Protokoll: Ausschuss für Umwelt und Technik des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
134/2017
GZ:
StU
Sitzungstermin: 28.03.2017
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Pätzold
Berichterstattung:der Vorsitzende, Herr King (Firma Porsche)
Protokollführung: Frau Westhaus-Gloël fr
Betreff: Bebauungsplan mit Satzung über örtliche Bau-
vorschriften Ostseestraße/Adestraße im Stadt-
bezirk Zuffenhausen (Zu 260)
- Aufstellungsbeschluss gemäß § 2 (1) BauGB

Vorgang: Ausschuss für Umwelt und Technik vom 21.03.2017, nicht öffentlich, Nr. 119

Ergebnis: Einbringung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Städtebau und Umwelt vom 08.03.2017, GRDrs 134/2017, mit folgendem

Beschlussantrag:

Der Bebauungsplan mit Satzung über örtliche Bauvorschriften Ostseestraße/Ade-straße im Stadtbezirk Zuffenhausen (Zu 260) ist gemäß § 2 Abs. 1 BauGB mit dem Ziel aufzustellen, das Planrecht zu ändern.

Der Geltungsbereich ist nach dem gegenwärtigen Stand der Planung auf dem Deckblatt der Allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung dargestellt.

Maßgebend für den Geltungsbereich ist der Lageplan zum Aufstellungsbeschluss des Amts für Stadtplanung und Stadterneuerung vom 06.02.2017.


Pläne zu der im Betreff genannten Angelegenheit sind im Sitzungssaal ausgehängt.


Zu Beginn weist BM Pätzold darauf hin, dass der Bezirksbeirat Zuffenhausen mit 13 Ja-Stimmen und 1 Nein-Stimme zugestimmt hat.


StR Winter (90/GRÜNE) spricht zunächst die Umweltbelange an, vor allem die Klimabelange, die in der Vorlage dargestellt sind. Die Erstellung von Gutachten sei zugesagt. Seine Fraktion hoffe, dass es für die kritischen Bereiche gute Lösungen gebe. Erfreulich sei das betriebliche Mobilitätsmanagement der Firma Porsche mit den Maßnahmen, die weiter umgesetzt werden sollen. Der Modal Split müsse sich noch weiter positiv entwickeln. Die Ziele des Mobilitätspakets - Reduktion von Verkehr, Lärm- und sonstigen Emissionen - dürften nicht aus den Augen verloren werden. Was ihm noch fehle sei eine Information über das Verhältnis Anzahl der Mitarbeiter zu Anzahl der Parkplätze.

StR Pantisano (SÖS-LINKE-PluS) betont, die Fraktionsgemeinschaft lehne das Vorhaben der Firma Porsche, weitere 1.000 Parkplätze in Zuffenhausen zu bauen, ab. Es mache keinen Sinn, für die Firmen Daimler, Porsche und Allianz, wie in den letzten Monaten geschehen, 5.000 neue Parkplätze zu beschließen, während gleichzeitig jede Woche darüber diskutiert werde, wie mit den Verkehrs- und Luftproblemen in Stuttgart umzugehen sei. Die Stadt habe sich zum Ziel gesetzt, den Individualverkehr zu reduzieren. Die Ausweitung des Parkplatzangebots wirke kontraproduktiv.

Was die Parkplätze der Firma Porsche angehe, interessiere ihn, inwieweit die Kosten für einen Parkplatz auf die Mitarbeiter umgelegt würden und in welchem Verhältnis die Mitarbeiterrabatte für den Autokauf zu den Zuschüssen für das Jobticket stehen, so StR Pantisano weiter. Er sehe auch ein Stück weit die Verantwortung bei der Firma, dafür zu sorgen, dass Mitarbeiter auf den ÖPNV umsteigen.

StR Hill (CDU) äußert sich lobend über die Bürgerinformation, zu der die Firma Porsche in Zuffenhausen eingeladen hatte. Die Bürger seien konstruktiv und offen mit dem Konzept von Porsche umgegangen, hätten dieses im Grundsatz auch sehr begrüßt und nur an wenigen Details Modifikationen vorgeschlagen. Die Firma Porsche investiere
1 Milliarde € am Standort Stuttgart und schaffe neue Arbeitsplätze. Nicht jeder Mitarbeiter könne mit dem ÖPNV zu seiner Arbeitsstätte kommen. Die Firma unterstütze alternative Mobilitätsformen. Seine Fraktion halte das Konzept für praktikabel und ausgewogen und könne zustimmen.


