Protokoll: Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
157
5
VerhandlungDrucksache:
219/2023
GZ:
SWU
Sitzungstermin: 02.05.2023
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Pätzold
Berichterstattung:Frau Althanns, Herr Dr. Oediger (beide ASW)
Protokollführung: Herr Haupt as
Betreff: BPlan Einzelhandel Gewerbegebiet Aldinger Straße II
(Mühl 91) Stadtbezirk S-Mühlhausen
- BPlan im vereinf. Verf. nach §13 BauGB i.V.m. § 9 Abs.2a BauGB
- Aufstellungsbeschl. gem. § 2 Abs.1 BauGB
- Auslegungsbeschl. gem. § 3 Abs.2 BauGB
- Vertagung -

Vorgang: Ausschuss f. Stadtentwicklung und Technik v. 25.04.2023, öffentlich, Nr. 139
Ergebnis: Einbringung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Städtebau, Wohnen und Umwelt vom 31.03.2023, GRDrs 219/2023, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Der Bebauungsplan Einzelhandel Gewerbegebiet Aldinger Straße II (Mühl 91) im Stadtbezirk Stuttgart-Mühlhausen ist gemäß § 2 Abs. 1 BauGB als Bebauungsplan im vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB i.V.m. § 9 Abs. 2a BauGB aufzustellen.

Maßgebend für den Geltungsbereich ist der Lageplan des Amtes für Stadtplanung und Wohnen vom 31. März 2023.



2. Der Entwurf des Bebauungsplanes Einzelhandel Gewerbegebiet Aldinger Straße II (Mühl 91) im Stadtbezirk Stuttgart-Mühlhausen in der Fassung vom 31. März 2023 und die Begründung gleichen Datums sowie die wesentlichen bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen sind gemäß § 3 Abs. 2 BauGB öffentlich auszulegen.


Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigten Präsentationen sind dem Protokoll als Dateianhänge hinterlegt. Aus Datenschutzgründen werden sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll sind sie in Papierform beigefügt.


Dieser Tagesordnungspunkt (TOP) wird gemeinsam mit TOP 4 (Niederschrift-nummer 156) behandelt. Die Aussprache wird unter TOP 5 wiedergegeben.


BM Pätzold betont, die Vorlagen 229/2023 und 219/2023 seien im Bezirksbeirat Mühlhausen mit 7 zu 5 Stimmen abgelehnt worden. Die Verwaltung sehe eine Notwendigkeit in der Änderung des Bebauungsplans.

Herr Dr. Oediger und Frau Althanns (beide ASW) berichten im Sinne der angehängten Präsentationen.

Er könne die Planungen der Verwaltung nachvollziehen, so StR Peterhoff (90/GRÜNE). Auf Nachfrage des Stadtrats nach der Auffassung des Bezirksbeirats Mühlhausen betont Frau Althanns, dort habe eine negative Beratung stattgefunden. Es sei u. a. die Sorge geäußert worden, dass bei einem vorzeitigen Weggang von Kaufland oder eines der Untermieter wie der Post oder eines Bäckers die Nahversorgung des Stadtbezirks nicht gesichert sei. Kaufland habe betont, an dem jetzigen Standort die nächsten 15 bis 20 Jahre festzuhalten.

StRin Bulle-Schmid (CDU) betont, in Verhandlungen mit der Verwaltung habe Kaufland darauf verzichtet, einen Getränkemarkt zu errichten. Des Weiteren gehe es Kaufland und dem Bezirksbeirat darum, einen Bestandsschutz für den Einzelhändler zu erhalten. Falls etwa die Kauflandfiliale abbrenne, bestehe für den Stadtbezirk keine Möglichkeit mehr, einkaufen zu können. Da dies verhindert werden müsse, könne daher keine Zustimmung der Vorlage erfolgen. Auf Frage der Stadträtin, in wie weit die Verhandlungen mit Kaufland in Bezug auf die Schaffung eines Bestandsschutzes in dem Bebauungsplan gediehen seien und ob die Verwaltung bereit sei, Kaufland einen Bestandsschutz zuzusichern, betont Frau Althanns, es hätten Verhandlungen zwischen der Stadtverwaltung und Kaufland stattgefunden. Allerdings seien hierbei keine einvernehmlichen Regelungen erzielt worden. Die Verwaltung sei zwar gesprächsbereit gewesen, die Forderungen von Kaufland seien jedoch über das Maß der Vorstellungen der Verwaltung gegangen. Einerseits gehe es der Stadtverwaltung darum, eine Ausdehnung von Kaufland zu verhindern, andererseits darum, keine andere Einzelhandelsentwicklung in diesem Gebiet vorzunehmen.


