Protokoll: Jugendhilfeausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
1089/2019
GZ:
JB
Sitzungstermin: 25.11.2019
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BMin Fezer
Berichterstattung:Herr Prof. Dr. Fuchs (TU Darmstadt)
Protokollführung: Frau Kappallo
Betreff: Zentrale Ergebnisse der trägerübergreifenden
Elternbefragung 2019

Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Referats Jugend und Bildung vom 31.10.2019, GRDrs 1089/2019. Sie ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokoll-exemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.


Die Vorlage präsentiere die Gesamtergebnisse der trägerübergreifenden Elternbefragung, die von Januar bis April 2019 in 457 Stuttgarter Kindertageseinrichtungen stattgefunden habe, unterrichtet die Vorsitzende.

Herr Prof. Dr. Fuchs referiert im Sinne der Präsentation und unterrichtet, 10.757 Eltern hätten im Rahmen der Befragung Rückmeldung gegeben, wie zufrieden sie mit dem pädagogischen Angebot der Einrichtung und der Zusammenarbeit mit den Familien seien. Mit einer Rücklaufquote von 59 % seien die Ergebnisse repräsentativ und gäben Hinweise darauf, in welchen Bereichen die Eltern zufrieden seien und wo es Entwicklungsbedarf gebe. Die Elternbefragung, bezogen auf die Bildungsförderung, sei von der Abt. Jugendhilfeplanung organisiert und mit allen Trägerverbänden und sonstigen freien Trägern abgestimmt worden. Die zentralen Ergebnisse werden gemäß der digitalen Vorstellung wiedergegeben. Als größte Herausforderungen nennt Herr Prof. Dr. Fuchs den Fachkräftemangel und die zunehmende Heterogenität der Elternschaft mit ihren Wertvorstellungen. Aus Sicht der Verwaltung erwähnt die Vorsitzende, sie sei erfreut über die guten Ergebnisse, besonders da alle der 2013 und 2016 festgestellten Entwicklungsthemen sich zum Positiven verändert hätten. Anschließend bedankt sie sich bei den Einrichtungen sowie bei den Eltern, die für den guten Rücklauf gesorgt hätten, und bei den Trägern, die mit ihrer aktiven Trägerschaft maßgeblich zu der Qualität in den Kitas beitragen. Für die Fachverwaltung und die Träger sei die Untersuchung sehr wichtig, da klare Ansatzpunkte aufgezeigt werden, worauf der Fokus gelegt werden müsse. Eine vierte Untersuchung kündigt die Vorsitzende im weiteren Verlauf der Aussprache an.

StR Pitschel (90/GRÜNE) lobt die Untersuchung sowie die Arbeit der Träger. Gleichwohl, betont der Stadtrat, müsse dem Fachkräftemangel aktiv begegnet werden.

StRin Ripsam (CDU) bedankt sich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die tagtäglich die Herausforderungen in den Kitas meisterten. Allerdings sei sie über die Verschlechterungen bei der Pflege der Krippenkinder sowie über die Abwärtsentwicklung bei Entwicklungsgesprächen erstaunt. Zu den Entwicklungsgesprächen erwähnt Herr Prof. Dr. Fuchs, die Ergebnisse hingen davon ab, wie die Einrichtungen die Gespräche in ihren Alltag einbetten können. Die Einrichtungen unterscheiden sich darin, wie selbstverständlich Entwicklungsgespräche in den Jahresplan gehörten. Die Vorbereitung eines Entwicklungsgesprächs für ein einzelnes Kind bedürfe großer Anstrengungen, dieses Gespräch qualitativ hochwertig durchzuführen.

Zu dem Hinweis von StRin Höh (FDP), dass regelmäßig Gespräche zwischen den Eltern und der Einrichtung beim Abgeben und Abholen der Kinder stattfinden, bemerkt Herr Prof. Dr. Fuchs, die Eltern fühlten sich in der Regel gut aufgehoben bei den niederschwelligen Gesprächsangeboten beim Bringen und Holen. Wenn gesehen werde, dass die Bekanntheit der Entwicklungsgespräche leicht rückläufig sei, könnte es sein, dass Eltern das Angebot weniger relevant als vor drei Jahren wahrnähmen. Er vermute allerdings, dass es aufgrund der verfügbaren Personalressourcen nicht möglich sei, alle Aufgaben kontinuierlich auf hohem Niveau voranzutreiben.

