Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Sicherheit/Ordnung und Sport
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration

Gz: SI
GRDrs 822/2017
Stuttgart,
09/28/2017


Geplante Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes bei der Landeshauptstadt Stuttgart



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Sozial- und GesundheitsausschussKenntnisnahmeöffentlich16.10.2017

Bericht:


Am 1. Juli 2017 ist das Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) des Bundes in Kraft
getreten. Damit wurden erstmals umfassende Regelungen für das Prostitutionsgewerbe getroffen. Ziel dieses Gesetzes ist es, die Gesundheit und Sicherheit der Prostituierten besser zu schützen sowie die Kriminalität in der Prostitution wie Menschenhandel, Gewalt gegen Prostituierte, Ausbeutung und Zuhälterei zu bekämpfen. Die Kernelemente sind zum einen die Anmeldepflicht samt Informations- und Beratungsgespräch und eine
gesundheitliche Pflichtberatung für Prostituierte und zum anderen die Erlaubnispflicht für alle Prostitutionsgewerbe.


Inzwischen liegt der Entwurf des Ausführungsgesetzes des Landes Baden-Württemberg zum ProstSchG vor (AGProstSchG). Danach wird für Stuttgart die Landeshauptstadt Stuttgart als untere Verwaltungsbehörde zuständig sein; für die gesundheitliche Beratung konkret das Gesundheitsamt. Die Anmeldebescheinigung und –beratung wird gebührenfrei sein; für die Erlaubnis und Überwachung der Prostitutionsbetriebe können Gebühren erhoben werden. Den für die Anmeldung und die gesundheitliche Beratung von Prostituierten zuständigen Behörden wird vom Land ein finanzieller Ausgleich gewährt, nicht jedoch den für das Erlaubnisverfahren und für die Überwachung von Prostitutionsbetrieben zuständigen Behörden, die sich über Gebühreneinnahmen refinanzieren sollen. Das Ausführungsgesetz soll am 1. November 2017 in Kraft treten. Interimsweise nimmt das Land bis dahin selbst Aufgaben aus dem ProstSchG wahr.

Die Verwaltung schlägt vor, Anmeldung (§§ 3 ff. ProstSchG) samt damit verbundenem
Informations- und Beratungsgespräch (§ 7 ProstSchG) und gesundheitliche Beratung der Prostituierten (§ 10 ProstSchG) beim Gesundheitsamt anzusiedeln, das Erlaubnisver-
fahren für Prostitutionsbetriebe sowie die Überwachung dagegen beim Amt für öffentliche Ordnung.
Da es sich um eine vollständig neue gesetzliche Aufgabe handelt, bedarf es in beiden Ämtern zusätzlicher Ressourcen, um die Vorgaben des Gesetzes erfüllen zu können. Das Gesetz sieht zum Schutz der Interessen der Prostituierten zwingend eine Trennung der Anmeldung nach § 3 ff. ProstSchG, der Beratung nach § 7 ProstSchG, der gesundheit-lichen Beratung nach § 10 ProstSchG und der Beratung und Untersuchung nach
§ 19 Infektionsschutzgesetz vor.


Beim Gesundheitsamt ist damit zu rechnen, dass aufgrund der Pflichtberatung mehr
Personen als bisher einen zusätzlichen Beratungs-, Untersuchungs- und Betreuungs-
bedarf nach § 19 Infektionsschutzgesetz (IfSG) haben werden. Es wird also auch beim zuständigen Sozialdienst und bei der HIV/STI-Beratungsstelle zu einer Arbeitsver-
mehrung kommen. Entsprechend wurde für den Bereich der freiwilligen Beratung und
Untersuchung zum Stellenplan 2018 die Schaffung von 2,2 Stellen für Sozialarbeit und jeweils 0,5 Stellen für eine Ärztin/einen Arzt und medizinische Assistenz beantragt.


Beim Amt für öffentliche Ordnung ist schon jetzt ersichtlich, dass durch die Koppelung
einer Erlaubniserteilung für Prostitutionsgewerbe an die Zuverlässigkeit des Betreibers, an ein Betriebskonzept und weitere Mindestanforderungen
, eine Entscheidung über einen Erlaubnisantrag nur nach erfolgter Vor-Ort-Besichtigung getroffen werden kann. Beim
Erlaubnisverfahren nach dem ProstSchG ist schon deshalb - und im Vergleich zu bisherigen Erlaubnisverfahren (z.B. Makler) - mit einem deutlich erhöhten Arbeitsaufwand zu rechnen.


Sobald das AGProstSchG vom Landtag verabschiedet ist, wird die Verwaltung dem
Gemeinderat auf der Grundlage dieser Mitteilungsvorlage eine an die Vorgaben und
Rahmenbedingungen des Landes adaptierte Beschlussvorlage zur Bereitstellung der
notwendigen Personal- und Sachmittel beim Gesundheitsamt und beim Amt für
öffentliche Ordnung vorlegen. Dabei handelt es sich nach derzeitigem Stand um insgesamt mindestens 2,9 Stellen beim Gesundheitsamt und 3,0 Stellen beim Amt für
öffentliche Ordnung.



Vorliegende Anträge/Anfragen

Anfrage 193/2017 der Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS
Anfrage 102/2017 der SPD-Gemeinderatsfraktion





Werner Wölfle Dr. Martin Schairer
Bürgermeister Bürgermeister





Anlage 1 Ausführliche Begründung
Anlage 2 Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen vom 21.10.2016 (im KSD abrufbar)


Ausführliche Begründung

Ausgangslage

Seitdem das Prostitutionsgesetz (ProstG) 2002 in Kraft getreten ist, gilt Prostitution nicht mehr als sittenwidrig. Ziel des Gesetzes war es, die Rechtsverhältnisse der Prostituierten zu regeln, um somit deren rechtliche Benachteiligung zu beheben. Die Evaluation des Gesetzes im Jahr 2007 sowie Erfahrungsberichte aus der Praxis zeigten allerdings, dass die erhofften Veränderungen nur teilweise eingetreten sind und es weiterer gesetzlicher Regelungen bedarf, um die Situation von Prostituierten weiter zu verbessern, insbe-
sondere sie zu schützen und ihr Selbstbestimmungsrecht zu stärken.


Unabhängig hiervon hat das Gesundheitsamt in enger Kooperation mit den freien Trägern und dem Gemeinderat über die Jahre ein gut ausgebautes niederschwelliges Hilfesystem entwickelt. Diese Angebote erfolgen im Rahmen des § 19 Infektionsschutzgesetz und des SGB (Aufgaben eines allgemeinen Sozialdienstes). Die Aufgaben und Inhalte der Arbeit sind ebenso wie die dafür vorhandenen Ressourcen in den GRDrs 108/2015, 405/2015 und 521/2017 ausführlich beschrieben. Die vorhandenen Ressourcen sind auf diese bestehenden Angebote abgestimmt, deshalb können die durch das ProstSchG zusätzlich entstehenden Aufgaben nicht damit abgedeckt werden. Außerdem sieht der Entwurf des AGProstSchG zum Schutz der Interessen der Prostituierten bei der Anmeldung nach
§ 3 ff. ProstSchG eine Trennung des Informations- und Beratungsgesprächs nach
§ 7 ProstSchG von der gesundheitlichen Beratung nach § 10 ProstSchG und der Beratung und Untersuchung nach § 19 Infektionsschutzgesetz vor.



Was verlangt das neue Gesetz?

Mit dem ProstSchG, das am 1. Juli 2017 in Kraft getreten ist, wurden erstmals um-
fassende Regelungen für das Prostitutionsgewerbe getroffen. Ziel dieses Gesetzes ist es, verbindliche Mindestvorgaben zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der in diesem Gewerbe Tätigen zu schaffen sowie die Kriminalität in der Prostitution wie Menschen-
handel, Gewalt gegen Prostituierte, Ausbeutung und Zuhälterei zu bekämpfen. Die Kernelemente sind zum einen die Anmeldepflicht samt Informations- und Beratungsgespräch und eine gesundheitliche Pflichtberatung für Prostituierte und zum anderen die Einführung einer Erlaubnispflicht für alle Prostitutionsgewerbe. Diese zwei Bereiche werden im Folgenden gesondert voneinander beschrieben.


