Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration
Gz: SI
GRDrs 936/2019
Stuttgart,
11/05/2019


Orientierungsberatungsstelle (OBS) und Zentrale Anlaufstelle (ZAS) für neuzugewanderte EU-Bürger/-innen



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Sozial- und GesundheitsausschussKenntnisnahmeöffentlich25.11.2019

Bericht:


Mit einem mündlichen Bericht im Sozial- und Gesundheitsausschuss am 25.09.2017 (NSNR 135/2017 „Europäischer Hilfsfond (EHAP) – Projekte in der Landeshauptstadt Stuttgart“) wurde über das Beratungsangebot Orientierungsberatungsstelle für neuzugewanderte EU-Bürger/-innen (OBS) berichtet.

OBS wurde für den Zeitraum vom 01.03.2016 bis zum 31.12.2018 durch den Europäischen Hilfsfond für die am stärksten von Armut betroffenen Personen (EHAP) finanziert. Seit dem 01.01.2019 wird die Arbeit in einem neuen Projekt mit dem Titel Zentrale Anlaufstelle für neuzugewanderte EU-Bürger/-innen (ZAS) weitergeführt. ZAS wird ebenfalls durch EHAP und Mittel des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) sowie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert.

1. Orientierungsberatungsstelle für neuzugewanderte EU-Bürger/-innen (OBS)

OBS war ein Kooperationsprojekt der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart e. V. und des Caritasverbands für Stuttgart e. V., das durch Beratung und Begleitung neuzugewanderte EU-Bürgerinnen und -Bürger in Wohnungsnot dabei unterstützt hat, Zugänge zu bestehenden Hilfs- und Integrationsangeboten zu finden. Durch OBS sollte es den betroffenen Menschen möglich werden, realistisch einzuschätzen, ob sie eine dauerhafte Perspektive haben, in der Landeshauptstadt Stuttgart aus eigener Kraft eine Existenz aufzubauen. Personen, bei denen diese Perspektive nicht vorhanden war, wurden über die ihnen verbleibenden Möglichkeiten (z. B. Rückkehr ins Heimatland) informiert.

Im Projektzeitraum hat OBS im Jahr 2016 insgesamt 275 Personen beraten, im Jahr 2017 450 Personen und im Jahr 2018 453 Personen. Rund zwei Drittel der beratenen Personen stammten dabei aus den osteuropäischen Staaten Rumänien (25,87 %), Bulgarien (16,59 %), Ungarn (12,28 %) und Polen (11,15 %). Die restlichen Fälle verteilten sich auf 17 weitere EU-Nationen. Die genauen Fallzahlen, demografische Angaben sowie Beratungsinhalte und Angaben zur Weitervermittlung sind in Anlage 1 detailliert dargestellt.

In den Beratungen stand die aufgrund der Wohnungslosigkeit sehr prekäre Lebenssitua-tion der Betroffenen im Vordergrund. Die Weitervermittlungen erfolgten daher auch in einem Großteil der Fälle in niedrigschwellige Beratungs- und Unterstützungsangebote der Wohnungsnotfallhilfe oder in die ordnungsrechtliche Unterbringung, sofern die rechtlichen Voraussetzungen hierfür gegeben waren.

So erfolgte im Jahr 2016 bei den insgesamt 275 beratenen Personen in 163 Fällen eine Weitervermittlung in ein Angebot der Wohnungsnotfallhilfe (59 %), im Jahr 2017 bei 450 Personen in 297 Fällen (66 %) und im Jahr 2018 bei insgesamt 453 Personen in 360 Fällen (79 %). Vermittelt wurde dabei vor allem in niedrigschwellige Angebote (z. B. Tagesstätten, MedMobil) sowie in Notübernachtungen (im Winter) und bei bestehendem Anspruch auf Sozialleistungen in die Fachberatungsstellen der Wohnungsnotfallhilfe, die ihrerseits wiederum in Wohnangebote nach § 67 SGB XII vermittelt.

Im gesamten Projektverlauf wurden 87 Personen zum Erhalt einer Rückfahrkarte an das Sozialamt vermittelt.

