Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration
Gz: SI
GRDrs 907/2023
Stuttgart,
09/14/2023


Kreispflegeplanung 2035 - Fortschreibung



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Sozial- und Gesundheitsausschuss
Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
25.09.2023
26.09.2023

Kurzfassung des Berichts:
Ausführlicher Bericht siehe Anlage 1

Die Zahl der Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf und ihre Entwicklung hängt stark von der demografischen Entwicklung ab. Mit der steigenden Anzahl an älteren Menschen in der Landeshauptstadt Stuttgart steigt auch der Anteil der Personen mit einem Pflegebedarf.

Seit 2017 wird mit der Pflegestatistik die Gesamtzahl der pflegebedürftigen Menschen mit Pflegegrad 1 bis 5 erfasst, die ambulant, stationär oder mit Pflegegeld durch Angehörige versorgt werden. Seit dem Jahr 2019 werden auch Personen erfasst, die ausschließlich den Entlastungsbetrag nach § 45b SGB XI für Angebote zur Unterstützung im Alltag oder keine Leistung aus der Pflegeversicherung nutzen.

Im Jahr 2021 haben 24.036 Menschen in der Landeshauptstadt Stuttgart Pflegeleistungen erhalten. Stationär versorgt wurden 4.447 der Menschen mit Pflegebedarf. 4.739 der pflegebedürftigen Menschen haben ambulante Pflegeleistungen in Anspruch genommen, 3.258 haben den Entlastungsbetrag genutzt und 11.592 Pflegebedürftige haben im Jahr 2021 Pflegegeld bezogen (Quelle: KVJS, Fokus Pflege, Planungsperspektiven für die Stadt- und Landkreise 2021 bis 2035). Das bedeutet, dass im Jahr 2021 lediglich 21,4 Prozent der pflege- und unterstützungsbedürftigen Menschen in der Landeshauptstadt Stuttgart stationär versorgt wurden.

Die Kommunen sind bei der Verwirklichung einer zukunftsfähigen und bedarfsorientierten Infrastruktur im Rahmen ihrer Daseinsvorsorge besonders gefordert. Sie nehmen eine zentrale Rolle bei der Gestaltung vernetzter sozialräumlicher Strukturen ein. Vernetzung, Beteiligung und sozialräumliche Orientierung sind Schlüsselbegriffe der partizipativen Sozialplanung. Die Herausforderungen des demografischen und gesellschaftlichen Wandels machen es notwendig, auf vernetztes Agieren und kleinräumige Entwicklung zu setzen und neue Wege im Hinblick auf die Entwicklung pflegerischer Infrastruktur zu beschreiten.

Derzeit stehen den Stuttgarter Einwohner*innen 4.865 Pflegeplätze in 55 Einrichtungen der stationären Altenhilfe (Stand August 2023) zur Verfügung. Hinzu kommen 111 Plätze in WohnenPlus-Einrichtungen bzw. im Pflegenahen Wohnen und 149 Plätze in ambulant betreuten Wohngemeinschaften. Insgesamt kann in der Landeshauptstadt Stuttgart aktuell auf 5.125 Plätze mit hoher Versorgungssicherheit zurückgegriffen werden.

Darüber hinaus stehen den Stuttgarter Einwohner*innen ca. 80 solitäre Kurzzeitpflegeplätze (Stand Juli 2022) und 30 Tagespflegeangebote mit ca. 430 Plätzen zur Verfügung (Stand Juni 2023). Kurzzeit- wie auch Tagespflegeangebote leisten einen wichtigen Beitrag im Hinblick auf die Entlastung pflegender An- und Zugehöriger. Ca. 100 ambulante Pflegedienste versorgen pflegebedürftige Menschen in der eigenen Häuslichkeit (Stand Juli 2023). Zudem gibt es über 30 Angebote, bei denen Engagierte unter fachlicher Anleitung ältere Menschen, die in der eigenen Häuslichkeit leben, unterstützen und pflegende An- und Zugehörige entlasten sowie ca. 34 Betreuungsgruppen. Hinzu kommen 11 anerkannte Serviceangebote für haushaltsnahe Dienstleistungen.

Die Kreispflegplanung der Landeshauptstadt Stuttgart wird vor dem Hintergrund des Gesetzes zur Umsetzung der Pflegeversicherung in Baden-Württemberg (Landespflegegesetz – LPflG) fortgeschrieben. Die letzte Fortschreibung des Kreispflegeplans erfolgte mit der GRDrs 109/2019 „Kreispflegeplanung 2030 – Fortschreibung“.