Anmeldepflicht samt Informations- und Beratungsgespräch und gesundheitliche Pflichtberatung für Prostituierte (§§ 3-11)

Die Anmeldung hat „persönlich bei der Behörde, in deren Zuständigkeitsbereich die Tätigkeit vorwiegend ausgeübt werden soll“, zu erfolgen. Die Anmeldepflicht besteht sowohl für eine selbständige Tätigkeit als auch im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses. Die Anmeldung setzt eine verpflichtende Beratung in doppelter Hinsicht voraus. Zum einen sieht § 7 ProstSchG eine Informationspflicht der Behörde vor – der in einem Informations- und Beratungsgespräch nachzukommen ist –, zum anderen schreibt § 10 ProstSchG eine gesundheitliche Beratung vor. Bei der ersten Anmeldung ist der Nachweis einer innerhalb der vorangegangenen drei Monate erfolgten gesundheitlichen Beratung vorzulegen. Das Informations- und Beratungsgespräch ist bei der Anmeldung zu führen.

Die inhaltlichen Mindestanforderungen an dieses Gespräch sind in § 7 Abs. 2 und 3 ProstSchG, die Ausgestaltung in § 8 ProstSchG geregelt. Die Informations- und Beratungspflicht erstreckt sich danach auf rechtliche Aspekte wie den Inhalt des ProstSchG oder eine bestehende Steuerpflicht, v. a. aber auch auf fürsorgerische Aspekte wie die soziale und gesundheitliche Absicherung (einschließlich Schwangerschaft), Hilfe in Not und weitere Beratungsangebote.


Das Informations- und Beratungsgespräch soll in einem vertraulichen Rahmen durchgeführt werden. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit „mit Zustimmung der anmeldepflichtigen Person eine nach Landesrecht anerkannte Fachberatungsstelle für Prostituierte oder eine mit Aufgaben der gesundheitlichen Beratung betraute Stelle zu dem Informations- und Beratungsgespräch hinzuzuziehen“. Ebenfalls besteht die Möglichkeit, mit der Zustimmung der Behörde und der anzumeldenden Person, Dritte am Gespräch zu beteiligen. Bei Sprachbarrieren kann die Behörde Dritte als Übersetzer auch ohne Zustimmung der anzumeldenden Person zulassen.

Wird in diesem Gespräch deutlich, dass bei der Person weiterer Beratungsbedarf hinsichtlich der gesundheitlichen oder sozialen Situation besteht, so sind nach § 9 Abs. 1 ProstSchG Hinweise auf entsprechende Beratungsstellen zu geben (z. B. Einrichtungen für Ausstiegsberatung, Angebote zur beruflichen Neuorientierung, Sucht- und Drogen-
beratung usw.) und es soll nach Möglichkeit ein Kontakt vermittelt werden.

Abs. 2 dieser Vorschrift sieht außerdem bei entsprechenden Erkenntnissen aus dem
Kontakt mit den Prostituierten erforderliche Maßnahmen zum Schutz von Prostituierten vor, die sich in einer Zwangslage, in Hilflosigkeit oder Abhängigkeit Dritter befinden. In diesem Fall ergibt sich für die zuständige Behörde eine Pflicht zur Veranlassung von Schutzmaßnahmen. Diese müssen nicht zwingend von der Behörde selbst geleistet werden, jedoch müssen verbindlich Schritte zum Schutz der Person eingeleitet werden. Je nach Situation kann dies die Einschaltung eines sozial-psychiatrischen Dienstes, des
Jugendamtes, der Polizei etc. bedeuten. Die Wahl ist immer eine Einzelfallentscheidung unter Berücksichtigung aller relevanten Punkte.


Unabhängig davon sind der oder dem Prostituierten während des Gesprächs „Informationen zur Ausübung der Prostitution in geeigneter Form“ zur Verfügung zu stellen. Diese Informationen sollen in einer für die anzumeldende Person verständlichen Sprache sein.

Für die gesundheitliche Beratung benennt § 10 Abs. 1 ProstSchG ausdrücklich „eine für den öffentlichen Gesundheitsdienst zuständige Behörde“ am Ort der Anmeldung, wobei im gleichen Absatz darauf hingewiesen wird, dass „die Länder [bestimmen können], dass eine andere Behörde für die Durchführung der gesundheitlichen Beratung zuständig ist“. Inhaltlich ist das Gespräch an die persönliche Lebenssituation der beratenen Person
anzupassen, wobei „insbesondere Fragen der Krankheitsverhütung, der Empfängnis-
regulierung, der Schwangerschaft und der Risiken des Alkohol- und Drogengebrauchs“ einzuschließen sind. Die Beratung ist vertraulich zu gestalten und die beratene Person kann hier eine bestehende Zwangslage oder Notlage offenbaren. Dritte können unter
Zustimmung aller Anwesenden ausschließlich zum Zwecke der Sprachmittlung hinzugezogen werden.


Über die erfolgte gesundheitliche Beratung stellt die zuständige Behörde eine Bescheinigung aus. Die gesundheitliche Beratung ist bei Personen über 21 Jahren im Jahres-
rhythmus und bei Personen unter 21 Jahren im Halbjahresrhythmus zu wiederholen.


Kann die anzumeldende Person sowohl das Informations- und Beratungsgespräch als auch die gesundheitliche Beratung sowie sonstige Nachweise, welche in § 4 ProstSchG geregelt sind (Ausweispapiere, Arbeitserlaubnis) vorweisen, hat die zuständige Behörde innerhalb von fünf Werktagen eine Anmeldebescheinigung auszustellen. Die Inhalte und die Gestaltung der Bescheinigung sind in § 6 ProstSchG geregelt. Diese Bescheinigung gilt für Personen unter 21 Jahren ein Jahr, für Personen über 21 Jahren zwei Jahre.
Abs. 2 dieses Paragraphen ermöglicht die zusätzliche Ausstellung einer Aliasbescheinigung, in der nicht der tatsächliche Name, sondern ein Alias eingetragen wird. Dadurch werden Prostituierte darin unterstützt, ihre persönlichen Daten Betreibern gegenüber nicht offenlegen zu müssen und können somit ihre Identität schützen.


Die Anmeldebescheinigung darf nicht ausgestellt werden, wenn die nach § 4 ProstSchG erforderlichen Angaben und Nachweise nicht vorliegen, die Person unter 18 Jahre alt ist, die Person zum Zeitpunkt der Anmeldung sechs Wochen vor der Entbindung steht oder wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich die Person in einer Zwangslage, in
Hilflosigkeit oder Abhängigkeit Dritter befindet und durch diese ausgebeutet wird oder werden soll. Die Verweigerung einer Anmeldebescheinigung ist ein Verwaltungsakt, der einer schriftlichen Begründung bedarf und gegen den die entsprechenden Rechtsmittel zulässig sind.


Erlaubnispflicht für Prostitutionsgewerbe und Pflichten des Betreibers (§§ 12-28)

§ 12 Abs. 1 ProstSchG führt für den Betrieb eines Prostitutionsgewerbes eine Erlaubnispflicht durch die „zuständige Behörde“ ein. Hier orientiert sich das Gesetz an den üblichen, aus dem Gewerbe- und Gaststättenrecht bekannten Vorgaben gewerberechtlicher präventiver Erlaubnisvorbehalte. Im Zentrum steht die persönliche Zuverlässigkeit des Betreibers. § 13 ProstSchG ermöglicht es dem Betreiber, nicht selbst das Gewerbe zu
betreiben, sondern einen Stellvertreter einzusetzen. Diesem kann eine sogenannte Stellvertretungserlaubnis erteilt werden.


Ein weiteres wesentliches Kriterium zur Erteilung der Erlaubnis ist das Betriebskonzept für Prostitutionsgewerbe bzw. ein Veranstaltungskonzept für Prostitutionsveranstaltungen. Das Betriebskonzept wird anhand von § 14 Abs. 2 Nr. 1-6 ProstSchG überprüft. Die
notwendigen Inhalte dieses Konzepts sind in § 16 ProstSchG geregelt. Ebenso werden
Mindestanforderungen, wie beispielsweise, dass für sexuelle Dienstleistungen genutzte Räume nicht zur Nutzung als Schlaf- oder Wohnraum bestimmt sind oder diese über ein sachgerechtes Notrufsystem verfügen müssen, an den Betrieb definiert (weiter vgl. hierzu § 18 Abs. 1 und 2 ProstSchG). Es gibt einen Auflagenvorbehalt und gebundene sowie Soll-Vorschriften zu Rücknahme und Widerruf einer Erlaubnis. Für die Rücknahme und den Widerruf der Erlaubnis und Stellvertretungserlaubnis gelten die Vorschriften des
Verwaltungsverfahrensgesetzes.


Die Erlaubnis erlischt binnen Jahresfrist, wenn von ihr kein Gebrauch gemacht wird.

