Protokoll: Sozial- und Gesundheitsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
337/2017
GZ:
Sitzungstermin: 10.07.2017
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Wölfle
Berichterstattung:Herr Peeß (Jobcenter)
Protokollführung: Herr Häbe de
Betreff: Teilnahme am Landesarbeitsmarktprogramm, Baustein Passiv-Aktiv-Tausch (PAT)

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Soziales und gesellschaftliche Integration vom 22.06.2017, GRDrs 337/2017, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Vor der Teilnahme der Landeshauptstadt Stuttgart am Landesarbeitsmarktprogramm, Baustein Passiv-Aktiv-Tausch (PAT), vom vorerst 1. Juli 2017 bis
30. Juni 2018 mit insgesamt 53 Plätzen und dem Abschluss eines entsprechenden Zuwendungsvertrages (s. Anlage 1 und 2) wird Kenntnis genommen.


2. Das Jobcenter wird ermächtigt, ein/-e Mitarbeiter/-in mit einem Beschäftigungsumfang von 30 % einer Vollzeitkraft für die administrativen Aufgaben, die sich im Rahmen des Projektes ergeben, für die Zeit vom 1. Juli 2017 bis vorerst
30. Juni 2018 in EG 10 einzustellen.


3. Die kommunalen Zuschüsse an die Arbeitgeber in Höhe von 400 EUR/Monat pro Vollzeitbeschäftigungsverhältnis werden aus eingesparten Leistungen für Unterkunft und Heizung im Teilhaushalt 290 - Jobcenter -, Schlüsselprodukt 1.31.20.01.00.00-290 - Leistungen für Wohnraum -, Kontengruppe 430 Soziale Leistungen gedeckt.


Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.


Dies sei eine der Maßnahmen, stellt BM Wölfle einleitend fest, um die Integrationsmöglichkeiten speziell von Langzeitarbeitslosen in den realen Arbeitsmarkt auszubauen.

Herr Peeß (Jobcenter) erläutert analog der Vorlage und der Präsentation. Beim Passiv-Aktiv-Tausch (PAT) handle es sich um ein Programm des Landes Baden-Württemberg. Der Grundgedanke dieses Angebots sei, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Dabei würden passive Sozialleistungen in aktive Zuschüsse für Arbeitgeber getauscht. Vorrangiges Ziel sei es, langzeitarbeitslose Menschen mit mehrfachen Vermittlungshemmnissen in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu integrieren. Damit greife das Jobcenter die Frage des Langzeitleistungsbezuges auf und biete der großen Anzahl von Menschen ein Angebot, die durch übliche Maßnahmen mittelfristig nicht in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden könnten.

Mit dem Landesarbeitsmarktprogramm Baustein PAT werde ein Vorgängermodell fortgeführt, an dem das Stuttgarter Jobcenter bereits teilgenommen habe. Für die Neuauflage des Programms mit einem jährlichen Budget von 2,1 Mio. € stünden in Baden-Württemberg 500 Teilnehmerplätze zur Verfügung. Davon seien 53 Plätze der Stadt Stuttgart zugeteilt worden.

Das Förderprogramm für langzeitarbeitslose Menschen sei auf dem gesetzlichen Instrument der Förderung von Arbeitsverhältnissen aufgebaut. Somit würden die grundlegenden Regelungen für dieses Instrument gelten. Jedoch habe das Land hier die Zugangsvoraussetzungen nochmals etwas verschärft. An dem Programm könnten demnach nur Menschen teilnehmen, die mindestens 36 Monate Leistungen nach ALG II bezogen hätten. Beim ursprünglichen Instrument der Förderung von Arbeitsverhältnissen nach § 16e liege die Grenze bei 24 Monaten. Zusätzlich müssten die Teilnehmer älter als 25 Jahre sein. Dies sei somit kein Angebot für junge Langzeitarbeitslose, so Herr Peeß. Ferner sollten bei den Personen mindestens zwei begründete und dokumentierte Vermittlungshemmnisse vorliegen und damit eine negative Prognose für den ersten Arbeitsmarkt. Es gelte nachzuweisen, dass im Vorfeld durch eine besonders intensive Aktivierungsphase versucht worden sei, die betreffenden Personen zu integrieren. So solle ausgeschlossen werden, dass Menschen in das Programm kämen, denen mit den normalen Regelinstrumenten geholfen werden könne.

