Protokoll:
Jugendhilfeausschuss
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
43
2
Verhandlung
Drucksache:
108/2024
GZ:
JB
Sitzungstermin:
06.05.2024
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
BMin Fezer
Berichterstattung:
die Vorsitzende
Protokollführung:
Frau Klemm
as
Betreff:
Änderung der Satzung der Landeshauptstadt Stuttgart ü. die Benutzung v. städt. Tageseinrichtungen für Kinder und über die Erhebung v. Kostenbeiträgen v.
29. Juli 2020 u. der Anlage zu dieser Satzung (Verzeichnis der Kostenbeiträge)
Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Jugend und Bildung vom 22.04.2024, GRDrs 108/2024, mit folgendem
Beschlussantrag
:
Die Satzung zur Änderung der Satzung der Landeshauptstadt Stuttgart über die Benutzung von städtischen Tageseinrichtungen für Kinder und über die Erhebung von Kostenbeiträgen vom 29. Juli 2020 (Amtsblatt Nr. 32/33 vom 6. August 2020; Stadtrecht 4/6) wird gemäß Anlage 1 (Text der Änderungssatzung) und Anlage 2 (Verzeichnis der Kostenbeiträge als Anlage zur Änderungssatzung) erlassen.
Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.
Einführend erläutert BMin
Fezer
kurz zu der Beschlussvorlage. Im Wesentlichen beziehe sich die Satzungsänderung auf die Möglichkeit, zusätzlich zu der bislang existierenden Abrechnung von VÖ-6-Stunden nunmehr auch VÖ-7-Stunden abzurechnen (VÖ = verlängerte Öffnungszeiten). Darüber hinaus enthalte die Vorlage eine Reihe von redaktionellen Änderungen. Einige Stadträtinnen und Stadträte hätten zu der Satzungsänderung im Vorfeld der heutigen Ausschusssitzung Beratungsbedarf signalisiert. Sie schlage vor, die Beratungsfolge durch eine weitere Vorberatung im Jugendhilfeausschuss (JHA) am 03.06.2024 zu ergänzen. Die Beratung und Beschlussfassung in den nachfolgenden Gremien (Verwaltungsausschuss und Gemeinderat) könne dann am 05.06.2024 und 06.06.2024 (seither: 15.05.2024 bzw. 16.05.2024) erfolgen, den letztmöglichen Terminen vor der Kommunalwahl. Eine weitere Verschiebung stelle sich nicht zuletzt wegen der Lame-Duck-Regel schwierig dar. Sie überlasse es den Ausschussmitgliedern, ob diese zunächst die terminliche Situation beraten oder gleich in die sachliche Diskussion einsteigen wollten.
Klare Ablehnung des Beschlussantrags signalisieren StRin
Nuber-Schöllhammer
(90/GRÜNE) und StRin
Meergans
(SPD). StRin
Hübsch
(PULS) meint, man sehe klaren Änderungsbedarf bei den Betreuungszeiten und sei insofern inhaltlich einverstanden. Allerdings müsse die Vorlage wegen der beschriebenen Herangehensweise und der zahlreichen offenen Fragen abgelehnt werden.
Kritik wird zunächst von mehreren
Ausschussmitgliedern
wegen der fehlenden Möglichkeit des Abgleichs zwischen seitheriger und veränderter Satzung geäußert. Eine entsprechende Synopse werde nachgeliefert, sagen die
Vorsitzende
und Frau
Dr. Heynen
(Jugendamt) zu.
