Protokoll:
Sozial- und Gesundheitsausschuss
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
143
20
Verhandlung
Drucksache:
GZ:
Sitzungstermin:
25.09.2017
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
BM Wölfle
Berichterstattung:
BM Dr. Schairer, Herr Dr. Stadler (AföO)
Protokollführung:
Herr Krasovskij
fr
Betreff:
"Landesglückspielgesetz konsequent umsetzen
Mindestabstandsgebot im Kampf gegen Spielhallenwildwuchs und Suchtgefahren durchsetzen"
- Antrag Nr. 214/2017 (90/GRÜNE) vom 17.07.2017
- mündlicher Bericht -
Vorgang: Ausschuss für Umwelt und Technik vom 19.09.2017, öffentlich, Nr. 425
Ergebnis: Vertagung
Der im Betreff genannte Antrag ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.
Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.
BM
Wölfle
übergibt das Wort an BM
Dr. Schairer
, der einleitend erklärt, dass die Einführung des Landesglücksspielgesetzes (LGlüG) die Stadt Stuttgart vor erhebliche Herausforderungen stellt. Um die Bestimmung des LGlüG konsequent umzusetzen, müssten die 121 Spielhallen in Stuttgart in einem umfangreichen und rechtlich anspruchsvollen Verfahren auf den Einzelfall bezogen überprüft werden. Da es vor allem in der Stadtmitte eine sehr hohe Konzentration an Spielstätten gäbe, womit das künftig geltende Mindestabstandsgebot in vielen Fällen nicht eingehalten werden könne, müsse man davon ausgehen, dass sehr viele Spielhallenbetreiber einen Härtefallantrag stellen werden.
Herr
Dr. Stadler
informiert das Gremium anhand einer Präsentation über die wesentlichen Inhalte und rechtlichen Rahmenbedingungen des LGlüG, die damit für die Stadt Stuttgart verbundenen Auswirkungen, sowie über die aktuelle Situation in Sachen Spielhallen in der Stadt.
Im LGlüG sei ab dem Jahr 2012 der Glücksspielstaatsvertrag umgesetzt und ein neues Spielhallenrecht aufgestellt worden. Danach müsste auch für die Bestandsspielhallen, die bereits vor dem Jahr 2012 existierten, nach einer fünfjährigen Übergangsfrist - also zum 01.07.2017 - eine Erlaubnis nach den Anforderungen des LGlüG ausgestellt werden. Es gäbe hier also keinen Bestandsschutz. Das sei ein ganz wesentlicher Punkt des LGlüG, so Herr Dr. Stadler.
Im Gesetz würden die Voraussetzungen für eine Spielhallenerlaubnis nun eindeutig benannt. So sei es künftig z. B. nicht mehr gestattet, Mehrfachspielhallen zu betreiben, also mehrere Spielhallen in einem Gebäudekomplex. Ebenfalls spielten die bereits geltenden Aspekte Zuverlässigkeit und das Sozialkonzept nach wie vor eine Rolle.
Ein weiterer zentraler Punkt des LGlüG seien die künftig einzuhaltenden Mindestabstandsvorschriften. Demnach dürfe der Abstand zwischen zwei Spielhallen 500 Meter nicht unterschreiten, gerechnet von Eingang zu Eingang. Diese Vorschrift gelte ab dem 01.07.2017. Zudem müsste der Mindestabstand zwischen Spielhallen und Kinder- und Jugendeinrichtungen künftig ebenfalls 500 Meter betragen. Diese Vorgabe gelte aber erst ab dem Jahr 2021 und nicht für die Bestandsspielhallen. Diese Einschränkung sei entscheidend, anderenfalls wäre das Gesetz im Moment in der Stadt Stuttgart kaum umsetzbar.
