Protokoll: Ausschuss für Umwelt und Technik des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 11.07.2017
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:Herr Klinke (DEKRA)
Protokollführung: Frau Kappallo
Betreff: "Auswertung Testprojekt Straßenreinigung Feinstaub"
- mündlicher Bericht -

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.


OB Kuhn begrüßt Herrn Klinke und zeichnet in wenigen Worten die Vorgeschichte auf. Im Dezember 2016 habe er die Firma DEKRA und die beteiligten Unternehmen Kärcher, Reuther und Faun unter Hinzuziehung des Abfallwirtschaftsamtes eingeladen, um über einen erneuten Reinigungsversuch sich auszutauschen.

Herr Klinke präsentiert die Ergebnisse des fünfwöchigen Tests im Sinne der gezeigten Präsentation. Das Resultat würde unter einem gewissen Vorbehalt stehen, da die Windgeschwindigkeit und die Temperaturen Auswirkungen auf die Feinstaubbildung hätten. Die Datengrundlage müsste bei einem weiteren Versuch erweitert werden, um den Einfluss des Wetters zu eliminieren. Ebenso hätte die Baustelle von Stuttgart 21 Einflüsse auf die Messstation. In den Versuchsnächten seien jeweils 7 km Fahrstreifen und 2,5 km Gehweg mit Spezialmaschinen gereinigt und abgesaugt worden. Zu den Messergebnissen unterrichtet Herr Klinke von unterschiedlichen Stationen mit Vergleichsmessungen. Durch diese Messungen, die sowohl von der DEKRA als auch von der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) vorgenommen worden sind, sei festgestellt worden, dass die Schadstoffwerte eine Verbesserung in den gereinigten Bereichen erreichten. Insgesamt könne gesagt werden: "Der Reinigungsversuch hat was gebracht und geht in die richtige Richtung".

Die beteiligten Firmen haben die Kosten von 136.000 € für den Versuch übernommen, was im Vorhinein vereinbart worden sei, bemerkt Herr Klinke. Die Straßenreinigung belaufe sich auf 630 €/km. Sein Fazit lautet: Es gibt an einzelnen Messstationen Anzeichen für positive Effekte. Deshalb empfehle er, dass die Reinigung und die dazugehörige Auswertung auf einen längeren Versuchszeitraum ausgedehnt werden sollte. Eine erneute Projektphase sollte in einer besonders kalten, windarmen Periode, Mitte/Ende Oktober beginnen und ausgeweitet werden. Er rate dazu, die Reinigungsfrequenz und Technik zu erhöhen bzw. zu verbessern und den Versuch auf einen längeren Zeitraum auszuweiten.

Der Vorsitzende ruft in Erinnerung, am Neckartor seien in 2016 an 63 Tagen Überschreitungen des EU-Grenzwerts festgestellt worden. Zulässig seien 35 Tage. An 16 Tagen seien knappe Überschreitungen erfasst worden. Herr Dr. Reuter (AfU) nimmt zu den vorgestellten Ergebnissen Stellung. Man könne festhalten, beim Grobstaub zeichne sich ein positiver Effekt ab. Interessanter sei die Wirkung auf die Feinstaubbelastung, die aber nicht ganz eindeutig erkennbar sei. Um wissenschaftlich seriöse Erkenntnisse zu gewinnen, müsse der Zeitraum auf Perioden mit austauscharmen Wetterlagen im Hochwinter ausgeweitet werden. Der Vorsitzende schlägt aus den geäußerten Erkenntnissen eine zweite Projektphase vor, die länger ausgerichtet und daher unterschiedliche Wetterlagen berücksichtigen werde. Diese Phase könnte nach Abschluss der öffentlichen Ausschreibung des Projekts im Dezember 2017 beginnen, wenn sich in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik am 25.07.2017 für eine neue Projektphase samt den geschätzten Kosten seitens des Rates ausgesprochen werde.