StRin
Nuber-Schöllhammer
äußert, grundsätzlich sehe ihre Fraktion die Notwendigkeit der Veränderung und unterstütze diese. Gleichwohl sei ihrer Ansicht nach die Satzungsänderung lediglich ein weiterer Baustein in einem stetigen Stückwerk, in dem das Gebührenkonzept und nicht das Ziel im Vordergrund stehe. Ihre Fraktion stehe hinter der Möglichkeit der Umstellung von Ganztag auf VÖ, jedoch sei dies nur ein Aspekt von vielen. Letztlich stelle man sich vor, alle Akteure gemeinsam und auf Augenhöhe an einen Tisch zu bringen, anstatt Vorgaben von der Verwaltung durchzusetzen. Auch von der aktiven Elternschaft habe man zahlreiche besorgte Rückmeldungen erhalten - sie fühlten sich nach wie vor nicht gesehen und sollten deutlich mehr einbezogen und ihren Sorgen sollte Rechnung getragen werden, meint die Stadträtin. Für die Satzungsänderung bedeute dies ein "Zurück auf Los" mit dem Ziel eines Gesamtkonzepts.
Ein Neuanfang, so BMin
Fezer
, die sich von der Kritik überrascht zeigt, komme keinesfalls infrage. Sie werde den eingeschlagenen Weg weitergehen, denn nicht nur die heute anwesenden Kolleginnen und Kollegen hätten viel Herzblut in den Prozess gelegt, sondern auch der Arbeitskreis mit den Trägern habe über lange Zeit den heute vorgelegten Vorschlag erarbeitet.
StR
Pantisano
(Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) hebt hervor, man wolle die Arbeit der Verwaltung keineswegs geringschätzen. StRin
Nuber-Schöllhammer
fügt hinzu, andererseits liege es in der Natur der Sache, dass manche mühsam erarbeiteten Vorschläge oder Gesetze einfach keine Mehrheit fänden.
Gegenüber StRin Meergans stellt BMin
Fezer
klar, sie werde die Vorschläge keinesfalls verwerfen, sondern auf dem bisher Erarbeiteten aufsetzen. Im Übrigen habe man im JHA und anderen Gremien häufig über den Gesamtansatz und die Ziele gesprochen und von Anfang an signalisiert, in den Prozess schrittweise mit allen Akteuren in Arbeitsgruppen eintreten zu wollen. Sie halte nichts davon zu warten, bis ein Gesamtkonzept in allen Details erarbeitet sei, und erst dann in die Umsetzung zu gehen. Erfahrungsgemäß verzögerten sich auf diese Weise Vorhaben erheblich. Ein "Zurück auf Los" fordere sie nicht, stellt StRin
Meergans
richtig. Sie schlage vor, das bisher Erarbeitete und die Anforderungen in einen Prozess einzuarbeiten und in Phasen zu erproben. Dabei müsse der Gemeinderat einbezogen werden. Auch StRin
Nuber-Schöllhammer
spricht sich für eine Beschlussvorlage mit einer Zusammenfassung von Angebot und Zielsetzung mit einem Gesamtblick auf die Bedarfe der Eltern und der Politik aus.
Die
Vorsitzende
fährt fort, selten sei man bei einem Projekt in einen so intensiven Dialog mit allen Beteiligten getreten wie bei diesem Vorhaben, was im Übrigen entsprechend dokumentiert sei. Im Grunde genommen müsse man der Tatsache ins Auge sehen, dass man in absehbarer und zumutbarer Zeit nicht genügend Erzieherinnen und Erzieher finden werde, um sowohl die Bedarfe an Kita-Plätzen abzudecken als auch eine verlässliche Betreuung für diejenigen anbieten zu können, die bereits einen Platz hätten. Zugleich gebe es zahlreiche Eltern mit Kindern unter drei Jahren, die keine Ganztagsbetreuung benötigten. Angesichts dessen, dass man in letzterem Bereich so gut wie nur Ganztagsbetreuung anbiete, sehe die Verwaltung die logische Konsequenz in einer besseren Verteilung der zur Verfügung stehenden Zeit durch die Anpassung des Angebots an die Bedarfe der Eltern. Das wiederum bedeute keineswegs, Ganztagsplätze einfach ohne Rücksicht auf Bedarf und ohne vorherige Abklärung mit den Eltern abzuschaffen. § 7 Absatz 3 neu ermögliche eine Prüfung der Betreuungsmöglichkeit, so die Vorsitzende auf einen Einwurf von StR
Pantisano
, der meint, an keiner Stelle der Satzung sei festgehalten, was die Stadt als Alternative zur Ganztagsbetreuung denjenigen Eltern anbieten könne, die nach 14 Uhr arbeiten müssten, um unter anderem die hohen Kosten in Stuttgart überhaupt schultern zu können. Zusätzlich entstehe eine immense Bildungsschere in der Stadt: Diejenigen, die es sich leisten könnten, griffen auf private Betreuungsmöglichkeiten nach 14 Uhr zurück, andere hingegen blieben außen vor. Die bisherige Satzung ermögliche gemäß § 7 "die Beendigung des Nutzungsverhältnisses durch die Trägerin". Ergänzt werde nun aber mit der Änderung der Zusatz "bei Änderungen der Betreuungsangebote in der Tageseinrichtung für Kinder". Das löse bei Eltern die Befürchtung aus, bestehende Verträge könnten gekündigt werden. Mit der Satzungsänderung gehe man zurück in die Vergangenheit und schicke "Frauen in Stuttgart zurück an den Herd". Dieser Aussage widersprechen StR
Sailer
(FW) und StRin
Durst
(CDU).