Wenn in einen Bestand eingegriffen werde, müsse man dies als Gesetzgeber verhältnismäßig abfangen. Dazu gäbe es eigentlich immer eine Härtefallregelung, so auch beim LGlüG. Die Härtefallregelung erlaube in jedem Einzelfall eine befristete Abweichung vom Mehrfachspielhallenverbot und vom Mindestabstandsgebot. Die Einhaltung der Anforderungen und Bestimmungen des Gesetzes müsse also in jedem Einzelfall und unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Spielhallenbetreibers geprüft werden. Dies bedeute, dass jede der Stuttgarter Spielstätten einzeln zu betrachten sei. Klassische Härtegründe seien dabei beispielsweise langjährige Mietverträge, die vor Inkrafttreten des LGlüG, also vor November 2011 geschlossen worden sind und Betreiber über die fünfjährige Übergangsfrist hinaus binden würden. Zum anderen zählten zu den Härtegründen auch Investitionen, die ebenfalls im Zeitraum vor November 2011 getätigt worden sind und noch nicht abgeschrieben seien. Diese Härtegründe seien der Stadt so vom Wirtschaftsministerium als anerkennenswert mitgeteilt worden.
Die Bandbreite der Gründe, die von den Spielhallenbetreibern genannt würden, sei natürlich wesentlich vielfältiger, so Herr Dr. Stadler. Häufig würden fehlende alternative Nutzungsmöglichkeiten für die Betriebsräume genannt. Dabei müsse man oft feststellen, dass sich viele Spielhallenbetreiber erst jetzt mit der Frage einer anderweitigen Nutzung der Räumlichkeiten beschäftigten, obwohl das LGlüG bereits seit 2011 gelte. Immer wieder würden von den Betreibern auch persönliche Begründungen vorgebracht, wie etwa ein drohender Erwerbsausfall oder die Schwierigkeit wegen fehlender Ausbildung oder fortgeschrittenen Alters eine alternative Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Viele seien der Auffassung, dass ihnen durch das Gesetz der Arbeitsplatz oder sogar die Existenzgrundlage entzogen werde. Dies sei aber ausdrücklich kein anerkennenswerter Härtegrund. Denn es sei Sinn und Zweck des Gesetzes gegen Spielhallenwildwuchs und die Suchtgefahren anzukämpfen. Dies bedeute auch, dass manche Spielhallen geschlossen werden müssten, ihre Betreiber die Arbeitsplätze verlieren und sich eine neue Existenzgrundlage suchen müssten.
Das Wirtschaftsministerium habe der Stadt in Bezug auf die Härtefallregelung eine weitere Besonderheit aufgegeben, nämlich den sogenannten Vorrang des Härtefalls. Im Prüfverfahren müsse also zuerst geprüft werden, ob ein Härtefall vorliege. Falls es einen Härtefall in einer Konkurrenzsituation gäbe, wo sich also innerhalb von einem Radius von 500 Metern mehrere Spielhallen befinden, dann könne den anderen Betreibern keine weitere Betriebserlaubnis erteilt werden. Das hieße vereinfacht gesagt, der Härtefall gehe vor, es sei denn, die in Konkurrenz stehende Spielhalle würde auch unter die Härtefallregelung fallen.
Dies führe zu einem komplexen mehrstufigen Prüfverfahren. Zuerst werde die persönliche Zuverlässigkeit der Betreiber überprüft, dies sei klassisches Gewerberecht. Bei Unzuverlässigkeit werde die Betriebserlaubnis automatisch verwehrt. Anschließend werde der Härtefallantrag geprüft. Bei Vorliegen eines Härtefalls werde (gemäß dem Vorrang des Härtefalls) die Betriebserlaubnis von der Stadt gewährt. Bei einer Konkurrenzsituation mit einem Härtefall müssten die anderen Spielhallen ebenfalls auf den Härtefall geprüft werden. Bei Nicht-Vorliegen müsste, wie erwähnt, allen ohne Auswahl die Betriebserlaubnis verwehrt werden.
Liege hingegen eine Konkurrenzsituation ohne Härtefall vor, müsse die Stadt eine Auswahlentscheidung zwischen den beantragenden Spielhallen treffen. Für diesen Fall gäbe es im LGlüG, und dies mache die Umsetzung des Gesetzes so schwierig, keine Kriterien. Die Stadt dürfe hier nach eigenem Ermessen den Sinn und Zweck des Gesetzes, also den Spielerschutz, anwenden und die Umsetzung der Vorschriften, die zum Schutz der Spieler einzuhalten seien, überprüfen. Hier könne man hilfsweise auf die Härtefallkriterien der langfristigen Mietverträge und Investitionen zurückgreifen.
