Protokoll: Jugendhilfeausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
1019/2016
GZ:
51/41
Sitzungstermin: 13.02.2017
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BMin Fezer
Berichterstattung:Frau Dr. Brünle (KultA), Frau Jung (Caritas),
Herr Mauch (eva)
Protokollführung: Frau Kappallo fr
Betreff: Streetwork am Mailänder Platz

Beratungsunterlage ist die gemeinsame Mitteilungsvorlage des Referats Allgemeine Verwaltung, Kultur und Recht und des Referats Jugend und Bildung vom 26.01.2017, GRDrs 1019/2016. Sie ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.

BMin Fezer unterrichtet, seit das Europa-Viertel mit dem Milaneo zum Shopping-Magnet geworden sei, treffen sich Jugendliche dort gerne im Freien, aber auch in den umliegenden öffentlichen Gebäuden. Die Lage bleibe leider nicht immer konfliktfrei; es habe Ruhestörungen, Beschwerden und Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und Bibliotheksbesuchern gegeben. Frau Jung von der Caritas und Herr Mauch von der Evangelischen Gesellschaft (eva) stellen sich als Mitarbeiterin/Mitarbeiter der Mobilen Jugendarbeit vor und berichten im Sinne der gezeigten Präsentation. Frau Dr. Brünle als stellvertretende Leiterin der Stadtbibliothek, geht auf die Historie des Mailänder Platzes und auf die sehr gute Akzeptanz seitens der Jugendlichen ein. Nachdem es im Herbst 2015 auf dem Mailänder Platz kühler geworden sei, habe sich die Szene der


Jugendlichen in die Räume der Bibliothek verlagert. Dies habe recht schnell zu Konflikten mit anderen Besuchern, Personal und Fachdienst geführt, besonders in Form der größeren Cliquen. Bei einigen von diesen Jugendverbänden seien problembelastende Jugendliche identifiziert worden, die von anderer Seite Unterstützung bräuchten. Man sei auf die Leiter/-innen der Mobilen Jugendarbeit zugegangen und habe mit ihnen ein befristetes Streetwork-Projekt vereinbart. Zu der Steuerungsgruppe, die das Projekt unterstützt, gehören das Center Management des Milaneo, die Direktion der Sparkassenakademie, das Polizeipräsidium Stuttgart mit dem Dezernat Jugendkriminalität, das Polizeirevier 2 mit der Kriminalprävention, die Stabsstelle Sicherheitspartnerschaft in der kommunalen Kriminalprävention, das Diakonische Werk, das Kultur- und das Jugendamt. Außerdem wird das Projekt wissenschaftlich durch das Institut für angewandte Sozialwissenschaften der Dualen Hochschule begleitet.

Herr Mauch geht auf die Ausgangslage des Projekts ein. Frau Jung erläutert die Projektergebnisse und Frau Dr. Brünle stellt die kurz- bis langfristigen Handlungsempfehlungen vor, die eine personelle Aufstockung im Bereich der Jugend- und Bibliothekspädagogik im nächsten Doppelhaushalt notwendig macht. Die festgestellten strukturellen Bedarfe schildert Herr Mauch und geht auf ein wünschenswertes regelfinanziertes Angebot im Rahmen des Zusammenwirkens von Kultur- und Jugendhilfe ein. Der finanzielle Aufwand bei Weiterführung des Projekts um weitere 2,5 Jahre würde rund 184.000 €/Jahr betragen. Dieser würde als Personalkosten für drei Mitarbeitende und als entsprechende Sachkosten vor Ort anfallen. Die Finanzierung solle mittels Stiftungen und Projektmitteln, wie z. B. aus dem Projektmittelfonds "Zukunft der Jugend" realisiert werden. Frau Dr. Brünle erläutert weitere Aspekte für eine Weiterführung des Projekts, wie den systemischen Blick, besonders vor dem Hintergrund der Erreichbarkeit von bibliotheksfernen Jugendlichen.

StR Dr. Nopper (CDU) und StRin Nuber-Schöllhammer (90/GRÜNE) erkundigen sich zu den Problemen innerhalb der Stadtbibliothek und bitten Herrn Hetterich vom Jugenddezernat der Polizei um Auskunft. Dieser berichtet von größeren Auseinandersetzungen durch Jugendgruppierungen, die kriminalpolizeilich abgearbeitet werden mussten. Es seien sowohl Haftbefehle als auch Festnahmen durchgeführt worden. Herr Gerstlauer meint, ordnungspolitische Ansätze seien nicht zielführend. Er denke daran, Jugendpolitik, Bildungspolitik und Freizeitaktivitäten zu verknüpfen. Dies könne mit mobiler Jugendarbeit gelingen.