§ 24 Abs. 1 ProstSchG verpflichtet den Betreiber „dafür Sorge zu tragen, dass die Belange der Sicherheit und Gesundheit von Prostituierten und anderen im Rahmen seines Prostitutionsgewerbes tätigen Personen gewahrt werden“. Weiter ist er dazu verpflichtet, auf eine Verringerung des Übertagungsrisikos von sexuell übertragbaren Krankheiten (STI) hinzuwirken. Dazu gehört, dass während der Betriebszeiten eine angemessene Ausstattung mit Kondomen, Gleitmitteln und Hygieneartikeln jederzeit bereitsteht.



Darüber hinaus ist der Betreiber ebenfalls verpflichtet, den zuständigen Behörden oder den von diesen beauftragten Personen auf deren Verlangen die Durchführung von Be-
ratungen zu gesundheitserhaltenden Verhaltensweisen und zur Prävention sexuell übertragbarer Krankheiten in der Prostitutionsstätte zu ermöglichen. § 24 Abs. 4 ermöglicht es Prostituierten, jederzeit eine gesundheitliche Beratung wahrzunehmen sowie Unter-
suchungs- und Beratungsangebote der Gesundheitsämter und weitere Angebote ihrer Wahl während der Geschäftszeiten aufzusuchen.


Inkrafttreten und Übergangsregelungen

Dieses Gesetz ist am 1. Juli 2017 in Kraft getreten, wobei es Übergangsregelungen gibt, die in § 37 ProstSchG festgehalten sind:

Abs. 1 dieses Paragraphen räumt Prostituierten, die bereits vor dem 1. Juli 2017 in diesem Gewerbe tätig waren, eine Frist für die erstmalige Anmeldung bis zum 31. Dezember 2017 ein. Auf der anderen Seite muss eine Person, die vor dem 1. Juli 2017 ein Prostitu-tionsgewerbe betrieben hat, dieses bis zum 1. Oktober 2017 anzeigen und einen Antrag auf die Erteilung einer Erlaubnis bis zum 31. Dezember 2017 vorlegen. Die zuständige Behörde hat über beides eine Bescheinigung auszustellen. Den nach § 25 Abs. 1 Nr. 4 und §§ 27 und 28 ProstSchG bestehenden Verpflichtungen (Vorlage der Anmeldebescheinigung) ist ab dem 31. Dezember 2017 nachzukommen.

Für anmeldepflichtige Personen ab 21 Jahren, die die Tätigkeit erstmalig bis zum
31. Dezember 2017 anmelden, ergeben sich folgende Übergangsregelungen:
Abweichend von § 5 Abs. 4 ProstSchG gilt die erste Anmeldebescheinigung für drei Jahre, dementsprechend haben die Personen erstmals nach zwei Jahren eine weitere
gesundheitliche Beratung wahrzunehmen und haben somit bei der ersten Verlängerung der Anmeldebescheinigung einen Nachweis über die mindestens zwei Jahre nach der erstmaligen Anmeldung erfolgte gesundheitliche Beratung vorzulegen.


Bestimmungen des Landes

Das Land hat ein Ausführungsgesetz zum Prostituiertenschutzgesetz (AGProstSchG)
vorbereitet, das zum 1. November 2017 in Kraft treten soll und derzeit in einer Entwurfsfassung vorliegt. Der Gesetzentwurf befindet sich derzeit (Ende September 2017) noch in der Anhörungsphase, deshalb können die folgenden Ausführungen nur den aktuellen
Entwurfsstand berücksichtigen; Änderungen sind noch möglich.

Danach sind für die unter Abschnitt 2 ProstSchG zusammengefassten Aufgaben (Anmeldung samt Informations- und Beratungsgespräch sowie gesundheitliche Beratung) in den Landkreisen die Landratsämter und in den Stadtkreisen die Gemeinden als untere Verwaltungsbehörden zuständig. Seit August 2017 nimmt das Sozialministerium vorüber-
gehend die Aufgaben nach Abschnitt 2 ProstSchG wahr, nach Kenntnis der Verwaltung jedoch nur in einem geringen Umfang und zentral für ganz Baden-Württemberg in
Stuttgart. Für den Vollzug nach den Abschnitten 3-5 ProstSchG (Erlaubnis und Über-
wachung der Prostitutionsbetriebe) sind die unteren Verwaltungsbehörden zuständig. Auch diese Aufgaben nimmt derzeit das Sozialministerium wahr; nach Kenntnis der Verwaltung beschränkt sich dies jedoch auf die Entgegennahme der Anzeige von Prostitu-tionsgewerben nach § 17 Abs. 2 ProstSchG.





Die für die gesundheitliche Beratung nach § 10 ProstSchG zuständige Behörde „sollte in der Regel das zuständige Gesundheitsamt sein“. Dieses kann die Aufgabe aber auch auf „eine oder mehrere Personen des Privatrechts“ übertragen (Beleihung). Die dafür notwendigen Voraussetzungen wie Zuverlässigkeit, Unabhängigkeit, Einhaltung der Rechtsvorschriften und kein dagegensprechendes öffentliches Interesse sind in § 1 Abs. 4 Satz 1-3 AGProstSchG zusammengefasst. Die nähere Bestimmung der Voraussetzungen der Beleihung durch Rechtsverordnung obliegt dem Ministerium für Soziales und Integration. Abs. 5 regelt explizit die zeitliche, örtliche und organisatorische Trennung (möglichst in getrennter fachlicher Zuständigkeit) der gesundheitlichen Beratung von der Anmeldung, des Informations- und Beratungsgesprächs und der Beratung und Untersuchung nach
§ 19 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Es erfolgt jedoch keine Festlegung durch das Land, welche Behörde innerhalb der Kommune welche Aufgabe übernehmen soll.


Dem Polizeivollzugsdienst stehen auch die Befugnisse nach Abschnitt 5 ProstSchG (Überwachung der Prostitutionsbetriebe) zu. Die oberste Aufsichtsbehörde ist das Sozialministerium.

Die Anmeldebescheinigung ist örtlich auf das Landesgebiet Baden-Württemberg
beschränkt. Die Beschränkung ermöglicht den zuständigen Behörden laut AGProstSchG,
einen Überblick über die im jeweiligen Zuständigkeitsbereich im Prostitutionsgewerbe
tätigen Personen zu gewinnen, Anhaltspunkte für Ausbeutung bis hin zu Menschenhandel zu erlangen und ihnen entsprechend Hilfsangebote zu vermitteln. Ebenfalls sollen in der Beratung bei der Anmeldung örtliche Besonderheiten berücksichtigt werden.


Die öffentlichen Leistungen nach Abschnitt 2 ProstSchG wie z. B. die Anmeldung und das damit verbundene Informations- und Beratungsgespräch sind gebührenfrei. Ansonsten gelten das Landesgebührengesetz und das Kommunalabgabegesetz. Den unteren Verwaltungsbehörden steht es frei, für die öffentlichen Leistungen nach den Abschnitten
3–5 ProstSchG (Erlaubnis und Überwachung der Prostitutionsbetriebe) die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Höhe der Gebühren festzusetzen. Die Erhebung ent-sprechender Gebühren ist bei der Landeshauptstadt Stuttgart vorgesehen. Sofern die
EU-Dienstleistungsrichtlinie anzuwenden ist – dies bedarf noch einer abschließenden Klarstellung durch das Ministerium –, ist bei der Bemessung der Gebühren das Kosten-deckungsprinzip anzuwenden, nicht – wie zum Beispiel bei Glücksspielbetrieben – das Äquivalenzprinzip, das bei der Gebührenbemessung den wirtschaftlichen Nutzen des Antragsstellers berücksichtigen kann. Die Klärung dieser Frage wird sich demnach auf die mögliche Gebührenhöhe auswirken.


Im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes wird den Stadt- und Landkreisen für die Mehrbelastung durch die Aufgaben nach Abschnitt 2 ProstSchG (Anmeldung samt Informations- und Beratungsgespräch sowie gesundheitliche Beratung der Prostituierten) ein finanzieller Ausgleich gewährt. Laut telefonischer Auskunft aus dem Sozialministerium behält sich das Finanzministerium die genaue Regelung des Finanzausgleichs vor; bis jetzt ist noch keine Festlegung erfolgt und nach der Einschätzung des Sozialministeriums auch nicht kurzfristig zu erwarten. Erfolgt der Ausgleich nach dem üblichen Verteilschlüssel, so ist dadurch eine erhebliche finanzielle Benachteiligung der städtischen Ballungsräume und insbesondere der Stadtkreise zu befürchten, da sich hier überproportional viele Prostitutionsbetriebe befinden und dadurch mit einer deutlich höheren Anzahl an Anmelde- und Erlaubnisverfahren nach dem ProstSchG als im Landesdurchschnitt zu rechnen ist. Die Verwaltung hat in ihrer Stellungnahme an den Städtetag Baden-Württemberg bereits auf diese Problematik aufmerksam gemacht.

