Landeshauptstadt Stuttgart
Technisches Referat
Gz: T
GRDrs 467/2018
Stuttgart,
06/27/2018


Digitalisierung im Stadtmessungsamt



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Umwelt und TechnikKenntnisnahmeöffentlich10.07.2018

Bericht:



Die Digitalisierung im Stadtmessungsamt hat bereits in den achtziger Jahren mit dem Aufbau des städtischen Geoinformationssystems (GIS) begonnen. Die bis dahin analog geführten Kartenwerke wurden in Zusammenarbeit mit den damaligen Technischen Werken der Stadt Stuttgart (TWS) flächendeckend digitalisiert. Seit den Anfängen hat sich das städtische GIS stetig weiterentwickelt und ist heute innerhalb der Stadtverwaltung fester Bestandteil der täglichen Arbeit. Derzeit nutzen rund 2.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ämtern und Eigenbetrieben über 400 Datenbestände und mehr als 40 Fachverfahren – mit steigender Tendenz. Als jüngstes Beispiel sind unsere Straßenpanoramabilder zu benennen, die sich durch die vielseitigen Nutzungsmöglichkeiten einer immer größeren Beliebtheit erfreuen.

Das Stadtmessungsamt verfügt daher bereits über eine jahrelange Erfahrung bei der Digitalisierung von analogen Daten und Prozessen sowie bei der Bereitstellung sowohl digitaler als auch mobiler Geoinformationssysteme.



Digitalisierung und Geoinformationssysteme (GIS)

Mit der zunehmenden Digitalisierung innerhalb der Stadtverwaltung steigen auch die Anforderungen an die städtischen Geoinformationssysteme (GIS). Man geht davon aus, dass rund 80 % aller Daten innerhalb einer Verwaltung einen Raumbezug (Koordinaten, Flurstück, Adresse, Kleinräumige Gliederung, historische Pläne, etc.) haben und meist in analoger Form vorliegen. Mit der Digitalisierung dieser Unterlagen und durch die Visualisierung dieser Daten über die Geoinformationssysteme werden bestehende Medienbrüche zwischen analoger und digitaler Welt überwunden. Kern der Digitalisierung ist dabei, Daten zusammenzubringen und daraus einen Mehrwert zu generieren. Dabei entwickeln sich raumbezogene Daten zu einem entscheidenden Baustein.

An zwei aktuellen Beispielen lässt sich die Thematik sehr anschaulich darstellen. So wird derzeit begonnen in Zusammenarbeit mit dem Garten-, Friedhofs- und Forstamt die Friedhofsaktei zu digitalisieren. Die analogen Bestände in Form von Friedhofsplänen und Karteikarten werden digital erfasst, ausgewertet und zusammengeführt. Die Ergebnisse sollen zukünftig in einem ersten Schritt über die städtischen Auskunftssysteme (GIS) den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Amt zur Verfügung gestellt werden. Angedacht wird dabei auch eine mobile Lösung, damit zukünftig die Datenerfassung vor Ort mittels Tablet möglich ist.

Auch die Historie der Stadt Stuttgart eröffnet im Zuge der Digitalisierung ganz neue Entwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven. So wurde gemeinsam mit dem Stadtarchiv das Digitale Stadtlexikon entwickelt. Ein sehr gelungenes Beispiel für die Erfassung historisch bedeutsamer Fakten und für die Visualisierung historischer Informationen mittels neuester GIS-Technik. Ein Weg, der bisher so nicht beschritten wurde, und die Potenziale der Digitalisierung sehr anschaulich zeigt.



Liegenschaftskataster

Das amtliche Liegenschaftskataster stellt neben dem Grundbuch die Grundlage für die Eigentumssicherung und den Grundstücksverkehr dar. Die Führung der Daten erfolgt heute durchgängig digital im Amtlichen Liegenschaftskatasterinformationssystem (ALKIS). Dennoch müssen sowohl städtische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch externe Büros für Ihre tägliche Arbeit auf die analogen Liegenschaftskatasterakten zugreifen. Die Führung des Liegenschaftskatasters begann mit der Württembergischen Landesvermessung im Jahr 1818. Deren Unterlagen und die Unterlagen aller seit diesem Zeitpunkt durchgeführten Änderungen liegen für Stuttgart noch überwiegend analog vor. Hierbei handelt es sich um rund 4.000 gebundene Bücher (Unikate - teilweise 200 Jahre alt) und 2.500 Ordner. Mittelfristiges Ziel ist es, die Daten zu digitalisieren und über ein Auskunftssystem zur Verfügung zu stellen, damit die Erhebungen vor Ort entbehrlich sind. Dies bedeutet eine erhebliche Zeitersparnis für alle Nutzer und unsere externen Kunden können auf Fahrten in die Stadt verzichten.