Aufgrund der prognostizierten soziodemografischen Entwicklung in der Landeshauptstadt Stuttgart wurde mit der GRDrs 1138/2001 „Pflegeheimverzeichnis“ die Orientierung der Planung an der sogenannten oberen Variante der Bedarfseckwerte des Landes Baden-Württemberg festgelegt. Die prognostizierten Bedarfe wurden im Rahmen dieser Berechnungsweise mit einem Gewichtungsfaktor (Gewichtungsfaktor 1,315) multipliziert.

Mit der vorliegenden Fortschreibung der Kreispflegeplanung 2035 wird die Berechnungsweise an die Status-Quo-Berechnung des Kommunalverbands für Jugend und Soziales (KVJS) angeglichen. Diese basiert auf der Annahme, dass pflegebedürftige Menschen die Leistungsarten im Jahr 2035 so in Anspruch nehmen werden wie im Jahr 2021. Verschiebungen zwischen den einzelnen Angebotsformen ergeben sich bei der Status-Quo-Berechnung durch die demografische Entwicklung. Sollte beispielsweise die Zahl der hochaltrigen pflegebedürftigen Menschen überproportional ansteigen, erhöht sich automatisch der Bedarf an stationärer Langzeitpflege, da diese Versorgungsform in den höheren Altersgruppen stärker in Anspruch genommen wird.

Grundlage für die Fortschreibung der Kreispflegeplanung 2035 bilden aktuelle Berechnungen des Statistischen Amts der Landeshauptstadt Stuttgart zur zukünftigen Entwicklung der Altersstruktur der Bevölkerung sowie die Pflegestatistik des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg (Stichtag 15.12.2021).

Bis zum Jahr 2035 ist für die Landeshauptstadt Stuttgart auf Basis der Status-Quo-Berechnungen von folgenden Bedarfen auszugehen:

Stationäre Langzeitpflege 4.789 Plätze
Solitäre Kurzzeitpflege 155 Plätze
Tagespflege (Mindestbedarf) 533 Plätze
Tagespflege (Höchstbedarf) 1.580 Plätze

Nach der Status-Quo-Berechnung werden in der Landeshauptstadt Stuttgart bis zum Jahr 2035 4.996 ambulante Pflegeleistungen benötigt, die in weiten Teilen in der eigenen Häuslichkeit, aber auch in ambulant betreuten Wohngemeinschaften oder im Pflegenahen Wohnen erbracht werden.

Bei der Interpretation der Ergebnisse der Bedarfsprognosen ist zu berücksichtigen, dass eine exakte Vorhersage künftiger Bedarfe nicht möglich ist. Eine Vorausberechnung zeigt eine mögliche, unter gegebenen Voraussetzungen und Annahmen wahrscheinliche, Entwicklung auf, welche durch sich verändernde Rahmenbedingung beeinflusst werden kann. Eine Ausweitung der Leistungen in der ambulanten Pflege sowie die Stärkung der Rolle der Kommune können zu einer Veränderung der Angebotslandschaft sowie des Inanspruchnahmeverhaltens von ambulanten und stationären Leistungen führen.

Es ist davon auszugehen, dass die Bedarfe in der stationären Langzeitversorgung bis zum Jahr 2035 bereits mit bestehender pflegerischer Infrastruktur gedeckt werden können. Diese Annahme wird von der vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg geförderten Studie „Monitoring Pflegepersonal in Baden-Württemberg 2022“ gestützt, aus der hervorgeht, dass in der Landeshauptstadt Stuttgart im kommunalen Vergleich eine hohe Versorgungssicherheit besteht. Vor dem Hintergrund des demografischen und gesellschaftlichen Wandels ist jedoch mit einer Veränderung der inhaltlichen Anforderungen an Versorgungs- und Unterstützungsstrukturen in der Altenhilfe auszugehen, weshalb die Auseinandersetzung mit einer bedarfsorientierteren Versorgung immer zentraler wird.