"Unlauter", so BMin
Fezer
gegenüber StR Pantisano, sei noch eine milde Bezeichnung für seinen Vorwurf. Dies, zumal ausdrücklich und ausführlich mehrfach mündlich und schriftlich im Rahmen des Prozesses die Fakten dargelegt worden seien. Man nehme Rücksicht auf die Bedarfe der Eltern. Fakt sei, dass diese bei ganztägigem beruflichem Engagement einen Anspruch auf einen Ganztagsplatz hätten und nicht in einen VÖ-Platz getrieben würden, solange Ganztagsplätze angeboten werden könnten. Gleichermaßen werde auch in keinem Fall ein Ganztagsplatz gekürzt wo er nötig sei. Vielmehr frage man die Eltern nach ihren Bedarfen und erfülle diese, sofern möglich. Diejenigen aber, die keine Ganztagsbetreuung benötigten, erhielten einen VÖ-Platz. Zum wiederholten Male sage sie zu und gebe zu Protokoll, dass künftig - wie seither im Übrigen auch - keiner Familie ein Ganztagsplatz im Rahmen einer Angebotsveränderung entzogen werde. Die vorliegende Satzungsänderung sehe diese Möglichkeit auch überhaupt nicht vor. Sie bitte StR Pantisano, das zur Kenntnis zu nehmen und sie nicht indirekt der Lüge zu bezichtigen. StR
Pantisano
möchte diese Zusage der Bürgermeisterin nicht infrage stellen, jedoch lege die Satzung Bedingungen auch für die Zeiträume nach der Amtszeit von BMin Fezer fest.
Letztere
konstatiert, juristische Betrachtungen im Hinblick auf Veränderungen bedingten einen Blick auf den Status quo, auch ohne Synopse. Auch jetzt schon könne man gemäß aktueller Satzung Verträge beenden, tue es aber nie. Es ändere sich also überhaupt nichts. Dem widerspricht StR
Pantisano
vehement.
BMin
Fezer
mahnt, auch an die Kinder zu denken, die bisher gar keinen Kita-Platz hätten. In deren Sinne appelliere sie, unabhängig von einem Gesamtkonzept nötige Veränderungen anzustoßen. Verweigere man die Zustimmung zu der vorliegenden Satzungsänderung, sage man auch "nein" zu der neuen Möglichkeit von 7 Stunden VÖ und sei nicht bereit, Veränderungen herbeizuführen, die den Kindern und Eltern in dieser Stadt dienten. Sie werde die Vorlage wegen der wohl fehlenden Mehrheit im Ausschuss zurückziehen und dem neuen Gemeinderat im Herbst neue Vorschläge unterbreiten. Somit bleibe es bei 6 Stunden VÖ.