Das Besondere am PAT-Programm sei, dass mit den Teilnehmern ein normaler Arbeitsvertrag über ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis abgeschlossen werde. Damit würden die Schwierigkeiten entfallen, die sich bei den AGH durch die Fördervoraussetzungen Wettbewerbsneutralität, Zusätzlichkeit und öffentliches Interesse ergeben. Durch das Programm finde eine Förderung von sehr arbeitsmarktfernen Menschen mit dem Ziel Integration in den ersten Arbeitsmarkt statt, stellt der Leiter des Jobcenters fest.

Die Arbeitgeber würden im Rahmen des Programms zusätzlich zur Förderung des Bruttogehaltes in Höhe von 75 % auch noch einen zusätzlichen pauschalen finanziellen Zuschlag in Höhe von 400 € erhalten. Dies sei der eigentliche Passiv-Aktiv-Tausch. Das Modell sei für Arbeitgeber durchaus attraktiv, so die Erfahrung des Jobcenters aus dem Vorgängerprogramm. Denn die Gesamtaufwendungen der Firmen würden zumindest im Bereich des Mindestlohns durch das Jobcenter gedeckt. Somit gäbe es für die Arbeitgeber bei der Einstellung von solchen arbeitsmarktfernen Personen wirtschaftlich ein eher geringes Risiko.

Die Fortsetzung des PAT-Programms werde vom Land Baden-Württemberg als exemplarisches Pilotprojekt durchgeführt, bevor dieses auf den Bund ausgedehnt werden könnte. Deshalb würden die Ergebnisse in einer Evaluation erfasst, um zu beweisen, dass auch auf Bundesebene deutliche Verbesserungen im Bereich Vermittlung von Langzeitarbeitslosen erzielt werden könnten.

Aus der Evaluation des Vorgängerprogramms seien insbesondere Anregungen der Arbeitgeber aufgegriffen worden. Diese hätten die Ansicht geäußert, dass für eine Fortführung der Beschäftigung in einem nicht geförderten Beschäftigtenverhältnis eine weitergehende Qualifizierung der Arbeitnehmer sinnvoll sei. Deshalb könnten jetzt mit immerhin 1.000 € zwei arbeitsplatzbezogene Qualifizierungen gefördert werden. Für die Teilnehmer solcher Qualifizierungsmaßnahmen gäbe es den Leistungsanreiz von 100 € für eine erfolgreiche Teilnahme.

Das PAT-Programm werde zusätzlich durch eine sozialpädagogische Betreuung der Teilnehmer/-innen durch zertifizierte Träger unterstützt. Die Arbeitgeber hätten dabei die Möglichkeit eine solche Betreuung zu beantragen. Finanziert werde das Angebot durch den Bund, die Abrechnung nach Stunden zu vereinbarten Kostensätzen finde über das Jobcenter statt.

Analog der Präsentation geht Herr Peeß auf die Finanzierung des Programms ein. Das Land würde der Stadt Stuttgart 400 € pro geförderter Teilnahme erstatten. Davon seien 200 € für die Fälle, in denen die ersparten Kosten der Unterkunft durch die Stadt (KdUH-Ersparnis) nicht ausreichten, um die Arbeitgeberpauschale zu bezahlen. Da es sich um sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse handle, würden die Kommunen ihrerseits ihre theoretisch eingesparten Kosten der Unterkunft in das Programm mit einbringen. Die Refinanzierung des Programms sei für die Stadt Stuttgart somit durchaus auskömmlich, so Herr Peeß. Ferner erstatte das Land die Verwaltungsaufwendungen der Kommunen durch eine Pauschale in Höhe von 100 € pro Förderfall. Durch dieses Geld solle beim Jobcenter eine 0,3 Stelle zur Abrechnung der Förderfälle finanziert werden. Diese sei notwendig, weil jedes einzelne Arbeitsverhältnis mit dem individuellen Lohn mit dem Jobcenter abgerechnet werden müsste.