Wie in der GRDrs 463/2022 „Weiterentwicklung der Pflege in Stuttgart: Aktueller Stand und Handlungsempfehlungen“ aufgezeigt wird, bedarf es eines ausdifferenzierten, wohnortnahen Hilfemixes, um den vielfältigen Bedürfnissen der Stuttgarter Bevölkerung begegnen zu können. Neue bedarfsgerechte Wohnformen und innovative Versorgungsformen mit Quartiersbezug nehmen neben stationären Versorgungssettings und Angeboten aus dem Vor- und Umfeld von Pflege eine wichtige Rolle ein. Die hohe Versorgungssicherheit in der Landeshauptstadt Stuttgart bildet eine gute Ausgangslage für bedarfsorientiertere Versorgung.

Diese Herangehensweise bildet die Grundlage, um der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe der Gestaltung einer leistungsfähigen, ortsnahen und aufeinander abgestimmten pflegerischen Versorgung der Stuttgarter Einwohner*innen adäquat begegnen zu können.

Die vertiefte Analyse zum Bedarf stationärer Versorgung sowie zu Kurzzeitpflegeplätzen, Tagespflege, ambulanter Pflege und zu den Unterstützungsangeboten im Alltag nach § 45a SGB XI ist in Anlage 1 dargestellt.


Beteiligte Stellen

Die Referate WFB, SWU und SOS haben die Vorlage mitgezeichnet.


Vorliegende Anträge/Anfragen

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Dr. Alexandra Sußmann
Bürgermeisterin





1. Ausführlicher Bericht

Kreispflegeplanung 2035 – Fortschreibung

Ausführlicher Bericht


Stationäre Pflegesettings werden auch künftig ein zentrales Element in der Versorgung von Menschen mit Pflegebedarf bilden. Wie bereits mit der GRDrs 463/2022 „Weiterentwicklung der Pflege in Stuttgart: Aktueller Stand und Handlungsempfehlungen“ aufgezeigt wurde, geht es letztendlich um die Frage, wie sich institutionelle Pflegesettings weiterentwickeln müssen, um ein gutes und selbstbestimmtes Altern auch für hochaltrige, vulne-rable Menschen mit zunehmend komplexer werdenden Pflegebedarfen zu ermöglichen.

Die Kreispflegeplanung in Stuttgart wird gemäß des Gesetzes zur Umsetzung der Pflegeversicherung in Baden-Württemberg (Landespflegegesetz – LPflG) fortgeschrieben. Die letzte Fortschreibung des Kreispflegeplans erfolgte mit der GRDrs 109/2019 „Kreispflegeplanung 2030 – Fortschreibung“.

Derzeit gibt es in der Landeshauptstadt Stuttgart 4.865 Pflegeplätze in 55 Einrichtungen der stationären Altenhilfe (Stand August 2023). Hinzu kommen noch 111 Plätze in WohnenPlus-Einrichtungen bzw. im Pflegenahen Wohnen und 149 Plätze in ambulant betreuten Wohngemeinschaften. Insgesamt stehen aktuell 5.125 Plätze mit hoher Versorgungssicherheit zur Verfügung.

Aufgrund der prognostizierten soziodemografischen Entwicklung in der Landeshauptstadt Stuttgart wurde mit der GRDrs 1138/2001 „Pflegeheimverzeichnis“ die Orientierung der Planung an der oberen Variante der Bedarfseckwerte des Landes Baden-Württemberg festgelegt. Mit der Fortschreibung der Kreispflegeplanung 2035 wird die Berechnungsweise an die Status-Quo-Berechnung des Kommunalverbands für Jugend und Soziales (KVJS) angeglichen. Grundlage für die Fortschreibung der Kreispflegeplanung 2035 bilden aktuelle Berechnungen des Statistischen Amts der Landeshauptstadt Stuttgart zur zukünftigen Entwicklung der Altersstruktur der Bevölkerung sowie die Pflegestatistik des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg (Stichtag 15.12.2021)."

Die Status-Quo-Berechnung des KVJS basiert auf der Annahme, dass pflegebedürftige Menschen die Leistungsarten im Jahr 2035 so in Anspruch nehmen werden wie im Jahr 2021. Verschiebungen zwischen den einzelnen Angebotsformen ergeben sich bei der Status-Quo-Berechnung durch die demografische Entwicklung. Beispielswiese erhöht sich automatisch der Bedarf an stationärer Langzeitpflege, sollte es zu einem überproportionalen Anstieg der Zahl hochaltriger Menschen mit Pflegebedarf kommen, da diese Versorgungsform in den höheren Altersgruppen stärker in Anspruch genommen wird.