StRin
Meergans
(SPD) konstatiert, erfahrungsgemäß verfolgten alle Beteiligten - auch die Eltern, die einen Kitaplatz hätten - dasselbe Ziel: Kitaplätze für alle. Dem folgt StR
Pantisano
. Die Differenzierung zwischen Eltern mit und ohne Kitaplatz sei nicht in Ordnung. Er habe bereits früher gebeten und finde es wichtig, den Gesamtelternbeirat (GEB) in Strukturüberlegungen einzubinden.
Als CDU-Fraktion, meldet sich anschließend StR
Dr. Nopper
(CDU) zu Wort, habe man keine Einwendungen gegen den bisher vorgesehenen zeitlichen Gremienlauf. Auf § 7 Absatz 3 eingehend, sagt der Stadtrat, die Thematik sei auch vom GEB aufgeworfen worden. Dessen Frage zu dem Passus sei jedoch entgegen der Aussage in der Vorlage seiner Ansicht nach nicht beantwortet worden. Unabhängig davon habe man bezüglich Kapazitäten und Ausweitung der Kinderbetreuung fraglos große Fortschritte gemacht - könne allerdings mangels Fachkräften bei weitem keine Bedarfsdeckung anbieten. Der Stadtrat fragt, ob mit der Änderung eine Verbesserung der Betreuungssituation überhaupt erzielt oder lediglich die Anzahl der Betreuungsplätze erhöht werden solle. Ihn interessiere, ob es notwendig sei, das jetzige System und die Verlässlichkeit zu stabilisieren, oder ob die vorhandene Kapazität auf mehr Familien verteilt werden solle. Er fragt, ob und in welcher Größenordnung Betreuungsplätze zusätzlich geschaffen werden könnten. Schließlich erkundigt er sich, warum Letzteres der Vorlage zufolge nicht beziffert werden könne. Man vermute anhand von Elternaussagen stark, so BMin
Fezer
, dass man mehr Betreuungsplätze anbieten könne. Die exakte Anzahl allerdings werde erst nach einer Befragung der Eltern zu ihren Bedarfen vorliegen. Auf keinen Fall jedoch werde über den Kopf der Eltern hinweg entschieden. Mit der Vorgehensweise werde zusätzlich Zeit für das Personal gewonnen und mehr freie Personalkapazität geschaffen. Außerdem biete man eine Ausweitung des Angebots und mehr Flexibilisierung für die Eltern sowie eine Kostenanpassung und Einbeziehung des Mittagessens an.
Es stimme nicht, so StRin
Meergans
, dass exakte Zahlen nicht oder erst nach einer Elternbefragung genannt werden könnten, seien doch planerische Zielgrößen beim Kita-Forum dargestellt worden. Die Satzungsänderung zeige zwar eine kurzfristige Umsetzung einzelner Schritte auf und lege fest, dass Eltern kein Betreuungsplatz entzogen werde. Ihr Hauptkritikpunkt sei jedoch die fehlende grundsätzliche politische Legitimation in Form eines Grundsatzbeschlusses - auch ohne fertiggestelltes Konzept - mit einem langfristigen Ziel. Gegenwärtig komme es ihrer Fraktion so vor, als ob lediglich scheibchenweise einzelne Entscheidungen zur Beschlussfassung vorgelegt würden. Erst wenn das große Ganze klar sei, könne man einer Satzungsänderung zustimmen. Ein zusätzlicher Beratungslauf helfe dabei nicht. Ihr fehle bei dem von der Bürgermeisterin dargestellten intensiven Prozess die Augenhöhe zwischen Verwaltung und Kitaträgern auf der einen und den Eltern sowie pädagogischen Fachkräften bzw. deren Interessenvertretungen auf der anderen Seite. Abschließend stellt die Stadträtin fest, allen Beteiligten sei die Notwendigkeit von Veränderungen und damit die Unumgänglichkeit von Abstrichen klar, jedoch sei dafür ein Aushandlungsprozess unabdingbar.