StR Dr. Nopper befürwortet die Finanzierung des Projekts über Stiftungen und Drittmittel. Darüber hinaus begrüßt er die Heranführung der Jugendlichen an bibliothekspädagogische Aktivitäten. StRin Nuber-Schöllhammer und StRin Vowinkel (SPD) schlagen vor, das Milaneo, das von den Jugendlichen profitiere, an der Finanzierung zu beteiligen. Darüber hinaus könnte die Wirtschaftsförderung beteiligt werden, meint StRin Vowinkel. Die von einigen Stadträten genannte Möglichkeit, Mittel des Projektmittelfonds "Zukunft der Jugend" für das Streetwork-Projekt zu platzieren, erscheint StR Walter (SÖS-LINKE-PluS) zweifelhaft. Falls eine Finanzierung über das Milaneo sowie über den Projektmittelfonds scheiterte, sollten die finanziellen Mittel in den nächsten Haushaltsplanberatungen beantragt werden, meint dieser Stadtrat. Eine Finanzierung über das Milaneo gestalte sich schwierig, erwähnt Herr Mauch. Über den Projektmittelfonds sei ausschließlich die zweijährige Verlängerung des Folgeprojekts angedacht gewesen. StRin Ripsam (CDU) regt an, vor den Haushaltsplanberatungen eine Bedarfserhebung für Streetwork durchzuführen, da sich die Lebenswelten veränderten. Die Vorsitzende sagt zu, die Verwaltung werde das Thema aufgreifen.
StRin Nuber-Schöllhammer erinnert daran, die Jugendlichen nicht aus dem Blick zu verlieren, da der Fokus der Jugendhilfe aktuell eher an den Themenkomplexen wie Betreuung, Kita und frühe Hilfen ausgerichtet sei. Sie erwägt eigene Räumlichkeiten für die Jugendlichen zu schaffen, damit diese sich nicht zwischen Milaneo und der Stadtbibliothek hin und her bewegen müssten. StRin von Stein (FW) bezweifelt, dass die Jugendlichen einen anderen Platz bevorzugen würden und damit auch feste Räumlichkeiten. Hierzu informiert Frau Jung, die Jugendlichen wollten keinen eigenen Raum, da es um Sehen und Gesehen werden gehe. Es sei an eine mobile Einheit gedacht, die sehr flexibel in der Zusammenarbeit mit der Stadtbibliothek auf die Bedarfe reagieren könnte.
Eine Frage von StRin Nuber-Schöllhammer richtet sich nach der Möblierung innerhalb der Mediathek, ob diese seit der "Belagerung" durch Jugendliche ausgetauscht worden sei? Frau Dr. Brünle bestätigt, dass die Möblierung innerhalb des Lounge-Bereichs der Musik-Bibliothek verändert worden sei, da es dort Probleme mit großen Gruppen gegeben habe. Es werde nun nach und nach rückmöbliert.

StRin Vowinkel interessiert, ob eine Umverteilung der Jugendlichen aus anderen Bezirken zugunsten des Europaplatzes stattgefunden hätte. Herr Mauch bestätigt eine Veränderung der Zielgruppen und der Gesellungs- und des Aufenthaltsverhaltens von Jugendlichen. Die Jugendlichen würden nur einen Teil ihrer Freizeit auf dem Mailänder Platz verbringen. Dieser Ort sei für die Jugendlichen hinzugekommen. Die wissenschaftliche Begleitung des Projekts habe festgestellt, dass der Mailänder Platz bundesweit im Vergleich einzigartig sei, in der Kombination zwischen Kultur und Kommerz. StR Klingler (AfD) sieht es als positiv an, dass sich die Jugendlichen zwischen Kommerz und Kultur bewegen würden. Er lobt die Mobile Jugendarbeit, die schnell und flexibel reagiert hätte. Herr Kelle stellt fest, dass es eine Tendenz gebe, dass sich Jugendliche auf neue Orte und Plätze festlegen würden und dann dort massiv aufträten. Eine mobile Aktionsfläche wäre seiner Meinung nach wichtig. Zur Finanzierung nennt Herr Kelle Beispiele, wo sich Akteure wie die SWSG beteiligt hätten, nachdem Schwierigkeiten in der Wohnbebauung aufgetreten seien. StRin von Stein erkundigt sich nach der Anzahl der Jugendlichen, die erfolgreich an das Angebot der Bibliothek herangeführt werden konnten. Hierzu informiert Frau Dr. Brünle, es hätten drei Jugend-Workshops im Rahmen des Projekts stattgefunden. Die Besucherzahlen bei der Sprachwerkstatt für Flüchtlinge hätten sich bereits verdoppelt.

Herr Arpad spricht an, es sei wichtig, auf einen nichtkommerziellen Kontrapunkt zu setzen, etwa mit einem Poetry-Slam, Musik-/Straßentheater und Lesungen. Frau Dr. Brünle unterrichtet über die Zielsetzung und des weiteren Ausbaus von kulturellen Angeboten für Jugendliche, die in der Stadtbibliothek verfolgt werden. Der Stellenantrag werde Sachmittel für Aktivitäten sowie eine altersgerechte Online-Kommunikation berücksichtigen. Mit dem Center-Management seien bereits Gespräche geführt worden, das zugesagt hätte, sich beim Bespielen des Platzes mit zu engagieren. Vonseiten des Milaneos würden Aktionen initiiert.

Die Vorsitzende betont, der Platz sei belebt und es gebe kommerzielle und kulturelle Angebote, was sie als sehr positiv erachte. Anderenorts würde man Stuttgart um diese Situation beneiden.





BMin Fezer stellt fest:

Der Jugendhilfeausschuss hat von der GRDrs 1019/2016 Kenntnis genommen.

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