Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration
Gz: SI
GRDrs 533/2022
Stuttgart,
09/05/2022


Angebote im Bereich Wohnen für psychisch kranke Menschen -
Sachstand 2021 und Perspektiven




Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Sozial- und GesundheitsausschussKenntnisnahmeöffentlich10.10.2022

Kurzfassung des Berichts:
Ausführlicher Bericht siehe Anlage 1

In der Sitzung des Sozial- und Gesundheitsausschusses am 19.10.2020 wurde zuletzt über die Angebote im Bereich Wohnen für psychisch kranke Menschen berichtet (GRDrs 733/2020 „Angebote im Bereich Wohnen für psychisch kranke Menschen - Sachstand 2019 und Perspektiven“). Der vorliegende Bericht informiert ausführlich über die Ergebnisse der im Bereich Wohnen für psychisch kranke Menschen durchgeführten Erhebung im Jahr 2021. Neben der Belegung zum Stichtag am 31.12.2021 liegen Daten über die Beendigungen der Betreuung im Jahr 2021 sowie über die Neuzugänge vor. Bei der Erhebung handelt es sich um eine Vollerhebung, bei der alle Stuttgarter Leistungserbringer, die Wohnbetreuung für psychisch erkrankte Menschen anbieten, mitgewirkt haben. Mit der Erhebung 2021 wurden planungsrelevante Daten aller im Stuttgarter Stadtgebiet betreut wohnenden psychisch Erkrankten erfasst, unabhängig von der Leistungsträgerschaft.

Zum Vergleich mit der vergangenen Erhebung werden die Daten der letzten Vollerhebung jeweils in Klammern angegeben (Stichtag 31.12.2019).

Die wesentlichen Entwicklungslinien und Schlussfolgerungen, die aus den Ergebnissen der Erhebung abzuleiten sind, werden zusammenfassend in Anlage 1 dargestellt.

Berichtswesen Wohnen 2021

Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) hat u. a. bei den Wohnangeboten für chronisch psychisch kranke Menschen ab dem 01.01.2020 für eine Systemumstellung gesorgt und die Unterscheidung in ambulante und stationäre Wohnangebote aufgehoben. Die stationären Wohnangebote sind als besondere Wohnformen erhalten geblieben.

In den Wohnangeboten der besonderen Wohnform im Stadtgebiet der Landeshauptstadt Stuttgart wurden zum Stichtag 31.12.2021 insgesamt 265 (272) Menschen betreut. Davon waren 60 (55) Plätze im geschlossenen Bereich belegt, in dem ausschließlich Menschen nach § 1906 BGB (geschlossene Unterbringung) untergebracht sind.

Im Ambulant Betreuten Wohnen (ABW) wurden zum Stichtag 31.12.2021 insgesamt 1.014 (873) Personen betreut. Im ABW ist ein Anstieg gegenüber den Vergleichsjahren festzustellen. Im Jahr 2021 wurden 141 Personen mehr als im Jahr 2019 ambulant betreut. Der Zuwachs im ABW liegt bei 16 %.

Der Anteil der Menschen, die ambulant im eigenen Wohnraum betreut werden, ist weiter angestiegen. Während 2019 noch 388 Personen ambulant im eigenen Wohnraum betreut wurden, sind es am Stichtag im Jahr 2021 492 Personen (49 %). 517 (454) Personen (51 %) der Betreuten wohnten im Trägerwohnraum. In einer Einzelwohnung des Trägers lebten 14 %, das sind 140 (122) Personen und in Wohngruppen waren 377 (332) Personen (37 %) untergebracht.

Im Betreuten Wohnen in Familien (BWF) wurden zum Stichtag 2 (3) Personen betreut. Aufgrund der geringen Fallzahl des BWF liegt der Fokus der Auswertungsergebnisse auf dem ABW und den Wohnangeboten in der besonderen Wohnform.

Im Jahr 2021 beendeten insgesamt 216 (157) Personen die Betreuung in den Wohnangeboten in Stuttgart, wovon 25 (14) Personen verstorben sind. Die Fluktuation (die Beendigungen in Relation zum Bestand am Stichtag) ist ein wichtiger Indikator für die Bedarfsplanung. Die Fluktuation betrug in den Wohnangeboten für psychisch Erkrankte im Stadtgebiet insgesamt 17 %, drei Prozentpunkte mehr als im vorherigen Berichtszeitraum (Stichtag 31.12.2019). Dies bedeutet, dass ausreichend Plätze frei wurden um die Stuttgarter*innen wohnortnah zu versorgen.

In der besonderen Wohnform beendeten 57 (47) Personen (26 %) die Betreuung. Die Fluktuation in den Wohnangeboten der besonderen Wohnform betrug 22 % (17 %). Aus dem ABW zogen 158 (110) Personen (73 %) aus. Die Fluktuation im ABW betrug 16 % (13 %). Eine Person hat die Betreuung in der psychiatrischen Familienpflege beendet (< 1 %).

Im Jahr 2021 waren insgesamt 260 (244) Neuzugänge zu verzeichnen, in der besonderen Wohnform wurden 45 (66) Personen neu aufgenommen. Das sind 17 % aller Neuaufnahmen, im ABW wurden 215 (178) Personen aufgenommen, das sind 83 % aller Neuaufnahmen.

Folgende Wohnangebote in der besonderen Wohnform sind neu hinzugekommen:

Das Haus am Eugensplatz der BruderhausDiakonie - Stiftung Gustav Werner und Haus am Berg ist nach der Umbauphase seit Februar 2021 vom Interimsquartier in der Humboldstraße in S-West in neu konzipierte und landesheimbaukonforme Wohneinheiten zurückgezogen. Es wohnen dort 25 Bewohner*innen auf vier Etagen.

Das Mietobjekt des Rehabilitationszentrums Rudolf-Sophien-Stift gGmbH, stationäre Außenwohngruppe, in der Hasenbergstraße mit 11 Plätzen, wurde gekündigt. Auf dem Grundstück Am Kräherwald 147 wurde ein weiteres Gebäude als Ersatz für die stationäre Außenwohngruppe errichtet. Dieses Wohnangebot in der besonderen Wohnform ist seit Juli 2021 bezogen und wird unabhängig vom bereits bestehenden Wohnheim „Am Kräherwald“ mit einem eigenen pädagogischen Konzept betrieben.


Zusammenfassung

Suchterkrankung

Insgesamt hatten zum Stichtag (31.12.2021) 336 (321) Klient*innen (26 %) neben einer psychischen Erkrankung eine Suchterkrankung. Dieser Wert ist um 2 Prozentpunkte im Vergleich zum Jahr 2019 gesunken.

Betrachtet man nur die Neuaufnahmen im Jahr 2021 hatten 65 Personen (25 %) eine Suchterkrankung.