Es sei dabei ein relativ aufwendiges Prozedere zu bestimmen, ob und wann ein Härtefall vorliege, meint Herr Dr. Stadler weiter. Denn die Spielhallenbetreiber seien gegenüber der Stadt häufig nur bedingt auskunftsfreudig. Viele würden ihre Mietverträge oder Investitionen als Betriebsgeheimnisse betrachten, und geben diese deshalb nicht gerne preis.
Bei der Qualität der Angaben gäbe es auch große Unterschiede. Manche Betreiber würden das Testat eines Steuerprüfers schicken, auf das man sich einigermaßen verlassen könnte. Andere würden einen ganzen Packen von Rechnungen vorlegen, aus dem die Verwaltung dann selber schließen solle, ob es sich um eine Investition handle, die noch nicht abgeschrieben sei. Dies mache solche Verfahren sehr aufwendig.
Die Stadt Stuttgart befinde sich in einem intensiven Austausch mit anderen größeren Städten. Ein gemeinsames Treffen sei organisiert worden, um Erfahrungen aus der Vorbereitung der Umsetzung des LGlüG auszutauschen. Nach dem Treffen sei die Stadt auf den Städtetag und das Wirtschaftsministerium zugegangen und habe Bedenken geäußert. Dies habe aber nicht zur Klärung der bestehenden Probleme geführt.
Gerade in der Innenstadt von Stuttgart würden Konkurrenzsituationen vorkommen, da sich mehrere Spielhallen in einem Umkreis von 500 Metern befänden. Das hieße, würde die Stadt einem Betreiber den Härtefall zusprechen, müsste man davon ausgehen, dass andere Betreiber in der Konkurrenzsituation, die darunter leiden, versuchen würden, diese Härtefallentscheidung in einer Art Drittwiderspruch anzugreifen. Die Betreiber hätten den Wunsch, frühzeitig bei den einzelnen Verwaltungsverfahren hinzugezogen zu werden und würden gegenseitig Akteneinsicht fordern. Es käme bei Konkurrenzsituationen somit zu äußerst komplexen Verfahren, bei denen mehrere Betreiber betroffen wären.
Das Thema Akteneinsicht sei ebenfalls problematisch, da Betriebsgeheimnisse nicht verraten werden dürfen. Die Stadt müsse die Akten in einem zeitintensiven und arbeitsaufwendigen Prozess also durchsehen und etwaige betriebsrelevante Informationen schwärzen - somit eine Art Zweitakte erstellen.
Im Folgenden schildert Herr Dr. Stadler die aktuelle Situation der Spielhallen in Stuttgart und die Auswirkungen des LGlüG für die Landeshauptstadt. Derzeit gäbe es in Stuttgart 121 Spielhallen mit einer Betriebserlaubnis. Dabei seien bei der Stadt 120 Anträge auf Neukonzessionierung und ebenso viele Härtefallanträge eingegangen. Ein Betreiber hatte keinen Antrag gestellt und seine Spielhalle bereits aufgegeben. Das Mindestabstandsgebot könne dabei lediglich in zehn Fällen eingehalten werden. Bei den anderen 110 Spielhallen müsse die Stadt ein Prüfverfahren durchführen. Allein in Stuttgart-Mitte gäbe es in einem relativ abgegrenzten Bereich 55 Hallen. Zum Teil bestünden Konkurrenzsituationen mit bis zu 35 Betreibern. Das hieße, die Stadt müsste in 35 Fällen prüfen, ob Härtefälle vorliegen. Falls keinem der 35 Betreiber ein Härtefall bescheinigt werden könne, gelte es einen auszuwählen, dem dann die Neukonzession erteilt werde. Dies sei eben nicht einfach.