StR Kotz (CDU) rät dazu, den Mosaikstein der Straßenreinigung im Sinne einer Feinstaubreduzierung weiter auszubauen und eine zweite Phase anzuschließen. Der Grobstaub sei die Ursache des Feinstaubs, und dort müsse angesetzt werden. Die Einmaleffekte in der Nähe der Messstationen müssten bei der Auswertung berücksichtigt werden und im Vorhinein bedacht werden, damit die Messergebnisse nicht verfälscht werden. Begrüßenswert sei die Aussicht, dass womöglich der Feinstaub aus der Luft gegriffen werden könnte, meint StR Kotz. Er schließt sich dem Vorschlag des Vorsitzenden in Gänze an und spricht sich für eine sechsmonatige Reinigungsperiode mit einer folgenden Auswertung im Sommer 2018 aus.

Die Maßnahme begrüßt StR Peterhoff (90/GRÜNE) und bewertet die Beteiligung der Wirtschaftsunternehmen als positiv. Grundsätzlich sei es allerdings so, dass "Wegwaschen" die zweitbeste Lösung gegenüber der Vermeidung von Feinstaub ist. Da teilweise knappe Überschreitungswerte durch die Straßenreinigung verhindert werden könnten, handle es sich um das sogenannte i-Tüpfelchen. Insgesamt stehe er dem Verfahren positiv gegenüber. Interessieren würde ihn, wie sich die Reinigung unter dem Gefrierpunkt gestaltet und ob der Asphalt letztlich beschädigt werde. Er sei, wie auch StR Ozasek (SÖS-LINKE-PluS) und StR Dr. Schertlen (STd) an einer Detailanalyse der LUBW interessiert, was im Einzelnen abgesaugt werde. Hierzu äußert Herr Klinke, dass auf die Auswertung des Asphalt-Instituts gewartet werden müsse. Die Maschinen könnten tief in den Asphalt eindringen und diesen verletzen, was aber nicht beabsichtigt werde. Der Lärmpegel der Absaugung müsse reduziert werden, was mit einer Weiterentwicklung der Maschinen einhergehe. Die Einflüsse der Stuttgart 21-Baustelle, die Herr Klinke betont habe, seien in der Vergangenheit anders bewertet worden, bemerken die StRe Peterhoff, Ozasek und Dr. Schertlen. Die Feinstaubbelastung aufgrund einer Baustelle gehe eher auf die Verschmutzung der Reifen als auf die der Motoren zurück, bemerkt Herr Klinke.

StR Peterhoff stellt die Frage nach den Folgekosten, die durch eine eventuelle Schädigung des Asphalts entstehen. Er und StR Körner (SPD) begrüßen die von OB Kuhn vorgeschlagene Vorgehensweise und bedanken sich wie bereits ihre Vorredner bei Herrn Klinke und den beteiligten Unternehmen. StR Körner betont, er nehme das geäußerte Fazit als ermutigend und motivierend wahr. Seiner Meinung nach müsse im zweiten Schritt die Pragstraße mit einbezogen werden, da an einigen Stellen die Feinstaubbelastung größer sei als am Neckartor. Bezüglich des Ausbaus der Nassreinigung schließt er sich der Aussage von StR Kotz an. Auch er befürwortet mehr Sauberkeit in der Stadt.

StR Ozasek äußert sich reserviert zu der gewonnenen Erkenntnis. Das vorliegende Ergebnis sei mit Fragezeichen versehen und nur eingeschränkt aussagekräftig. Auch das Untersuchungsdesign sei schwierig, und die Detailanalyse der LUBW stehe noch aus. Er sei der Auffassung, man müsse sich Zeit nehmen und das Gutachten am Ende beurteilen. Bei einem zweiten Versuchszeitraum stelle sich die Frage, was geschehe bei Minusgraden, wie werde sich die ausgebrachte Wassermenge verhalten? Wie werde bei Feinstaubalarm mit dem Streuen von Salz und Split verfahren? Wie gestaltet sich die Befahrbarkeit dieser Straßen? Herr Klinke äußert, im Winter gebe es noch keine Erfahrungswerte mit der Nassreinigung. Allerdings seien Streusalz und Split selbst eine Feinstaubquelle. StR Ozasek sieht in der Feinstaubbelastung die Verkehrsmenge auf dem City-Ring und am Neckartor als ursächliches Problem. Das Umweltministerium des Landes habe bereits vor Jahren darauf hingewiesen, das Problem nur in den Griff bekommen zu können, wenn die Verkehrsmenge auf dem City-Ring halbiert werde. Die Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS werde auf die Vorlage der Verwaltung warten und gleichzeitig um Zusendung der Ergebnisse des Versuchsdesigns mit den ergänzenden Informationen zu der Detailanalyse bitten, äußert StR Ozasek.

