Protokoll: Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 15.03.2024
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Fuhrmann
Berichterstattung:Herr Grieb (OB/82),
Herr Prof. Dr. Ressel (Rektor Universität Stuttgart)
Protokollführung: Frau Mitschele fr
Betreff: KI Innovations- und Transferzentrum zur Beschleunigung der wirtschaftlichen Anwendung von Künstlicher Intelligenz für zukunftsfähiges und nachhaltiges Planen und Bauen
- mündlicher Bericht -

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll ist sie in Papierform angehängt.


BM Fuhrmann begrüßt zunächst Herrn Prof. Dr. Ressel, Rektor der Universität Stuttgart und Herrn Grieb (OB/82).

Herr Grieb eröffnet den Tagesordnungspunkt mit dem Hinweis, zur Vorbereitung der erneut aufgerufenen Thematik "Künstliche Intelligenz (KI)" vorab Unterlagen versendet zu haben. Herr Prof. Dr. Ressel werde die thematischen Inhalte und deren Umsetzung an der Universität erläutern. Die Auswahl für den Innovationspark KI des Landes fiel auf Heilbronn. Sowohl die Region Stuttgart als auch die Landeshauptstadt Stuttgart (LHS) hätten den Beschluss gefasst, die vorgesehenen Mittel für KI-Projekte in eigener Regie zu verwenden. Nach diesem Termin werde dem Stimmungsbild entnommen, ob die LHS das Verfahren weiterverfolgen solle. Herr Grieb betont mehrfach, es handele sich bei den Mitteln, die eingesetzt werden sollten, um nicht verplante Restmittel für das damalige Projekt "Innovationspark KI" aus dem Jahr 2023. Die LHS habe infolge der Antragstellung der Universität Stuttgart für das Kofinanzierungsprogramm der Region Stuttgart den Vorteil, an die von der LHS beigesteuerten Mittel Bedingungen knüpfen zu können. Forschung zu finanzieren sei eine nicht öffentliche Aufgabe der LHS; anderes gelte für die Wirtschaftsförderung und den Transfer von Forschung in die Wirtschaft. Die Bedeutung der Bauwirtschaft für die LHS spiegele sich auch in der Gewerbesteuer und den Beschäftigtenzahlen wider. Der Stuttgarter Fokus auf die KI und die Bauwirtschaft - "Wie kann die KI den Bausektor zukunftsfähig machen?" - wäre ein Alleinstellungsmerkmal, das in Heilbronn nicht abgebildet werde. Die Beteiligung der LHS habe keinen Einfluss, ob das Forschungsgebäude gebaut werde, aber sehr wohl auf "das wie."

Herr Prof. Dr. Ressel freut sich über die Gelegenheit, den Anwesenden das Gebäude "Large Scale Construction and Robotics Laboratory" (LCRL), das weltweit einzigartig sein werde, vorstellen zu können. Im Verlauf der Präsentation fügt er stellenweise Informationen hinzu. Mit Blick auf die Zukunft müssten ressourcenschonende Bauweisen für die weltweit bis zum Jahr 2050 hinzukommenden 2,5 bis 3 Milliarden Menschen, die eine Wohnung benötigten und für die die herkömmlichen Baustoffe nicht ausreichten, gefunden werden. Neben einer dünneren Bauweise böten sich neue, recyclefähige Baustoffe als mögliche Konzepte an, für diese beiden Ansätze käme KI zum Einsatz. Eines der sehr wenigen Bauunternehmen sei Züblin Timber, das sich diesen Themen zuwende und auch am Bau des LCRL mitwirken werde. Ohne den Transfer des Wissens in die Bauwirtschaft (Handwerk, Architekten und Ingenieure) werde die Forschung die Ergebnisse nicht umsetzen und anwenden können, hierfür würden die städtischen Mittel und die Gelder der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart (WRS) verwendet. Ausgerichtet am Prinzip der ARENA2036 erfolge die konstante enge Verbindung von Forschung und Wirtschaft jeweils projektbezogen, so gebe es einen ständigen Wechsel an Themen und Personen und man fördere neue Impulse. Stuttgart biete ein starkes Potenzial mit der landesweit größten Architektendichte. Das Heilbronner Cyber Valley beherberge die KI-Forschung der Region und habe diese um die Zusammenarbeit mit Start-ups erweitert. Bei Planung und Bau des LCRL solle bereits die konstant weiterzuentwickelnde und von KI gesteuerte bautechnische Robotik eingesetzt und erprobt werden. Obwohl auf das LCRL-Gebäude keine DIN-Normen passten, könne es dank der bereits angestoßenen Prüfung durch Gutachter realisiert werden. Verschiedene von der Universität Stuttgart entwickelte Pavillons in Holzbauweise seien in der ganzen Welt bei Ausstellungen vorgestellt worden, die Stuttgarter Universität - mit dem innovativen Stuttgarter Exzellenzcluster mit den Schwerpunkten KI-gesteuerte Planungs- und Fertigungsprozesse - sei hierbei global führend. Weltweit existierten zu diesem Thema nur Hubs in Singapur, Zürich und Stuttgart. Die zweite Antragstellung über einen Betrag von 50 bis 60 Mio. Euro auf sieben Jahre bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft stehe unmittelbar bevor.