Somatische Erkrankung

Eine zusätzliche, behandlungsbedürftige somatische Erkrankung hatten 313 (291) Personen (24 %), dieser Wert ist zur letzten Erhebung um einen Prozentpunkt gesunken. Betrachtet man nur die Neuaufnahmen im Jahr 2021, haben 70 (46) Personen (27 %) eine behandlungsbedürftige somatische Erkrankung. Hier ist ein Anstieg um 8 Prozentpunkte festzustellen.

Wohnortnahe Versorgung

Bei 1.136 (1.013) Personen (89 %), die im Stadtgebiet betreut wurden, war die Landeshauptstadt Stuttgart auch der Leistungsträger. Zudem waren 25 (24) Personen sogenannte Selbstzahler aus Stuttgart und finanzierten ihre Betreuung aus eigenen Mitteln (2 %).

48 (47) Personen (4 %) waren in Leistungsträgerschaft einer Kommune aus der Region Stuttgart (Böblingen, Esslingen, Ludwigsburg, Rems-Murr-Kreis und Göppingen).

34 (37) Personen (3 %) kommen aus einem anderen Landkreis aus Baden-Württemberg sowie 17 (13) Personen (1 %) aus anderen Bundesländern.

Der Kategorie Verschiedenes sind 21 (11) Personen (< 2 %) zugeordnet. Hierzu gehören Personen mit anderen Kostenträgern (9 Personen), Personen bei denen die Betreuungskosten von einer Einrichtung der Forensik getragen werden (4 Personen) oder Personen, bei denen die Angabe fehlte (8 Personen).

Das Ziel, im Bereich Wohnen für psychisch kranke Menschen eine wohnortnahe Versorgung für Stuttgarter*innen anzubieten, ist somit sehr gut umgesetzt.

Fazit

In den nächsten zwei Jahren gilt es, die Wohnangebote an den Schnittstellen zur Pflege, Suchthilfe und Wohnungsnotfallhilfe weiterhin auszubauen bzw. eine Qualifizierung der Angebote vorzunehmen. Konzeptionelle Überlegungen werden innerhalb des GPV Stuttgarts und den Kooperationspartner*innen der angrenzenden Hilfesysteme diskutiert und im Rahmen der integrierten Planung weiter verfolgt.

Einen erheblichen Beitrag zur wohnortnahen Versorgung von Stuttgarter*innen trägt das Nachfolgegremium der ehemaligen Hilfeplankonferenz (HPK) Stuttgart bei, da der Zugang in alle Wohnangebote für chronisch psychisch kranke Menschen nach wie vor zentral und transparent über das „AST- Angebotsgremium für Soziale Teilhabe (für Menschen mit seelischen Behinderungen)“, kurz AST, erfolgt. Dieses befindet sich aktuell noch in der Erprobung. Sobald sich das Gremium in seiner Zusammensetzung und Arbeitsweise endgültig etabliert hat, wird im Sozial- und Gesundheitsausschuss berichtet werden.


Beteiligte Stellen

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Vorliegende Anträge/Anfragen

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Dr. Alexandra Sußmann
Bürgermeisterin





1. Ausführlicher Bericht


Angebote im Bereich Wohnen für psychisch kranke Menschen
Ausführlicher Bericht


Ergebnisse der Erhebung Wohnen 2021

Inhalt

1. Allgemeine Informationen zur Erhebung

2. Gesamtbelegung aller betreuten Wohnangebote

3. Wohnen in der besonderen Wohnform
3.1 Hilfebedarfsgruppen
3.2 Pflegeeinstufung
3.3 Doppeldiagnosen
3.4 Tagesstruktur

4. Ambulant Betreutes Wohnen (Wohnen außerhalb der besonderen Wohnform)
4.1 Wohnformen
4.2. Hilfebedarfsgruppen
4.3 Pflegebedarf
4.4 Doppeldiagnosen
4.5 Tagesstruktur

5. Leistungsträger

6. Beendigungen

7. Neuaufnahmen

8. Zusammenfassung und aktuelle Planungen

9. Die Situation der Landeshauptstadt Stuttgart im landesweiten Kontext


1. Allgemeine Informationen zur Erhebung

Über die Wohnangebote für chronisch psychisch kranke Menschen wurde zuletzt am 19.10.2020 berichtet (GRDrs 733/2020 "Angebote im Bereich Wohnen für psychisch kranke Menschen - Sachstand 2019 und Perspektiven").

Das Berichtswesen ist als personenbezogene anonyme Erhebung angelegt. Es werden Bestandsdaten in den Wohnangeboten zum Stichtag 31.12.2021 erhoben sowie die Fluktuation, d. h. die Auszüge/Beendigungen und Einzüge/Aufnahmen in Betreuungsangebote im Kalenderjahr erfasst. Erhoben werden Daten zur Wohnbetreuung in der Landeshauptstadt Stuttgart, planungsrelevante soziodemografische Daten der Betreuten sowie Daten zur Tagesstruktur der Betreuten.

Ziel der jährlichen Bestandserhebung ist es, Erkenntnisse zu gewinnen, aus denen sich Handlungsempfehlungen für den bedarfsgerechten Ausbau von Wohnangeboten ableiten lassen. Die Bereitstellung einer bedarfsgerechten sozialen Infrastruktur ist ein im Sozialgesetzbuch verankerter Pflichtauftrag an die Kommune (SGB I, § 17, Abs. 1, Ziffern 2 und 3). Das Sozialgesetzbuch IX verpflichtet zu Leistungen zur Sozialen Teilhabe (SGB IX § 113).

2. Gesamtbelegung aller betreuten Wohnangebote

Die Anzahl betreuter Personen verteilt sich zum Stichtag 31.12.2021 folgendermaßen auf die Einrichtungen in der Landeshauptstadt Stuttgart:
Wohnangebote in der besonderen Wohnform
2021
2019
Wohnheime Reinsburgstraße, Leonberger Straße, Hasenbergstraße, Löwentor, Kräherwald, Wollinstraße des Rehabilitationszentrums Rudolf-Sophien-Stift gGmbH
146
155
Wohnheime Haus am Eugensplatz, Haus Gasteiner Straße und stationäre Außenwohngruppen der BruderhausDiakonie - Stiftung Gustav Werner und Haus am Berg
67
63
Wohnheim Sophienstraße des Caritasverbandes für Stuttgart e. V.
23
23
Wohnheime des Klinikums Stuttgart, Zentrum für Seelische Gesundheit, Stadthaus, Kliniknahes Wohnen
29
31
Gesamt
265
272
davon geschlossene Plätze
60
55
Ambulant betreutes Wohnen (ABW)
2021
2019
Evangelische Gesellschaft Stuttgart e. V.
397
357
Arbeiterinnen- und Arbeiterselbsthilfe e. V.
28
23
Furtbachkrankenhaus - Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
15
15
Klinikum Stuttgart - Zentrum für Seelische Gesundheit
219
183
Caritasverband für Stuttgart e. V.
269
220
BruderhausDiakonie - Stiftung Gustav Werner und Haus am Berg
27
28
Rehabilitationszentrum Rudolf-Sophien-Stift gGmbH
55
41
Vielseits GmbH
4
6
Gesamt
1.014
873
Betreutes Wohnen in Familien (BWF)
2021
2019
Evangelische Gesellschaft Stuttgart e. V.
2
3
Zum Vergleich der Daten zum Stichtag 31.12.2021 stehen die Daten der letzten Vollerhebung (Stichtag 31.12.2019) im Folgenden in Klammer.

Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) hat bei den Wohnangeboten für chronisch psychisch kranke Menschen ab dem 01.01.2020 für eine erhebliche Systemumstellung gesorgt und die Unterscheidung in ambulante und stationäre Wohnangebote aufgehoben. Die stationären Wohnangebote sind weiterhin als besondere Wohnformen erhalten geblieben, in denen beispielsweise weiterhin gemäß § 43a SGB XI kein voller Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung besteht.

Insgesamt lebten 1.281 (1.148) Personen im Jahr 2021 in betreuten Wohnangeboten. Die Betreuungsformen zum Stichtag umfassen Ambulant Betreutes Wohnen (ABW): 1.014 (873) Personen; das Wohnen in der besonderen Wohnform: 265 (272) Personen, davon 60 (55) Personen in geschlossener Unterbringung, Betreutes Wohnen in Familien: 2 (3) Personen.

Entsprechend der Rückmeldungen des Fallmanagements des Sozialamts gibt es vereinzelt Verlegungen von Stuttgarter Leistungsberechtigten in Angebote außerhalb der Landeshauptstadt. Dies geschieht u. a. unter Ausübung des Wunsch- und Wahlrechts (z. B. wenn Angehörige in anderen Stadt- oder Landkreisen leben).

Neben der Erhebung durch die Sozialplanung, die sich auf alle Angebote auf dem Stuttgarter Stadtgebiet bezieht, wurden bis ins Jahr 2019 im Rahmen eines landesweiten Benchmarkings durch das Sozialamt, Sachgebiet Haushalt und Controlling, die Fallzahlen und Ausgaben in der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII differenziert nach Behinderungsart erhoben. Es handelte sich dabei um eine Untersuchung, die alle Personen einbezog, die Leistungen aus Stuttgart erhalten, unabhängig davon, wo diese erbracht wurden. Um den Stand der Wohnangebote für Menschen mit chronisch psychischer Erkrankung in der Landeshauptstadt Stuttgart besser einordnen zu können, wurden diese Gesamtfallzahlen immer mit dargestellt.

Mit der Umsetzung der 3. Reformstufe des BTHG wurden zum 01.01.2020 die Leistungen der Eingliederungshilfe aus der Sozialhilfe herausgelöst. Zudem wurde die Unterscheidung der Leistungsberechtigten nach Behinderungsart aufgegeben. Eine Darstellung der Stuttgarter Leistungsberechtigten ist seitdem nur noch hilfeartübergreifend (Behindertenhilfe, Sozialpsychiatrie, Suchthilfe) möglich. Es kann nicht mehr gezielt aufgezeigt werden, wie viele Menschen mit einer chronisch psychischen Erkrankung (seelischen Behinderung) Stuttgart als Leistungsträgerin haben, unabhängig vom Ort der Leistungserbringung.

Der Systematik des BTHG folgend, wird es perspektivisch auch in der Berichterstattung der Sozialplanung Veränderungen geben, hin zu einer stärker übergreifend lebensbereichsbezogenen statt beeinträchtigungsbezogenen Darstellung der Unterstützungsangebote. Die Veränderung der Berichterstattung wird vollzogen, sobald die Umsetzung des BTHG in der Landeshauptstadt Stuttgart abgeschlossen ist und die neuen Rahmenbedingungen klar sind.

Im Folgenden wird von einer Gesamtzahl von 1.281 Personen ausgegangen. Sofern die Ausführungen ausdifferenziert sind, beziehen sie sich auf die Gruppe der Personen in der besonderen Wohnform (265 Personen) und der ambulant Betreuten (1.014 Personen). An einigen Punkten werden die Personen, die innerhalb der besonderen Wohnform geschlossen nach § 1906 BGB untergebracht waren, detaillierter betrachtet (Stichtag 31.12.2021: 60 Personen). Aufgrund der geringen Fallzahl wird das Betreute Wohnen in Familien (BWF) (2 Personen) nicht detailliert ausgewertet.

2.1 Soziodemographische Daten (Stichtag 31.12.2021)

Gesetzliche Betreuung
Von den 1.281 Personen hatten 533 (481) Personen (42 %) eine gesetzliche Betreuung, 748 (667) Personen (58 %) hatten keine gesetzliche Betreuung. Bei 2 Personen fehlte die Angabe (< 1 %).

Geschlecht
Unter den 1.281 Personen waren 697 (642) Männer (54 %) und 584 (506) Frauen (46 %). Wie in den Vorjahren waren mehr Männer in der Betreuung als Frauen. Der Anteil der Frauen ist um 2 Prozentpunkte angestiegen.

Alter
Insgesamt waren 437 (349) Personen 55 Jahre oder älter (34 %). Diese Altersgruppe ist um 4 Prozentpunkte angestiegen, ältere Personen nehmen in der Betreuung zu. Diese Gruppe wird bisher im Regelsystem versorgt, das aber insbesondere bei einem hohen Pflegeaufwand teilweise an Grenzen stößt. Gleichzeitig sind (53) 34 Personen (4 %) unter 25 Jahre alt. Auch für die Zielgruppe der Jüngeren gibt es Planungen am Quartier am Wiener Platz (siehe Kapitel 8 „Zusammenfassung und aktuelle Planungen“.)

Lebensform

Von den 1.281 Betreuten lebten 1.159 (1.056) Personen (91 %) allein. In einer Partnerschaft lebten 66 (57) Personen (5 %). Mit Familienangehörigen lebten 54 (32) Personen (4 %), bei 2 (3) Personen fehlte die Angabe (< 1%).

Einkommen
Das Einkommen bzw. der Lebensunterhalt teilte sich wie folgt auf: Leistungen der Eingliederungshilfe nach SGB IX erhielten 599 (592) Personen (47 %), Arbeitslosengeld II erhielten 277 (225) Personen (22 %), Erwerbseinkommen hatten 58 (46) betreute Personen (4 %), Arbeitslosengeld I erhielten 6 (5) Personen (< 1 %). Der Kategorie „Anderes Einkommen“ waren 341 (255) Personen (27 %) zugeordnet (darin zusammengefasst sind Rentenbezüge, Vermögen oder Zuverdienst).


