Protokoll: Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
432
6a
VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 24.10.2023
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Dr. Maier
Berichterstattung:Herr Wallisch (ASW)
Protokollführung: Frau Zetzsche fr
Betreff: S-Mitte, Kurt-Georg-Kiesinger Platz, Bau eines Radweges im Zusammenhang mit der Herstellung der Freianlagen des Hauptbahnhofs durch die Deutsche Bahn AG
- mündlicher Bericht -

Vorgang: Ausschuss für Stadtentwicklung u. Technik v. 17.10.2024, öffentlich, Nr. 423
Ergebnis: Zurückstellung


Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll ist sie in Papierform beigefügt.


Herr Wallisch (ASW) stellt die Planung eines Fahrradweges am Kurt-Georg-Kiesinger-Platz vor und berichtet zum aktuellen Sachstand im Bereich Kurt-Georg-Kiesinger-Platz/Arnulf-Klett-Platz/Schillerstraße. Beide Plätze seien zentral für den Radverkehr, da sich dort die Hauptradrouten und Radschnellverbindungen kreuzen würden (vgl. Folien 3 und 4). Durch die geplante Unterbrechung an der Schillerstraße und den Umbau des Cityrings insgesamt würden gewaltige Flächen zur Umgestaltung frei. Dies erfordere umfangreiche Planungen, Untersuchungen und Abstimmungen sowie Konzepte und benötige noch einige Jahre Zeit. Gleichzeitig müssten die Verkehrsflächen an der Heilbronner Straße und Schillerstraße nach Eröffnung des neuen Bahnhofs bis Ende 2025 durch die Bahn wiederhergestellt werden. In diesem Bereich sei in der alten Planung auch ein gemeinsamer Geh- und Radweg vorgesehen gewesen, was nach heutigen Maßstäben nicht mehr stimmig sei. Die Verwaltung habe sich daher dazu entschlossen, auf die Bahn zuzugehen und auf der Freifläche zwischen beiden Straßen einstweilig einen gegenläufigen Radweg mit 3,50 Metern Breite anlegen zu lassen. Die Bahn werde diese Überlegungen in ihre Planungen mit aufnehmen, wenn sie bis Ende des Jahres vorlägen, die finanzielle Last dieses Vorhabens würde sie größtenteils übernehmen. In der von der Bahn beauftragten Entwurfsplanung (vgl. Folie 2) sei eine Fußgängerüberquerung der Heilbronner Straße im Bereich des Arnulf-Klett-Platzes angedacht, um eine Fußwegeverbindung in Richtung Kriegsbergstraße/Klinikum herzustellen. Als weiteres Entwicklungsgebiet sei jenes im Bereich der Alten Bahndirektion (künftig Front Office Hub/FROH) und der umliegenden Flächen geplant. Die Herstellung eines Fußgängerübergangs über die Heilbronner Straße vom Platz am Turm werde bis zur Fertigstellung des FROH zunächst zurückgestellt, da diese für Zu-Fuß-Gehende in absehbarer Zeit nicht zugänglich sein werde. Anhand von Folie 5 wird die Planung des gegenläufigen Radweges verdeutlicht: rechts vom Radstreifen, von der Straße am Hauptbahnhof ausgehend, quert man nach links und gelangt auf den ersten Abschnitt des gegenläufigen Radwegs bis zum Bereich der Bahnhofsschnecke, dort seien vier Furten zu überwinden, was sich nicht anders habe lösen lassen. Der gegenläufige Radweg werde dann weiter in Richtung Heilbronner Straße mit Querungsmöglichkeit an der Kriegsbergstraße bis in die Schillerstraße fortgeführt. Abschließend werden die voraussichtlichen Herstellbereiche aufgezeigt (vgl. Folie 6), die Bahn sei für die mintgrünen Bereiche zuständig (Heilbronner Straße und Seitenbereiche sowie Radweg an der Schillerstraße). Die orange eingefärbten Flächen würden nach Aufstellung der Hochbauten durch den Investor hergestellt, die Stadt habe die Herstellung der rötlichen Bereiche zu verantworten.