Die Kostenfolgeabschätzung und der Verteilerschlüssel werden vom Ministerium für
Soziales und Integration zum 31. Dezember 2019 untersucht. Sollte sich dabei herausstellen, dass der finanzielle Ausgleich angepasst werden muss, erfolgt dies ab 2020. Falls die kommunalen Aufwände und die jeweiligen Ausgleichszahlungen um mehr als 10 Prozent voneinander abweichen, erfolgt eine rückwirkende Anpassung der Ausgleichs-
leistung.


Bereits jetzt ist offensichtlich, dass bei der Kostenfolgeabschätzung des Landes keine
realistischen Bearbeitungszeiten zu Grunde gelegt wurden:

Diese sind viel zu kurz veranschlagt, sofern man sich nicht auf ein reines Verwalten der Prostitution beschränken will. Sie berücksichtigen nicht den zeitlichen Aufwand für
Dolmetschergespräche (und auch nicht die Dolmetscherkosten). Darüber hinaus beruhen die angenommenen Fallzahlen für das gesamte Land auf Schätzungen, während für Stuttgart reale Zahlen zur Verfügung stehen. Nicht sachgerecht ist außerdem die Annahme des Landes, dass die Aufgaben nach dem ProstSchG überwiegend von Beamten und Beschäftigten des mittleren Dienstes wahrgenommen werden könnten.


Fachliche Empfehlungen des Landes gibt es bisher nur für die Durchführung der gesundheitlichen Beratung; hierfür wurde ein Beratungsleitfaden durch das Landesgesundheitsamt und Vertreterinnen mehrerer Gesundheitsämter (u.a. Stuttgart) erstellt. Für das Anmelde- und Beratungsverfahren sowie das Erlaubnisverfahren existieren bisher keine entsprechenden Empfehlungen, diese sind aber für ein landeseinheitlich möglichst vergleichbares Verwaltungshandeln zwingend erforderlich. In Bezug auf den Umgang mit Hin-
weisen auf Menschenhandel wurde das Gesundheitsamt Stuttgart wegen seiner lang-
jährigen fachlichen Expertise im Bereich der Beratung von Prostituierten vom Sozial-
ministerium um Mitarbeit gebeten.



Anmeldeverfahren für Prostituierte

Entsprechend dem Konzept des Oberbürgermeisters zur Verbesserung der Situation der Prostituierten und dem politischen Willen des Gemeinderates hält es die Verwaltung unter Berücksichtigung der bestehenden Strukturen zur Unterstützung weiblicher und männlicher Prostituierter für zwingend notwendig, sich nicht auf den formalen Anmeldevorgang zu beschränken, sondern ein umfassendes Beratungsangebot sicher zu stellen, das
neben der Erfüllung der neuen gesetzlichen Vorgaben des ProstSchG die bestehenden Angebote der LHS, wie das Untersuchungs- und Beratungsangebot nach § 19 Infektionsschutzgesetz (IfSG), und der freien Träger sinnvoll verknüpft und den betroffenen Personen niederschwellig konkrete Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten aufzeigt. Da viele Rahmenbedingungen noch nicht ganz klar sind und sich möglicherweise im Laufe der Umsetzung des Gesetzes noch ändern können, kann es notwendig sein, das Konzept im Laufe der ersten ein bis zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes anzupassen. Die Gültigkeit der Anmeldebestätigung ist im Entwurf zum AGProstSchG auf das Land
Baden-Württemberg beschränkt.









Zugrundeliegende Fallzahlen

Als einer von wenigen Kreisen in Baden-Württemberg verfügt Stuttgart über echte
Fallzahlen der Polizei; in anderen Kreisen gibt es häufig nur vage Schätzungen zur
Anzahl der Prostituierten. Basis für die Planung sind die vorliegenden Zahlen des
Dezernats 73 (Kriminaldauerdienst, Prostitution) im Polizeipräsidium Stuttgart:

Anzahl der von der Polizei angetroffenen weiblichen* Prostitution gesamt
2016
2015
2014
2013
In Stuttgart festgestellte Prostituierte je
Kalenderjahr
1.405
1.409
1.541
1.682
als Straßenprostituierte
131
284
408
444
als Objektprostituierte
1.274
1.125
1.133
1.238
Anteil Ausländerinnen in Prozent
87
88
87
85
*eingerechnet sind die transsexuellen Prostituierten

Altersstruktur weibliche Prostitution
Erwachsene
1.307
1.272
1.376
1.486
Heranwachsende
98
134
163
193
Jugendliche
0
3
2
1
Kinder
0
0
0
0
In Stuttgart neu festgestellte weibliche* Prostituierte je Kalenderjahr
757
702
815
912
Ausländeranteil
89 %
91 %
91 %
87 %
*eingerechnet sind die transsexuellen Prostituierten

Geschätzte Anzahl der täglich tätigen weiblichen und transsexuellen Prostituierten in Stuttgart**
2016
2015
2014
2013
ca. 470
ca. 450
ca. 450
ca. 500
davon im Straßenstrich Leonhards-/Bohnen-viertel**
ca. 25
ca. 70
ca. 70
ca. 90
davon in Prostitutionsobjekten Leonhards-/Bohnenviertel ohne obere Olgastraße**
ca. 180
ca. 130
ca. 130
ca. 140
**hochgerechnet aus der Zahl der Objekte und der durchschnittlichen Belegung

Schwerpunkte der Staatsangehörigkeiten der neu erfassten weiblichen
Prostituierten in Stuttgart 2016


Rang
Staatsangehörigkeit
Anzahl
%
1
Rumänien
308
41
2
Deutschland
82
11
3
Ungarn
79
10
4
Bulgarien
72
10
5
Spanien
43
6
6
Thailand
24
3
7
Polen
22
3
8
Brasilien
13
2
9
Italien
10
1
10
Tschechien
9
1



Bei insgesamt etwas schwankenden Zahlen geht die Polizei von etwa 1.400 Prostituierten pro Jahr aus, davon ist etwa die Hälfte neu in Stuttgart. Die Fluktuationsrate
liegt in
Stuttgart entsprechend den Zahlen der Polizei bei ca. 50% und damit doppelt so hoch wie vom Land angenommen (25%). Von den jährlich ca. 750 neu nach Stuttgart kommenden Prostituierten benötigen alle eine Anmeldung, die direkt aus dem Ausland kommen, erstmalig in der Prostitution tätig werden oder ihre Prostitutionstätigkeit ausschließlich nach Stuttgart verlegen (z.B. bei Einzug in das Dreifarbenhaus mit 67 Einzelzimmern). Das sind mehr als die Hälfte. Etwa 10% gehören zur Altersgruppe der Heranwachsenden
unter 21 Jahren. Pro Jahr bedeutet dies somit maximal ca. 900 Anmeldungen (750 über 21-Jährige zweijährlich, 150 Heranwachsende jährlich) sowie jährlich ca. 1.650 gesundheitliche Beratungen. (1.500 für über 21-Jährige jährlich, 150 unter 21-Jährige zusätzlich halbjährlich). Das AGProstSchG sieht eine landesweite Gültigkeit der Anmeldebescheinigungen vor, jedoch keine Gültigkeit von Bescheinigungen aus anderen Bundesländern; Hintergrund ist, dass Prostituierte nicht nur allgemeine Informationen erhalten sollen,
sondern konkrete Beratungsangebote, die sich in räumlicher Nähe befinden.


Andererseits könnte es dazu kommen (hierfür gibt es in Fachkreisen bereits erste Hinweise), dass einige Landkreise sich beim Anmeldeverfahren auf das gesetzlich geforderte Minimum beschränken oder nur sehr eingeschränkte Anmeldezeiten bieten. Wie bei den Angeboten nach § 19 Infektionsschutzgesetz (Beratung zu, Untersuchung auf und
Behandlung von sexuell übertragbaren Infektionen), die in Stuttgart niederschwellig auf einem fachlich hohen Niveau mit klientenorientierten Sprechzeiten durchgeführt werden, in manchen anderen Stadt- und Landkreisen hingegen nur rudimentär, könnte es dazu kommen, dass sich Prostituierte bevorzugt in Stuttgart anmelden möchten. Da hierfür
alleine die geäußerte Absicht ausreicht, in Stuttgart tätig zu werden, wird es schwierig sein, dies abzulehnen.