Bei der Interpretation der Ergebnisse der Bedarfsvorausberechnungen ist zu berücksichtigen, dass eine exakte Vorhersage der künftigen Ergebnisse nicht möglich ist. Eine
Vorausberechnung zeigt eine mögliche, unter gegebenen Voraussetzungen und Annahmen wahrscheinliche Entwicklung auf.



Bis zum Jahr 2035 ist auf Basis der Status-Quo-Berechnungen voraussichtlich folgende Anzahl stationärer Plätze notwendig: 4.789 Pflegeplätze.

Es kann davon ausgegangen werden, dass die Bedarfe in der stationären Langzeitversorgung bis zum Jahr 2035 bereits mit bestehender pflegerischer Infrastruktur gedeckt werden können. Diese Annahme wird von der vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg geförderten Studie „Monitoring Pflegepersonal in Baden-Württemberg 2022“ unterstrichen, aus der hervorgeht, dass in der Landeshauptstadt Stuttgart im kommunalen Vergleich eine hohe Versorgungssicherheit besteht. Es ist vor dem Hintergrund des demografischen und gesellschaftlichen Wandels von einer Veränderung der Anforderungen an Versorgungs- und Unterstützungsstrukturen in der Altenhilfe auszugehen, weshalb die Auseinandersetzung mit einer bedarfsorientierteren Versorgung immer zentraler wird.

Die Zahl der Bewohner*innen in stationären Pflegeeinrichtungen ist in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Dies kann mit einer sich verändernden Nutzer*innen-präferenz zugunsten häuslicher Pflege zusammenhängen. Wie viele Menschen unfreiwillig in der eigenen Häuslichkeit gepflegt werden, weil kein entsprechender stationärer Pflegeplatz zu Verfügung steht, lässt sich aus den vorhandenen Daten nicht ableiten. Auch der Mangel an Fach- und Assistenzkräften in der Pflege kann in Zusammenhang mit dem Rückgang in der stationären Dauerpflege gesehen werden.

Ein Bedarf an stationären Plätzen entsteht durch die Umsetzung der Landesheimbauverordnung (LHeimBauV), die am 01.09.2009 in Kraft getreten ist. Diese sieht vor, dass Pflegeheime ab dem Jahr 2019 ausschließlich Einzelzimmer anbieten. Einige Träger haben für die Umsetzung dieser Verordnung eine Fristverlängerung erhalten. Derzeit gibt es in der Landeshauptstadt Stuttgart in den Pflegeeinrichtungen noch 250 Doppelzimmer (500 Plätze in Doppelzimmern). Hierin enthalten sind auch die Doppelzimmer, die nur für Kurzzeitpflege genutzt werden dürfen. Diese Plätze gilt es zu kompensieren.

Berechnungen für 2035 - stationäre Langzeitpflege
Plätze
Landeshauptstadt Stuttgart Bestand
4.865
Bedarf gem. Berechnungen Sozialamt
4.789
Umwandlung Doppelzimmer in Einzelzimmer
250
Bedarf Status-Quo-Berechnung
174

Gemeinsam mit dem Amt für Stadtplanung und Wohnen führt die Sozialverwaltung seit 2016 alle zwei Jahre den gesamtstädtischen Standortsuchlauf Pflege durch. Dabei werden dem prognostizierten Bedarf potenzielle Standorte gegenübergestellt, die für die Sicherung und Weiterentwicklung der pflegerischen Infrastruktur entwickelt werden.

Wie in der GRDrs 292/2023 „Ergebnis des 4. Suchlaufs für Pflegeheimstandorte“ dargestellt, konnten mit dem 4. Standortsuchlauf 57 potenzielle Standorte für pflegerische Infrastruktur mit hoher Versorgungssicherheit identifiziert werden. Im Rahmen der 57 ermittelten Standorte könnten insgesamt 2.127 Plätze mit hoher Versorgungssicherheit realisiert werden. Hierzu zählen neben stationären Pflegeeinrichtungen auch ambulant betreute Wohngemeinschaften und Pflegenahes Wohnen.

Bei der Kurzzeitpflege handelt es sich um eine temporäre stationäre Versorgung. Als Leistung der Pflegeversicherung kann die Kurzzeitpflege ab dem Pflegegrad 2 in Anspruch genommen werden, wenn die häusliche Pflege zeitweise nicht, noch nicht oder nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden kann und auch eine teilstationäre Pflege nicht ausreicht. Die Kurzzeitpflege leistet einen wesentlichen Beitrag zur Entlastung pflegender An- und Zugehöriger. Es werden insbesondere Plätze benötigt, die ausschließlich für die Kurzzeitpflege vorgehalten werden.