Ihre Fraktion könne der vorgelegten Planung nicht uneingeschränkt zustimmen, konstatiert StRin Dr. Lehmann (90/GRÜNE). Zwar sei die Herstellung eines Zwei-Richtungs-Radweges sinnvoll, für eine so vielbefahrene Strecke sei er jedoch zu schmal gestaltet. Aufgrund der hohen Frequenz müssten die Ampelschaltungen eine zügige Querung mit dem Rad ermöglichen. Zudem sei die Auffahrt auf den Zwei-Richtungs-Radweg vom Milaneo kommend (Straße am Hauptbahnhof) nicht eindeutig, hier sei eine klare Radwegeführung ohne vorübergehende Lenkung auf den Fußgängerweg wünschenswert. Auch sei die Radwegeführung nach Auffahrt auf die Kriegsbergstraße unklar. Ebenso mangele es an einer direkten Radwegeverbindung entlang der Jägerstraße über die Kriegsbergstraße in Richtung Theodor-Heuss-Straße. StRin Dr. Lehmann hält die vorliegende Planung hinsichtlich der anvisierten Verkehrswende für nicht mehr zeitgemäß. StR Kotz (CDU) sieht die vorgelegte Planung bis zum Rückbau der Schillerstraße als einen Übergangszustand an, idealerweise sollte sie jedoch Teil der Zielplanung sein und im Anschluss nicht noch einmal komplett verworfen werden müssen. Er bittet darum, die Diskussion nicht zu ausschweifend zu führen.

StRin Schanbacher (SPD) lobt die Überarbeitung der in die Jahre gekommenen Planung und findet eine fundierte Diskussion wichtig, da der Interimszustand längere Zeit andauern werde. Die Situation für Radfahrende sei derzeit besser als in der vorgestellten Planung, da sie weniger kreuzen müssten. Sie warnt vor der Schaffung einer Infrastruktur ohne Anknüpfungspunkte zum übrigen Netz. Die Theodor-Heuss-Straße werde beispielweise par excellence zur Fahrradstraße umgebaut, in der vorgestellten Planung fehle aber eine Anknüpfung zu ebendieser. Es stelle sich die Frage nach dem weiteren Prozedere, die Stadträtin warnt davor, die Chance, die die Bahn biete, verstreichen zu lassen, einige Punkte seien jedoch noch klärungsbedürftig.

StR Pantisano (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) kritisiert das reaktive Verhalten der Verwaltung. Bereits vor Jahren sei beschlossen worden, dass die Schillerstraße autofrei und die B 27 hinsichtlich ihrer Spuren halbiert werden solle. Man müsse sich auf eine Zielplanung einigen, um Entscheidungen nicht unter Zeitdruck treffen zu müssen. Er fragt, warum Radfahrende an den Rand gedrängt würden und die Busspur nicht durchgehend geplant sei, bzw. keine der drei Autospuren eingeschränkt worden sei (vgl. Folie 5). Letzte Woche habe der Bundestag das Straßenverkehrsgesetz hinsichtlich klimarelevanter Aspekte verändert, eine Zustimmung des Bundesrates dazu stehe allerdings noch aus. Die vorliegende Planung sei unbefriedigend und sollte überdacht werden.

StRin Köngeter (PULS) pflichtet den vorangegangenen Aussagen bei, eine abschließende Beurteilung könne nach jetzigem Planungsstand bedauerlicherweise nicht erfolgen. Sie betont die Notwendigkeit einer erkennbaren Wegeführung, die Anknüpfung an bestehende Infrastruktur sowie fußgänger-/radfreundliche Ampelschaltungen. Für einen leichteren Anschluss an die Theodor-Heuss-Straße wäre die Realisierung eines Radwegs aufseiten der B 27 wünschenswert. Die Gefahr brenzliger Situationen, Zeitverlust für Radfahrende sowie die fehlende Übersichtlichkeit der vorgestellten Planung brächten nicht mehr Menschen aufs Rad.

