Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration
Gz: SI
GRDrs 253/2019
Stuttgart,
09/11/2019


Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Situation von Menschen in ordnungsrechtlicher Unterbringung in Sozialunterkünften



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Sozial- und GesundheitsausschussKenntnisnahmeöffentlich23.09.2019

Kurzfassung des Berichts:
Ausführlicher Bericht siehe Anlage 1

In der Sitzung des Sozial- und Gesundheitsausschusses am 10.12.2018 haben das
Sozialamt und das Jugendamt über die Situation in den Sozialunterkünften berichtet (Niederschrift Nr. 159/2018, TOP 4 „Kinder nicht in Sozialpensionen unterbringen – Transparenz bei Vermietungsverträgen mit Sozialhotels“, Antrag und Anfrage Nr. 274/2018 vom 14.09.2018, SÖS-LINKE-PluS).

Als Problemstellung wurde dabei der enorme Zuwachs an notwendigen Unterbringungen in Sozialunterkünften vor allem von Familien und Alleinerziehenden mit Kindern beschrieben. Die Unterkünfte bieten keine kindgerechte Umgebung, was bei Familien und Alleinerziehenden zu zusätzlichen Belastungen führt.

Ebenfalls als Problem benannt wurde der Zuwachs an alleinstehenden Personen mit psychischen Problemen oder besonderen sozialen Schwierigkeiten, die in Sozialunterkünften untergebracht werden müssen, weil sie auf einen Platz in einem betreuten Wohnangebot warten oder aber aufgrund von Hausverboten wegen herausfordernden Verhaltens keinen Zugang mehr zu diesen Angeboten haben.

Die gleichzeitige Unterbringung von Familien und Alleinerziehenden sowie Alleinstehenden mit besonderem Unterstützungsbedarf führt zu Konflikten und zusätzlichen Belastungen für alle Bewohnerinnen und Bewohner von Sozialunterkünften. Diese Konflikte werden weiter verschärft durch die häufig lange Aufenthaltsdauer. Konzipiert wurden Sozialunterkünfte als kurzfristige Unterbringung. Vor allem aufgrund des angespannten Wohnungsmarkts in der Landeshauptstadt Stuttgart werden sie für viele Bewohnerinnen und Bewohner notgedrungen jedoch zu einer längerfristigen Unterbringung. So lebten bei einer Erhebung zur Aufenthaltsdauer in Sozialunterkünften im Jahr 2018 (Stichtag 13.11.2018) mehr als ein Viertel aller Personen (125 von 482 Personen) bereits länger als 24 Monate in einer Sozialunterkunft.
Um die Situation der Familien und Alleinerziehenden in Sozialunterkünften sofort zu verbessern, hat das Sozialamt eine Reihe kurzfristiger Maßnahmen ergriffen:

· Bewertung der Sozialunterkünfte auf ihre Eignung für Familien und Beendigung der Belegung in zwei Sozialunterkünften, die als nicht angemessen beurteilt wurden.

· Teilweise Einführung in einem ersten Schritt von Fallmanagement für Familien in Sozialunterkünften beim Sozialamt sowie Aufbau der ehrenamtlichen Arbeit zur Unterstützung der Familien (GRDrs 397/2018 „Unterstützung für Familien und Alleinerziehenden in Sozialpensionen“).

· Intensivierung der Kooperation mit dem Jugendamt durch regelmäßige „Schnittstellengespräche“, um die Situation der Familien in den Sozialunterkünften zu verbessern und die Zusammenarbeit zwischen den Beratungszentren des Jugendamts (zuständig für Familien in Sozialunterkünften) und dem Fallmanagement des Sozialamts zu stärken.

Darüber hinaus wurde in trägergeführten Sozialunterkünften (Evangelische Gesellschaft Stuttgart e. V., Caritasverband für Stuttgart e. V., Ambulante Hilfe e. V.) mit pädagogischer Hausleitung eine gleichzeitige Anwesenheit von mindestens zwei statt bisher nur einer Fachkraft eingeführt. In diesen Unterkünften sind keine Familien untergebracht, aber vergleichsweise viele Alleinstehende mit besonders herausfordernden Verhaltensweisen.