Dem stimmt StR
Pantisano
zu und schlägt Modellberechnungen und Modellversuche in einigen Kitas vor, auf deren Basis ein möglicher Grundsatzbeschluss erarbeitet und entschieden werden könne. Nur so könnten Klarheit geschaffen und Unsicherheiten ausgeräumt werden. Ein Neustart sei tatsächlich vonnöten.
Für Experimente und Modelle zeigt sich StRin
Hübsch
offen, jedoch unter gleichzeitiger Einbeziehung weiterer Modifikationen in Form von Randzeiten, Wochenend- und Abendbetreuung. Die derzeitige Fassung der Vorlage mache ihrer Meinung nach den zweiten Schritt vor dem ersten.
StR
Dr. Rastetter
(Stuttgarter Liste) wünscht sich eine "verbale Abrüstung" bei der Debatte, gehe es doch um das gemeinsame Ziel, das Beste für die Kinder der Stadt zu erreichen. Für ihn sei der Beschlussantrag unklar, vor allem fehlten ihm eine Einschätzung der Ergebnisse bei der Umstellung von Betreuungszeiten, klare Fakten und eine Synopse bzw. andere Vergleichsmöglichkeiten, um die Änderungen zum Status quo nachvollziehen zu können und um die Vorlage zustimmungsfähig zu machen. In dem Zusammenhang verweist die
Vorsitzende
auf zahlreiche vorangegangene Beratungen und ausführliche Darstellungen zu der Thematik und bietet an, StR Dr. Rastetter als neuem Mitglied im JHA entsprechende Unterlagen zukommen zu lassen.
Für StRin
Höh
(FDP) stellt sich der Inhalt der Vorlage als zusätzliche Abrechnungsmöglichkeit von 7 Stunden VÖ zu den bisherigen Betreuungszeiten (6 Stunden VÖ, Ganztag) dar. Dabei gehe sie fest davon aus, dass Ganztags- und echter Randzeitenbedarf abgedeckt werden könnten. Im Übrigen verweise sie auf das groß angelegte Kita-Forum unter Beteiligung aller betroffenen Gruppierungen, das dieses Konzept erarbeitet habe. Sie appelliere jedoch an die Verwaltung, die Bedarfszahlen in Form von Befragungen in den Einrichtungen zu ermitteln. Die teilweise harschen Unterstellungen in der heutigen Debatte verstehe sie nicht.
StR
Sailer
sieht die Beschlussvorlage als Schritt in die richtige Richtung hin zu besser strukturierten und stabileren Betreuungszeiten, orientiert an den wirklichen Bedarfen. Die Ergebnisse der Umstellung könne man ohnehin erst nach Anlaufen der Änderungen feststellen.
Sie halte die 7 Stunden VÖ für sehr wichtig, konstatiert StRin
Durst
und möchte die Haltung der Träger hören.
Daraufhin meldet sich Herr
Lang
für die Konferenz der Gesamtelternbeiräte (KdGEB) zu Wort. Man unterstütze den Veränderungsprozess, aber seit die Satzungsänderung im Gespräch sei, erhalte man vermehrt besorgte Rückfragen von Eltern bezüglich des Wegfalls von Betreuungszeiten. Insofern bitte der KdGEB, den entsprechenden § 7 Abs. 3 zu überarbeiten und ihn eindeutiger zu formulieren. Mit der jetzigen Formulierung eröffne man den Trägern die theoretische Möglichkeit, bestehende Verträge zu ändern. Zudem müssten - entgegen der Aussage in der Vorlage - vor einer Änderung die Bedarfszahlen ermittelt und der GEB jetzt und nicht erst bei einer weiteren Satzungsänderung einbezogen werden. Die
Vorsitzende
erklärt, die der Vorlage anhängende Stellungnahme des GEB sei hinsichtlich der Änderung des besagten Paragrafen erörtert worden. Obwohl der Wegfall dieses Zusatzes die Satzung grundsätzlich nicht berühren würde, habe man der Klarstellung wegen entschieden, die Formulierung beizubehalten.