Man müsse vor dem Hintergrund gewünschter struktureller Veränderungen im SGB II-Bereich ernsthaft darüber nachdenken, ob sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Betrieben künftig nicht stärker über die ansonsten passiven Zahlungen an die Leistungsberechtigten finanziert werden könne, erklärt Herr Peeß zusammenfassend. Erfahrungen aus dem Vorgängerprogramm hätten gezeigt, dass die Übernahmewahrscheinlichkeit in ein nicht gefördertes Beschäftigungsverhältnis groß sei, wenn es erst einmal gelinge, die Arbeitsuchenden in die Betriebe zu vermitteln. Die Übernahmequote lag dabei bei über 50 %.

Die CDU-Gemeinderatsfraktion würde das PAT-Programm voll und ganz unterstützen, stellt StR Fuhrmann (CDU) fest. Es sei eine notwendige Hilfsmaßnahme für Langzeitarbeitslose mit zum Teil mehreren Vermittlungshemmnissen. Diese Menschen bräuchten eine besondere Unterstützung. Sehr erfreulich sei die geringe Abbruchquote in der Vergangenheit sowie die professionelle Evaluation der Maßnahme, so der Stadtrat. Nach seinen Berechnungen müsste der Arbeitgeber im Einzelfall ungefähr 45 € (oder weniger) im Monat zuzahlen, wenn man den kommunalen Zuschuss berücksichtige. Man könne hier aber nicht von quasi kostenlosen Mitarbeitern für die Betriebe sprechen, da der hohe Betreuungs- und Verwaltungsaufwand nicht außer Acht gelassen werden dürfe. Deshalb sei es sehr lobenswert, wenn sich die Firmen an dem Projekt beteiligen würden.

Zur Refinanzierung des Förderprogramms möchte der Stadtrat wissen, wie der Gewinn erreicht werde. Ferner hat er eine redaktionelle Anmerkung zum Zuwendungsvertrag mit dem Land. Seiner Ansicht nach, sollte weder im Vertrag noch in der Präambel erwähnt werden, welche politischen Mehrheiten das Projekt angeschoben hätten. Der Vorsitzende teilt diese Meinung ebenfalls.

Der große Vorteil des Programms sei, so BM Wölfle weiter, dass die Betriebe dank der kommunalen Zuschüsse, die Teilnehmer zunächst ohne größere Risiken einstellen könnten. Nach einer gewissen Zeit und persönlichen Erfahrungen mit dem Mitarbeiter könnte dann über die mögliche Weiterbeschäftigung entschieden werden.

StRin Rühle (90/GRÜNE) erklärt, dass ihre Fraktion die Teilnahme an dem Programm begrüße. Der Ansatz, statt passiven Leistungen Arbeitsplätze und Arbeitsleistung zu finanzieren, hätte sich bereits beim Vorgängermodell als sehr erfolgreich herausgestellt. Dies zeigten die Ergebnisse der Evaluation deutlich. Natürlich sei der Erfolg des Programms von leistungsbereiten Teilnehmern/-innen sowie Betrieben, die Arbeitsplätze anbieten, abhängig. Der starke Praxisbezug des Angebots zusammen mit der sozialpädagogischen Betreuung und den angebotenen Qualifizierungsmaßnahmen werden von der Stadträtin als positiv hervorgehoben. Motivierend wirke sicher auch die neu eingeführte Belohnungsstruktur für die erfolgreiche Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen. Die Förderleistungen für Arbeitgeber seien attraktiv aber für das Jobcenter mit einem großen Aufwand verbunden, wenn jeder Arbeitsuchende individuell eingestuft werden müsse. Die Förderdauer der Beschäftigungsverhältnisse, die gewährten Pauschalen und somit auch der administrative Aufwand würden zwei Jahre betragen; die Landeszuschüsse für die Teilnehmer/-innen seien aber vorbehaltlich des Landeshaushaltes für ein Jahr befristet, merkt StRin Rühle an. Sie möchte wissen, ob es Überlegungen für den Fall gäbe, wenn das Land die Förderung nicht weiter bewilligt.