Hierbei handelt es sich jedoch nur um kurzfristige Maßnahmen, mit denen akuten Pro-blemlagen begegnet wird. Um die Situation in der ordnungsrechtlichen Unterbringung dauerhaft zu verbessern, schlägt die Sozialverwaltung einen grundsätzlichen Umstrukturierungsprozess vor, der neue Lösungen für die derzeit in den Sozialunterkünften untergebrachten Personen findet. Gleichzeitig soll bei ordnungsrechtlicher Unterbringung und Zuständigkeit eines sozialen Dienstes dieser stärker als bisher in die Unterstützung eingebunden werden. Das Sozialamt schlägt folgende Handlungsempfehlungen vor:

1. Klare Trennung in der Unterbringung zwischen a) Familien und Alleinerziehenden mit ihren Kindern b) Alleinstehenden, für die eine reine ordnungsrechtliche Unterbringung ausreichend ist, und c) Alleinstehenden, die neben der Unterbringung auch zusätzlichen Unterstützungsbedarf haben, der zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gedeckt ist.

2. Sicherstellung einer kindgerechten Umgebung für Familien und Alleinerziehende sowie Gewährung des Schutzbedürfnisses von Familien und Alleinerziehenden durch Schaffung eigener, passender Unterbringungsformen für diesen Personenkreis. Diese Unterbringungen müssen direkt an den zuständigen sozialen Dienst (Beratungszentren des Jugendamts) angebunden sein und eine regelmäßige pädagogische Präsenz vor Ort gewährleisten.

3. Aufbau neuer und zusätzlicher Unterbringungsformen für Alleinstehende, die Unterstützungsbedarf durch einen sozialen Dienst (z. B. der Wohnungsnotfallhilfe oder Sozialpsychiatrie) haben. Diese Angebote sollen an das jeweilige Regelsystem (z. B. Wohnungsnotfallhilfe, Sozialpsychiatrie) angebunden sein und die Präsenz fachlich spezifisch ausgebildeter sozialer Arbeit vor Ort in der Unterbringung garantieren. Diese Vorortpräsenz soll einerseits Konflikten präventiv entgegenwirken, bei Krisen intervenieren und vor allem den Zugang der Bewohnerinnen und Bewohner zu Regelangeboten der Eingliederungshilfe (v. a. der Sozialpsychiatrie) und der Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten sicherstellen. Hierbei soll auch auf die Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Hotel Plus zurückgegriffen werden (GRDrs 252/2019 „Hotel Plus - Aktueller Stand und Empfehlungen zur Weiterentwicklung“).

4. Prüfung der Belegungsvereinbarung mit privaten Hotelbetreibern und der Art des Zugangs zu Sozialunterkünften.

5. Prüfung und Neukonzeption der bestehenden Sozialunterkünfte mit pädagogischer Hausleitung.

6. Schärfung der Zuständigkeiten und Formulierung klarer Kooperationsvereinbarungen zwischen den vermittelnden Beratungsstellen (z. B. Fachberatungen der Wohnungsnotfallhilfe, Sozialpsychiatrische Dienste, Beratungszentren des Jugendamts), dem Jobcenter und der Zentralen Fachstelle der Wohnungsnotfallhilfe im Sozialamt sowie den Unterkünften.

Zur konkreten Ausgestaltung dieser Zielvorgaben und Erarbeitung eines neuen Systems der Unterbringung in Sozialunterkünften wird im dritten Quartal 2019 ein Umstrukturierungsprozess mit den an der ordnungsrechtlichen Unterbringung beteiligten Akteuren und Diensten (Sozialamt, Jugendamt, Amt für öffentliche Ordnung, Träger der Sozialpsychiatrie und der Wohnungsnotfallhilfe und weiteren zu Beteiligenden) begonnen. Die Struktur des Prozesses ist in Anlage 1 beschrieben.

Im Verlauf des Jahres 2020 wird erneut über Stand und Ergebnisse des Umstrukturierungsprozesses berichtet.


Beteiligte Stellen

Das Referat JB hat die Vorlage mitgezeichnet.