StR Zeeb (FW) lobt den Vortrag und kritisiert, dass das Ergebnis schlechtgeredet werde. Ihm sei völlig klar, dass die Nähe zur Stuttgart 21-Baustelle Einflüsse auf die Feinstaubbelastung habe, und er betont, der Luftreinhalteplan sei im Sinne einer Stellungnahme der Stadt Stuttgart ausführlich diskutiert worden. Bei der Straßenreinigung handle es sich um ein Puzzleteilchen, das die Bemühungen um die Reduzierung des Feinstaubs sichtbar mache. Auf eine Frage von StR Zeeb, was mit dem abgesaugten Material geschehe, antwortet Herr Klinke, dieses werde ordnungsgemäß bei der AWS abgeladen und entsorgt. Wenn es allerdings viel regne, werde das Material über die Kanalisation weggespült. Eine weitere Frage von StR Zeeb richtet sich nach der Möglichkeit der Einsaugung des Feinstaubs in 1 m Höhe. Hierzu äußert Herr Klinke, es sei völlig richtig, wenn etwas eingehaust oder untertunnelt und eine entsprechende Zirkulation angebracht werde, bekomme man das Feinstaubthema auch gelöst. Das sei aber nicht der Vorschlag der DEKRA. Die Filtertechnik müsste dahingehend noch weiterentwickelt werde. Ihre Idee sei, mit entsprechendem Sprühnebel den Feinstaub an Wasser zu binden, denn der Feinstaub sei so fein, dass er einem Wassertropfen ausweiche.

In die Stellungnahme der Stadt Stuttgart, so OB Kuhn, sei die Nassreinigung aufgenommen worden. Es sei der Landesregierung Baden-Württemberg vorgeschlagen worden, eine eigene Maßnahme aus der Nassreinigung abzuleiten. Nächste Woche findet die Gerichtsverhandlung mit der Deutschen Umwelthilfe statt, wobei es vorteilhaft sei, diese Maßnahme aufzuführen. Angenommen es käme nicht zu Fahrverboten, da die Nachrüstung älterer Diesel beschlossen werde, helfe diese Maßnahme gegen Stickoxid, nicht aber gegen die Feinstaubbelastung. Der weitere Reinigungsversuch wäre daher nicht überflüssig. Abschließend schlägt OB Kuhn vor, in der kommenden Feinstaubalarm-Periode die Fortsetzung des "Testprojekts Straßenreinigung Feinstaub" durchzuführen. Hierfür müsste eine entsprechende Ausschreibung für die Fortsetzung des Testprojekts bekannt gemacht werden. Die Kosten und die Streckenlänge könnten noch variieren. Gleichzeitig werde eine Ausdehnung der Nassreinigung überprüft. In der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik am 25.07.2017 müsste der Gemeinderat über die Nassreinigung und die damit zusammenhängenden Kosten einen Beschluss fassen. Er weist darauf hin, dass die Stadtreinigung und die Straßenreinigung unterschiedlich zu betrachten seien. Er würde gemeinsam mit BM Thürnau dem Rat einen Vorschlag unterbreiten, wie eine neue Stufe der Stadtreinigung aussehen könnte.

OB Kuhn stellt fest:

Der Ausschuss für Umwelt und Technik hat von dem Bericht Kenntnis genommen.
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