"Zur Standorttreue der Firma Porsche gehören nun mal auch ein paar Parkplätze" fasst StR Zeeb (FW) die Zustimmung seiner Fraktion zu dem Vorhaben zusammen. StR Brett (AfD) äußert Kritik an den Ausführungen von StR Pantisano und schließt sich ansonsten den Äußerungen von StR Zeeb an. Auch StR Conz (FDP) signalisiert Zustimmung.

Laut StRin Kletzin (SPD) hat auch der Betriebsrat der Firma Porsche darauf gedrungen, dass in Zuffenhausen die Fertigung von Elektromotoren erfolgt. Das Bekenntnis zum Standort Stuttgart führe auch zu der Sicherung von Arbeitsplätzen. Die Stadträtin lobt das Kommunikationskonzept des Unternehmens mit der Bürgerinformation im Museum. Sie bittet wie StR Winter darum, die - nach ihren Informationen - Steigerung von 5.500 auf 7.200 Parkplätze ins Verhältnis zu setzen zur Steigerung der Mitarbeiterzahlen.

StR Dr. Schertlen (STd) teilt mit, dass die STAdTISTEN das ganzheitliche Mobilitätskonzept der Firma Porsche begrüßen und er der Vorlage zustimmen wird.

Im weiteren Verfahren, so BM Pätzold, würden die Klimabelange und weitere Fragen geprüft und geklärt. An StR Pantisano gewandt fügt er hinzu, die Stadtverwaltung lege Wert darauf, dass die baurechtlich notwendigen Stellplätze erstellt werden. Der Minderungsfaktor für den ÖPNV führe nicht dazu, dass gar keine Stellplätze notwendig seien. Man müsse immer auch sehen, was geplant sei. Die Firma Porsche habe in Verbindung mit dem Ausbau und einer Weiterentwicklung des Werks ein Mobilitätskonzept vorgelegt, das schon beispielgebend für manch andere Firma sein könne.

Herr King, der Leiter des Baumanagements bei Porsche, geht auf die Fragen und Anmerkungen ein und stellt die Maßnahmen des Mobilitätskonzepts der Firma Porsche vor. Er spricht von einem Spagat für die Firma: Einerseits müsse genügend Parkraum für die neuen Mitarbeiter zur Verfügung gestellt werden. Bei der Information für die Anwohner sei deutlich geworden, dass diese nicht begeistert sind, wenn die Mitarbeiter in den Anwohnerstraßen parken. Das sei mit ein Grund für die Anzahl der beantragten Parkplätze. Andererseits wolle die Firma das Mobilitätsverhalten ihrer Mitarbeiter ändern und verfolge dieses Ziel ernsthaft in einem "Entscheiderkreis" von 5 Hauptabteilungsleitern, zu denen er selbst gehöre. Das Mobilitätsverhalten zu ändern sei allerdings ein längerer Prozess. Man müsse daran arbeiten, auch öffentlichkeitswirksam, aber vor allem Kommunikation nach innen betreiben. Im Vorstand und im Betriebsrat würden entsprechende Maßnahmen, zum Beispiel für den Umstieg aufs Rad, begrüßt.

Zu den Fragen nach dem Mitarbeiterwachstum könne er keine genauen Zahlen benennen, weil es sich um mitbestimmungspflichtige Vorgänge handle. Die Anzahl der Mitarbeiter werde aber stärker wachsen als die Zahl der Parkplätze, die genannt worden sei. Die Planung gehe momentan davon aus, dass 0,65 Parkplätze pro Mitarbeiter in
Zuffenhausen zur Verfügung stehen werden. Ziel sei es, das Verhältnis in den nächsten Jahren unter 0,6 Parkplätze pro Mitarbeiter zu drücken und noch weiter zu gehen. Regelmäßig solle der Modal Split ermittelt werden. Die Umfrage zum Mobilitätsverhalten, die gemeinsam mit der Stadtverwaltung durchgeführt worden sei, werde im nächsten Jahr wiederholt.


Bei den VVS-Tickets habe sich die Zahl seit dem letzten Quartal 2016 mehr als verdoppelt, von knapp 300 auf über 650, fährt Herr King fort. Bei der Mitfahr-App gebe es über 1.000 Registrierungen von Mitarbeitern aus Zuffenhausen. Die Auswertung werde noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Mit dem Tiefbauamt seien mittlerweile alle Fragen für das Parkleitsystem geregelt worden, mit dem bereits im nicht öffentlichen Bereich auf den Grundstücken gestartet werde. Spätestens Ende des Jahres 2017 solle das System in Vollbetrieb gehen. Dann werde auch eine App aufgelegt, mit der die Mitarbeiter bereits zu Hause auf dem IPhone oder IPad sehen könnten, wo in Zuffenhausen noch Parkplätze frei sind, um die Such- und Schleichverkehre von der Straße zu nehmen, die heute ein Problem darstellten.