Wie oben beschrieben, ist die erste, vor dem 31. Dezember 2017 erworbene Anmeldebescheinigung drei Jahre gültig; dadurch könnte es im zweiten und dritten Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes zu einer vorübergehend geringeren Anzahl von Anträgen kommen. Andererseits wird die Anzahl der vor dem 31. Dezember 2017 erworbenen Anmeldebescheinigungen vermutlich relativ gering sein, da das Anmeldeverfahren noch nicht
etabliert ist. Nicht kalkulierbar ist die Anzahl verloren gegangener Anmeldebe-
scheinigungen, für die Kopien erstellt werden müssen. Erfahrungen aus anderen Be-
reichen im Gesundheitsamt (Erstbelehrungen nach dem Infektionsschutzgesetz für
Beschäftigte im Lebensmittelbereich) zeigen, dass es sich vermutlich um eine nicht geringe Anzahl handeln wird.

Zu der Anzahl der vom ProstSchG betroffenen männlichen Prostituierten gibt es von
Seiten der Polizei keine qualifizierten Schätzungen, da diese Zielgruppe von der Polizei kaum erreicht wird. Auch diese fallen prinzipiell unter die Anmeldepflicht, werden sich aber vermutlich nicht melden.










Die Verwaltung geht auf Grund der vorliegenden Erfahrungen mit der Klientel von
folgenden geschätzten Fallzahlen aus:

    Anzahl der festgestellten Prostituierten 2016 (weiblich/transsexuell)
1405
=100%
ins Anmeldeverfahren kommen 2017/18 (qualifizierte Schätzung)
    Folgejahre ab 2019
    davon neu in Stuttgart
757
54 %
    Davon ca. 50 %
380
380
    davon in Stuttgart auch im Vorjahr tätig
648
45 %
    Davon ca. 70 %
453
226
    Anmeldung mit Informations- und Beratungsgespräch
833
606
    Gesundheitliche Beratung jährlich

    für unter 21jährige (50% von 98) alle 6 Monate

    Summe
833


98


931
833


98


931



Für die Anmeldung zuständige Behörde

Für das Anmeldeverfahren schlägt die Verwaltung vor, dieses nicht auf zwei Ämter zu verteilen, sondern im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung, einer Kostenersparnis für die Verwaltung und einer Vereinfachung für die Klientinnen und Klienten an einer Stelle zu konzentrieren, und zwar wegen der langjährigen Erfahrungen mit der Klientel beim
Gesundheitsamt.

Das Land schreibt vor, dass das Informations- und Beratungsgespräch nach § 7, die
gesundheitliche Beratung nach § 10 und die freiwilligen Angebote nach § 19 Infektionsschutzgesetz räumlich und organisatorisch zu trennen sind. Die räumliche Trennung ist im Rahmen des Umbaus des Gesundheitsamtes bereits berücksichtigt: Die Angebote nach § 19 Infektionsschutzgesetz (anonyme Beratung, Untersuchung und Behandlung) verbleiben im Erdgeschoss des Gebäudes Schloßstraße 91, für Anmeldung und gesundheitliche Beratung sind getrennte Räume im 1. Obergeschoss vorgesehen. Notwendig ist eine ausreichende personelle Ausstattung, um die verschiedenen Bereiche personell, fachlich und organisatorisch klar voneinander trennen zu können. Der Einsatz von
Personal aus der anonymen, freiwilligen Beratung im namentlichen Anmelde- und
Beratungsverfahren und umgekehrt würde das Vertrauen der Prostituierten in die Anonymität nachvollziehbar erheblich beeinträchtigen und widerspräche der explizit benannten Absicht des Gesetzesgebers.

Das Sozialministerium führt das Anmelde- und Beratungsverfahren in der Übergangsphase bis zur Übertragung an die Kreise in vergleichbarer Weise in nebeneinanderliegenden Räumen durch verschiedene Personen durch.

Die gemeinsame Anlaufstelle für Prostituierte (Café La Strada, Café StrichPunkt) ist in
ihrer Arbeit vom verpflichtenden Anmelde- und Beratungsverfahren nicht berührt und wird im Leonhardsviertel weiterhin das niederschwellige, freiwillige Beratungsangebot des Gesundheitsamtes und der freien Träger sicherstellen. Dadurch ist gewährleistet, dass der über Jahre gewachsene vertrauliche Rahmen bestehen bleibt.


Sowohl die Anmeldung (Anmeldung §§ 3 ff.ProstSchG) als auch die gesundheitliche Beratung (§7ProstSchG "Pflichtberatung") werden im Gesundheitsamt angeboten und durchgeführt. Dies ermöglicht kurze Wege für die Prostituierten, denn schon jetzt wird das seit vielen Jahrzehnten mit hohem Vertrauen in Anspruch genommene Angebot einer - auf Wunsch auch anonymen - gebührenfrei durchgeführten ärztlichen Untersuchung auf Behandlung von sexuell übertragbaren Infektionen im gleichen Gebäude Gesundheits-amtes angeboten.


Ablauf des geplanten Anmeldeverfahrens im Gesundheitsamt im Rahmen des ProstSchG

· Terminvereinbarung per Internet, E-Mail, Telefon, SMS oder persönlich
· am Termin: Anmeldung bei einer Verwaltungskraft
· Prüfung der Ausweispapiere und der Arbeitserlaubnis, ggf. Prüfung mitgebrachter
Bescheinigungen über Anmeldung und/oder gesundheitliche Beratung
· Erfassung der Anmeldedaten
· Informations- und Beratungsgespräch bei einer Sozialarbeiterin/einem Sozialarbeiter, Dokumentation (eventueller Bedarf der Sprachmittlung)
· falls noch nicht erfolgt: Gesundheitliche Beratung durch eine Sozialarbeiterin/einen Sozialarbeiter und/oder eine Ärztin/einen Arzt (eventueller Bedarf der Sprachmittlung)
· Ausstellung der Bescheinigung über die erfolgte gesundheitliche Beratung
· an der Anmeldung: Ausstellung der Anmeldebescheinigung, ggf. zusätzlich der
Aliasbescheinigung
· bei Hinweisen auf eine Zwangslage: Ausstellung eines Ablehnungsbescheides mit Rechtsmittelbelehrung, Beratung, ggf. Veranlassung notwendiger Maßnahmen

Es ist vorgesehen, das Anmeldeverfahren in separaten Räumen im Gesundheitsamt durchzuführen, um auch eine räumliche Trennung zu den niederschwelligen, auf Wunsch anonymen Angeboten der HIV/STI-Beratungsstelle zu gewährleisten. Durch
organisatorische Maßnahmen wird sichergestellt, dass alle notwendigen Maßnahmen zum Datenschutz eingehalten werden.

Eine standardmäßige Weitergabe von erhobenen Daten an das Amt für öffentliche
Ordnung oder an die Polizei ist nicht zulässig. Ausnahmen können im Einzelfall bei
Verdacht auf Zwangslagen oder auf Verstöße gegen Pflichten aus dem ProstSchG
entstehen.

Ziel des Anmeldeverfahrens muss es aus Sicht der Verwaltung sein, die Angebote des Gesundheitsamtes und der freien Träger bekannt zu machen und Prostituierte länger-
fristig sozialarbeiterisch und medizinisch mit dem Ziel zu betreuen, Perspektiven für einen Ausstieg aus der Prostitution aufzuzeigen und schließlich umzusetzen.





Geschätzte Bearbeitungszeiten im Anmelde- und Beratungsverfahren

Von den ca. 89 % im Jahr 2016 neu in der Prostitution tätigen ausländischen Prostituierten ist bei ca. einem Drittel die Verständigung in der Anmelde- und Beratungssituation auf Deutsch oder Englisch ohne Dolmetscher möglich; bei den übrigen zwei Dritteln ist eine adäquate Verständigung über die Beratungsinhalte nicht ohne Dolmetscher möglich
(insgesamt ca. 60 % der Prostituierten). Gespräche mit Dolmetscher oder Video-/Telefondolmetschen ziehen zwangsläufig einen erhöhten Zeitbedarf nach sich.

Die Verwaltung rechnet in ca. 15 % der Informations- und Beratungsgespräche zur Anmeldung mit einer schwierigen Beratungssituation oder der Vermittlung von Hilfen, in ca. 5 % mit konkreten Hinweisen auf eine Zwangssituation, die Maßnahmen erfordern. In
diesen Fällen ist mit einem zusätzlichen Zeitbedarf zu rechnen.