Den Stuttgarter Einwohner*innen stehen aktuell ca. 80 solitäre Kurzzeitpflegeplätze zur Verfügung (Stand Juli 2022). Die Prognose des KVJS geht von einem Bedarf von 155 solitären Kurzzeitpflegeplätzen in der Landeshauptstadt Stuttgart bis zum Jahr 2035 aus.

Berechnungen für 2035 - solitäre Kurzzeitpflege
Plätze
Landeshauptstadt Stuttgart Bestand
80
Bedarf gem. Berechnungen Sozialamt
155
Bedarf Status-Quo-Berechnung
75

Die Bedarfsprognosen für die Kurzzeitpflege gestalten sich deutlich schwieriger als die Berechnungen für die stationäre Dauerpflege. Dies liegt unter anderem daran, dass im Rahmen der Pflegestatistik des Statistischen Landesamtes Leistungsempfänger*innen am Stichtag (15.12.) erhoben werden, es aber nicht klar ist, ob all diese Menschen auch einen Kurzzeitpflegeplatz gefunden haben. Darüber hinaus bildet die Stichtagszahl saisonale Nachfragespitzen und unvorhersehbare kurzfristige Bedarfe, die typisch für die Kurzzeitpflege sind, nicht ab.

Der KVJS hat deshalb auf Basis der Statistik über die Leistungen aus der Pflegeversicherung des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg für das Jahr 2021 und den Barmer-Pflegereport 2018 Annahmen entwickelt, die es ermöglichen, sich dem Bedarf in der Kurzzeitpflege anzunähern.


Als teilstationäre Versorgung wird die zeitweise Betreuung im Tagesverlauf in einer Einrichtung bezeichnet. Teilstationäre Pflege kann als Tages- oder Nachtpflege konzipiert sein.

Derzeit stehen den Stuttgarter Einwohner*innen 30 Tagespflegeangebote mit ca. 430 Plätzen zur Verfügung (Stand Juni 2023). In einer Tagespflegeeinrichtung werden Menschen, die Betreuung und Pflege benötigen, in der Regel von 8:00 bis 17:00 Uhr betreut. Ziel ist neben der Sicherstellung einer fachlichen Betreuung und Pflege die individuelle Förderung alltagspraktischer und geistiger Fähigkeiten. Eine Tagespflege eignet sich besonders für Menschen, die nur tagsüber Pflege und Betreuung durch Dritte benötigen und ansonsten von ihren An- und Zugehörigen betreut und gepflegt werden.


In folgenden Stuttgarter Stadtbezirken werden Tagespflegeangebote zur Verfügung gestellt: Birkach, Botnang, Feuerbach, Hedelfingen, Heumaden, Möhringen, Mühlhausen, Münster, Nord, Obertürkheim, Ost, Süd, Untertürkheim, Vaihingen, Weilimdorf, West und Zuffenhausen. Im Rahmen des Standortsuchlaufs (GRDrs 292/2023 „Ergebnis des 4. Suchlaufs für Pflegeheimstandorte“) werden auch potenzielle Standorte für Tagespflegen ermittelt.

Durch die Leistungsausweitungen im Rahmen der Pflegestärkungsgesetze hat die Inanspruchnahme von Tagespflege zugenommen. Da die künftigen Entwicklungen in der Tagespflege noch nicht absehbar sind, berechnet der KVJS einen Mindest- und einen Höchstbedarf. Die tatsächliche Entwicklung in der Tagespflege wird sich voraussichtlich innerhalb dieses Korridors abspielen (Quelle: KVJS, Fokus Pflege, Planungsperspektiven für die Stadt- und Landkreise 2021 bis 2035).

Nach der Status-Quo-Berechnung des KVJS besteht in der Landeshauptstadt Stuttgart bis zum Jahr 2035 ein Mindestbedarf von 533 Tagespflegeplätzen und ein Höchstbedarf von 1.580 Tagespflegeplätzen.

Für die Berechnung des Mindestbedarfs wird davon ausgegangen, dass sich das Nachfrageverhalten der pflegebedürftigen Menschen bis zum Jahr 2035 nicht wesentlich verändert, d. h. die aktuelle Nutzung von Tagespflegeangeboten wird fortgeschrieben.