Vorliegende Anträge/Anfragen

274/2018 der Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS
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Dr. Alexandra Sußmann
Bürgermeisterin






1. Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Situation von Menschen in ordnungsrechtlicher Unterbringung in Sozialunterkünften


Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Situation von Menschen in ordnungsrechtlicher Unterbringung in Sozialunterkünften

1. Ausgangslage

Die Landeshauptstadt Stuttgart ist als Kommune verpflichtet, Menschen, die in ihrem Stadtgebiet unfreiwillig obdachlos sind, zur Abwendung von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen (§ 1 Polizeigesetz Baden-Württemberg).

In der Landeshauptstadt Stuttgart wurde diese sogenannte ordnungsrechtliche Unterbringung vom Amt für öffentliche Ordnung bzw. vom Amt für Liegenschaften und Wohnen auf das Sozialamt übertragen und wird im Sozialamt durch die Abteilung Sozialarbeit und Betreuungsbehörde sowie die Abteilung Verwaltung organisiert.

Zum Stichtag 31.06.2019 waren in der Landeshauptstadt Stuttgart 2.147 Personen ordnungsrechtlich untergebracht, davon 1.204 Personen in Fürsorgeunterkünften, 820 Personen in Sozialunterkünften und 123 Personen in einer kurzfristigen Notübernachtung.

Die verschiedenen Formen der ordnungsrechtlichen Unterbringung unterscheiden sich dabei in der Art der Unterbringung, der teilweisen Implementierung von Fallmanagement und der Ausstattung von pädagogischem Fachpersonal vor Ort sowie dem Zugang zur Unterbringung:

Fürsorgeunterkünfte sind nur einem bestimmten, besonders schutzbedürftigen Personenkreis vorbehalten (Familien und Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern oder Kindern in Ausbildung, Schwerbehinderten, Personen über 60 Jahre). Das Sozialamt bietet diese Unterkünfte ausschließlich Einwohnerinnen und Einwohnern Stuttgarts direkt nach einer Zwangsräumung an. Es handelt sich immer um abgeschlossenen Wohnraum. Der Zugang wird über das Sozialamt gesteuert und es sind Fallmanagerinnen und Fallmanager des Sozialamts im Einsatz sowie Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter der Träger der Wohlfahrtspflege in den Unterkünften vor Ort.

Zur Notübernachtung steht die Zentrale Notübernachtung in der Hauptstätter Straße 150 sowie die Winternotübernachtung in der Villastraße 3 zur Verfügung. Darüber hinaus sind einzelne Notübernachtungsplätze in den voll- und teilstationär betreuten Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe vorhanden. Eine Notübernachtung findet immer in Mehrbettzimmern statt, die nur für eine kurzzeitige Unterbringung gedacht sind. Die Notübernachtung ist nicht für Familien und Alleinerziehende zugänglich. Der Zugang wird über das Sozialamt gesteuert.

In Sozialunterkünften sind Familien, Alleinerziehende mit ihren Kindern und Alleinstehende untergebracht. Es gibt Belegungsvereinbarungen mit privaten Hotelbetreibern (Stand 31.03.2019: 35 Hotels) sowie fünf Sozialunterkünften, die von Trägern der Wohnungsnotfallhilfe betrieben werden. Der Zugang wird über das Sozialamt gesteuert.

In den privaten Sozialunterkünften (Hotels) hat die Sozialverwaltung keinen Einfluss auf die sonstige Belegung des Hotels, und es sind keinerlei Fachkräfte (Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter, Fallmanagerinnen/Fallmanager) vor Ort wie in den Fürsorgeunterkünften.
In den erwähnten fünf Sozialunterkünften von Trägern der Wohnungsnotfallhilfe ist eine pädagogische Hausleitung stundenweise anwesend. In diesen Unterkünften werden aber keine Familien untergebracht.

Zur Unterstützung von Familien und Alleinerziehenden in Sozialunterkünften wurde in den Beratungen zum städtischen Doppelhaushalt 2018/2019 die Schaffung von 1,5 Personalstellen für Fallmanagement und 0,5 Personalstellen für den Aufbau von Ehrenamtsarbeit beim Sozialamt beschlossen (GRDrs 1027/2017 „Unterstützung von Familien und Alleinerziehenden in Sozialpensionen“).