Herr
Käpplinger
(Evangelische Gesellschaft Stuttgart e. V., eva) betont, ohne Veränderungsversuche komme man nicht weiter. Gleichwohl wolle er bei der Evangelischen Gesellschaft weiterhin Ganztagsbetreuung anbieten, wisse aber nicht, wie lange das noch möglich sei. Er lege Wert auf die Zufriedenheit von Eltern sowie Erzieherinnen und Erziehern. Derzeit gebe es immer wieder Spannungen wegen ungeplanter Schließungen. Die Satzungsänderung sei ein Versuch, die allgemeine Platznot in den Kitas zu lindern. Der Zeitdruck hingegen entstehe durch den Wunsch, das neue Angebot VÖ-7-Stunden zum nächsten Kindergartenjahr anbieten zu können. Sie wolle, so die
Vorsitzende
, mit den ersten flexibleren Angeboten tatsächlich im kommenden Herbst an den Start gehen. Abschließend betont Herr
Käpplinger
, die Satzungsänderung sei sicher nicht die Lösung der Problematik insgesamt in der Stadt, und möglicherweise sei der jetzige Zeitpunkt mit Blick auf die anstehenden Wahlen nicht der richtige für die Änderung. Dem widerspricht StRin
Meergans
- in ihrer Fraktion habe es bereits im letzten Herbst Kritik an dem Prozess gegeben, diese steigere sich nun lediglich unmittelbar vor dem ersten Schritt.
Grundsätzlich, meint Herr
Schulze-Gronemeyer
(Evangelische Kirchenpflege Stuttgart), gehe es um bedarfsgerechte Kitaplätze für alle - und daran mangele es in Stuttgart. Bisher definierten die Eltern selbst die Bedarfe. Würden die Ganztagsplätze reduziert, könnte das Recht der Selbstdefinition als eingeschränkt betrachtet werden. Im Hintergrund stehe die Befürchtung, dass - wie in anderen Städten - der Ganztag komplett wegfalle. Erfahrungsgemäß komme VÖ-7-Stunden auch für Eltern infrage, die eine Ganztagsbetreuung tatsächlich nicht unbedingt täglich bräuchten, denen aber die Versorgung mit Mittagessen wichtig sei. Der entsprechende Teil der Vorlage sei insofern eine Flexibilisierung für städtische und andere Träger. Eine Verschärfung der Regelung jedoch stelle § 7 Absatz 3 dar. Herr Schulze-Gronemeyer verweist - wie zuvor auch Herr Käpplinger - auf die in den Verträgen seiner Einrichtungen bereits jetzt enthaltene Kündigungsmöglichkeit im Falle des Wegfalls eines Angebots. Er könne den Wunsch nach einem Grundsatzbeschluss nachvollziehen; die Diskussion darüber könne aber auch parallel zum Beschluss über VÖ-7-Stunden stattfinden.
Herr
Biermann
(Caritasverband für Stuttgart e. V.) meint, in gemeinsamer Anstrengung sei ein recht komplexer Prozess aufgestellt worden. Er habe seine anfänglichen Vorbehalte etwas zurückgestellt, wolle aber an seine bereits früher geäußerte Bitte erinnern, den Veränderungsprozess über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren und transparent zu gestalten. Das Problem sehe er in der Unvorhersehbarkeit der Wirkung der angestrebten Veränderungen. Vorhersehbarkeit aber könne es in einem solchen Prozess nicht geben. Ohne jedoch überhaupt einen Versuch zu unternehmen, werde man nicht weiterkommen, zumal niemand wisse, wie sich die Änderung von VÖ auf die Zufriedenheit der Erzieherinnen und Erzieher auswirke. Er frage sich, ob man einen Prozess beschreiben und satzungsmäßig abbilden könne, der stärker den Experimentiercharakter betone. Er fände es schade, wenn die nunmehr mögliche Betreuungszeit von VÖ-7-Stunden zu Lasten der Eltern nicht realisiert werden könne. Des Weiteren müssten die Eltern in der Steuerungsstruktur vertreten sein. Letzteres befürwortet auch StRin
Meergans
.