2.2 Migrationshintergrund

Einen Migrationshintergrund (Einwohner*innen mit Migrationshintergrund sind Ausländer*innen, eingebürgerte Deutsche und Aussiedler*innen) hatten 366 (302) Personen, also 29 % der Betreuten. Zur Vorerhebung (Stichtag 31.12.2019) ist hier ein leichter Anstieg von 3 Prozentpunkten zu verzeichnen.

Die 366 Personen mit Migrationshintergrund teilten sich wie folgt auf: 143 (117) Personen (11 %) stammten aus Süd-Ost-Europa, 72 (56) Personen (6 %) stammten aus Osteuropa und aus Afrika kamen 58 (48) der betreuten Personen (5 %). 41 (41) Personen (3 %) stammten aus einer anderen Region Europas, und aus einer anderen Region innerhalb Europas kamen 47 (34) Personen (4 %). Bei 5 Personen (< 1 %) fehlte die Angabe.

2.3 Diagnosen

Zum Stichtag 31.12.2021 hatten 755 (705) der Betreuten (59 %) als Hauptdiagnose eine schizophrene Störung, 193 (181) Personen (15 %) eine Persönlichkeitsstörung, eine affektive Störung hatten 179 (167) Personen (14 %), 83 (55) Personen (7 %) eine andere psychiatrische Hauptdiagnose, 43 (25) Personen (3 %) hatten als Hauptdiagnose eine Suchterkrankung und 14 (8) Personen Trauma als Hauptdiagnose (1 %). Bei 14 (7) Personen fehlte die Angabe (1 %).

3. Wohnen in der besonderen Wohnform

3.1 Hilfebedarfsgruppen

Mit Umstellung durch das BTHG wird aktuell eine neue Leistungs- und Vergütungssystematik für die betreuten Wohnangebote in der Eingliederungshilfe in Stuttgart erarbeitet. Zum Stichtag 31.12.2021 galt noch die bisherige Einteilung in sogenannte Hilfebedarfsgruppen (HBG).

In der besonderen Wohnform gibt es fünf Hilfebedarfsgruppen (HBG). Hilfebedarfsgruppen bilden den Grad des Unterstützungsbedarfs einer Person ab. Je höher die Hilfebedarfsgruppe, umso höher ist der Unterstützungsbedarf.

Zum Stichtag waren von den 265 betreuten Personen 206 (201) Personen (78 %) der HBG 3 zugordnet, 52 (62) Personen (20 %) waren in HBG 2. Deutlich geringer waren die Anteile der HBG 4 mit 7 (9) Personen (2 %). In HBG 1, der Gruppe mit dem niedrigsten Hilfebedarf, und HBG 5, der Gruppe mit dem höchsten Hilfebedarf, war wie in den Vorjahren keine Person zugeordnet.

3.2 Pflegeeinstufung

In den besonderen Wohnformen besteht gemäß § 43a SGB XI kein voller Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung. Die Aufwendungen der Pflegekasse dürfen im Einzelfall je Kalendermonat 266 EUR nicht überschreiten.

Die Daten zur Einstufung in die 5 Pflegegrade konnten nur teilweise beantwortet werden, weil die Leistungserbringer der Eingliederungshilfe darüber keine Kenntnis hatten oder die Personen nicht eingestuft waren.

Die Einstufung in Pflegegrade teilte sich in der besonderen Wohnform wie folgt auf: eine Pflegeeinstufung hatten 85 (111) Personen (32 %), davon hatten 14 (16) Personen Pflegegrad 1 (6 %), Pflegegrad 2 hatten 62 (78) Personen (23 %) und in Pflegegrad 3 waren 9 (16) Personen (3 %) eingestuft.

179 (161) Personen hatten keine Pflegeeinstufung (68 %), davon wurde bei 78 (70) Personen (29 %) keine Pflegeeinstufung beantragt, bei 17 (21) Personen wurde der Antrag von der Pflegeversicherung abgelehnt (6 %), bei 11 (10) Personen (5 %) war keine Pflegeeinstufung für die Betreuung erforderlich und bei 73 (60) Personen (28 %) war eine Einstufung nicht bekannt.

3.3. Doppeldiagnosen

Von den 265 Personen in der besonderen Wohnform hatten 161 Personen (198) (61 %) neben der Hauptdiagnose eine zusätzliche Diagnose. 70 (86) Personen hatten als zusätzliche Diagnose eine Suchterkrankung (32 %). Eine zusätzlich behandlungsbedürftige somatische Erkrankung hatten 75 (95) Personen (26 %), eine Minderbegabung hatten 9 (12) Personen (3 %).

Im Bereich der geschlossenen Wohnplätze hatten von 60 Personen 35 (43) Personen (58 %) eine Doppeldiagnose. 23 Personen hatten als zusätzliche Diagnose eine Suchterkrankung (38 %).

Die Suchtmittel verteilten sich wie folgt: Alkohol: 14 Personen, Opioide: 5 Personen, Cannabis: 7 Personen, sonstige Suchtmittel: 11 Personen.

Insbesondere Personen mit einem zusätzlichen illegalen Drogenkonsum und einem Unterbringungsbeschluss nach § 1906 stellten eine Herausforderung für die geschlossenen Wohnheime dar. Eine zusätzlich behandlungsbedürftige somatische Erkrankung haben 10 Personen (17 %), eine sog. Minderbegabung haben 2 Personen (3 %).

Diese Entwicklungen werden weiter dokumentiert, um gegebenenfalls spezielle Angebote in Kooperation mit der Suchthilfe und mit einem Schwerpunkt Pflege auszubauen.

3.4 Tagesstruktur

In der besonderen Wohnform nutzen zum Stichtag 31.12.2021 228 (227) Personen (86 %) eine Tagesstruktur für psychisch kranke Menschen oder eine Tagesstruktur für Senior*innen. In einem WfbM-Arbeitsbereich waren 20 (37) Personen (8 %) beschäftigt. 9 (6) Personen (3 %) besuchten eine Maßnahme des WfbM-Bildungsbereiches bzw. der beruflichen Rehabilitation. 4 Personen hatten eine andere bzw. selbstgestaltete Tagesstruktur (< 2 %). Bei weiteren 4 Personen fehlte die Angabe (< 2 %).

4. Ambulant Betreutes Wohnen (Wohnen außerhalb der besonderen Wohnform)

4.1 Wohnformen

Das Angebot des Ambulant Betreuten Wohnens ist in der Landeshauptstadt Stuttgart sehr vielfältig. Neben verschiedenen Wohngruppen (unterschiedlicher Größe und Wohngemeinschafts-Charakter) gibt es einzelne Apartments, frauen- und männerspezifische Wohnangebote sowie die Möglichkeit der Betreuung in der eigenen Wohnung.

