattung positiv das städtische Mikroklima, verbessert das Wohlbefinden und sorgt für sichtbares Stadtgrün. Auch sollen u. a. Gebäudebegrünungsmaßnahmen Anwendung finden, die über die bislang üblichen Standards hinausgehen.

Die endgültige städtebauliche Konfiguration sowie die architektonische Kubatur und Gestaltung sollen im Rahmen eines Planungswettbewerbs ermittelt werden. Entsprechendes gilt für die Gestaltung der Freiräume.


Die vorhandenen Stellplätze sollen im Gesamtbereich neu geordnet werden. Eine Kompensation für die entfallenden, teils baurechtlich gebundenen privaten Stellplätze soll im Bereich neu zu schaffender Tiefgaragen erfolgen. Neu entstehende Stellplatzbedarfe sollen ebenfalls in Tiefgaragen gedeckt werden. Bei der Stellplatzbedarfsermittlung soll die Umsetzung von innovativen Mobilitätskonzepten Berücksichtigung finden.

Im Zusammenhang mit der projektierten Verlängerung der U13 erfolgt durch den Verband Region Stuttgart in Abstimmung mit der Landeshauptstadt eine Neubewertung des künftigen Bedarfes an P+R-Flächen. An der Schnittstelle verschiedener Verkehrsträger und ÖPNV-Angebote soll im Verknüpfungsbereich zwischen der S-Bahnstation und der neuen Stadtbahnhaltestelle ein Mobilitätsknoten geschaffen werden, bei dem an der nordwestlichen Stadtgrenze von der Autobahn kommend attraktive Umstiegsmöglichkeiten auf den ÖPNV und zusätzliche umweltfreundliche Formen der Mobilität angeboten werden. Für diese Mobilitätsschnittstelle ist eine in sich gegliederte Baukörperkonfiguration in einer hohen architektonischen Qualität mit der Integration von P+R-Stellplätzen sowie weiteren mobilitätsaffinen Nutzungen städtebaulich denkbar.

Um der hohen stadtklimatischen Relevanz des Bereichs Rechnung zu tragen, ist zur Erhaltung der Ost-West-Durchlüftung entlang der Bahntrasse die Kaltluftschneise von ca. 40 m Tiefe von Baukörpern freizuhalten. Diese Kaltluftschneise ist bereits seit vielen Jahren auch planungsrechtlich gesichert. In Nord-Süd-Richtung soll durch Freihaltung eines Teils der Freiflächen sowie durch eine höhenreduzierte bauliche Ergänzung ebenfalls eine adäquate Frischlufttrasse erhalten bleiben.


3. Weiteres Vorgehen

Mit der Machbarkeitsstudie liegt nun ein erster Testentwurf einer möglichen maßvollen baulichen Ergänzung auf heutigen zumeist privaten, teils auch städtischen Parkierungsflächen vor. Dabei geht es vor allem um die Sichtung und perspektivische Aktivierung von Innenentwicklungs- bzw. Nachverdichtungspotenzialen von bereits versiegelten Flächen und die damit einhergehende Stärkung der übergeordneten Freiraumstruktur sowie die gestalterische und funktionale Qualifizierung des heutigen Bahnhofsumfelds als urbane Mitte des Gewerbegebiets Weilimdorf.

Auf Basis der Ergebnisse der Beratung in den politischen Gremien wird im nächsten Schritt das Mitwirkungsinteresse der privaten Grundstückseigentümer an einer Flächenentwicklung abgefragt. Bei einer Eigentümeransprache wird darauf geachtet, dass die mit der Machbarkeitsanalyse angedachten hochqualitativen Büronutzungen gleichberechtigt zu alternativen Nutzungskonzepten diskutiert werden. Beispielhaft zu nennen sind Flächen für Handwerksbetriebe oder leichte Produktion. Diese Nutzungen sind im Rahmen moderner Gebäudekonzepte auch in verdichteten Quartieren städtebaulich hochwertig zu realisieren. Eine ergebnisoffene Prüfung erscheint vor dem Hintergrund der einerseits hohen Nachfrage nach Flächen für die oben genannten Nutzungen in Stuttgart, andererseits durch den sich in einer Transformation befindlichen Büromarkt zielführend.

Sollte ein Mitwirkungsinteresse der Eigentümerschaft bestehen, ist die Durchführung eines städtebaulich-freiräumlichen Planungswettbewerbs erforderlich, um die Voraussetzungen für eine Gebietsentwicklung in der angestrebten hohen gestalterischen und grünordnerischen Qualität zu sichern. Hierbei soll die städtebauliche Neuordnung in zwei Entwicklungsstufen betrachtet werden: (1) im zentralen Bereich der S-Bahn-Haltestelle/der neuen Stadtbahnhaltestelle mit der neuen Mobilitätsschnittstelle, (2) nördlich der Kannengießerstraße mit dem Schwerpunkt der gewerblichen bzw. freiräumlichen Entwicklung.

Da das derzeitig geltende Planungsrecht die perspektivische Möglichkeit einer Nachverdichtung mit Aufwertung des Freiraums nicht abdeckt, muss auf Grundlage des Wettbewerbsergebnisses neues Planrecht geschaffen werden.


Finanzielle Auswirkungen

keine



Beteiligte Stellen

Referat T, OB/82

Vorliegende Anträge/Anfragen

keine

Erledigte Anträge/Anfragen

keine



Peter Pätzold
Bürgermeister


Anlagen

- Machbarkeitsstudie | Nachverdichtung Nord-Süd-Korridor | Testphase 1 (in gekürzter Fassung)


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