Die aktuelle Situation sei auch für Zu-Fuß-Gehende nicht einfach, betont StR Serwani (FDP). Die vorgelegte Planung halte er für temporär, er geht von einer oberirdischen Umgestaltung des Arnulf-Klett-Platzes und der Klettpassage nach Fertigstellung des Bahnhofs im Kreuzungsbereich aus. Seine Fraktion wünscht sich eine Verbesserung für Zu-Fuß-Gehende im Bereich Heilbronner Straße/Kriegsbergstraße/Friedrichstraße in Richtung der Theodor-Heuss-Straße.

StR Sailer (FW) bittet um Erläuterung, wie man den Hauptbahnhof mit dem Rad umfahren und in die Jägerstraße einbiegen könne, bzw. wie man von der Schillerstraße in die Kriegsbergstraße komme. Herr Wallisch erläutert, Radfahrende müssten die Fußgängerfurt nutzen. Auch erachte er diese Verbindung für weniger bedeutend für den Radverkehr. Er betont, die Anschlüsse könnten in Ruhe ausgearbeitet werden, jetzt gelte es, die Entscheidung hinsichtlich der Bahn zu treffen.

StR Dr. Mayer (AfD) findet es wichtig zu wissen, wie die Planung bei den Verhandlungspartnern weitergehe. Er begrüße es, der Bahn bis Ende des Jahres eine positive Rückmeldung zu geben und betont, auch für Autofahrer sei diese Kreuzung nicht bequem. Er warnt davor, die Diskussion zu einseitig zu führen und es einzig den Radfahrenden recht machen zu wollen.

Herr Wallisch fasst zusammen, Ziel in der finalen Ausbaustufe sei ein Radweg, der einmal um den Cityring herumlaufe, bis dahin sei jedoch nachzuweisen, dass man mit weniger Kfz-Fahrspuren auskomme. Am Cityring habe im April eine Verkehrszählung stattgefunden, im Anschluss an die Auswertung könne man mit der Planung fortfahren. Die vorgestellte Aufstellung müsse als Zwischenschritt betrachtet werden. Hinsichtlich einer Verbindung zur Kriegsbergstraße und Friedrichstraße habe man "mehr Zeit zu knobeln", da sie Sache der Stadt sei. Der Zweirichtungsradweg der jetzigen Planung solle in Zukunft stadtauswärts von der Schillerstraße in Richtung Pragsattel erhalten bleiben. Gegenüber der heutigen Bahndirektion stadteinwärts einen Fuß-/Radweg anzulegen sei wenig sinnvoll, da in diesem Bereich in den nächsten Jahren eine Baustelle sein werde. Solange das Ergebnis der Verkehrszählung nicht vorliege, könne auch keine Fahrspur für den Radverkehr entfallen, auch der Radweg könne aufgrund zahlreicher Randbedingungen nicht verbreitert werden. In Absprache mit dem Tiefbauamt werden die Ampelschaltung so vorgenommen, dass Radfahrende nicht warten müssten. Hinsichtlich der Busspur bestehe Einigkeit mit der SSB, diese wie im Entwurf umzusetzen. Da der Bus aus Richtung der Jägerstraße kommend Vorsprung habe, erübrige sich eine durchgehende Spur.

StR Pantisano betont erneut die anstehende Veränderung im Straßenverkehrsgesetz, auf deren Basis klimaschutzrelevante sowie für die städtebauliche Entwicklung ausschlaggebende Kriterien für Kommunen in der Planung von Verkehrsstraßen formuliert werden. Aufgrund dieser veränderten Rahmenbedingungen halte er eine Zählung für obsolet und übt sogleich Kritik am Ingenieurbüro, das diese vermutlich durchführen werde. Im UA STA + AKU Mobilität oder im Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik (STA) solle diskutiert werden, welche Bedeutung diese Gesetzesveränderung mit sich bringen werde.