Im Jahr 2021 nutzten 1.014 Personen das Ambulant Betreute Wohnen. Wie schon in den Vorjahren ist die Anzahl der Angebote damit erneut gestiegen. Im vorangegangen Berichtszeitraum (Stichtag 31.12.2019) lag die Zahl der ambulant betreuten Angebote bei 873. Dies entspricht einer Steigerung von 16 % innerhalb von zwei Jahren. Im Vorjahreszeitraum betrug die Steigerung 11 %. Dies ist vor allem auf den Anstieg der ambulanten Betreuung im eigenen Wohnraum zurückzuführen und die Ambulantisierung ehemals stationärer Außenwohngruppen (Außenwohngruppen Schlossbergstraße und Fuchswaldstraße der Rudolf-Sophien-Stift gGmbH).

Von den 1.014 Personen im Ambulant Betreuten Wohnen wohnten 517 (454) Personen (51 %) in Trägerwohnraum, d. h. in Wohnraum, der entweder im Besitz des Trägers ist oder von diesem angemietet wird und über Untermietverträge weitergegeben wird. Die Klient*innen erhalten einen Betreuungsvertrag und einen Mietvertrag, welche mit dem Träger geschlossen werden. Nach Beendigung der Betreuung kann das Mietverhältnis weiterbestehen. 140 (122) Personen wohnten alleine in einer Einzelwohnung (14 %), in einer Wohngemeinschaft wohnten 377 (332) Personen (37 %).

Eine Betreuung in der eigenen Häuslichkeit ist insbesonders sinnvoll, wenn die sozialen Bezüge bestehen bleiben sollen. 492 (388) Personen (49 %) verfügten über eigenen Wohnraum. Hier ist ein Anstieg von 104 Personen zum Vergleichsjahr 2019 zu verzeichnen. Bei 5 Personen fehlte die Angabe (< 1 %).

4.2 Hilfebedarfsgruppen

Im Ambulant Betreuten Wohnen (ABW) gibt es eine Unterteilung in drei Hilfebedarfsgruppen (HBG). Der Hilfebedarf steigt von HBG 1 zu HBG 3 an. Die Beantragung eines Zuschlags ist möglich, um einen höheren Betreuungsbedarf zu decken. Im ABW waren zum Stichtag 600 (499) Personen (59 %) in HBG 2 eingestuft, 306 (279) Personen (30 %) in HBG 3 und 104 (94) Personen (10 %) in HBG 1 eingestuft. Bei 4 (1) Personen fehlte die Angabe (< 1 %). Insgesamt erhielten 78 (78) betreute Personen (8 %) eine Zuschlagszahlung.

4.3 Pflegebedarf

Die Leistungen der Pflegeversicherung sind für Menschen, die ambulant über die Eingliederungshilfe betreut werden, ein wichtiger Baustein der Unterstützung. Die Einstufung in Pflegegrade teilte sich im Ambulant Betreuten Wohnen wie folgt auf: eine Pflegeeinstufung hatten 256 (212) Personen (25 %), davon hatten 72 (57) Personen Pflegegrad 1 (7 %), Pflegegrad 2 hatten 166 (141) Personen (16 %) und in Pflegegrad 3 waren 17 (11) Personen (1 %) eingestuft. 1 (3) Person war in Pflegegrad 4 eingestuft (< 1 %).

758 (661) Personen hatten keine Pflegeeinstufung (75 %), bei 24 (31) Personen wurde der Antrag von der Pflegeversicherung abgelehnt (2 %), bei 171 (179) Personen (17 %) wurde er nicht beantragt, bei 543 (432) Personen (54 %) war eine Einstufung für die Betreuung nicht erforderlich, bei 13 Personen (1 %) war die Einstufung nicht bekannt und bei 7 Personen (1 %) fehlte die Angabe.

4.4 Doppeldiagnosen

In den ambulant betreuten Wohnangeboten hatten 619 Personen (61 %) der 1.014 Personen neben der Hauptdiagnose eine zusätzliche Diagnose. 266 Personen hatten als zusätzliche Diagnose eine Suchterkrankung (26 %). Eine zusätzlich behandlungsbedürftige somatische Erkrankung hatten 238 Personen (24 %), ein Trauma als zusätzliche Diagnose hatten 67 Personen (6 %), und eine sog. Minderbegabung hatten 48 Personen (5 %).

4.5 Tagesstruktur

Im ABW ist die Tagesstruktur der Betreuten differenzierter als in der besonderen Wohnform: im ABW besuchten 43 (43) Personen (4 %) ausschließlich die Tagesstätte eines Gemeindepsychiatrischen Zentrums, 366 (259) Personen (36 %) hatten keine Tagesstruktur bzw. 140 Personen (14 %) hatten eine andere bzw. selbstgestaltete Tagesstruktur. In einem Arbeitsbereich der Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM) waren 132 (137) Personen (13 %) beschäftigt. In einem Zuverdienstangebot übten insgesamt 124 (136) (12 %) Personen eine arbeitsähnliche Tätigkeit aus. 34 (29) Personen (3 %) waren im Berufsbildungsbereich der WfbM/berufliche Reha beschäftigt. Ein tagesstrukturierendes Angebot für erwachsene Menschen mit Behinderung oder für Senior*innen hatten 28 (24) Personen (3 %). Einer Beschäftigung auf dem regulären Arbeitsmarkt gingen 46 (44) Personen (5 %) nach. 73 (61) Personen waren in Bildungsmaßnahmen oder gingen Gelegenheitsjobs nach (7 %), bei 28 Personen fehlte die Angabe (3 %).


5. Leistungsträger

Seit dem 01.01.2020 erfolgt der Zugang in alle Wohnangebote für chronisch psychisch kranke Menschen in der Landeshauptstadt Stuttgart i. d. R. zentral über das Angebotsgremium für soziale Teilhabe für Menschen mit seelischer Behinderung (AST). Es handelt sich dabei um das Nachfolgegremium der Hilfeplankonferenz (HPK) Stuttgart.

Bei 1.136 (1.013) Personen (89 %), die im Stadtgebiet betreut wurden, war die Landeshauptstadt Stuttgart auch der Leistungsträger. Zudem waren 25 (24) Personen sogenannte Selbstzahler aus Stuttgart und finanzierten ihre Betreuung aus eigenen Mitteln (2 %). 48 (47) Personen (4 %) waren in Leistungsträgerschaft einer Kommune aus der Region Stuttgart (Böblingen, Esslingen, Ludwigsburg, Rems-Murr-Kreis, Göppingen), 34 (37) Personen (3 %) aus einem anderen Landkreis aus Baden-Württemberg, aus anderen Bundesländern 17 (13) Personen (1 %). In der Kategorie Verschiedenes sind 13 Personen (1 %), die einen anderen Leistungsträger hatten, z. B. eine Einrichtung der Forensik. Bei 8 Personen fehlte die Angabe.