Zudem erkundigt sich die Stadträtin, wie die Betriebe zwecks einer Teilnahme an dem Programm angefragt werden, aus welchen Sparten die Firmen kommen und welche Tätigkeiten von den Arbeitnehmern in der Regel übernommen werden. Ferner merkt sie an, dass laut Jahresbericht des Jobcenters im Jahr 2016 18 Personen an dem Programm teilgenommen hätten, dagegen sei in der aktuellen Vorlage die Zahl 15 Teilnehmer/-innen genannt.

Es wäre wünschenswert, meint StRin Rühle abschließend, wenn das PAT-Programm künftig bundesweit zum Einsatz käme.

Den positiven Ansatz, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren, gäbe es schon eine gewisse Zeit, erklärt StRin Dr. Hackl (SPD) und erinnert an das Vorgängermodell. Der Passiv-Aktiv-Tausch sei von der ehemaligen baden-württembergischen Arbeits- und Sozialministerin Katrin Altpeter auf den Weg gebracht worden. Die Stadträtin äußert die Hoffnung, dass dieses Hilfsangebot für Langzeitarbeitslose dauerhaft fortgeführt wird und die Förderung des Landes gewährleistet bleibt.

Ferner regt sie an, bei der neuen 30 %-Stelle für administrative Aufgaben (Ziffer 2 des Beschlussantrages) in der Vorlage deutlich zu machen, dass die Stelle bei Fortführung des PAT-Programms auch in den Folgejahren finanziert werde. Dies wäre eine wichtige Information für mögliche Bewerber, denn eine Befristung sei häufig ein Bewerbungshindernis.

Dazu antwortet BM Wölfle, die Stelle werde vor dem Hintergrund der hohen Fluktuation im Jobcenter nicht explizit auf ein Jahr beschränkt ausgeschrieben. Falls das Programm wider Erwarten nicht fortgesetzt werden würde, könnte man dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin eine ähnlich qualifizierte Stelle innerhalb des Jobcenters anbieten. Ebenfalls könnte die Stadt in einem solchen Fall tätig werden, um das Angebot aufrecht zu erhalten. Ergänzend erklärt Herr Peeß, er gehe ebenfalls von einer Fortsetzung des Programms aus. Schließlich sei der PAT-Baustein das Kernelement im Landesarbeitsmarktprogramm. Bezüglich der Arbeitgeberansprache spricht er sich für eine einjährige Befristung der Verträge aus, wobei die Option auf eine Verlängerung um ein weiteres Jahr bereits deutlich gemacht werden sollte. Die Betriebe würden durch Kollegen/-innen des Arbeitgeberteams kontaktiert. Hier gäbe es eine sehr gute Resonanz. So hätten sich einige Betriebe im Rahmen der Akquise schon bereiterklärt, die Bewerber für die Plätze anzuschauen.

Bedauerlich findet StRin Dr. Hackl die strengen Zugangsvoraussetzungen für das Programm und die Tatsache, dass die Langzeitarbeitslosen 36 Monate beschäftigungslos sein müssen, um teilnehmen zu können.