Auch andere Stuttgarter Stadtteile würden eine durchaus hohe Konzentration an Spielhallen aufweisen. So gäbe es in Zuffenhausen 15 Stück, im Osten 10 Stück, in Feuerbach 9 Hallen und in Bad Cannstatt 7. Auch in diesen Stadtteilen sei die Konkurrenzsituation nicht einfach aufzulösen, so Herr Dr. Stadler. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass die Konkurrenzkreise auch untereinander zusammenhingen und sich gegenseitig beeinflussen könnten. Wenn aus einem Konkurrenzkreis ein Betreiber bestimmt werde, der eine Betriebserlaubnis erhält, habe dies häufig auch Auswirkungen auf den unmittelbaren Nachbarkreis. Diese Tatsache verkompliziere das Verfahren zusätzlich.
Herr Dr. Stadler stellt noch einmal fest, dass vom LGlüG keine Vorgaben bezüglich der Auswahl bei Konkurrenzsituationen ohne Härtefall gemacht werden. Die Legaldefinition sei damit abstrakt. Es gäbe zwar Hinweise zur Verfahrensweise in solchen Fällen vom Wirtschaftsministerium, die aber in der Praxis nur bedingt hilfreich seien.
Die eingegangenen Härtefallanträge würden sich in Sachen Qualität zum Teil deutlich unterscheiden. Man müsse aber die Maßgabe haben, einen ähnlichen Stand von allen zu erreichen, um eine Konkurrenzsituation auf einmal auflösen zu können. Im genannten Extremfall mit 35 miteinander konkurrierenden Hallen, könne man nur dann über alle 35 gleichzeitig entscheiden, wenn alle Anträge auf eine gleiche Entscheidungsreife gebracht werden könnten. Falls ein Betreiber sich als nicht auskunftsfreudig zeige, sei es sehr schwierig, diese Entscheidungsreife in der Breite herzustellen.
Im Rahmen des Prüfverfahrens müsse man sich darüber hinaus beispielsweise auch mit steuerlichen Fragen beschäftigen, was nicht der Kernkompetenz der Kolleginnen und Kollegen des Amtes für öffentliche Ordnung entspreche. Insofern sei es häufig erforderlich, Nachermittlungen zu betreiben oder Fachleute zu befragen.
Die neuen Regelungen des LGlüG sollten in Baden-Württemberg theoretisch seit dem 01.07.2017 zur Anwendung kommen und seien damit auch für die Stadt Stuttgart bindend. Die Hallenbetreiber benötigten jetzt eine Neukonzessionierung. Aufgrund der dargestellten komplexen Prüfverfahren sei die Einhaltung des Stichtages nicht möglich gewesen. Die Stadt habe den Spielhallenbetreibern deshalb zum 01.07.2017, also dem Ablaufdatum der alten Konzessionen, Interimsbetriebserlaubnisse erteilt. Diese seien in Sachen Laufzeit gestaffelt und teilweise für ein halbes Jahr gültig, überwiegend für ein Jahr. Durch diese Interimslösungen sollte sowohl der Stadt als auch den Spielhallenbetreibern planerische aber auch rechtliche Sicherheit gewährt werden. Denn der Betrieb eines Glücksspiels gänzlich ohne behördliche Erlaubnis sei nach § 284 StGB ein Straftatbestand.
Unabhängig von den Interimserlaubnissen möchte die Verwaltung umgehend die einzelnen Prüfverfahren beginnen bzw. vorantreiben. Im Stuttgarter Süden sei man dabei bereits entscheidungsreif. Dort gebe es zwei Hallen, wobei ein Härtefall nicht vorliege und zwischen den beiden Spielstätten entschieden werden müsse. Alle für das Verfahren relevanten Unterlagen würden vorliegen. Es habe zudem eine Vor-Ort-Besichtigung, bei der auch er anwesend war, und eine Anhörung gegeben. In wenigen Wochen könne man hier eine erste Entscheidung verkünden, so der Mitarbeiter des Amtes für öffentliche Ordnung.
Geplant sei, die Prüfverfahren mit 2 Stellen im gehobenen Dienst zu bewältigen, die für das Spielrecht insgesamt zuständig sind, das heißt, neben den Erlaubnissen nach dem LGlüG zudem auch für die allgemeine Verwaltung der Hallen und das Glücksspiel z. B. bei Spielautomaten in Gaststätten.