StRin Bulle-Schmid erkundigt sich in Bezug auf die von Frau Althanns erwähnte nicht zustande gekommene einvernehmliche Regelung, auf welche Aspekte diese sich bezogen habe und ob weitere Verhandlungen stattfänden. Frau Althanns erklärt, es sei hierbei um zusätzliche Quadratmeterzahl der Verkaufsfläche gegangen. StRin Bulle-Schmid entgegnet, ihr liege ein Schreiben von Kaufland vor, in dem ein Verzicht auf die Erweiterung der Verkaufsfläche erklärt werde. Nun gehe es lediglich um den Bestandschutz und dieser Sachverhalt müsse der Stadtverwaltung bekannt sein

Falls die Verwaltung in der heutigen Sitzung einen Bestandsschutz ablehnen würde, so StRin Bulle-Schmid, müsse ihre Fraktion die Vorlagen 229/2023 und 219/2023 ablehnen, da der Einzelhändler Kaufland für Mühlhausen, Hofen und andere äußerst wichtig sei. Die alternative Planung der Verwaltung, zu einem späteren Zeitpunkt bei dem Standort der neuen Turn- und Versammlungshalle nach und nach einen Einzelhandel aufzubauen, sei für ihre Fraktion keine wirkliche Option. Schließlich werde dort nicht das Artikelsortiment angeboten werden können, das derzeit Kaufland biete.

Da der Bezirksbeirat in Mühlhausen die Pläne der Verwaltung mit deutlicher Mehrheit abgelehnt habe, müsse nach den diesbezüglichen Gründen gefragt werden, betont StRin Schanbacher (SPD). Dies liege zum einen an der generellen Skepsis gegenüber dem Konzept der Verwaltung und des Weiteren an der berechtigten Sorge der Menschen vor Ort, dass Kaufland mit seinem großen Warensortiment wegfalle. Ihre Fraktion stehe zu dem Einzelhandels- und Zentrumkonzept der Verwaltung, das eine Stärkung der Zentren mit gut funktionierendem Einzelhandel vorsehe. Es stelle sich die Frage, wie die Nahversorgung gesichert und wie weiterer Einzelhandel an nicht integrierten Lagen vermieden werden könne. Auf Bitte der Stadträtin nach einer Definition der Verwaltung zu dem Begriff "nicht integrierte Lage" erklärt Herr Dr. Oehler, bei einer integrierten Lage handle es sich um eine Lage, die sehr fußläufig und Teil eines Wohnsiedlungsbereichs sei. Ziel des Einzelhandels- und Zentrumkonzepts sei eine fußläufig erreichbare Lebensmittelversorgung. Dieses Ziel passe auch zum Ziel der Mobilitätswende.

StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) betont, das Vorgehen der Verwaltung sei nachvollziehbar und richtig. Seine Fraktion unterstütze das Konzept.

Es sei von Herrn Dr. Oedinger angesprochen worden, so StR Serwani (FDP), dass Einzelhandel in den anderen Stadtgebieten gestärkt werden solle. Beispielsweise bestehe in einem Einkaufszentrum in Neugereut eine Edeka-Filiale. Diesen Einzelhändler besuchten nicht lediglich Bürger aus der umliegenden Umgebung, sondern ebenso von außerhalb, da dort ein großes Sortiment vorhanden sei. Der Bezirksbeirat Mühlhausen befürchte, dass das große Artikelsortiment der Kaufland-Filiale wegfalle. Dies sei unabhängig von dem geplanten Versorgungsmarkt mit einer Fläche von 1.250 m² in der Mühlhäuser Ortsmitte nach deren Umgestaltung. Der Bevölkerung in Mühlhausen gehe es um die Bestandsicherung. Wie von StRin Bulle-Schmid angesprochen, stelle sich die Frage, was im Falle eines Brandes mit der Kaufland-Filiale geschehe.

StR Schrade (FW) schließt sich den Ausführungen von StRin Bulle-Schmid und StR Serwani an. Grundsätzlich stehe seine Fraktion zwar zu dem Einzelhandels- und Zentrenkonzept, aber es handle sich hier um einen Sonderfall. Dieser sei nicht vergleichbar mit der Situation, falls sich beispielsweise im Gewerbegebiet im Stadtbezirk Weilimdorf ein derart großer Handelsbetrieb mit einem zentrenrelevanten Sortiment befände. Der Standort der Kaufland-Filiale bilde in etwa die geographische Mitte des Gesamtstadtbezirks Mühlhausen. Der Abstand zur bestehenden Turn- und Versammlungshalle, bei der möglicherweise perspektivisch Einzelhandel angesiedelt werden könne, betrage lediglich 250 Meter Luftlinie. Die Aldinger Straße sowie die Stadtbahnlinie wirkten allerdings trennend und das Wohngebiet befinde sich auf der anderen Straßenseite. Es sei fraglich, ob das Einzelhandels- und Zentrenkonzept kompromisslos umgesetzt werde solle. Daher sei die mehrheitliche Entscheidung des Bezirksbeirats Mühlhausen gut nachvollziehbar. StR Schrade betont, er habe schon die Vorgängervariante des Bebauungsplans kritisch angesehen. Beispielsweise befinde sich eine Lidl-Filiale im Stadtteil Hausen am Rand von Weilimdorf und versorge nicht lediglich den Stadtteil Hausen, sondern ebenso andere Stadtteile. Nicht zuletzt, da die Frage des Bestandschutzes von Kaufland nicht geklärt sei.