Hierzu erläutert Herr Peeß, dass beim Vorgängermodell des PAT-Programms eine Teilnahme auch erst ab 36 Monaten Arbeitslosigkeit möglich gewesen sei. Unabhängig davon, könnten Arbeitsverhältnisse nach § 16e bereits ab einer Arbeitslosigkeit von 24 Monaten gefördert werden.

Als eine "vertane Chance" bezeichnet StRin Dr. Hackl, dass am Programm Personen, die jünger als 25 Jahre seien, nicht teilnehmen könnten. Auch in dieser Altersgruppe gäbe es schließlich Langzeitarbeitslose.

Die Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS werde der Vorlage ebenfalls zustimmen, erklärt StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS). Allerdings bemängelt er, dass im Rahmen des Programms in Stuttgart nur 53 Plätze angeboten werden könnten. Dabei würde die Zahl der Langzeitarbeitslosen in Stuttgart bei über 6.000 liegen. Nichtsdestotrotz sei es ein großer Erfolg, wenn Langzeitarbeitslose wieder beschäftigt würden und damit mehr Teilhabe und Anerkennung erfahren. Nach Ansicht von StR Rockenbauch dürfe Teilhabe und Anerkennung aber nicht ausschließlich mit der Frage zusammenhängen, ob jemand beschäftigt sei oder nicht, sondern sollte über eine "solidarische Mindestsicherung" des Staates garantiert werden. Der Stadtrat meint, er würde im Sozial- und Gesundheitsausschuss gerne über solche grundsätzlichen Fragen debattieren. Stattdessen habe er das Gefühl, dass in Sachen Langzeitarbeitslosigkeit auf verschiedenen Ebenen nur ein "permanenter Reparaturbetrieb der herrschenden Verhältnisse" und keine Lösung der strukturellen Probleme betrieben werde. Dies mache unzufrieden.

Früher hätten die Unternehmen noch eine soziale Verantwortung gehabt und hätten Arbeitsuchende ohne große Anreizpolitik seitens der Stadt beschäftigt. Die Gesellschaft habe sich aber derart verändert, dass sich Betriebe dies heute nicht mehr leisten könnten oder wollten. Laut StR Rockenbauch sei dies keine erfreuliche Entwicklung der sozialen Marktwirtschaft, die es umso notwendiger mache, über eine "solidarische Mindestsicherung" nachzudenken.

Darauf entgegnet der Vorsitzende, hier müsste man differenzieren. Vor den Sozialgesetzgebungen mussten sich die Unternehmen nicht um das Thema soziale Verantwortung kümmern. Dies sei heutzutage glücklicherweise anders. Er erinnert auch an die vielen langjährigen Debatten und die befürchtete Wettbewerbsverzerrung durch kommunale Arbeitsförderung. BM Wölfle ist der Ansicht, dass es mehr solche Programme wie PAT brauche - auch für unter 25-jährige. Denn es sei allemal besser, junge Menschen in eine reale Ausbildung zu vermitteln, als in Förderprogramme des Jobcenters.

StRin von Stein (FW) äußert sich im Namen ihrer Fraktion ebenfalls positiv zur Vorlage. Sie meint weiter, viele Unternehmen wären durchaus bereit, schwächere Mitarbeiter fortzubilden und zu qualifizieren. Häufig seien die Betriebe aber an klare Arbeitsplatzbeschreibungen gebunden, um keine Missstimmung in der Belegschaft aufkommen zu lassen. Dies führe manchmal dazu, dass Personen, die die Anforderungen nur teilweise erfüllten, nicht eingestellt würden.

Darauf eingehend erklärt StR Dr. Fiechtner (AfD), dass ein Arbeitgeber auch bei subventionierten Tätigkeiten für den gezahlten Lohn eine angemessene Arbeitsleistung erwarten dürfe. Gegenüber StR Rockenbauch führt er an, in der freien Marktwirtschaft hätten die Betriebe Mitarbeiter bei nicht ausreichender Leistung schneller kündigen können. Heute gäbe es in der Wirtschaft eine zunehmend durch den Staat reglementierte und sozialistische Betrachtungsweise.