Für die eindrückliche Darstellung von Herrn Grieb und Herrn Prof. Dr. Ressel bedanken sich StR Winter (90/GRÜNE), StRin Porsch (CDU), StR Dr. Jantzer (SPD) und StRin von Stein (FW).

Die Hintergrundinformationen empfindet StR Winter als sehr hilfreich, um sich eine Meinung zum Thema bilden zu können. Zu der von der LHS angestrebten Stärkung des Standorts Stuttgart passe die Verbindung von Forschung, Wissenschaft und Wirtschaft. Nachvollziehbar sei die prognostische Sicht auf das Bauwesen. Fakten wie Architektendichte und deren Tätigkeitsradius begünstigten die Pläne der Universität. Der Stadtrat bittet um Ausführungen zu den Schlagzeilen, die es im Zusammenhang mit Naturschutzverbänden und dem Standort gegeben habe, und um Ausführungen, wie die angeführten neuen Arbeitswelten konzipiert werden sollten. Seine Fraktion befürworte das vorgestellte Vorhaben; den Antrag bei der Region Stuttgart schätzt er als eine reine Formsache ein.

StRin Porsch dankt Herrn Prof. Dr. Ressel für das Engagement der Universität Stuttgart und lobt die konstante Begleitung durch Herrn Grieb. Sie kritisiert die entmutigende Widersprüchlichkeit der Haushaltsdebatten, wo nur wenige Gelder für Wissenschaft, KI und Wirtschaftsförderung bewilligt worden seien, wenngleich gerne selbstlobend die Rolle von Innovation und Start-ups betont werde. Die für die beteiligten Akteure symbiotische Wegweiserfunktion des Projekts empfindet sie als Alleinstellungsmerkmal und als Zugpferd für die Region, Wirtschaft und den Arbeitsmarkt und sie sichert die Unterstützung ihrer Fraktion zu.

Auch StR Dr. Jantzer erinnert an die Haushaltsdebatten, wobei die Forschung an sich nie infrage gestanden habe. Diskutiert worden sei, ob die Rolle der LHS bei der Förderung der Forschung durch Mittelgewährung oder bei der Wirtschaftsförderung verortet sein solle. Der Universität sei es mit dem Verwendungszweck der städtischen Mittel gelungen, den Schwerpunkt zu setzen. Der Spin-off werde gewünscht, die Überlegung, das Kaufhof-Areal für eine Ausgliederung verwenden zu können, um in den Genuss der Attraktivität der Innenstadt zu kommen, sei als noch nicht möglich qualifiziert worden. Er bittet um Erläuterung, was das Konzept der ARENA2036 für die Verwendung der knapp 10 Mio. Euro Fördergelder von LHS und Region Stuttgart etwa hinsichtlich Personal und der Tätigkeitsgestaltung bedeuten werde. Den Stadtrat interessiert noch, nach welchen Kriterien die Nutzung der Fläche auch zur Einbindung von Start-ups erfolgen werde. Die SPD-Fraktion habe sich intensiv mit den erhaltenen Unterlagen auseinandergesetzt, nun bestünde nicht nur zum Forschungsziel Klarheit, sondern auch zum Finanzierungskonzept, basierend auf der beachtlichen universitären Eigenleistung. Er schätzt die Auszahlung der sich gegenseitig bedingenden Fördergelder als gesetzt ein, sollte sich daran etwas ändern, wäre trotz der grundsätzlichen Bejahung durch die SPD-Fraktion die Sinnhaftigkeit der Wirtschaftsförderung noch einmal zu überprüfen.

Nachdem während der Haushaltsdebatten für viele soziale Zwecke keine Gelder bewilligt werden konnten, ruft das Auffinden von 4,8 Mio. Euro bei StRin Tiarks (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) Verwunderung hervor. Sie bewertet die Intention der Universität Stuttgart als gut, enthält sich aber zu diesem Tagesordnungspunkt.