Die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte, in denen kleinere Einzelhändler wegen großen Einzelhandelsunternehmen hätten aufgeben müssen, sei zu beklagen, so StR Dr. Mayer (AfD). Es sei fraglich, ob diese Entwicklung rückgängig gemacht werden könne. Die Verwaltung habe ausgesagt, das Bundesverwaltungsgericht habe die Pläne lediglich aus formalen Gründen abgelehnt. Auf Frage des Stadtrats, wodurch sich die jetzige Beschlusslage von der von vor wenigen Jahren unterscheide und warum die Pläne im Bezirksbeirat auf einer derart breite Ablehnung stießen, betont Frau Althanns, man sei davon ausgegangen, das im Jahr 2019 gewählte Verfahren auf Grundlage von § 13a Baugesetzbuch (BauGB) sei das adäquate Verfahren. Mittlerweile habe jedoch eine geänderte Rechtsprechung stattgefunden, auf die das Bundesverwaltungsgericht hingewiesen habe. Dies ziele darauf ab, dass das damals angewandte "13a-Verfahren" als Verfahren der Innenentwicklung einen positiven Beitrag auf den Geltungsbereich beinhalten müsse. Durch den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben im Geltungsbereich solle primär der zentrale Versorgungsbereich von Mühlhausen unterstützt und geschützt werden. Aufgrund der jetzigen Rechtsprechung sei davon auszugehen, dass der Bebauungsplan als unwirksam erklärt werde.

BM Pätzold schlägt vor, in der heutigen Sitzung zu diesem TOP und zu TOP 4 (NNr. 156) keine Abstimmung durchzuführen und stattdessen einen erneuten Bericht über die angesprochenen Aspekte vorzulegen. Es stelle sich schließlich die Frage, ob der Einzelhandel und die Nahversorgung erhalten blieben. Daher solle in der heutigen Sitzung zu den beiden TOPs lediglich eine Kenntnisnahme festgestellt und das Thema zunächst im Bezirksbeirat behandelt werden.

Er teile die Sorge um den Bestand von Kaufland nicht, betont Herr Dr. Oediger. Deutschlandweit stehe der Lebensmitteleinzelhandel sehr gut da und es herrsche eher eine Expansionsphase vor. Die Handelsanbieter befänden sich auf der Suche nach neuen Standorten. Seit zwölf Jahren bestehe in der LHS eine bestimmte Auffassung, mit der sich die Stadt an das Bundesverwaltungsgericht gewandt habe. Daher sei es im Sinne einer kontinuierlichen Haltung wichtig, diese Grundlinien zu wahren. Die Verwaltung werde u. a zu den Verhandlungen mit Kaufland und dem Aspekt des Bestandsschutzes erneut berichten.

BM Pätzold bekräftigt daher seinen Vorschlag, den Sachverhalt in einer weiteren Sitzung zu behandeln und hierbei die entsprechenden Details zu klären.

StRin Schanbacher stimmt diesem Vorschlag zu und erkundigt sich, ob bei Zustimmung zu den Vorlagen eine Modernisierung der jetzigen Flächen weiterhin möglich sei. Hierzu wird ihr aus dem Gremium Zustimmung signalisiert.

Hinsichtlich des weiteren Termins äußert StR Schrade die Bitte nach einer detaillierten Aufstellung durch die Verwaltung, wie sich die Nahversorgung im Zentrum Mühlhausens aktuell darstelle. Seiner Auffassung nach bestehe dort kein funktionierendes Zentrum. Zudem müsse aufgeführt werden, welche Funktionen eines Zentrums Kaufland mit den dort untergebrachten Einzelunternehmen wie beispielsweise der Postfiliale übernehme.

BM Pätzold betont, mit mehreren Planungen bezüglich des Mühlhäuser Zentrums solle diesem angesprochenen Manko abgeholfen werden.

Gegen den Vorschlag des Vorsitzenden, die Tagesordnungspunkte 4 und 5 zu vertagen und in einer weiteren Sitzung das Thema "Einzelhandelsentwicklung in Mühlhausen" zu behandeln, wird kein Widerspruch geäußert. Somit schließt BM Pätzold diesen TOP ab.


BM Pätzold stellt fest:

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik vertagt diesen Tagesordnungspunkt.

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