2. Aktuelle Entwicklungen und Probleme

Die Unterbringung in Sozialunterkünften ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Dies wird am deutlichsten in der Anzahl der einzelnen Übernachtungen von Personen in Sozialunterkünften im Verlauf eines Jahres. So kam es im gesamten Jahresverlauf 2010 zu insgesamt 83.588 Übernachtungen in Sozialunterkünften, im Jahr 2017 waren es 272.318 Übernachtungen, also mehr als dreimal so viele. Im Jahr 2018 ist diese Zahl erneut gestiegen und lag bei 302.823 Übernachtungen.

Der Zuwachs geht dabei vor allem auf eine verstärkte Unterbringung von Familien und Alleinerziehenden mit Kindern in den Sozialunterkünften zurück. Zum Stichtag 01.07.2014 waren 139 Personen in einem Haushalt mit Kindern (Familien und Alleinerziehende) in einer Sozialunterkunft untergebracht, zum Stichtag 28.02.2019 waren es 483 Personen - das ist eine Steigerung um mehr als das Dreifache. Die Unterbringung dieser Haushalte erfolgt überwiegend über Belegungsvereinbarungen mit privaten Hotelbetreibern. Dies bedeutet, dass viele dieser Familien und Alleinerziehenden mit mehreren Personen in einem einzigen Zimmer untergebracht sind und dies teilweise über einen Zeitraum von vielen Monaten bis hin zu Jahren. Eine solche Unterbringung bietet keine kindgerechte Umgebung, die räumliche Enge sorgt zudem für Konflikte.

Hinzu kommt, dass in den Sozialunterkünften neben Familien und Alleinerziehenden auch Alleinstehende untergebracht sind. Diese werden aus verschiedenen Gründen in Sozialunterkünfte vermittelt. So werden neben Personen, die ohne Wohnung nach Stuttgart gekommen sind, auch Personen in Sozialunterkünften untergebracht, die eigentlich einen Hilfebedarf nach § 67 SGB XII (Hilfen für Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten) oder nach § 53 SGB XII (Eingliederungshilfe für Menschen mit chronisch psychischen Erkrankungen) haben, diese Hilfen aber ablehnen oder keinen Platz in einem betreuten Wohnangebot finden, da die Angebote alle belegt sind oder gegen die Person aufgrund ihres Verhaltens bereits Hausverbote ausgesprochen wurden.

Bei einer Stichprobe der Fachberatungsstellen der Wohnungsnotfallhilfe (Stichtag: 08.01.2018) haben von den seinerzeit 228 in Sozialunterkünfte vermittelten Alleinstehenden mehr als ein Viertel (62 Personen) in der Vergangenheit bereits Hilfen nach § 67 SGB XII erhalten. Bei 52 Personen ist dieser Hilfebedarf weiterhin vorhanden, sie konnten aber nicht in ein entsprechendes Angebot vermittelt werden. Bei mehr als jeder zehnten Person (25 Personen) war zudem eine derart starke psychische Auffälligkeit vorhanden, dass die Fachberatungen von einem Hilfebedarf nach § 53 SGB XII (Eingliederungshilfe) ausgingen.


Diese Personen, die eigentlich einen Unterstützungsbedarf haben, diesen aber nicht wahrnehmen, leben aktuell gemeinsam mit Familien und Alleinerziehenden und ihren Kindern in Sozialunterkünften (Hotels) privater Betreiber. Diese Situation ist für die Alleinstehenden problematisch, da sie unter besonderen sozialen Schwierigkeiten oder psychischen Problemen leiden und in den Sozialunterkünften keinerlei Zugang zu Unterstützungsmöglichkeiten haben. Für die Familien wiederum ist neben der räumlichen Enge und der unsicheren eigenen Perspektive die unmittelbare Nähe zu diesem Personenkreis eine zusätzliche Belastung und Anlass von Konflikten.

Diese äußerst schwierige Zusammensetzung wird durch die zunehmend langen Aufenthaltszeiten in Sozialunterkünften weiter verschärft. Bei einer Erhebung zur Aufenthaltsdauer in Sozialunterkünften im Jahr 2018 (Stichtag 13.11.2018) lebten mehr als ein Viertel aller Personen (125 von 482 Personen) bereits länger als 24 Monate in einer Sozialunterkunft. Weitere 165 Personen waren länger als ein halbes Jahr in der Unterkunft.