Mit der Digitalisierung dieser Akten wurde im Stadtmessungsamt bereits begonnen. Aufgrund fehlender Personalressourcen im Amt beschäftigen wir studentische Hilfskräfte auf temporär freien Stellenanteilen. Auch für die Beschaffung von weiteren Buch- oder Dokumentenscannern stehen keine zusätzlichen Sachmittel zur Verfügung. Mit den vorhandenen Kapazitäten rechnen wir mit dem Abschluss der Arbeiten nicht vor Ende 2021.



Kanal- und Erschließungsbeiträge

Das Stadtmessungsamt erhebt Erschließungs- und Kanalbeiträge sowie Kostenerstattungsbeträge für Ausgleichsmaßnahmen und erteilt Auskünfte hierzu. Die Akten zur Berechnung der Beiträge liegen ausschließlich in analoger Form vor. Der Umfang beläuft sich auf rund 100.000 Kanalbeitragsakten, 80.000 Microfiches und 120 Regalmeter Erschließungsbeitragsakten.


Mit Hilfe der Digitalisierung der Akten und der Installation eines Auskunftsverfahrens wären Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie externe Kunden in der Lage, z. B. im Rahmen von Grundstücksgeschäften, zeitnahe und aktuelle Auskünfte einzuholen.

Mit der Digitalisierung in diesem Bereich wurde noch nicht begonnen.



Online-Fragebogen Kaufverträge

In Zeiten knapper werdender Wohn- und Gewerbeflächen sowie Immobilienangebote gewinnt die aktuelle Berichterstattung zu deren Preisentwicklung immer größere Bedeutung. Dem Gutachterausschuss werden kraft Gesetzes sämtliche Grundstückskaufverträge übersandt. Die neuen Eigentümer liefern zusätzliche Angaben zum erworbenen Objekt, die in die Kaufpreissammlung übernommen werden.

Derzeit erfolgt dies mittels papiergebundener Abfrage. Die Daten aus dem per Post eingehenden Rücklauf werden in der Folge manuell in einer Datenbank für statistische Auswertungen erfasst. Diese Form der Informationsgewinnung stellt eine hohe Hemmschwelle bei der Erfüllung der Auskunftspflicht dar. Derzeit liegt die Rücklaufquote bei ca. 75 bis 80 %.

Erfahrungen in anderen Bereichen zeigen, dass der Rücklauf bei digitalen Online-Abfragen höher liegt und die Qualität der Antworten verbessert werden konnte. Das Stadtmessungsamt strebt eine kurz- bis mittelfristige Umsetzung eines Online-Fragebogens zur Erhebung von Informationen bzgl. Grundstücksverkäufen an. In diesem Zuge sollen die erhobenen Daten auch automatisiert in die Kaufpreissammlung einfließen.

Mit den Arbeiten wurden aufgrund fehlender Ressourcen noch nicht begonnen.



Drohnen unterstützen die Digitalisierung

Seit einigen Jahren spielen unbemannte Fluggeräte (Unmanned Aerial Vehicles oder Systems, UAV oder UAS - häufig wird der Begriff „Drohne“ verwendet) auch im Vermessungswesen eine zunehmend wichtige Rolle. In Baden-Württemberg sind in den Städten Ulm, Baden-Baden, Freiburg und Karlsruhe Drohnen bereits erfolgreich im Einsatz. Verschiedene Hersteller bieten inzwischen entsprechende Plattformen für die Geodatenerfassung aus der Luft an. Im Gegensatz zu den bisherigen Messsystemträgern der Fernerkundung wie Flugzeug oder Satellit handelt es sich hier um eine relativ preisgünstige Plattform, die viele Einsatzbereiche z. B. in der Ingenieurvermessung eröffnet. Als Messsensoren werden meist Digitalkameras (Photogrammetrie), Thermokameras, manchmal auch Laserscanner verwendet. Ein in der Vermessung einsetzbares Komplett-System kostet je nach Ausstattung (Hard- und Software) zwischen 35.000 und 50.000 € (incl. MwSt.).

Das Stadtmessungsamt plant die neue Technik als Ergänzung zu ihrem bisherigen Mess-Instrumentarium einzusetzen. Insbesondere auch im Rahmen der neuen Planungsmethode Building Information Modeling (BIM – digitales Planen und Bauen) wird die Technik zur Erstellung der notwendigen 3D-Gelände- und 3D-Gebäudemodelle als Datenbasis zum Einsatz kommen.

Beispiele für weitere mögliche Einsatzbereiche innerhalb der Stadtverwaltung sind Bestandserfassungen für städtebauliche Planungen, für das GIS und für das 3D-Stadtmodell, 3D-Visualisierungen, Wärmebildbefliegungen, Massenermittlungen z. B. bei Deponien, Erfassung und Dokumentation von technischen Infrastrukturanlagen oder von Baudenkmalen, Inspektionen und visuelle Kontrolle von Bauwerken und Anlagen, Herstellung von aktuellen hochaufgelösten Orthophotos und Luftbildern, Bestandserfassung und Dokumentation in Landschaftsschutzgebieten oder die Dokumentation von Baustellen sowie aktuelle Bilder für Öffentlichkeitsarbeit.