Berechnungen für 2035 - Tagespflege (Mindestbedarf)
Plätze
Landeshauptstadt Stuttgart Bestand
430
Bedarf gem. KVJS
533
Bedarf Status-Quo-Berechnung
103

Die Berechnung eines Höchstbedarfs in der Tagespflege erfolgt unter der Annahme, dass der Anteil der Nutzer*innen von Tagespflegeangeboten steigt, wenn ausreichend Angebote vorhanden sind und ein erleichterter Zugang ermöglicht wird.

Berechnungen für 2035 - Tagespflege (Höchstbedarf)
Plätze
Landeshauptstadt Stuttgart Bestand
430
Bedarf gem. Berechnungen KVJS
1.580
Bedarf Status-Quo-Berechnung
1.150

Bedarfsvorausberechnungen im Bereich der Tagespflege stoßen an methodische Grenzen. In Tagespflegeeinrichtungen werden die Plätze in der Regel von mehreren Personen genutzt, da die pflege- und unterstützungsbedürftigen Gäste die Tagespflege nur an einigen Tagen in der Woche in Anspruch nehmen. Folglich ist die Zahl der pflege- und unterstützungsbedürftigen Menschen, die eine Tagespflege in Anspruch nehmen, höher als die Zahl der Plätze.


In der Landeshauptstadt Stuttgart haben im Jahr 2021 24.036 Menschen Pflegeleistungen erhalten. Ambulante Pflegeleistungen wurden von 22,8 % der Menschen mit Pflegebedarf in Anspruch genommen (Quelle: KVJS, Fokus Pflege, Planungsperspektiven für die Stadt- und Landkreise 2021 bis 2035). Ambulante Pflege kann in der eigenen Häuslichkeit, aber auch beispielsweise in ambulant betreuten Wohngemeinschaften oder im Pflegenahen Wohnen erbracht werden. In der Pflegestatistik werden ausschließlich Personen erfasst, die Leistungen nach SGB XI beziehen, nicht erfasst werden beispielsweise Personen, die ambulante Pflegeleistungen nach SGB V erhalten.

Aktuell stehen den Stuttgarter Einwohner*innen ca. 100 ambulante Pflegedienste zur Verfügung (Stand Juli 2023).

Nach der Status-Quo-Berechnung werden in der Landeshauptstadt Stuttgart bis zum Jahr 2035 4.996 ambulante Pflegeleistungen benötigt. Legt man die Annahme zugrunde, dass die Veränderungen durch die Pflegestärkungsgesetze zu einem Rückgang im stationären Bereich und einer Zunahme in der ambulanten Pflege führen, kann für die Landeshauptstadt Stuttgart bis zum Jahr 2035 mit einem Bedarf von 5.397 ambulanten Pflegeleistungen gerechnet werden.

Leistungsausweitungen in der ambulanten Pflege sowie die Stärkung der Rolle der Kommune könnten zu einer Veränderung der Angebotslandschaft sowie der Inanspruchnahme von ambulanten und stationären Leistungen führen. Diese Annahme setzt ein ausreichend ausgebautes und aufeinander abgestimmtes Netz an ambulanten Leistungen im Wohnumfeld voraus.

Laut der vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg geförderten Studie „Monitoring Pflegepersonal in Baden-Württemberg 2022“ finden sich die meisten pflegebedürftigen Menschen in ambulanter Versorgung im Regierungsbezirk Stuttgart. Hier sind auch die meisten Pflegedienste selbst verortet und es werden auch die höchsten personellen Ressourcen eingesetzt.

Im Hinblick auf den Ausbau und die Weiterentwicklung ambulanter pflegerischer Infrastruktur besteht in der Landeshauptstadt Stuttgart ein großer Handlungsbedarf. Wie eine zukunftsfähige und nachhaltige Ambulantisierung pflegerischer Infrastruktur umgesetzt werden kann, soll unter anderem im Rahmen einer an die Kommunale Pflegekonferenz 2.0 angegliederten Arbeitsgruppe eruiert werden (GRDrs 905/2023 „Kommunale Pflegekonferenz 2.0 – Weiterentwicklung der Vernetzungsstrukturen“).