In der Sitzung des Sozial- und Gesundheitsausschuss vom 10.12.2018 haben das Sozialamt und das Jugendamt über diese Entwicklungen und Problemstellungen in den Sozialunterkünften berichtet (Niederschrift Nr. 159/2018, TOP 4 „Kinder nicht in Sozialpensionen unterbringen – Transparenz bei Vermietungsverträgen mit Sozialhotels“, Antrag und Anfrage Nr. 274/2018 vom 14.09.2018, SÖS-LINKE-PluS).

3. Lösungsvorschläge

Die beschriebenen Problemstellungen in den Sozialunterkünften ergeben sich hauptsächlich aus einem massiven Zuwachs an Personengruppen, für die eine derartige Unterbringung nicht geeignet ist. Dies gilt vor allem für Haushalte mit Eltern und mehreren Kindern, die über Belegungsvereinbarungen bei privaten Hotelbetreibern untergebracht sind und sich dabei als Familie ein Mehrbettzimmer über viele Monate bis hin zu Jahren teilen müssen. Auch für die zweite beschriebene Personengruppe der Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten oder mit psychischen Problemen ist eine Hotelunterbringung auf Dauer ungeeignet – sie benötigen Unterstützung durch soziale Arbeit, zumindest aber ein stabilisierendes Umfeld. Beides ist in den Sozialunterkünften privater Betreiber nicht gegeben.

Zudem schafft die Vermischung der beiden Gruppen, also der Haushalte mit Kindern einerseits und der Einzelpersonen mit Unterstützungsbedarf andererseits, massive Konflikte und führt für alle Beteiligten zu zusätzlichen Belastungen.

Ein sozialplanerisches Konzept muss also genau an diesen beiden Punkten ansetzen: Personen, für die eine Unterbringung in einer Sozialunterkunft in der bisherigen Form nicht geeignet ist, müssen anders und passender untergebracht werden. Haushalte mit Kindern müssen grundsätzlich gesonderte Formen der Unterbringung erhalten.

Hierfür muss das bestehende System der Sozialunterkünfte grundsätzlich umgestaltet werden und es müssen Alternativen für jene Personen gefunden werden, die in der ordnungsrechtlichen Unterbringung fehlplatziert sind, weil sie einen Unterstützungsbedarf aufweisen, der in Sozialunterkünften nicht gedeckt werden kann.

Die Sozialverwaltung schlägt deshalb einen grundsätzlichen Umstrukturierungsprozess vor, der neue Lösungen für die derzeit in den Sozialunterkünften untergebrachten Personen findet. Zudem werden soziale Dienste stärker eingebunden, wenn sie zusätzlich zur rein ordnungsrechtlichen Unterbringung auch fallzuständig sind. Die Sozialplanung schlägt folgende Handlungsempfehlungen vor:

1. Klare Trennung in der Unterbringung zwischen a) Familien und Alleinerziehenden mit ihren Kindern b) Alleinstehenden, für die das bisherige System ausreichend ist, und c) Alleinstehenden, die neben der Unterbringung auch zusätzlichen Unterstützungsbedarf durch einen sozialen Dienst haben, der zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gedeckt ist.

2. Sicherstellung einer kindgerechten Umgebung für Familien und Alleinerziehende sowie Gewährung des Schutzbedürfnisses von Familien und Alleinerziehenden möglichst durch Schaffung eigener, passender Unterbringungsmöglichkeiten für diesen Personenkreis. Diese Unterbringungen müssen direkt an den zuständigen sozialen Dienst (Beratungszentren des Jugendamts) angebunden sein.

3. Aufbau neuer und zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Alleinstehende, die Unterstützungsbedarf durch einen sozialen Dienst (z. B. der Wohnungsnotfallhilfe oder Sozialpsychiatrie) haben. Diese Unterbringungen sollen an das jeweilige Regelsystem (z. B. Wohnungsnotfallhilfe, Sozialpsychiatrie) angebunden sein und die Präsenz fachlich spezifisch ausgebildeter sozialer Arbeit vor Ort garantieren. Diese Vorortpräsenz soll einerseits Konflikten präventiv entgegenwirken, bei Krisen intervenieren und vor allem den Zugang der Bewohnerinnen und Bewohner zu Regelangeboten der Eingliederungshilfe (v. a. der Sozialpsychiatrie) und der Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten sicherstellen. Hierbei soll auch auf die Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Hotel Plus zurückgegriffen werden (GRDrs 252/2019 „Hotel Plus – Aktueller Stand und Empfehlungen zur Weiterentwicklung“).