In der gesundheitlichen Beratung ist ebenfalls mit einem erhöhten Zeitbedarf beim Einsatz von Dolmetschern zu rechnen. Außerdem ist aus der Erfahrung mit den bestehenden Beratungs- und Untersuchungsangeboten nach § 19 IfSG in ca. 10 % der Fälle mit akuten gesundheitlichen Schwierigkeiten zu rechnen, die über eine übliche Beratung hinaus-
gehen.

Es ist davon auszugehen, dass im Rahmen der gesundheitlichen Beratung geschätzt
2/3 bzw. 67 % der Prostituierten (entsprechend 620 Personen pro Jahr) das freiwillige Angebot einer medizinischen Beratung und Untersuchung nach § 19 IfSG durch die
Ärztin/den Arzt annehmen wird. Dies schließt die Abholung der Befunde nach einer
Woche ein, mit Erläuterung, Beratung und ggf. Behandlung in der HIV/STI-Beratungsstelle des Gesundheitsamtes oder in der gemeinsamen Anlaufstelle.

Die vom Sozialministerium in der Begründung zum AGProstSchG angenommenen Bearbeitungszeiten sind insgesamt zu knapp veranschlagt. Aus fachlicher Sicht sind für das Beratungsgespräch im Rahmen der Anmeldung und für die gesundheitliche Beratung
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des gehobenen und höheren Dienstes notwendig
(Sozialarbeiter/in, Ärztin/Arzt), während das Ministerium in seiner Kostenkalkulation fast durchgängig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des mittleren Dienstes für ausreichend hält.


Geschätzte durchschnittliche Bearbeitungszeit pro Fall (jeweils einschließlich Vor- und Nachbereitung und Dokumentation):


Zeitbedarf Fallzahl ab 2019
Anmeldeverfahren nach §§ 3-9:
Anmeldung, Verwaltung 1,5 Std. 606 (100 %)
Informations- und Beratungsgespräch (Sozialarbeit)
mit deutsch-/englischsprachigen Personen 1 Std. 182 (30 %)
mit Dolmetscher 1,75 Std. 303 (50 %)
schwierige Beratungssituation oder Vermittlung von Hilfen 2,5 Std. 91 (15 %)
mit konkreten Hinweisen auf Zwangssituation 3 Std. 30 (5 %)







Gesundheitliche Beratung nach § 10:
Anmeldung, Verwaltung 0,5 Std. 931 (100 %)
Gesundheitliche Beratung (Sozialarbeit)
mit deutsch-/englischsprachigen Personen 1 Std. 326 (35 %)
mit Dolmetscher 1,75 Std. 512 (55 %)
für Prostituierte mit besonderen Schwierigkeiten 2,5 Std. 93 (10 %)
(Schwangerschaft, akute Erkrankung etc.)
Untersuchung (Arzt und Assistenz je hälftig) 1 Std. 620 (67 %)


Aus den aufgeführten Zahlen ergibt sich der folgende Personalbedarf (gerundet):

Aufgabe, TätigkeitBerufsgruppe
Berechnung
Stellenzahl
AnmeldungVerwaltungskraft
606 Fälle à 1,5 Std.
= 909 Std.
0,6
Sozialarbeit
182 Fälle à 1 Std.
303 Fälle à 1,75 Std.
91 Fälle à 2,5 Std.
30 Fälle à 3 Std.
= 1.029,75 Std.
0,7
Gesundheitliche BeratungVerwaltungskraft
931 Fälle à 0,5 Std.
= 465 Std.
0,3
Sozialarbeit
326 Fälle à 1 Std.
512 Fälle à 1,75 Std.
93 Fälle à 2,5 Std.
= 1.454,5 Std.
0,9
Arzt
620 Fälle à 0,5 Std.
= 310 Std.
0,2
Med. Assistenz
620 Fälle à 0,5 Std.
= 310 Std.
0,2
Summe Davon:
Verwaltungskraft
Sozialarbeit
Arzt
Med. Assistenz
2,9


0,9
1,6
0,2
0,2

Im Jahr 2018 besteht im Anmelde- und Beratungsverfahren voraussichtlich ein einmaliger zusätzlicher Bedarf von geschätzt ca. 225 Beratungen; es soll versucht werden, diesen zusätzlichen Bedarf mit den veranschlagten Ressourcen zu bewältigen, dabei sind jedoch unter Umständen erhöhte Wartezeiten in Kauf zu nehmen.

Der voraussichtlich notwendige zusätzliche Sachbedarf beim Gesundheitsamt beträgt
einmalig ca. 16.000 € (vor allem für Hard- und Software) und jährlich ca. 54.000 € (Dolmetscherkosten und Vordrucke).








Erwartete Zunahme an längerfristigem Beratungs- und Untersuchungsbedarf nach § 19 Infektionsschutzgesetz

Die Verwaltung rechnet außerdem damit, dass sich bei etwa einem Drittel der gesund-heitlich beratenen Personen ein mittel- bis langfristiger, über das gesetzliche Verfahren hinausgehender Beratungs- und Betreuungsbedarf ergeben wird. Dies entspricht ca. 300 Personen, die im Schnitt zusätzlich dreimal im Jahr kommen und dabei jeweils ca. 1,5 Stunden medizinische Beratung, Untersuchung und Behandlung (einschließlich interner Vor- und Nachbereitung) sowie ca. 2 Stunden soziale Beratung erhalten. Die genannten qualifizierten Schätzungen ergeben sich aus den Erfahrungen in der HIV/STI-Beratungsstelle. Für den medizinischen Bereich ergibt sich dadurch ein zusätzlicher
Stellenbedarf von zunächst voraussichtlich je 0,5 Stellen Arzt/Ärztin und medizinischer Assistenz, für die soziale Beratung von 1,2 Stellen. Diese Stellen wurden vom Gesundheitsamt bereits im Rahmen eines regulären Antrags zum Stellenplan 2018 beantragt (Positionen 3a und 3b der Anträge des Gesundheitsamtes). Hinsichtlich des Stellenumfangs haben sich hier durch den Entwurf des AGProstSchG und damit verbundene neue Schätzungen der Fallzahlen noch Änderungen ergeben (um 0,2 Stellenanteile höherer Bedarf an Sozialarbeit, um je 0,2 Stellenanteile geringerer Bedarf an medizinischem
Personal). Der tatsächliche Bedarf wird möglicherweise noch größer sein und ist nach ca. einem Jahr zu evaluieren.

Darüber hinaus hat das Gesundheitsamt zum Stellenplan 2018 die Schaffung einer
weiteren Vollzeitstelle Sozialarbeit für Aufklärungsarbeit zur Prostitution, HIV/STI, Safer Sex und Schwangerschaftsverhütung in Schulen und für junge Menschen beantragt
(Position 3b der Anträge des Gesundheitsamtes).


Diese weiterführenden Angebote sind vor dem Hintergrund des Konzepts zur Verbesserung der Situation von Prostituierten in Stuttgart, dem vorhandenen Bedarf an diesen
Angeboten und dem erwarteten Mehrbedarf aus fachlicher Sicht dringend notwendig. Über die Bereitstellung dieser Ressourcen ist zum Doppelhaushalt 2018/2019 zu entscheiden.



Erlaubnisverfahren für Prostitutionsgewerbe, Überwachung

Bisher fallen die Prostitutionsgewerbe nicht unter die Gewerbeordnung und sind deshalb nicht anzeigepflichtig gemäß § 14 GewO; erst recht war bisher kein Erlaubnisverfahren vorgesehen. Aus diesem Grund fanden bisher weder Kontrollen noch sonstige Über-
wachungen unter gewerberechtlichen Aspekten statt. Lediglich im Rahmen von Gast-
stättenkontrollen in einschlägigen Gebäuden wurde vereinzelt eine rudimentäre Kontrolle durchgeführt, die jedoch die Prostitutionsstätte als solche nicht tangierte. Infolgedessen gab es bisher keine Notwendigkeit für die Bereitstellung von Ressourcen.


Das neue Gesetz schafft nun erstmals umfassende Regelungen für das Prostitutionsgewerbe. Insbesondere ist die Einführung einer Erlaubnispflicht für den Betrieb an die Er-füllung gesetzlicher Mindestanforderungen sowie an die Zuverlässigkeit des Betreibers gekoppelt. Weitere Regelungen beinhalten die fortlaufende Überwachung der Prostitu-
tionsgewerbe sowie die Durchsetzung der Einhaltung von Verboten und Pflichten durch Verwaltungsrechtsverfahren wie auch die Durchführung von Bußgeldverfahren. Prostitutionsgewerbe werden unterschieden in Prostitutionsstätten, Prostitutionsfahrzeuge, Prostitutionsveranstaltungen und Prostitutionsvermittlungen, für die jeweils spezielle Anforderungen und Regeln gelten.