Zum Ende seines Vortrags gibt Herr Dr. Stadler einen Ausblick. Mit Hilfe der Interimsbetriebserlaubnisse habe die Stadt etwas Zeit gewonnen. Man werde versuchen, in dieser Zeit die Prüfverfahren durchzuführen. Parallel beobachte man auch die Umsetzung des LGlüG in anderen größeren Städten Baden-Württembergs. Dabei könnten zwei Tendenzen festgestellt werden. In manchen Städten komme die Härtefallregelung vermehrt zur Anwendung. So seien in Karlsruhe von den insgesamt 66 Spielhallen, 42 als Härtefälle eingestuft worden. In Pforzheim habe man von 45 Spielhallen 20 als Härtefälle anerkannt und in Heilbronn gäbe es bei 63 Spielhallen 43 Härtefallentscheidungen. Hier werde also das Verhältnis von Härtefall, sprich Ausnahme, und Regel etwas umgekehrt, und die vielen Spielhallen würden weiterhin quasi "geduldet", so Herr Dr. Stadler.
Andere baden-württembergische Städte wie Mannheim, Ulm oder eben Stuttgart, die noch nicht entscheidungsreif seien, würden sich bis zum Abschluss der Prüfverfahren mit Interimserlaubnissen behelfen.
Die Erfahrung zeige, dass häufig versucht werde, neue Entscheidungen und Gesetzesvorgaben anzugreifen. Dies sei nachvollziehbar. Für viele Hallenbetreiber gehe es schließlich um ihre Existenz. Deshalb müsse man damit rechnen, dass viele Betreiber ein Widerspruchsverfahren beim Regierungspräsidium anstreben würden, unter Umständen auch ein Klageverfahren. Solche Widerspruchs- oder Klageverfahren würden häufig lange dauern und könnten auch in eine zweite Instanz gehen.
Weil sich die Stadt Stuttgart keinen Schadensersatzansprüchen aussetzen möchte, habe man sich mit den anderen Städten in Baden-Württemberg abgestimmt, dass kein Sofortvollzug angeordnet werden solle, wenn die Schließung einer Halle beschlossen werde. Die Betreiber bekämen in solchen Fällen eine Schließungsverfügung ohne Sofortvollzug. Falls die Betreiber dagegen Widerspruch einlegten, könne die Stadt nicht vollziehen und die Halle bliebe offen.
Bis das neue LGlüG in Stuttgart konsequent umgesetzt werden könne und sich die Schließung einzelner Spielhallen auch auf der Straße bemerkbar mache, werde Zeit vergehen. Die Stadt rechne hier mit einem Zeitraum von etwa zwei bis drei Jahren, sagt Herr Dr. Stadler abschließend.
Ergänzend erklärt BM
Dr. Schairer
, dass zur Abwicklung des Prüfverfahrens im Rahmen der Haushaltsplanberatungen 1 zusätzliche Stelle beantragt werde.
Die geplante Vorgehensweise der Stadt wird von StR
Stopper
(90/GRÜNE) begrüßt. Die GRÜNEN würden das Problem des Wildwuchses von Spielhallen in Stuttgart sehr ernst nehmen und möchten dieser Entwicklung entgegensteuern, meint er. Deshalb wolle man die Verwaltung in der Sache nach Möglichkeit unterstützen. Der Stadtrat spricht sich dafür aus, dass Härtefälle und Härtefallgründe, wie schwierige Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt oder Probleme bei der Nachnutzung der Betriebsräume, zeitlich nicht unbefristet anerkannt werden. Schließlich hätten die Betreiber in der Übergangsphase fünf Jahre Zeit gehabt, sich mit den neuen Regelungen zu beschäftigen.
Bei der Anerkennung von Härtefällen sei immer eine zeitliche Befristung vorgesehen, antwortet Herr
Dr. Stadler
. Wenn der Betreiber beispielsweise vorbringe, er müsse noch drei Jahre Investitionen abschreiben, werde die Betriebserlaubnis eben für diesen Zeitraum erteilt. Grundsätzlich könnten sämtliche Härtefälle auch nur bis zum Jahr 2021 anerkannt werden. Danach trete dann eine weitere Änderung des LGlüG in Kraft.