StR Peterhoff (90/GRÜNE) bittet darum, den Tagesordnungspunkt nach den Herbstferien noch einmal zu diskutieren und fragt nach der Sinnhaftigkeit des separaten Rechtsabbiegers für Kraftfahrzeuge (Kfz) im rechten Bereich von Folie 5, neben dem Radfahrstreifen in orange. Er konstatiert, durch die mehrjährige Sperrung von zwei Spuren sei die Straße einer Art Praxistest unterzogen worden; die davon abgeleiteten Zahlen hätten Aussagekraft. Herr Wallisch kontert, es gebe einen Unterschied zwischen einer temporären Einschränkung und der endgültigen Wegnahme eines Fahrstreifens, was die Stichhaltigkeit der zu erbringenden Nachweise betreffe.

StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) hegt massive Zweifel an der Zählung des Status Quo, die daraus resultierenden Werte spiegelten im Ergebnis die autogerechte Stadt wieder. Entscheidend sollte sein, wieviel Verkehr man sich an dieser Stelle für Fuß- und Radverkehr in Zukunft wünsche, gesetzt den Fall, man erhoffe sich eine grundlegende Veränderung. Er plädiert für kreative Lösungen im Umgang mit dieser "offensichtlichen Zukunftshemmung", die die Straßenverkehrsordnung hier offenlege.

BM Dr. Maier bittet darum, zur Fragestellung zurückzukehren und sich über die drängende Entscheidung hinsichtlich des Radweges auszutauschen. Die Kreuzung sei komplex, zahlreiche Verkehrsmittel müssten berücksichtigt werden, die Leichtigkeit des Verkehrs müsse gegeben sein. In der heutigen Sitzung könne nicht grundsätzlich über die Gestaltung des gesamten Bereiches diskutiert werden. Um Verkehrsströme modellieren zu können, seien Zahlen als Grundlage unerlässlich, auch für die Rückbauplanung. StRin Köngeter weist eindringlich darauf hin, mit dem Grundsatz, dass einzig der Kfz-Verkehr ungehindert fließen können müsse, komme man nicht voran.

Es folgt eine Diskussion zwischen StR Kotz und StR Rockenbauch über die Herangehensweise an die Planung von Verkehrsspuren. Die Beschlüsse der öko-sozialen Mehrheit im Ausschuss zielten auf eine Reduktion der Verkehrsfläche ab, als CDU werbe man für eine Reduktion in Stufen. StR Rockenbauch betont daraufhin, eine schrittweise Verkehrswende werde nicht funktionieren, die Sicherheit des Radverkehres habe einen Umbau des Straßenraumes zur Grundlage. Dafür sei ein System für flächeneffizienten Fuß- und Radverkehr und den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) notwendig. Der Begriff Verkehr müsse alle Mobilitätsarten umfassen und dürfe sich nicht nur auf das Kfz beschränken. Taktik der CDU, die keine Veränderung wolle, sei es, stückweise vorzugehen, was zum Ergebnis habe, dass sich am Status Quo nichts ändern werde. Es beruhige ihn, so StR Rockenbauch, dass die Verwaltung das Zielbild klar formuliert habe. Er werbe dafür, auch den B 27-Wettbewerb alsbald anzugehen, die erhobenen Zahlen könnten Grundlage dafür sein.

Unter der Bedingung, dass die angesprochenen Anregungen in die Planung eingearbeitet werden und man sich nach den Herbstferien diesbezüglich noch einmal austauschen werde, wird angestrebt, der Bahn bis Jahresende eine Rückmeldung zu geben, damit der Radweg einstweilig angelegt werden kann, schließt BM Dr. Maier.

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik hat von dem Bericht Kenntnis genommen.


Unter der Bedingung, dass die angesprochenen Anregungen in die Planung eingearbeitet werden und man sich nach den Herbstferien diesbezüglich noch einmal austauschen werde, wird angestrebt, der Bahn bis Jahresende eine Rückmeldung zu geben, damit der Radweg einstweilig angelegt werden kann, schließt BM Dr. Maier.

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik hat von dem Bericht Kenntnis genommen.

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