4. Prüfung der Belegungsvereinbarung mit privaten Hotelbetreibern und der Art der Einweisung in Sozialunterkünfte.

5. Prüfung und Neukonzeption der bestehenden Sozialunterkünfte mit pädagogischer Hausleitung der Träger der Wohnungsnotfallhilfe.

6. Schärfung der Zuständigkeiten und Formulierung klarer Kooperationsvereinbarungen zwischen den vermittelnden Beratungsstellen (z. B. Fachberatungen der Wohnungsnotfallhilfe, Sozialpsychiatrische Dienste, Beratungszentren des Jugendamts), dem Jobcenter und der Zentralen Fachstelle der Wohnungsnotfallhilfe im Sozialamt sowie den Unterkünften.

4. Arbeitsweise und Struktur des Entwicklungsprozesses unter Leitung der Sozialplanung

Um die grundsätzliche Neugestaltung der ordnungsrechtlichen Unterbringung in Sozialunterkünften zu erreichen, erarbeiten drei thematisch unterschiedliche Arbeitsgruppen konkrete Vorschläge zu den unter Punkt 3 genannten Zielvorgaben. Zusätzlich zu den drei thematischen Arbeitsgruppen wird eine Steuerungs- und Konzeptionsgruppe gegründet, welche den gesamten Prozess lenkt und die Ergebnisse der drei Arbeitsgruppen zu einem Gesamtvorschlag zusammenführt. Aufgrund der Komplexität der Problemstellung ist ein sehr differenzierter Ansatz notwendig.






Die drei Arbeitsgruppen und die Steuerungs- und Konzeptionsgruppe setzen sich wie folgt zusammen:

Steuerungs- und Konzeptionsgruppe
Teilnehmende: Zentrale Fachstelle der Wohnungsnotfallhilfe (ZFS), Abteilung Verwaltung des Sozialamts, Abteilung Sozialplanung des Sozialamts

Arbeitsgruppe Familien und Alleinerziehende (auch geflüchtete Familien)
Teilnehmende: ZFS, Abteilung Sozialplanung des Sozialamts, Abteilung Familie und Jugend 2 des Jugendamts, Jobcenter, Regionale Koordination der Wohnungsnotfallhilfe (Soziale Träger)

Arbeitsgruppe Alleinstehende mit Unterstützungsbedarf
Teilnehmende: ZFS, Abteilung Sozialplanung des Sozialamts, Jobcenter, Regionale Koordination der Wohnungsnotfallhilfe (Soziale Träger), Vertretung der Träger der Sozialpsychiatrie

Arbeitsgruppe Gewalttätige und Straffällige in ordnungsrechtlicher Unterbringung
Teilnehmende: ZFS, Sozialplanung des Sozialamts, Amt für öffentliche Ordnung, Koordination der Wohnungsnotfallhilfe für Straffällige

Weitere Teilnehmende können bei Bedarf einbezogen werden.

Die Steuerungs- und Konzeptionsgruppe wird zu Beginn des Prozesses aus den beschriebenen Problemstellungen und Zielvorgaben einen Aufgabenkatalog für die Arbeitsgruppen formulieren.

Die Arbeitsgruppen bearbeiten diesen Katalog und ergänzen bei Bedarf und nach Rücksprache mit der Steuerungs- und Konzeptionsgruppe weitere Ansätze oder Vorschläge.

Die Steuerungs- und Konzeptionsgruppe führt die Ergebnisse der Arbeitsgruppen zu einem Gesamtkonzept zusammen und erarbeitet davon ausgehend einen Vorschlag für eine passende Belegungssteuerung.

Abschließend werden die Ergebnisse und der Vorschlag zur Umgestaltung der ordnungsrechtlichen Unterbringung in Sozialunterkünften und die möglichen Auswirkungen auf die Organisation im Sozialamt dem Sozial- und Gesundheitsausschuss vorgestellt.




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