Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Jugend und Bildung
Gz: JB
GRDrs 230/2021
Stuttgart,
03/22/2021


Ausbildungssituation im Buchhandel und Verlagswesen in Stuttgart



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
SchulbeiratKenntnisnahmeöffentlich13.04.2021

Bericht:


1.) Entwicklung der Schüler- und Klassenzahlen im Bereich Buchhandel und Verlagswesen

Die Ausbildungsberufe Buchhändler/-in und Medienkaufmann/-kauffrau Digital und Print sind in Stuttgart an der Johann-Friedrich-von-Cotta-Schule (JFvC) in Form von Teilzeitklassen eingerichtet. Die JFvC verfügt über eine langjährige Erfahrung und Fachexpertise in diesen Ausbildungsbereichen und bildet das Kompetenzzentrum für Verlagswesen und Marketing innerhalb der kaufmännischen Schulen.

Wie aus nachfolgender Grafik hervorgeht, sind die Schülerzahlen in der Berufsschule Buchhändler/-in insgesamt bereits seit mehreren Jahren rückläufig.


Diese Entwicklung zeigt sich nicht nur an der JFvC, sondern wurde so insgesamt an den öffentlichen beruflichen Schulen in Baden-Württemberg, welche Buchhändler/-innen ausbilden, festgestellt. Ein Grund hierfür ist mitunter, dass ein Großteil der Auszubildenden an einer privaten Schule in Blockform unterrichtet wird. Die Schülerinnen und Schüler (SuS) der JFvC stammen in der Regel von inhabergeführten Einzelbuchhandlungen, welche aufgrund ihrer Betriebsabläufe auf eine Teilzeitbeschulung angewiesen sind. Deutschlandweit ist die Gesamtzahl der Ausbildungsverträge für den Beruf Buchhändler/-in laut den Zahlen des Zentral-Fachausschusses Berufsbildung Druck und Medien für die Jahre 2015-2019 relativ stabil, zuletzt sogar gestiegen (vgl. Zentral-Fachausschuss Berufsbildung Druck und Medien (Hrsg.): Statistik Berufsausbildung und Fortbildung Druck und Medien 2019/20, 23.04.2020, S. 23. Online abrufbar unter https://zfamedien.de/berufe/infos-alle-berufe/aktuelle-statistik/. Zuletzt aufgerufen am 17.03.2021).

Die Ausbildung der Medienkaufleute Digital und Print (ehemals Verlagskaufleute) wird an der JFvC im Rahmen der Berufsschule als auch dem dualen Berufskolleg angeboten.
Auch hier lässt sich ein Rückgang in den Schülerzahlen feststellen, wobei die Klassenzahlen zumindest seit dem Schuljahr 2015/16 stabil sind.


Gemäß den Zahlen des Zentral-Fachausschusses Berufsbildung Druck und Medien für die Jahre 2015-2019 ist die Anzahl der Gesamt-Ausbildungsverträge für den Beruf Medienkaufmann/-frau Digital und Print deutschlandweit rückläufig (vgl. ebd.).
Für ein umfassendes Bild zur Situation der Verlage und des Buchhandels in Stuttgart wird auf die GRDrs 43/2021, welche am 09.03.2021 im Ausschuss für Kultur und Medien behandelt wurde, verwiesen.


2.) Regionale Schulentwicklung (RSE) - Umgang mit Mindestschülerzahlen

· Rechtlicher Hintergrund und Allgemeines zum Verfahren

Rechtsgrundlage zur RSE bildet §30 des Schulgesetzes. In §30a SchG werden Ziel und Anlass der RSE dargelegt. In Absatz 1 heißt es „Die regionale Schulentwicklung dient der nachhaltigen Sicherung eines regional ausgewogenen, alle Bildungsabschlüsse umfassenden Bildungsangebotes in zumutbarer Erreichbarkeit“ (Schulgesetz für Baden-Württemberg (SchG) in der Fassung vom 1. August 1983; Gesamtausgabe in der Gültigkeit vom 01.01.2021 bis 31.07.2022). Als Anlass für eine RSE wird unter Absatz 2 u.a. „die Unterschreitung einer Mindestschülerzahl“ (ebd.) genannt.

Mit der Verordnung des Kultusministeriums zur regionalen Schulentwicklung an beruflichen Schulen (RSEbsVO) vom 26. März 2015 wurden Regelungen zum RSE-Verfahren für die beruflichen Schulen spezifiziert:

Für die Berufsschule wurde die Mindestschülerzahl in der Eingangsklasse auf 16 SuS festgelegt. Als Eingangsklasse wird diejenige Klasse gewertet, in welcher eine „sortenreine Beschulung“ erfolgt. Werden beispielsweise zwei Bildungsgänge im ersten Schuljahr gemeinsam, ab dem zweiten Schuljahr getrennt unterrichtet, zählt das zweite Schuljahr als Eingangsklasse.

Wird die Mindestschülerzahl in der Eingangsklasse unterschritten, wird der Bildungsgang in ein sogenanntes Hinweisverfahren aufgenommen. Das Regierungspräsidium setzt den Schulträger hierüber in Kenntnis und fordert diesen auf, eine RSE für den betroffenen Bildungsgang durchzuführen.

Als Maßnahme zum Erhalt eines Bildungsganges kann beispielsweise eine jahrgangsübergreifende Beschulung (verschiedene Jahrgänge eines Bildungsganges werden gemeinsam beschult) oder eine berufsübergreifende Beschulung (verschiedene Ausbildungsberufe eines Berufsfeldes werden gemeinsam miteinander beschult) durchgeführt werden. Wird die Mindestschülerzahl innerhalb von 3 Jahren nicht erreicht, wird der Bildungsgang in der Regel geschlossen. Die Aufhebung erfolgt in der Regel ausschleichend, so dass die bestehenden SuS ihre Ausbildung am gewohnten Schulstandort beenden können, neue SuS aber an den nächstgelegenen Schulstandort umgelenkt werden.