Das LGlüG mache es den Verwaltungen aufgrund ungenauer Definitionen und der Härtefallmöglichkeit nicht gerade einfach, die Vorgaben umzusetzen und die Anzahl der Spielhallen zu verringern, stellt StRin
Bulle-Schmid
(CDU) fest. Dies sei bedauerlich, und man brauche in der Angelegenheit einen langen Atem.
Dieser Aussage schließt sich auch StRin
Gröger
(SPD) an. Das Heft des Handelns liege jetzt beim Amt für öffentliche Ordnung und beim Baurechtsamt. Sie zweifelt an, dass es in Untertürkheim nur zwei Spielhallen gäbe. Ihrer Ansicht nach sei die Anzahl wesentlich höher. Das Thema habe vor einigen Jahren bereits den dortigen Bezirksbeirat beschäftigt, geschehen sei seitdem aber nichts. Die Stadträtin fragt, in welcher Reihenfolge die einzelnen Stadtteile beim Prüfverfahren abgearbeitet werden sollen, und ob es hier eine Priorisierung gibt. Sie meint, dass Stadtteile mit besonders vielen Spielhallen vordergründig zu überprüfen sind. Ferner bittet die Stadträtin um Übersendung der gezeigten Präsentation an die Gemeinderäte und macht deutlich, dieser Tagesordnungspunkt müsse ausführlich im Ausschuss für Umwelt und Technik behandelt werden.
Der Verwaltung sei die Problematik bekannt, dass es in Untertürkheim vermeintlich mehr Spielhallen als die zwei zugelassenen gäbe, so Herr
Dr. Stadler
. Oft würden aber Kneipen mit Spielautomaten fälschlicherweise als Spielhallen angesehen. Manches Mal werde im Schaufenster für eine Spielhalle geworben, im Inneren befinde sich aber keine. Derzeit seien in Untertürkheim tatsächlich nur zwei Spielhallen zugelassen. Deren Betreiber hätten bei der Stadt auch Anträge auf Neukonzessionierung gestellt. Man werde den Hinweis von StRin Gröger aber aufnehmen und die Situation im Stadtteil erneut prüfen.
Bei dem Prüfverfahren wolle man sich von den Außenstadtteilen in die Innenstadt vorarbeiten, meint Herr Dr. Stadler. Weniger belastete Stadtteile, wie Stuttgart-Süd oder Untertürkheim, sollen bereits im Verlauf des nächsten Vierteljahres entschieden werden. Die Innenstadt mit 55 Spielhallen werde dann zum Schluss überprüft.
StRin
Halding-Hoppenheit
(SÖS-LINKE-PluS) zeigt sich ebenfalls enttäuscht, dass sich die Umsetzung des LGlüG als derart komplex darstellt. Bei der Konzessionierung neuer Spielhallen müsse man künftig konsequent die Voraussetzungen prüfen und zwischen den Interessen der Betreiber und der Bevölkerung abwägen, meint sie. Man dürfe dabei nie außer Acht lassen, dass die Spielsucht das Leben und die Existenzen vieler Menschen zerstöre und die öffentliche Hand zur Suchtprävention und Resozialisierung ehemaliger Spieler hohe Kosten tragen müsse.
Dazu erklärt Herr
Dr. Stadler
, das LGlüG habe zumindest schon jetzt bewirkt, dass seit 2012 in Stuttgart keine neue Spielhalle dazugekommen ist. Betreiber, die heute eine neue Spielstätte eröffnen wollten, müssten alle Vorgaben des Gesetzes in Gänze erfüllen - das hieße, nicht nur einen Mindestabstand von 500 Metern zur nächsten Spielhalle einhalten, sondern auch zu Kinder- und Jugendeinrichtungen.
Abschließend erklärt BM
Dr. Schairer
, dass dieses Thema in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik am 10.10.2017 weiter beraten werde.
BM
Wölfle
schließt diesen Tagesordnungspunkt danach ab. Somit hat der Sozial- und Gesundheitsausschuss
vom Bericht zum Antrag Nr. 214/2017
der Bündnis 90/
DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion
Kenntnis genommen
.
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