StRin Ripsam beschäftigt der Nachholbedarf bei den Übergängen Krippe/Kita und Kita/Schule, diese müssten verbessert werden. Der Übergang von der Kita in die Schule sei bei dieser Befragung schwierig abzubilden, macht Herr Prof. Dr. Fuchs deutlich, da ausschließlich die Eltern in den Einrichtungen befragt worden sind. Die Kinder und ihre Eltern, die bereits in die Grundschule gewechselt seien und den Prozess des Wechsels durchlaufen hätten, könnten seltener befragt werden - außer es gebe ein Geschwisterkind in der Kita. Bezogen auf den Übergang von der Krippe in die Kita könne festgestellt werden, dass die Bekanntheit dieses Prozesses nicht sehr ausgeprägt sei. Es könne sein, dass die Einrichtungen diesen Prozess nicht deutlich genug kommunizierten. Auf eine Frage von StRin Ripsam erläutert Herr Prof. Dr. Fuchs, es sei nicht bekannt, ob Eltern bereits bei der letzten oder vorletzten Befragung mitgewirkt hätten. Allerdings sei bekannt, wie lange die Kinder in der jeweiligen Kita betreut werden. Dadurch könne abgeschätzt werden, wie viel Prozent der Eltern schon so lange dabei seien, sodass sie theoretisch an der letzten Umfrage hätten teilnehmen können. Er schätze, dass etwa 25 bis 30 % der Eltern an der letzten Umfrage teilgenommen haben.

StRin Meergans (SPD) schließt sich den lobenden Worten an. Sie interessiert, ob die Daten auf Bezirksebene ausgewertet worden seien. Hierzu bemerkt Herr Prof. Dr. Fuchs, diese Betrachtung würde sich anbieten; allerdings sei diese Auswertung aufgrund regionaler Schwerpunkte bei den Trägern nicht trivial. Bei der statistischen Auswertung müsse darauf geachtet werden, den Unterschied in den Stadtbezirken und nicht den Unterschied in der differenziellen Elternschaft in diesen Stadtbezirken sowie den Unterschied bei den Trägerschaften aufzuzeigen. Die Daten ermöglichten eine entsprechende Auswertung, ergänzt Herr Prof. Dr. Fuchs. Die zunehmende Heterogenität der Elternschaft bezeichnet StRin Meergans als gesamtgesellschaftliche Aufgabenstellung. In den aktuell stattfindenden Etatberatungen könne dem Fachkräftemangel begegnet werden, merkt die Stadträtin an.

StRin von Stein (FW) erkundigt sich nach den auf die Trägerschaft bezogenen Zufriedenheitsaspekten, ob diese spezifisch ausgewertet worden seien. Herr Prof. Dr. Fuchs bestätigt Unterschiede bei den Trägern. Allerdings werde er diese aufgrund der Fairness nicht veröffentlichen. Nachvollziehbar sind für StRin von Stein die positiven Ergebnisse der Befragten, was die Zusammenarbeit der Eltern mit der Kita angehe. Eltern seien per se positiv gestimmt, wenn sie einen Kitaplatz mit Blick auf 3.000 fehlende Kitaplätze erhielten. Herr Prof. Dr. Fuchs erörtert, die Eltern, die bereits längere Zeit einen Kitaplatz beanspruchten, würden eher einen kritischen Blick auf die Einrichtung werfen. Diese Situation könne an der Gewöhnung oder an einer Vernachlässigung der langjährigen Eltern durch die Kita sowie an der Wiederholung eines Kindergartenjahrs liegen. Es sei schwer, aus der Datenlage Hintergründe für das kritische Verhalten aufzudecken. "Frische" Eltern seien dagegen "glücklicher" als die langjährigen. Es stelle eine Herausforderung für die Einrichtungen dar, über Jahre eine gute Beziehung zu den Eltern zu pflegen.

Wenn insgesamt 9 von 10 Eltern zufrieden seien, müsste nicht nach dem Haar in der Suppe gesucht werden, meint StR Walter (PULS). Allerdings bezeichnet dieser Stadtrat den Fachkräftemangel und die zunehmende Heterogenität als ungute Situation. Bezogen auf den mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich habe die Zufriedenheit bei den Eltern zugenommen; allerdings gebe es in diesem Gebiet noch Luft nach oben, betont StR Walter. Im Gegensatz zum sprachlichen Bereich könne in der mathematisch-naturwissenschaftlichen Disziplin in der Grundschule noch aufgeholt werden.

Die Anmerkung von StR Ebel (AfD), die Kita-Befragung in ein öffentliches Ranking münden zu lassen und Träger über Details jeder einzelnen Kita zu informieren, sieht Herr Prof. Dr. Fuchs als wenig zielführend an. Die Motivation in den Einrichtungen würde nicht gesteigert, und weitere Befragungen wären erschwert. Die Einrichtungen seien sehr heterogen und unterschieden sich in ihrer Bausubstanz, in der Zusammensetzung der Teams, in der Elternschaft sowie in der Lage dermaßen gravierend, dass Birnen mit Äpfeln verglichen würden.