Weitere Vorteile beim Einsatz einer Drohne sind:


Die rechtlichen Rahmenbedingungen zum Einsatz von Drohnen sind in der Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) geregelt:

§ 21a (2) Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO)
Erlaubnisbedürftiger Betrieb von unbemannten Luftfahrtsystemen und Flugmodellen

Keiner Erlaubnis (…) und keines Nachweises (…) bedarf der Betrieb von unbemannten Luftfahrtsystemen durch oder unter Aufsicht von

Für die Beschaffung einer Drohne inkl. Auswertesoftware stehen dem Stadtmessungsamt derzeit keine Haushaltsmittel zur Verfügung.



Gewinnung von Informationen aus Sensoren mit GIS

Im Rahmen der Entwicklung von „Smart Cities“ werden immer mehr digitale Informationen erfasst. So dienen z.B. Smartphones und Fahrzeuge als mobile Sensoren, die den Zustand ihrer Umgebung erheben und so große Mengen an Daten, sogenannte Massendaten oder Big Data, generieren. Solche Daten haben alle als Kernkomponente einen Raumbezug und können daher durch Geoinformationssysteme (GIS) zusammengeführt und intelligent aufbereitet werden. Für diesen Zweck sind in Zukunft im Stadtmessungsamt immer leistungsfähigere GIS erforderlich. Der Betrieb solcher Systeme erfordert einen dauerhaften höheren Administrationsaufwand.

Die abgeleiteten, hochwertigen Informationen können der Verwaltung, der Wirtschaft und dem Bürger als Informations- und Entscheidungsgrundlage zur Verfügung gestellt werden. Konkret soll die Auswertung von Big Data zunächst bei der Unterstützung zeitkritischer Anwendungen, beispielsweise in den Themenfeldern Katastrophenschutz und Mobilität, sowie beim Monitoring raumbezogener Entwicklungen in den Bereichen Stadtplanung und Umweltschutz helfen.


Ressourcen

Aufgrund der eingeschränkten finanziellen und personellen Ressourcen im Stadtmessungsamt ist eine zeitnahe Umsetzung der Digitalisierung in den genannten Punkten nicht möglich.

Zum Kleinen Stellenplanverfahren 2018 wird daher eine Beschlussvorlage in den Verwaltungsausschuss eingebracht. Für die Digitalisierung sind 3 befristete Stellen (kw-Vermerk 12/2024, 1 Ingenieur (EG 11) und 2 Techniker (EG 8)) und 1 unbefristete Stelle (1 Ingenieur (EG 11)) für die Administration und Weiterentwicklung der Fachverfahren (GIS), die in Zusammenhang mit der Digitalisierung stehen, erforderlich.

Ferner werden Sachmittel in Höhe von 150.000 € für die Beschaffung von Hardware und Dienstleistungen benötigt, die dem Stadtmessungsamt im Doppelhaushalt 2018/2019 aktuell nicht zur Verfügung stehen.

Ein positiver Nebeneffekt der Digitalisierung ist die dauerhafte Sicherung der Papierakten und die Einsparung von teuren Büroflächen. Nach der Digitalisierung können die Akten, die aufgrund rechtlicher Vorgaben dennoch unverzichtbar sind, ausgelagert werden.



Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Die umfassende Digitalisierung wird nach Meinung der Experten auch Auswirkungen auf den Arbeitsplatz der Zukunft haben. Mobiles Arbeiten wird gesellschaftlich zunehmend an Bedeutung gewinnen - auch in der Verwaltung. Wenn Daten und Prozesse digital vorliegen, ist eine ortsunabhängige Zusammenarbeit möglich. Durch die Digitalisierung ergeben sich ganze neue Perspektiven in Zusammenhang mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. So können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zum Beispiel Angehörige pflegen müssen, weiterhin von zu Hause arbeiten und bleiben uns als Fachkräfte erhalten.

Um als öffentlicher Arbeitsgeber attraktiv zu bleiben, müssen wir die Digitalisierung als Herausforderung annehmen und auch gleichzeitig die Chance, die uns dadurch entsteht, nutzen, um junge Nachwuchskräfte zu gewinnen. Insbesondere die Generationen „Y“ und „Z“, die derzeit auf den Arbeitsmarkt strömen, sind für derartige Angebote empfänglich.






Beteiligte Stellen

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Vorliegende Anträge/Anfragen

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Antrag Nr 18/2018 CDU-Fraktion (Einsatz von Flugdrohnen in Stuttgart)




Dirk Thürnau




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