Der Stadtrat bittet um eine Aufstellung der vorangegangenen Förderprogramme für Langzeitarbeitslose mit Informationen zu Teilnehmerzahlen, Übernahmequoten und der durchschnittlichen Verweildauer der Beschäftigten in den Betrieben.

Für Arbeitgeber biete das PAT-Programm eine risikoarme Gelegenheit neue Mitarbeiter einzustellen, da 75 % der Vergütung durch Steuergelder extern finanziert würden. StR Dr. Fiechtner möchte deshalb wissen, bis zu welcher Gehaltshöhe gefördert werden könne.

Herr Peeß antwortet, dass zur Berechnung des 75 %igen Zuschusses immer das jeweilige Bruttogehalt zugrunde gelegt werde. Je höher der Verdienst, desto höher somit der Zuschuss. Es gäbe hier theoretisch keine Obergrenze. Dagegen sei die zusätzliche Pauschale von 400 € eine Konstante.

Ferner spricht StR Dr. Fiechtner die positive Bilanz der Stadt beim Programm aufgrund des Landeszuschusses an. Jedoch sei dieser Zuschuss ebenfalls aus Steuergeldern finanziert. Der Stadtrat fragt, wie die Bilanz aussehen würde, wenn man alle öffentlichen Zuschüsse mit betrachten würde.

Das leichte Plus in der Bilanz ergebe sich tatsächlich durch den Zuschuss des Landes, antwortet Herr Peeß. Er wiederholt, dass pro Platz pauschal ein Zuschuss von 200 € für den Fall gewährt werde, dass eingesparte Kosten der Unterkunft nicht ausreichen würden, um die Pauschale an den Arbeitgeber zu bezahlen. Die Stadt Stuttgart hätte aber ohnehin eine relativ hohe KdUH-Ersparnis, so dass das Programm für die Stadt im Grunde auch ohne Landeszuschuss auskömmlich wäre.

Im Weiteren bittet StR Dr. Fiechtner den Vorsitzenden erneut darum, schriftlich mitzuteilen, wie viele Menschen mit Duldungsstatus in Stuttgart Leistungen vom Jobcenter erhalten würden. Es sei seiner Meinung nach eine wichtige Information für alle Steuerzahler der Stadt, wer derzeit Leistungen erhält, und mittel- oder langfristig dazu womöglich nicht mehr berechtigt wäre. Schließlich sei der Leistungsbezug durch die sehr langen Asylverfahren begründet, was auch ein Hinweis auf die mangelnde Effizienz der Ausländerbehörden sein könnte.

BM Wölfle erklärt, dass Flüchtlinge, die länger als 18 Monate in der Stadt Stuttgart lebten und ohne Beschäftigung seien, einen gesetzlichen Anspruch auf Leistungen des Jobcenters hätten. Der Anspruch dieser Menschen dürfe nicht in Frage gestellt oder als ungerechtfertigt bezeichnet werden. Sie würden beim Jobcenter im Übrigen nicht anders erfasst als andere Leistungsberechtigte und hätten dieselben Rechte und Pflichten. Der Vorsitzende sichert StR Dr. Fiechtner eine schriftliche Antwort zu, sofern die Zahl der Geduldeten unter den Leistungsberechtigten ohne unzumutbaren Aufwand erhoben werden könnte.

Für die FDP-Gruppierung äußert StRin Yüksel (FDP) ihre Zustimmung zur Vorlage. Zudem bittet sie, dem Sozial- und Gesundheitsausschuss nach einem halben Jahr mitzuteilen, ob alle zur Verfügung stehenden Plätze belegt werden konnten. Der Vorsitzende sichert dies zu.



BM Wölfle stellt fest:

Der Sozial- und Gesundheitsausschuss stimmt einmütig zu wie beantragt.

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