Bedingt durch die bisherige Situation des Prostitutionsgewerbes in einem juristischen Graubereich liegt eine stark eingeschränkte Datenlage vor, was eine Abschätzung des Erfüllungsaufwands deutlich erschwert.

Allein der Polizei sind in der Landeshauptstadt Stuttgart im Jahr 2015 165 und im Jahr 2016 157 sogenannte Rotlichtobjekte bekannt. Von einer höheren Dunkelziffer, die
zumindest teilweise eine Erlaubnis für ein Prostitutionsgewerbe beantragen wird, ist auszugehen. Für jede Prostitutionsstätte, für jedes Prostitutionsfahrzeug, für jede Prostitutionsveranstaltung und für jede Prostitutionsvermittlung bedarf der Betreiber einer Erlaubnis, die bei der Gewerbe- und Gaststättenbehörde der Landeshauptstadt Stuttgart zu beantragen ist. Eine Erlaubnis kann nur erhalten, wer die erforderliche Zuverlässigkeit
besitzt. Dazu müssen ein Führungszeugnis sowie eine Stellungnahme der für den
Wohnort zuständigen Behörde der Landespolizei eingeholt werden. Liegt eine strafrecht-liche Verurteilung vor, ist auch das entsprechende Urteil anzufordern und zu prüfen. Da die Zuverlässigkeit des Betreibers nicht nur im Moment der Erlaubniserteilung maßgeblich ist, sondern die Basis für den weiteren Prostitutionsbetrieb ist, muss eine immer wiederkehrende Prüfung erfolgen bzw. es muss kurzfristig auf sich verändernde Sachverhalte eingegangen werden.


Die Erlaubnis für das Betreiben einer Prostitutionsstätte, für die Organisation oder Durchführung einer Prostitutionsveranstaltung oder für das Bereitstellen eines Prostitutionsfahrzeugs wird nach § 12 ProstSchG zugleich für ein bestimmtes Betriebskonzept nach
§ 16 ProstSchG erteilt. Im Betriebskonzept soll nach § 16 Abs. 2 des Gesetzes folgendes dargelegt werden:


· Die typischen organisatorischen Abläufe sowie die Rahmenbedingungen, die die
antragstellende Person für die Erbringung sexueller Dienstleistungen schafft,

· Maßnahmen, mit denen sichergestellt wird, dass im Prostitutionsgewerbe der antragstellenden Person zur Erbringung sexueller Dienstleistungen keine Personen tätig werden, die unter 18 Jahre alt sind und keine Personen tätig werden, die unter 21 Jahre alt sind oder als Opfer einer Straftat des Menschenhandels durch Dritte zur
Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution gebracht werden,

· Maßnahmen, die dazu dienen, das Übertragungsrisiko sexuell übertragbarer
Infektionen zu verringern,

· sonstige Maßnahmen im Interesse der Gesundheit von Prostituierten und Dritten,
· Maßnahmen, die dazu dienen, die Sicherheit von Prostituierten und Dritten zu
gewährleisten sowie

· Maßnahmen, die geeignet sind, die Anwesenheit von Personen unter 18 Jahren zu unterbinden.

Vor jeder einzelnen Prostitutionsveranstaltung hat der Betreiber nach § 16 Abs. 3
ProstSchG zudem ein Veranstaltungskonzept zu erstellen, das die räumlichen, organisatorischen und zeitlichen Rahmenbedingungen der jeweiligen Veranstaltung beschreibt und die Darlegungen des Betriebskonzepts konkretisiert.


Die Überprüfung des vorgelegten Betriebs-, bzw. Veranstaltungskonzepts obliegt der
Gewerbe- und Gaststättenbehörde. Diese Überprüfung muss einzelfallbezogen auf das jeweilige Objekt erfolgen, was ohne ausreichende Orts- und Umfeldkenntnisse nicht
effektiv durchgeführt werden kann. Die Erlaubnis für das Prostitutionsgewerbe kann nur aufgrund dieser Kenntnisse nach den Notwendigkeiten des Einzelfalles inhaltlich
beschränkt oder mit Auflagen verbunden werden.


Die zur Prostitution genutzten Anlagen unterliegen nach § 18 ProstSchG ebenfalls
bestimmten Mindestanforderungen, die von der Gewerbe- und Gaststättenbehörde vor Erlaubniserteilung, aber auch im laufenden Betrieb zu prüfen und zu überwachen sind. Insbesondere muss nach Abs. 2 dieser Vorschrift gewährleistet sein, dass


· die für sexuelle Dienstleistungen genutzten Räume von außen nicht einsehbar sind,
· die einzelnen für sexuelle Dienstleistungen genutzten Räume über ein sachgerechtes Notrufsystem verfügen,
· die Türen der einzelnen für sexuelle Dienstleistungen genutzten Räume jederzeit von innen geöffnet werden können,
· die Prostitutionsstätte über eine angemessene Ausstattung mit Sanitäreinrichtungen für Prostituierte, Beschäftigte und Kunden verfügt,
· die Prostitutionsstätte über geeignete Aufenthalts- und Pausenräume für Prostituierte und für Beschäftigte verfügt,
· die Prostitutionsstätte über individuell verschließbare Aufbewahrungsmöglichkeiten für persönliche Gegenstände der Prostituierten und der Beschäftigten verfügt und
· die für sexuelle Dienstleistungen genutzten Räume nicht zur Nutzung als Schlaf- oder Wohnraum bestimmt sind.

Die oben dargestellten Mindestanforderungen an Prostitutionsstätten gelten nach
§ 20 ProstSchG auch für die Durchführung einer Prostitutionsveranstaltung. Eine solche muss der Gewerbe- und Gaststättenbehörde vier Wochen vorher angezeigt werden. Der Anzeige sind folgende Angaben und Nachweise beizufügen:


· Der vollständige Name des Betreibers und eine Kopie der Erlaubnis zur Organisation oder Durchführung von Prostitutionsveranstaltungen,
· das der Erlaubnis zu Grunde liegende Betriebskonzept,
· das auf die jeweilige Veranstaltung bezogene Veranstaltungskonzept,
· Ort und Zeit der Veranstaltung,
· der vollständige Name des Eigentümers der für die Veranstaltung genutzten Gebäude, Räume oder sonstigen ortsfesten oder mobilen Anlagen sowie dessen Einverständnis,
· die zum Nachweis der Mindestanforderungen erforderlichen Unterlagen über die Beschaffenheit der zum Prostitutionsgewerbe genutzten Anlage,
· Kopien der Anmeldebescheinigungen der Prostituierten, die bei der Veranstaltung
voraussichtlich tätig werden und

· Kopien der mit den Prostituierten geschlossenen Vereinbarungen.


Die Mindestanforderungen an Prostitutionsfahrzeuge sind in § 19 ProstSchG geregelt. Unter anderem müssen Prostitutionsfahrzeuge über eine angemessene Innenaus-
stattung, bestimmte technische Vorkehrungen, eine angemessene sanitäre Ausstattung, sowie eine gültige Betriebszulassung verfügen und in technisch betriebsbereitem Zustand sein.


Dem Betreiber eines Prostitutionsgewerbes obliegen des Weiteren Pflichten im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Auswahl der im Betrieb tätigen Personen sowie gegenüber Prostituierten. Zudem bestehen eine gesetzlich festgelegte Kondompflicht und ein Verbot gegenteiliger oder jugendgefährdender Werbung.

Zur Überwachung dieser Anforderungen, Pflichten und Verbote durch die zuständige
Behörde sowie durch den Polizeivollzugsdienst werden umfangreiche Betretungs- und Prüfungsrechte gesetzlich eingeräumt.


Stellt die Gewerbe- und Gaststättenbehörde bei den im nachhaltigen Umfang zu erfolgenden Kontrollen Verstöße fest, können verwaltungsrechtliche Maßnahmen wie der Widerruf oder die Rücknahme der Erlaubnis die Folge sein. Hierbei ist mit langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen zu rechnen. Als weitere Folge sind ordnungswidrigkeitsrechtliche Maßnahmen, z. B. in Form von Bußgeldbescheiden mit einem Bußgeldrahmen bis zu 50.000 €, möglich. Auch hier muss mit Einsprüchen und anschließenden Gerichtsverfahren gerechnet werden. Es ist von komplexen und zeitaufwändigen Verfahren auszugehen.