· RSE Berufsschule Buchhändler/-in Die Berufsschule Buchhändler/-in an der JFvC wurde im SJ 2015/16 erstmals in das Hinweisverfahren aufgenommen, da die Schülerzahl in der Eingangsklasse mit 14 SuS unter der Mindestschülerzahl lag. Nachdem der Bildungsgang im darauffolgendem Schuljahr die Mindestschülerzahl wieder erreichte, folgte im Schuljahr 2017/18 mit nur 12 SuS in der Eingangsklasse erneut eine Aufnahme in das Hinweisverfahren.

Als Maßnahme wurde eine berufsübergreifende Beschulung im 1. Ausbildungsjahr mit den Medienkaufleuten Digital und Print eingeführt. Somit wurde im Schuljahr 2018/19 allerdings das 2. Ausbildungsjahr mit nur 7 SuS zur Eingangsklasse und der Bildungsgang ging in das 2. Jahr im Hinweisverfahren. Um für das Schuljahr 2019/20 den dritten Hinweis und damit die drohende Schließung des Bildungsgangs zu verhindern, wurden alle Ausbildungsjahre der Buchhändler/-innen mit den Medienkaufleuten Digital und Print „verklappt“.

Im Rahmen dieser „Verklappung“ werden insbesondere allgemeinbildende Fächer, wenn möglich auch berufsspezifische Inhalte, gemeinsam beschult. Der Anteil der gemeinsamen Beschulung soll hierbei mindestens 50% betragen. Für ausschließlich den Buchhandel betreffende Inhalte werden die Auszubildenden „sortenrein“ beschult. Hier ist gemäß dem Organisationserlass des Kultusministeriums eine Mindestgruppengröße von 8 SuS einzuhalten.

Da im Schuljahr 2019/20 die Mindestgruppengröße für die Buchhändler/-innen nicht erreicht wurde und die gemeinsame Beschulung der Ausbildungsberufe im 2. Ausbildungsjahr zudem zur Bildung einer weiteren Klasse führte, erhielt die Berufsschule Buchhändler/-in den dritten Hinweis in Folge und hätte somit formal aufgehoben werden können.

Das Schulverwaltungsamt hatte vorab einen Ausnahmeantrag beim Regierungspräsidium zum Erhalt der Berufsschule Buchhändler/-in an der JFvC gestellt. Hier wurden insbesondere die Bemühungen der Schule, eine zugleich ressourcenschonende aber dennoch qualitativ hochwertige Ausbildung zu gewährleisten, dargelegt. Das Regierungspräsidium Stuttgart genehmigte die Beschulung für das Schuljahr 2020/21, sofern die Mindestgruppengröße von 8 SuS gm. Organisationserlass erreicht und die ressourcenschonende Beschulung mit den Medienkaufleuten Digital und Print weiter fortgeführt wird. Da im Schuljahr 2020/21 die Mindestgruppengröße mit 9 SuS in der Eingangsklasse erreicht wurde, durfte die Beschulung fortgesetzt werden und der Bildungsgang wurde aus dem Hinweisverfahren genommen. Der Bildungsgang wird allerdings wieder in das Hinweisverfahren aufgenommen, wenn die Mindestgruppengröße von 8 SuS erneut unterschritten wird.

Die Entscheidung, ob die Berufsschule Buchhändler/-in bei Unterschreitung der Mindestschülerzahl von 16 SuS gemäß RSEbsVO oder der Unterschreitung der Mindestgruppengröße von 8 SuS gemäß Organisationserlass erhalten bleibt, liegt allein beim Land.


3.) Öffentliche Berufsschulstandorte für den Buchhandel

Aufgrund der grundsätzlich stark rückläufigen Schülerzahlen in der Berufsschule Buchhandel an öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg, wurde 2018 von den Regierungspräsidien Freiburg, Karlsruhe und Stuttgart zu einer gemeinsamen Fachkonferenz geladen. Hierbei konnte das Schulverwaltungsamt in enger Zusammenarbeit mit der Schule erfolgreich für den Erhalt des Bildungsangebotes in Stuttgart werben. Eine erneute Fachkonferenz wurde bei weiter kritischer Entwicklung in Aussicht gestellt.

Neben der JFvC besteht in Baden-Württemberg seit dem Schuljahr 2019/20 nur noch der Standort Heidelberg als öffentlicher Beschulungsort für die Buchhändler/-innen. Seitens der Verwaltung bestehen keine Pläne, das Ausbildungsangebot in Stuttgart einzustellen. Die Verwaltung setzt sich weiterhin für den Erhalt in Stuttgart ein und hat dem Land gegenüber die Bereitschaft geäußert, eine Landesfachklasse Buchhändler/-in zur übernehmen, sollte die schulische Ausbildung an nur noch einem Standort zentralisiert werden. Die zentrale Lage, gute Erreichbarkeit sowie hohe Ausbildungsqualität sprechen für die JFvC als Fachklassenstandort.

Bei weiterhin niedrigen oder gar rückläufigen Schülerzahlen liegt die Standort-Entscheidung auch hier beim Land. Das Schulverwaltungsamt steht hierzu in engem Austausch mit dem Regierungspräsidium, um Lösungsansätze im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zu finden.

Beteiligte Stellen

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Vorliegende Anträge/Anfragen

Antrag 427/2020 der SPD-Gemeinderatsfraktion vom 12.10.2020 zur Situation der Verlage und des Buchhandels in Stuttgart
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Isabel Fezer
Bürgermeisterin





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