Der Komplexität dieses Tagesordnungspunkts sei es geschuldet, dass StRin Schumann (PULS) erst noch mit ihrer Fraktion Rücksprache halten müsse und deshalb keine Position beziehen könne.

StR Dr. Oechsner (FDP) hinterfragt eine Haushaltspraxis, die neuerdings mit dem Etikett "KI" versehene Projekte bereitwillig fördere, kritisch. In den Haushaltsplanberatungen sei das Projekt wegen "Doppelstrukturen" abgelehnt worden, bei der neuerlichen Vorstellung scheine von diesen nichts mehr gegeben zu sein. Das Konzept sei ein Projekt mit "allem Drum und Dran" und in der FDP-Fraktion intensiv diskutiert worden, die gerne zustimmen wolle.

Die Querelen des Haushalts dienten nicht der Sache und sie gehe bewusst nicht darauf ein, hält StRin von Stein fest. Sie schätzt das Vorhaben als wichtig und sinnvoll ein. Sie hofft, es werde gelingen, die angestrebten Ziele, wie günstigeres Bauen sowie langlebiges und ressourcenschonendes Material, zu erreichen. Die positive Wirkung der Forschung finde ihren Zuspruch.

Der Hoffnung, günstiger bauen zu können, schließt sich StR Köhler (AfD) an. Stuttgart biete mit seiner langen Bautradition beste Gegebenheiten für das Projekt. "KI" sei hier sicher kein Etikett, die Konzeption von Gebäude und Forschung sei fundiert, für die sich die von ihm vertretene Fraktion bereitwillig einsetze.

BM Fuhrmann bedankt sich für die positiven Rückmeldungen.

Der Naturschutz sei wegen der auf dem Gelände stehenden Bäume aufgekommen, die Abholzung sei aber von der zuständigen Behörde nach Prüfung der einschlägigen Vorschriften genehmigt worden. Das Projekt sei auch von baurechtlicher Seite rechtmäßig, fasst Herr Prof. Dr. Ressel zusammen. Ein Baum, in dem eine Fledermaus ihren Winterschlaf halte, sei noch nicht gefällt, mit den Naturschützern sei der Dialog gelungen. Zum Faktor 2,6 seien Ausgleichsflächen geschaffen worden. Die neuen Arbeitswelten im LCRL befänden sich nicht in abgeschlossenen Räumlichkeiten, gewollt sei ein spontanes Niederlassen auf großen Freiflächen auch ohne zeitliche Reglementierung. Diese Flexibilität benötige 20 % weniger Fläche. Bei den experimentellen Flächen gelängen keine Einsparungen.

Die Frage von StR Winter nach der Berechnung des Arbeitsplatzes mit dem Faktor 0,8 wird von Herrn Prof. Dr. Ressel bejaht.

Die bereits eingestellten Haushaltsmittel blieben durch die Einstellung einer bestimmten Verwendung zugeordnet, erläutert Herr Grieb. Auch seitens des Kofinanzierungsprogramms der Region sei die Vorgabe als investive Mittel gesetzt. Dies ziehe nach sich, dass es nur für abschreibungsfähige Güter und nicht für Personal verwendet werden könne. Bei neuen Arbeitswelten träfe die Nutzung neuer Technologien auf das bedarfsabhängige räumliche, kreative Zusammenkommen vor Ort. Die dauerhafte Unterbringung der Start-ups sei an dieser Stelle nicht vorgesehen, dafür gebe es das Scale-up Center. Die Stuttgarter Wirtschaftsförderung statte dieses mit der Absicht, regionale Start-ups dort dauerhaft anzubinden, technisch hochwertig und ansprechend aus. Die gezielten Anreize für Stuttgarter Unternehmen, die experimentellen Räume des LCRL zu nutzen, sollten auch durch die Wirtschaftsförderung geschaffen werden. Auf weite Sicht erscheine es möglich, einen externen Experimentierraum zu haben, möglicherweise im ehemaligen Kaufhof-Gebäude.

BM Fuhrmann dankt für die ausführlichen Antworten. Er betont die zugewandten Reaktionen aus dem Gremium, die Stadtkämmerei sei in der Sitzung vertreten gewesen und die entsprechenden Anträge könnten nun gestellt werden.

Die Universität werde den Antrag stellen und auch zukünftig werde die Verwaltung über das Projekt regelmäßig informieren, versichert Herr Grieb. Bei entsprechendem Projektfortschritt biete sich eine Einladung zur Besichtigung an.



BM Fuhrmann stellt fest:

Der Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen hat vom Bericht Kenntnis genommen.

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