Anzahl der Betreuten nach Leistungsträger und Betreuungsform
Leistungsträger
Besondere
Wohnform
ABW
BWF
Gesamt
Prozent
Stuttgart
240
894
2
1.136
89
Selbstzahler aus Stuttgart
4
21
0
25
2
Nachbarlandkreise/ Region Stuttgart
6
42
0
48
4
Übriges Baden-Württemberg
3
31
0
34
3
Außerhalb Baden-Württembergs
5
12
0
17
1
Verschiedenes
6
7
0
13
1
Keine Angabe
1
7
0
8
< 1
Gesamt
265
1.014
2
1.281
100

In der besonderen Wohnform stammten zum Stichtag 240 Personen (91 %) aus Stuttgart und 4 Personen (2 %) waren Selbstzahler aus Stuttgart (zusammen 93 %). Noch höher war die wohnortnahe Versorgung von Stuttgarter*innen bei den geschlossenen Wohnheimen. Zum Stichtag waren 57 (95 %) der 60 geschlossenen Plätze mit Personen aus Stuttgart belegt.

Im ABW wurden zum Stichtag 894 (764) Personen (88 %) in Stuttgarter Leistungsträgerschaft betreut. 21 (16) Personen (2 %) waren sogenannte Selbstzahler, d. h. finanzierten ihre Betreuung aus eigenen Mitteln.

Das Ziel, auch im Bereich Wohnen für psychisch kranke Menschen eine wohnortnahe Versorgung für Stuttgarter*innen anzubieten, ist somit sehr gut umgesetzt.

Im Betreuten Wohnen in Familien (BWF) waren beide 2 Personen aus Stuttgart (100 %).


6. Beendigungen

Im Jahr 2021 beendeten 216 (157) Personen die Betreuung, wovon 25 (14) Personen (12 %) verstorben sind. Die Fluktuation (beendete Betreuungen im Verhältnis zu den am Stichtag belegten Plätzen) betrug 17 %.

181 Beendigungen (83 %) erfolgten geplant im gegenseitigen Einvernehmen, 37 Beendigungen bzw. 17 % der Betreuungen wurden außerplanmäßig von Seiten der Klient*innen oder des Trägers beendet. Bei 7 Beendigungen war kein Grund angegeben (2 %).

Die folgende Tabelle fasst die Gründe für eine Beendigung bzw. einem Auszug aus dem Wohnangebot zusammen (sortiert nach dem prozentualen Anteil):
Grund für Beendigung
Betreuungsform
Gesamt
Prozent
Besondere Wohnform
ABW
BWT
Selbständig Wohnen ohne Betreuung
3
36
0
39
18
Besondere Wohnform
11
22
0
33
15
Ambulant Betreutes Wohnen
15
14
1
30
14
Pflegeeinrichtung
11
17
0
28
13
Todesfall
4
21
0
25
12
Einseitige Beendigung durch
Klient*innen
1
18
0
19
9
Einseitige Beendigung durch Leistungserbringer
2
14
0
16
8
Besondere Wohnform
(geschlossene Plätze)
5
4
0
9
4
Keine Angabe
0
7
0
7
3
Wohnen bei Angehörigen
3
1
0
4
< 2
Sonstiges
0
4
0
4
< 2
Einrichtung Wohnungsnotfallhilfe
2
0
0
2
< 1
Gesamt
57
158
1
216
100
In der besonderen Wohnform beendeten insgesamt 57 (47) Personen (26 %) im Jahr 2021 die Betreuung. Die Fluktuation in der besonderen Wohnform betrug damit 22 %. Im vorherigen Berichtszeitraum lag die Fluktuation bei 17 %. Hier ist ein Anstieg um 5 Prozentpunkte zu verzeichnen.

Die meisten Beendigungen in der besonderen Wohnform erklären sich wie folgt: 15 Personen waren in ein ambulant betreutes Wohnangebot umgezogen. 11 Personen wechselten innerhalb Stuttgarts in ein anderes Wohnangebot der besonderen Wohnform bei dem gleichen Leistungserbringer oder bei einem anderen Stuttgarter Leistungserbringer der Sozialpsychiatrie.

Dies zeigt, dass die Versorgungsverpflichtung auch schwieriger Personen durch die Leistungserbringer innerhalb des Gemeindepsychiatrischen Verbundes (GPV) Stuttgart sehr gut umgesetzt wird, d. h. kommt es in der Versorgung über einen längeren Zeitraum zu andauernden Schwierigkeiten z. B. in der Nachbarschaft, besteht die Bereitschaft anderer Wohnangebote bzw. Leistungserbringer, einen Umzug in ein anderes Wohnangebot zu ermöglichen. Weitere 11 Personen, wechselten in eine Pflegeeinrichtung.

Im ABW beendeten 158 (110) Personen (73 %) 2021 die ambulante Wohnbetreuung. Die Fluktuation im ABW betrug 16 % (13 %). Die meisten Beendigungen im Ambulant Betreuten Wohnen erfolgten dadurch, dass 36 Personen nach der Beendigung selbständig, ohne Wohnbetreuung, leben konnten. Dies war mit Abstand die größte Gruppe. In ein Wohnangebot der besonderen Wohnform zogen 22 Personen.


Zusätzlich wurde abgefragt, ob Personen, die die Betreuung im Jahr 2021 beendet haben, in einen anderen Landkreis gezogen sind. Dies war bei 14 (16) Personen der Fall. 6 Personen zogen geplant aus Stuttgart weg, z. B. auf eigenen Wunsch oder Wunsch des gesetzlichen Betreuers, eine Person zog auf eigenen Wunsch in einen anderen Landkreis. 2 Personen zogen in ein ambulant betreutes Wohnangebot außerhalb Stuttgarts, weitere 2 Personen zogen in eine Wohnung außerhalb Stuttgarts und lebten dort selbständig ohne Betreuungsleistungen. 2 Personen zogen in eine Pflegeinrichtung außerhalb Stuttgarts. Jeweils eine Person zog zu Angehörigen und in ein geschlossenes Wohnangebot der besonderen Wohnform.

7. Neuaufnahmen

Im Jahr 2021 waren insgesamt 260 (244) Neuzugänge in die Wohn- und Betreuungsangebote zu verzeichnen. In der besonderen Wohnform wurden 45 (66) Personen (17 %) in die Betreuung aufgenommen, davon auf geschlossene Plätzen nach § 1906 BGB
12 (20) Personen. Im ABW waren 215 (178) Zugänge (83 %) zu verzeichnen.


145 Männer (56 %) und 115 Frauen (44 %) wurden aufgenommen. Davon waren 29 (17) Personen (11 %) unter 25 Jahre, 40 (69) Personen (15 %) waren zwischen 25 und 34 Jahre, zwischen 35 und 54 Jahre waren 109 (111) Personen (42 %) und 82 (48) Personen (32 %) waren 55 Jahre oder älter.