2. Zentrale Anlaufstelle für neuzugewanderte EU-Bürger/-innen (ZAS)

Angesichts der hohen Fallzahlen während des Projektverlaufs und aufbauend auf den in den drei Jahren gewonnenen Erkenntnissen wurde das Konzept für das Nachfolgeprojekt, die Zentrale Anlaufstelle für neuzugewanderte EU-Bürger/-innen (ZAS), entwickelt. Die ZAS wird durch eine erneute Förderung im Rahmen von EHAP und durch Mittel des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) und des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) vom 01.01.2019 bis 31.12.2020 umgesetzt.

Der grundlegende Ansatz von ZAS ist vergleichbar mit der Zielsetzung von OBS. Auch ZAS richtet sich an wohnungslose, neuzugewanderte EU-Bürgerinnen und -Bürger und unterstützt sie beim Zugang zu Beratungs- und Integrationsangeboten in der Landeshauptstadt Stuttgart. Sowohl die Zielgruppe als auch der methodische Ansatz sind im Vergleich zu OBS jedoch differenzierter.

Die Beratungsarbeit von OBS hat sich ausschließlich an Alleinstehende gerichtet. Im Projektverlauf kamen jedoch immer wieder Familien oder Alleinerziehende mit Kindern in die Beratung. Familienspezifische Beratung war aber nicht Teil der Projektförderung von OBS. Aus diesem Grund wurde die Zielgruppe von ZAS um Familien und Alleinerziehende mit Kindern erweitert.

Auch hat sich in den ersten drei Projektjahren deutlich herausgestellt, dass es innerhalb der Zielgruppe einige Personen gibt, die sich nur über aufsuchende Arbeit vor Ort erreichen lassen. Aus diesem Grund legt ZAS in seiner Methodik einen Schwerpunkt auf aufsuchende Beratungsansätze.

Eine weitere zentrale Erkenntnis von OBS war, dass es für die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Projektzielgruppe unerlässlich ist, die Beratung nicht nur in den bestehenden Beratungsstrukturen der Landeshauptstadt Stuttgart zu vernetzen, sondern vor allem auch innerhalb der Wohnungsnotfallhilfe für die besonderen Lebensverhältnisse der Projektzielgruppe zu sensibilisieren. Netzwerkarbeit ist deshalb ein dritter Schwerpunkt von ZAS.

Der Beratungsansatz von ZAS sowie erste Zahlen aus dem bisherigen Projektverlauf seit 01.01.2019 sind ebenfalls in Anlage 1 im Detail dargestellt.

Wie schon OBS im Zeitraum von 2016 bis 2018 folgt auch ZAS in der konkreten Arbeit der sogenannten Interventionsstrategie des EHAP. Diese zielt darauf ab, besonders benachteiligten Personen einen Zugang zu Unterstützungsleistungen zu ermöglichen, wenn sie nicht in der Lage sind, sich diesen Zugang selbst zu verschaffen.

Voraussetzung ist dabei aber immer ein grundsätzlicher rechtlicher Anspruch auf Unterstützungsleistungen nach den Sozialgesetzbüchern (SGB) II und XII. Personen, die aufgrund des „Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II und in der Sozialhilfe nach dem SGB XII“ vom 29.12.2016 von einem Leistungsausschluss betroffen sind, können also nicht von ZAS in die regulären Institutionen des Hilfesystems vermittelt werden.

Hiervon sind in der Regel besonders Personen aus Südosteuropa bzw. Angehörige mobiler ethnischer Minderheiten betroffen. Sie werden von ZAS zur Rückkehr in ihr Heimatland beraten und in die entsprechenden Maßnahmen begleitet. Diese Vorgabe ist explizit so in dem bestehenden Kooperationsvertrag zwischen ZAS und der Landeshauptstadt Stuttgart festgehalten, der Voraussetzung für eine Förderung durch EHAP ist.

Über den weiteren Verlauf und die Ergebnisse wird nach Abschluss des Projekts erneut berichtet. Im Projektverlauf werden weiterhin sowohl die Zahl der Beratungen als Weitervermittlungen dokumentiert. Auf dieser Basis soll Ende des Jahres 2020 über die Weiterführung eines Angebots für diesen Personenkreis diskutiert werden.


Beteiligte Stellen

Das Referat SOS hat die Vorlage mitgezeichnet.


Vorliegende Anträge/Anfragen

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Dr. Alexandra Sußmann
Bürgermeisterin





1. Zusammenfassung der Ergebnisse der Orientierungsberatungsstelle und Ausblick
auf die Arbeit der Zentralen Anlaufstelle


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GRDrs 936_2019 Anl. 1.pdf