Herr Schulze-Gronemeyer berichtet über den Erhalt des Gesamtergebnisses sowie des Trägerergebnisses. Die übergreifenden Ergebnisse für die 106 Einrichtungen würden analysiert und sehr ernst genommen. Im Bereich der Pflege gebe es Standards, die von den Einrichtungen eingehalten werden. Im Bereich der Entwicklungsgespräche werden die Standards überprüft und weiterentwickelt, berichtet Herr Schulze-Gronemeyer.

Dem allgemeinen Dank sich anschließend merkt Herr Käpplinger an, ein Teil der Elternschaft würde die Kita als Dienstleistung wahrnehmen und beteilige sich nicht an Angeboten sowie an der Einbringung von Ideen. Er stellt die Frage, ob es daran liege, dass Eltern sich eine Mitarbeit nicht zutrauten. Diese Annahme sei eine mögliche Erklärung, verdeutlicht Herr Prof. Dr. Fuchs. Allerdings hätten Eltern mit akademischem Hintergrund, die beide erwerbstätig seien, ebenfalls kein Interesse, sich einzubringen. Gleichwohl könne das fehlende Engagement nicht ausschließlich auf mangelndes Interesse, sondern auch auf knappe Zeitressourcen hinweisen. Herr Käpplinger erkundigt sich, ob sämtliche Eltern fähig seien, den Fragebogen auszufüllen. Dies bejaht Herr Prof. Dr. Fuchs, eine Vollerhebung sei angestrebt worden. Im weiteren Verlauf verdeutlicht Herr Käpplinger, er mache den Fachkräftemangel für die Verschlechterungen in der Pflege sowie bei der Wahrnehmung der Entwicklungsgespräche verantwortlich. Die Zunahme der Heterogenität der Elternschaft sowie die Übergänge Krippe/Kita und Kita/Schule unterstreicht Herr Käpplinger und betont, diese Situation stelle die Kitas vor große Herausforderungen. Bezogen auf die Sprachförderung im Kindergarten weist er auf die Problematik hin, dass das Programm "SPATZ" von der Gesamtkonzeption "KOLIBRI" (Kompetenzen verlässlich voranbringen) abgelöst worden sei. Die individuelle Förderung werde sich mit diesem Programm verändern.

Nach Ansicht von Frau Weegmann ziele eine Befragung nach und nach auf Verbesserungen hin. Deswegen müsse genau überlegt werden, was mit den Ergebnissen erreicht werden solle. Bei der Umfrage habe sich herausgestellt, dass die einzelnen Kitas sehr unterschiedlich abgeschnitten hätten. Es sei in der Folge wichtig, der einzelnen Kita spezifische Unterstützung zu gewähren. Zu dem Vorschlag einzelner Gremiumsmitglieder, die Träger über einzelne Ergebnisse in den Einrichtungen zu informieren, merkt Herr Prof. Dr. Fuchs an, er sehe bei einer Mitinformation der Träger die große Gefahr, dass die Unterstützung und das Engagement für die Befragung in den Einrichtungen nachließen. Es wäre besser, wenn die Träger einen internen Prozess fänden, der zu vollständigen Informationen führe, da ansonsten die Vertrauensbasis in den Einrichtungen, die er als Umfrageforscher habe, beschädigt wäre, wenn er die Daten an die Träger weitergäbe.

Abschließend bemerkt die Vorsitzende, die Ergebnisse spiegelten die Wahrnehmung der Eltern, bezogen auf die Bildungsbereiche der Einrichtungen, wider. Die damit bewertete Qualität der Kitas in Bezug auf den Bildungsbereich sei ausschließlich ein mittelbares Ergebnis. Bei Verschiebungen in den Wahrnehmungen der Eltern habe das Ergebnis nicht unmittelbar mit der Qualität in den Kitas zu tun. Die Ergebnisse zeigten die gestiegenen Ansprüche sowie die Erwartungshaltung bei den Eltern auf. Eine Befragung, so Herr Prof. Dr. Fuchs, könne die Passfähigkeit zwischen dem Angebot der Einrichtungen und den Erwartungen der Eltern aufzeigen. Bei der Betrachtung der Passfähigkeit sei festgestellt worden, dass die Einrichtungen es heute besser als vor drei Jahren schafften, die Erwartungen der Eltern zu erfüllen. Diese Tatsache sei an sich ein positives Ergebnis.

BMin Fezer stellt fest:

Der Jugendhilfeausschuss hat von der GRDrs 1089/2019 Kenntnis genommen.
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