Bei 221 (209) Neuzugängen (85 %) war die Landeshauptstadt Stuttgart Leistungsträger, 6 Personen (2 %) waren Selbstzahler, drei Personen kamen aus der Forensik (1 %). Die übrigen 22 (20) Personen (9 %) stammten aus anderen Landkreisen, davon 11 Personen aus der Region Stuttgart, aus einem anderen Landkreis aus Baden-Württemberg kamen 7 Personen, und von einem Landkreis außerhalb Baden-Württembergs wurden 4 Personen aufgenommen. Eine Person hatte eine andere Leistungsträgerschaft. Bei 6 Personen fehlte die Angabe (2 %).

Die folgende Tabelle stellt den bisherigen Aufenthaltsort vor Einzug in ein Wohnangebot dar (sortiert nach dem prozentualen Anteil):
Aufenthalt vor Maßnahme
Betreuungsform
Gesamt
Prozent
Besondere WohnformAmbulant
Eigene Wohnung
2
91
93
36
Sonstiges
17
18
35
14
Keine Angabe
2
32
34
13
Platz in Wohnungsnotfallhilfe
0
21
21
8
Wohnen mit Angehörigen
0
17
17
7
Besondere Wohnform
6
11
17
7
Ambulant Betreutes Wohnen
9
10
19
7
Forensik
4
6
10
4
Besondere Wohnform
(geschlossene Plätze)
4
3
7
3
Kinder- und Jugendeinrichtung
0
4
4
1
Pflegeeinrichtung
1
0
1
< 1
Betreutes Wohnen in Familien
0
2
2
< 1
Gesamt
45
215
260
100


In den Wohnangeboten der besonderen Wohnform wurden 45 (66) Personen aufgenommen (17 %). Die meisten Neuaufnahmen (17 Personen) erfolgten in der Kategorie Sonstiges (u. a. Aufnahme aus Klinik, Strafvollzugsanstalt). Weitere 9 (9) Personen sind aus einem ambulant betreuten Wohnangebot aufgenommen worden, 6 (11) Personen wurden aus einem anderen Wohnangebot der besonderen Wohnform aufgenommen (Umzüge), 4 (14) Personen wurden aus geschlossenen Plätzen der besonderen Wohnform aufgenommen, 4 (5) Personen wurden aus einer forensischen Einrichtung aufgenommen.

Im Jahr 2021 wurden 215 (178) Personen (83 %) in eine ambulant betreute Einrichtung aufgenommen. Wie bereits in der letzten Erhebung lebten vor der Aufnahme in das ABW die meisten Personen selbständig in einer eigenen Wohnung 91 (79), bei 32 Personen fehlte die Angabe. 21 (12) Personen wurden aus der Wohnungsnotfallhilfe aufgenommen. 18 Personen sind der Kategorie Sonstiges zugeordnet u. a. Klinikaufenthalt (14 Personen), Strafvollzugsanstalt. 17 (25) Personen lebten bei Angehörigen. 11 (15) Personen wurden aus einem Wohnangebot der besonderen Wohnform aufgenommen. 10 (13) Personen wechselten das ambulant betreute Wohnangebot. Weitere 6 (5) Personen kamen aus einer Einrichtung der Forensik.

8. Zusammenfassung und aktuelle Planungen

Zusammenfassung

Das Ziel, eine wohnortnahe Versorgung für Stuttgarter*innen anzubieten, ist sehr gut umgesetzt. Bei 1.136 (1.013) Personen (89 %), die im Stadtgebiet betreut wurden, war die Landeshauptstadt Stuttgart auch der Leistungsträger. In der besonderen Wohnform ist der Anteil der Stuttgarter*innen mit 91 % ebenfalls sehr hoch. Noch höher war die wohnortnahe Versorgung von Stuttgarter*innen bei den geschlossenen Wohnheimen. Zum Stichtag waren 95 % geschlossenen Plätze mit Personen aus Stuttgart belegt.

Insgesamt hatten zum Stichtag 780 (715) Personen (60 %) neben der Hauptdiagnose mindestens eine zusätzliche Diagnose. 336 (321) Personen hatten als zusätzliche Diagnose eine Suchterkrankung (26 %). Dieser Wert ist um 2 Prozentpunkte verglichen zur letzten Erhebung gesunken. Mit 26 % ist der Anteil der Personen mit einer zusätzlichen Suchterkrankung weiterhin hoch. In den nächsten zwei Jahren gilt es, spezifische Angebote oder Angebote in Kooperation mit der Suchthilfe aus- und aufzubauen.

Eine zusätzliche, behandlungsbedürftige somatische Erkrankung hatten 313 (291) Personen (24 %), dieser Wert ist zur letzten Erhebung um ein Prozentpunkt gesunken. Ein planungsrelevanter Aspekt an der Schnittstelle zur Pflege ist die sich in den kommenden Jahren weiter verändernde Altersentwicklung der Menschen in den Wohnangeboten. Hier gibt es erste Überlegungen der Sozialplanung und einzelner Leistungserbringer, ein spezielles Wohnangebot für ältere chronisch psychisch kranke Menschen zu entwickeln. In den besonderen Wohnformen besteht gemäß § 43a SGB XI kein voller Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung. Die Aufwendungen der Pflegekasse dürfen im Einzelfall je Kalendermonat 266 EUR nicht überschreiten. Diese Regelung erschwert die Versorgung von pflegebedürftigen chronisch psychisch kranken Menschen in den Wohnangeboten der besonderen Wohnform.

Grundsätzlich gilt es, das Wohnangebot an den Schnittstellen zur Pflege, Suchthilfe und Wohnungsnotfallhilfe auszubauen. Die Sozialplanung wird hierzu mit den Mitgliedern des GPV Stuttgart und den Kooperationspartner*innen in der Sucht- und Wohnungsnotfallhilfe ins Gespräch gehen und die Ergebnisse im Rahmen der integrierten Planung weiter verfolgen. Bisherige konzeptionelle Überlegungen konnten aufgrund fehlender Immobilien-Standorte nicht umgesetzt werden.

Aktuelle Planungen

Die Umsetzung des BTHG und Umstellung der Wohnangebote auf den neuen Landesrahmenvertrag und der Abschluss neuer Leistungs- und Vergütungssystematiken ist weiterhin im Fokus der Planungen für die betreuten Wohnangebote im Bereich der Sozialpsychiatrie.