Gute Versorgung in der eigenen Häuslichkeit braucht ergänzende Unterstützung durch einfache Angebote zur Alltagsbewältigung und Unterstützung von Teilhabe und Selbstbestimmung. Die Unterstützungs- und Entlastungsangebote sind seit den Änderungen der Pflegestärkungsgesetze in § 45a SGB XI geregelt. In Baden-Württemberg ist die Unterstützungsangebote-Verordnung (UstA-VO) die Grundlage für eine breite Palette vielfältiger - insbesondere ehrenamtlicher - Angebote und Initiativen für unterstützungs- und pflegebedürftige Menschen und ihre An- und Zugehörigen.

Pflegebedürftigen Menschen stehen im Monat 125 EUR für diese Angebote zur Verfügung (Entlastungsbetrag). Der Betrag ist zweckgebunden einzusetzen für qualitätsgesicherte Leistungen zur Entlastung pflegender An- und Zugehöriger in ihrer Eigenschaft als Pflegende sowie zur Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmtheit der Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf bei der Gestaltung ihres Alltags.

Derzeit gibt es in Stuttgart über 30 Angebote, bei denen Engagierte unter fachlicher Anleitung ältere Menschen, die in der eigenen Häuslichkeit leben, unterstützen und pflegende An- und Zugehörige entlasten und 34 Betreuungsgruppen. Hinzu kommen 11 anerkannte Serviceangebote für haushaltsnahe Dienstleistungen mit sozialversicherungspflichtig beschäftigtem Personal.

Der größere Teil der Menschen mit Unterstützungs- und Pflegebedarf lebt in der eigenen Häuslichkeit. Diese Menschen benötigen neben Pflegeleistungen Angebote, die es ihnen ermöglichen, den Alltag zuhause zu bewältigen und die sie bei ihrer gesellschaftlichen Teilhabe unterstützen. Daneben wird häufig auch in der Hausarbeit unterstützt. Die Nachfrage nach Hilfe im Haushalt ist groß und bildet, neben ambulanter pflegerischer Versorgung, einen elementaren Baustein im Hinblick auf die Sicherung der Selbstbestimmtheit und den Verbleib in der eigenen Häuslichkeit. Aus diesem Grund soll die kommunale Förderung mit der GRDrs 906/2023 „Förderung der häuslichen Betreuungsdienste ab dem Jahr 2024“ ausgebaut und weiterentwickelt werden.

Ein einseitiger bzw. ausschließlich quantitativer Ausbau der pflegerischen Infrastruktur ist nicht ausreichend, um den zunehmend vielfältigeren Wünschen und Bedürfnissen der Pflegebedürftigen nach einer Ambulantisierung der Versorgungsstrukturen gerecht zu werden. Basierend auf der Inanspruchnahme im Jahr 2021 ist von einer steigenden Nachfrage im Bereich der ambulanten Angebote auszugehen. Diese Annahme setzt den entsprechenden sozialräumlich orientierten und aufeinander abgestimmten Ausbau ambulanter pflegerischer Infrastruktur voraus.

Das Nachfrageverhalten pflegebedürftiger Menschen und die Inanspruchnahme einzelner Leistungsformen können durch sich verändernde Rahmenbedingungen beeinflusst werden. Wie der zukünftige Bedarf tatsächlich gedeckt wird, hängt nicht zuletzt auch von den politischen und planerischen Entscheidungen auf kommunaler Ebene ab.

Zentraler Faktor im Hinblick auf den Ausbau und die Weiterentwicklung pflegerischer Infrastruktur ist das Personal. Es kann davon ausgegangen werden, dass bereits heute nicht mehr alle Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf einen stationären Pflegeplatz oder einen ambulanten Pflegedienst finden, weshalb ihre Versorgung anderweitig organisiert werden muss. Hierbei sind pflegende An- und Zugehörige von zentraler Bedeutung.

Neue bedarfsgerechte Wohnformen und innovative Versorgungsformen mit Quartiersbezug nehmen neben stationären Versorgungssettings und Angeboten aus dem Vor- und Umfeld von Pflege eine wichtige Rolle ein (GRDrs 463/2022 „Weiterentwicklung der Pflege in Stuttgart: Aktueller Stand und Handlungsempfehlungen“). Die hohe pflegerische Versorgungssicherheit in der Landeshauptstadt Stuttgart bildet eine gute Ausgangslage für bedarfsorientiertere Versorgung der Stuttgarter Einwohner*innen.


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