Situationen vorherzusehen, so Frau
Weegmann
(Verband freier unabhängiger Kindertagesstätten Stuttgart, VFUKS) anschließend, sei ihrer Erfahrung nach nicht möglich. Erschwerend komme hinzu, dass sich wohl erst 2030 die Spitze der anhaltend unbefriedigenden Lage zeigen werde. Angesichts dieser Fakten habe sie zusammen mit Herrn Schulze-Gronemeyer und unter Einbeziehung von BMin Fezer einen Diskussionsprozess angestoßen, in dem alle denkbaren Lösungen und Ansätze überlegt worden seien. Flexibilisierung sei immer ein entscheidendes Thema gewesen, um den Bedarf der Eltern zu decken. Der Beschlussantrag mit den zusätzlichen Öffnungszeiten sei aus abrechnungstechnischen Gründen inhaltlich durchaus korrekt. Dennoch halte sie die Ganztagsbetreuung für ein zentrales Thema, und sie könne sich eine dahingehende Präambel oder eine Formulierungsänderung vorstellen.
Frau
Dr. Heynen
bedauert das Fehlen einer Synopse. Ihr sei zudem nicht klar gewesen, dass die strittige Formulierung in § 7 Absatz 3 anders gelesen werden könne als sie gemeint sei. Letztlich gehe es aber darum, als städtischer Träger auch 35 Betreuungsstunden pro Woche anbieten und abrechnungstechnisch abbilden zu können, um Personalstunden für mehr Plätze freizusetzen. Eine solche Flexibilisierung werde von allen Trägern dringendst gefordert. Grundsätzlich informiert die Leiterin des Jugendamts zunächst, der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) definiere Ganztag mit 35 Stunden und 5 Minuten. Stuttgart biete als einzige Kommune in Baden-Württemberg 40 Stunden plus Randzeiten bei 90 % der angebotenen Plätze im Bereich der unter Dreijährigen an. Bei den Drei- bis Sechsjährigen seien es 70 %. Über Angebotsveränderungen werde immer im JHA entschieden. Aktuell hätten 788 angemeldete Kinder im Alter von vier Jahren und älter keinen Kitaplatz, müssten aber dringend in die Kita, unter anderem, um die deutsche Sprache zu lernen. Diese Personengruppe sei an dem Prozess nicht beteiligt, was aus ihrer Sicht ein Manko darstelle. Gleichwohl sei es systemisch nicht richtig gedacht, als öffentlicher Träger dieser Gruppe vermeintlich eine Stimme geben zu müssen. Ihrer Meinung nach müsse die Politik zu einer eigenen Position kommen. Die Satzungsänderung sei ein Versuch, als städtischer Träger eine Flexibilisierung bei den unter Dreijährigen zu erreichen. Bei 600 Einrichtungen könnten genaue Zahlen nicht ermittelt und somit könne auch kein langfristiger Plan erstellt werden. In kleinem Umfang jedoch könne mit dem Erprobungsparagrafen experimentiert werden. Letztlich sehe sie aber keine Lösungsmöglichkeit des Dilemmas - mit Ausnahme eines kompletten Neuanfangs.
Abschließend sagt die
Vorsitzende,
sie werde die weitere Vorgehensweise dem JHA zu gegebener Zeit und nach reiflicher Überlegung unterbreiten. Der grundsätzliche Ansatz sei mehrfach detailliert im Ausschuss erörtert worden. Fest stehe, dass bei Stadträtinnen und Stadträten und teilweise auch bei den Eltern das bisher Kommunizierte nicht verstanden werde. Die Kommunikation müsse insofern verändert werden. Auf die darauffolgende Äußerung von StRin
Meergans
, es gehe nicht um Kommunikation, sondern um Partizipation, meint BMin
Fezer
, Partizipation sei in allen Protokollen der JHA-Sitzungen, Präsentationen und Vorlagen ablesbar.
Nachdem keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, stellt BMin
Fezer
fest:
Die GRDrs 108/2024 wird
zurückgezogen
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