Weitere konkrete Planungen einzelner Leistungserbringer sind im Folgenden aufgelistet.
Evangelische Gesellschaft Stuttgart e. V.
Die Sozialplanung des Sozialamtes hat für die Entwicklung des „Quartiers am Wiener Platz“ einen Bedarf für 25 Personen in Sozialwohnungen angemeldet (siehe GRDrs 488/2017 „Entwicklung des Quartiers am Wiener Platz (ehem. Schoch-Areal)“). Im Rahmen dieses Bedarfs soll ein passgenaues ambulant betreutes Wohnangebot für junge Erwachsene im Alter von 18 bis 24 Jahre an der Schnittstelle zwischen Sozialpsychiatrie, Behindertenhilfe und Wohnungsnotfallhilfe entwickelt werden. Die Wohnraumbedarfe sollen in Form eines integrierten und sozialraumorientierten Konzepts umgesetzt werden. Bauträger ist die Baugenossenschaft Neues Heim eG. Betriebsträger werden die Evangelische Gesellschaft Stuttgart e. V. zusammen mit der Diakonie Stetten e. V. sein. Die Fertigstellung ist für 2025 geplant.

Klinikum Stuttgart - Zentrum für Seelische Gesundheit
Nach einem alternativen Gebäude für das Stadthaus wird weiterhin gesucht, um den räumlichen Bedürfnissen der 20 Bewohner*innen sowie den Anforderungen der LHeimBauVO gerecht zu werden.

BruderhausDiakonie - Stiftung Gustav Werner und Haus am Berg
Die Außenwohngruppe in der Pfizerstraße wird mit Auslaufen des Mietvertrages von Seiten des Vermieters Ende 2022 beendet. Für die acht Betreuten wird eine individuelle und personenzentrierte Lösung innerhalb der Wohnangebote des GPV Stuttgart gesucht. Die Außenwohngruppe Gernotstraße wird nach der neuen Leistungsvereinbarung ein Wohnangebot außerhalb der besonderen Wohnform sein (Vermietung eines Trägerwohnraums mit Assistenzleitungen).

Caritasverband für Stuttgart e. V.
In der Hackstraße in S-Ost wurden durch den Wegzug eines Angebots der Wohnungsnotfallhilfe (WNH) sukzessive Wohneinheiten frei. Es soll ein Schnittstellen-Wohnangebot mit 24 Plätzen der Sozialpsychiatrie und WNH entstehen. Geplant sind 14 Plätze nach § 67 SGB XII und 10 Plätze nach § 102 SGB IX Leistungen der Eingliederungshilfe. Die Betreuung soll durch ein gemeinsames Team der Sozialpsychiatrie und WNH erfolgen. Die Sozialplanung benötigt hierzu ein gemeinsames Planungsgespräch und die Vorlage eines Betreuungskonzepts.
Perspektivisch soll in der Brückenstraße in S-Bad Cannstatt bis Mitte 2024 ein ambulant betreutes Wohnangebot mit 25 Plätzen an der Schnittstelle zur Suchthilfe entstehen. Die Wohneinheiten werden in 4 Einzelappartements und 21 Plätze in Wohngemeinschaften aufgeteilt sein.

Arbeiterinnen- und Arbeiterselbsthilfe e. V.
Gemeinsam mit der Sozialplanung wurde ein Konzept zur Weiterentwicklung eines adäquaten Wohn- und Betreuungsangebots für junge Frauen ab 18 Jahren an der Schnittstelle zwischen Sozialpsychiatrie und Wohnungsnotfallhilfe entwickelt. Die Platzzahl ist abhängig von den Räumlichkeiten, angedacht sind 5 - 10 Plätze in Einzelappartements. Die Sozialplanung hat in S-Ost (Stöckach, EnBW-Areal) für das geplante Wohnangebot Bedarf angemeldet. Die Fertigstellung ist bis Ende 2027 geplant.

9. Die Situation in der Landeshauptstadt Stuttgart im landesweiten Kontext

Im Jahr 2021 erstellten der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS), Landkreistag und Städtetag zum fünften Mal eine landesweite
„Dokumentation Gemeindepsychiatrischer Verbund Baden-Württemberg 2019/2020“. In der Dokumentation wird die Versorgungssituation von psychisch erkrankten Menschen in Baden-Württemberg aus kommunaler Perspektive dargestellt (Stichtag: 31.12.2019). Untersucht werden im zweijährigen Turnus jeweils alle 44 Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs.


Bei der Wohnbetreuung in der besonderen Wohnform lag die Landeshauptstadt Stuttgart mit 4,3 (4,1) Personen in der Eingliederungshilfe je 10.000 Einwohner*in unter dem Landesdurchschnitt mit 4,8 (4,7) Personen und unter der Quote der Stadtkreise – dort wurden im Durchschnitt (5,0) 5,1 Personen je 10.000 Einwohner*in stationär versorgt.

Beim Ambulant Betreuten Wohnen lag Stuttgart mit 14,1 (12,3) Personen je 10.000 Einwohner*in weiter deutlich über dem Landesdurchschnitt 9,0 (8,1) und über dem Durchschnitt der Stadtkreise 12,8 (11,2).

Im landesweiten Vergleich war die Quote der Personen, die in Wohnangeboten in der besonderen Wohnform im eigenen Kreis betreut wurden, in der Landeshauptstadt Stuttgart besonders hoch 93 % (90 %). Diese lag deutlich über dem Landesdurchschnitt mit 49 % (49 %) und ebenso über der Quote der Stadtkreise mit 62 % (62 %).

Eine Quote von 100 % ist aufgrund des individuellen Wunsch- und Wahlrechts der Klient*innen nicht realistisch. Oft ist es der Wunsch, in der Nähe von Angehörigen zu leben. Teilweise spielen bei der Wahl einer geeigneten Einrichtung auch fachliche oder persönliche Gründe eine Rolle.

Das Ziel, im Bereich Wohnen für psychisch kranke Menschen eine wohnortnahe Versorgung für Stuttgarter*innen anzubieten, war im landesweiten Vergleich somit sehr gut umgesetzt.

Fazit

In den nächsten zwei Jahren gilt es, die Wohnangebote an den Schnittstellen zur Pflege, Suchthilfe und Wohnungsnotfallhilfe weiterhin auszubauen bzw. eine Qualifizierung der Angebote vorzunehmen. Konzeptionelle Überlegungen werden innerhalb des GPV Stuttgarts und den Kooperationspartner*innen der angrenzenden Hilfesysteme diskutiert und im Rahmen der integrierten Planung weiter verfolgt.

Einen erheblichen Beitrag zur wohnortnahen Versorgung von Stuttgarter*innen trägt das Nachfolgegremium der ehemaligen Hilfeplankonferenz (HPK) Stuttgart bei, da der Zugang in alle Wohnangebote für chronisch psychisch kranke Menschen nach wie vor zentral und transparent über das „AST- Angebotsgremium für Soziale Teilhabe (für Menschen mit seelischen Behinderungen)“, kurz AST, erfolgt. Dieses befindet sich aktuell noch in der Erprobung. Sobald sich das Gremium in seiner Zusammensetzung und Arbeitsweise endgültig etabliert hat, wird im Sozial- und Gesundheitsausschuss berichtet werden.


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