Zu den für die Erteilung der Erlaubnis sowie für notwendige verwaltungsrechtliche Maßnahmen möglichen Verwaltungsgebühren wurde bereits unter dem Punkt „Bestimmungen des Landes“ ausgeführt.

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll das ProstSchG die in der Prostitution Tätigen besser schützen, ihr Selbstbestimmungsrecht stärken, fachgesetzliche Grundlagen zur Gewährleistung verträglicher Arbeitsbedingungen und zum Schutz der Gesundheit für die in der Prostitution Tätigen schaffen und Kriminalität in der Prostitution wie Menschen-
handel, Gewalt gegen Prostituierte und Ausbeutung von Prostituierten und Zuhälterei bekämpfen. Um dies im Rahmen des Aufgabenbereichs der Gewerbe- und Gaststättenbehörde sicherzustellen, bedarf es der Schaffung personeller und sächlicher Ressourcen, sowohl im Innen-, wie im Außendienst, die im Rahmen des Stellenplanverfahrens im
Doppelhaushalt 2018/2019 zu schaffen sind.


Da das Prostitutionsgewerbe bisher nicht erlaubnis- und überwachungspflichtig war, kann der mit dieser neuen Aufgabe verbundene, notwendige Personal- und Sachmittelbedarf nur anhand des Aufwands für Erlaubnisse und deren Überwachung in anderen gewerbe- und gaststättenrechtlichen Bereichen geschätzt werden. So ist etwa eine Orientierung an den Anforderungen möglich, wie sie Ende 2012 mit dem Inkrafttreten des Landesglück-spielgesetzes (LGlüG) im Spielrecht entstanden sind. Die Regelungen im Spielrecht sind denen des neuen ProstSchG – mit einem Erlaubnisvorbehalt, der persönlichen Zuver-
lässigkeitsprüfung, einem Sozialkonzept und Kontrollerfordernissen - ähnlich. Etwa 120 Spielhallen werden dabei derzeit von zwei Sachbearbeiterstellen in Besoldungsgruppe

A 11 betreut, was in der Praxis jedoch nicht ausreichend ist. Aber auch andere
klassische, gewerberechtliche Erlaubnisverfahren, wie etwa bei Maklern und Bewachern, können als Anhaltspunkte dienen.


Wie bereits dargelegt, geht die Polizei für das Jahr 2015 von 165 und für das Jahr 2016 von 157 ihr bekannten Rotlichtobjekten, also Prostitutionsstätten, aus. Von einer gewissen Dunkelziffer weiterer Prostitutionsstätten wird ausgegangen. Auch dafür werden, wegen der mit dem ProstSchG geschaffenen rechtlichen Rahmenbedingungen, zumindest teilweise, Erlaubnisanträge erwartet. Die Gewerbe- und Gaststättenbehörde geht von 140 Prostitutionsstätten aus, deren Betreiber einen Erlaubnisantrag stellen werden. Die Erlaubnisse sollen auf zwei Jahre befristet werden. Für die Folgejahre wird deshalb mit 70 zu bearbeitenden Erlaubnisanträgen jährlich gerechnet. Hinzu kommen aus der
Erfahrung der Polizei und aus Beschwerden bei der Behörde geschätzte 46 Prostitutionsfahrzeuge und 30 Prostitutionsveranstaltungen. Für die Folgejahre wird für Prostitutionsfahrzeuge mit 23 und für Prostitutionsveranstaltungen mit 30 zu bearbeitenden Erlaubnisanträgen gerechnet.



Die nachfolgend dargestellte Ermittlung des damit verbundenen Arbeitsaufwands in
Jahresarbeitszeitminuten auf der Grundlage der einzelnen, anzunehmenden Arbeitsschritte ergibt einen Stellenbedarf von 2,4 Stellen im gehobenen Dienst und 1,1 Stellen im mittleren Dienst:
Berechnungsgrundlagen:
Prostitutionsstätten (PS)
(Schätzung pro Jahr anhand Zahlen der Polizei)
Kfz
(Schätzung)
Veranstaltungen
(Schätzung)
Gesamt
140
46
30
216
Tätigkeitpro Fall in Min.FallzahlenJAM gDJAM mDErläuterungen
Zuverlässigkeitsüberprüfung Betreiber *
85
108
9.180
50% aller PS, Veranstaltungen, Kfz
Überprüfung Betriebskonzept *
180
70
12.600
50% aller PS
Überprüfung Mindestanforderungen PS -Ortstermin (OT) *
180
70
12.600
Erlaubniserteilung für PS *
60
56
3.360
Versagung der Erlaubnis für PS
240
14
3.360
20%
Überprüfung Mindestanforderungen KfZ -OT *
90
23
2.070
Erlaubniserteilung für KfZ *
40
36,8
1.472
Untersagung der Aufstellung des KfZ
50
9,2
460
20%
Überprüfung Mindestanforderungen
Veranstaltungen - OT
90
30
2.700
Erlaubniserteilung für Veranstaltung (einzeln)
40
24
960
Untersagung der Durchführung der Veranstaltung
50
6
300
20%
Anordnungen, Auflagen
60
21,6
1296
10% aller PS, Veranstalt., Kfz
Verwaltungsverfahren I
(Widerspruch, Widerruf Abgabe, Gerichtstermine…)
360
83,2
29.952
100% der Ver- und Untersagungen;
50% Anordnungen, Auflagen;
20% aller PS, Veranstalt., Kfz
Verwaltungsverfahren II
(interne Kommunikation, insbes. mit 20-4, 32-03/4/5, Referat SOS,…)
120
83,2
9.984
100% der Ver- und Untersagungen;

50% Anordnungen, Auflagen;
20% aller PS, Veranstalt., Kfz
Nachschau/Nachkontrolle
Einhaltung der Pflichten
360
216
77.760
Alle PS, Veranst.,
Kfz einmal/Jahr
Nachschau/Nachkontrolle Mindestanforderungen PS
360
140
50.400
Jede PS einmal/Jahr
Nachschau/Nachkontrolle Mindestanforderungen Kfz
180
46
8.280
jedes Kfz einmal/Jahr
Überwachung Mindestanforderungen
Veranstaltungen
180
30
5.400
jede Veranstalt. einmal/Jahr
Nachkontrolle der Beanstandungen Einhaltung Pflichten, Anordnungen und Auflagen
90
108
9.720
in 50% aller Fälle
Nachkontrolle der Beanstandungen Mindestanforderungen
90
108
9.720
in 50% aller Fälle
Owi Feststellungen und Dokumentation bei Nachschauen/Kontrollen
20
432
8.640
in 50% aller Fälle je 2 Owis
Owi-Verfahren
150
432
64.800
in 50% aller Nachschauen gD je 2 Owis +
in 50% aller Nachschauen mD je 2 Owis
Zeugentermine vor Gericht mD
60
216
12.960
in 50% aller Owi-Verfahren
Zeugentermine vor Gericht gD
90
216
19.440
in 50% aller Owi-Verfahren
JAM Gesamt
244.644
112.770
JAM Beamte/Jahr
100.712
100.712
Stellenbedarf
2,4
1,1

Aufgrund der Unsicherheiten der Grundlagen und der Schätzung, aber auch der verwaltungsrechtlichen Erfahrung in den genannten Bereichen, werden deshalb zwei Stellen im gehobenen Dienst (A11) für die Sachbearbeitung sowie eine Stelle im mittleren Dienst (A9) für den Außendienst für die Erfüllung der neuen gesetzlichen Aufgaben als mindestens notwendig erachtet.

Die Außendienststelle ist wichtig, weil - gerade in der Anlaufphase dieser neuen Aufgaben - eine nachhaltige Kontrolltätigkeit vor Ort dringend notwendig ist, um die Erlaubnisbearbeitung, vor allem aber die Überwachung der Prostitutionsstätten, Prostitutionsfahrzeuge und Prostitutionsveranstaltungen, durchzuführen.


An Sachmitteln entstehen die üblichen Kosten für die Ausstattung von 3 Arbeitsplätzen mit Möblierung und IuK-Technik sowie Hilfsgeräten (z. B. Digitalkamera). Hierfür wird
verwaltungsintern von einem Satz für die Stellen in A11 von 5.500,00 € pro Arbeitsplatz und für die Stelle in A9 von 5.100,00 € ausgegangen, so dass sich ein Gesamtbedarf von 16.100,00 € ergibt.





zum Seitenanfang
File Attachment Icon
Anlage 2 zu GRDrs 822_2017 ProstSchG.pdf