Man sei auch dabei, den innerbetrieblichen Werksverkehr mit Bussen auszubauen, der die verschiedenen Standorte miteinander verbinde. Mit der VVS gebe es ein Abkommen, dass Mitarbeiter bei Feinstaubalarm im Bereich Weilimdorf-Zuffenhausen 2 Stationen über den Werksausweis fahren können. Diese Chance, für die die Firma zahle, werde von den Mitarbeitern bei Feinstaubalarm auch verstärkt genutzt.

Auch bei der Fahrradinfrastruktur - Abstellplätze, Umkleiden und Duschen - werde gemacht, was möglich sei. Er bitte aber um Verständnis, dass eine Änderung im Verhalten der Mitarbeiter Zeit brauche. Die Firma bekenne sich aber ganz klar zu diesen Maßnahmen und zeige das auch mit Themen wie der vollständigen Belieferung mit zertifiziertem Naturstrom in alle Standorte und der Bio-Fernwärme über die AWS in Stuttgart.

Seine Fraktion befinde sich in einem Zwiespalt, bemerkt StR Winter. Einerseits sehe man die großen Bemühungen der Firma Porsche beim Mobilitätskonzept, andererseits gebe es einen Schlüssel von 0,65 Stellplätzen pro Mitarbeiter mit dem Ziel, unter 0,6 zu kommen. Diese Zahl sei immer noch sehr hoch. Er hoffe, dass man sich bei dem Schlüssel noch aufeinander zu bewegen könne und rege an, erst in der nächsten Sitzung des Ausschusses den Beschluss zu fassen.

StR Kotz (CDU) erwidert, bei einem Unternehmen, das Autos herstelle, müsse man einen höheren Schlüssel ansetzen als zum Beispiel bei einem Versicherungskonzern. Der Prozess des Umsteigens auf den ÖPNV brauche seine Zeit. Das Unternehmen habe gezeigt, dass es diesen Prozess mit vielen Maßnahmen unterstützt. Die CDU-Fraktion könne am heutigen Tag zustimmen.

StRin Kletzin verweist auf die Schichtarbeit in einem Produktionsbetrieb wie Porsche gegenüber den Büroarbeitszeiten in einem Versicherungsunternehmen. Vor allem Arbeitnehmerinnen wollten nicht zu jeder Zeit mit U-Bahn oder Bus unterwegs sein.

StR Winter wirft ein, gerade der Schichtbetrieb müsse doch eine Senkung des Schlüssels möglich machen.

StR Pantisano betont, der Gemeinderat müsse das Thema ganzheitlich betrachten und nicht nur unter dem Aspekt der Gewerbesteuer sehen. Es gehe nicht um eine Entscheidung für oder gegen Porsche, sondern darum, ob das Verkehrsaufkommen, das durch 1.000 weitere Parkplätze entstehe, in der Stadt zu meistern sei. Er sei der Auffassung, dass nur restriktive Maßnahmen wie Reduzierung der Parkplätze, höhere Parkplatznutzungsgebühren und Parkraummanagement die Verkehrs- und Luftprobleme lösen können.

StR Dr. Schertlen plädiert dafür, "seinen Frieden mit den Stellplätzen zu machen, die Porsche baut". Sie würden an einer Stelle liegen, an der man sich auch Park-and-Ride-Parkhäuser wünschen könne. Gegenüber Herrn King regt der Stadtrat an, Mitarbeiter, die bereits mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen, als Multiplikatoren einzusetzen, die den Kollegen Tipps geben, auch was Radrouten und Schleichwege für Fahrräder angeht.

StRin Schiener (90/GRÜNE) erkundigt sich, wie viele Stellplätze baurechtlich notwendig sind. Dass jeder zweite Mitarbeiter einen Stellplatz bekomme, empfinde sie als kontraproduktiv zum Mobilitätskonzept. BM Pätzold antwortet, eine genaue Anzahl der baurechtlich notwendigen Stellplätze könne er momentan nicht benennen, weil es ja auch um die Verlagerung von bestehenden Stellplätzen gehe.

Herr King berichtet, die Schichtarbeit führe dazu, dass die Mitarbeiter überlappend in die Firma kommen. Beim Schichtwechsel am Mittag seien sowohl die Mitarbeiter aus der Frühschicht als auch die aus der Spätschicht anwesend. Wenn nicht genügend Stellplätze zur Verfügung stünden, würden alle Spätschichtmitarbeiter auf der Straße stehen. Hinzu komme, dass es wirklich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gebe, die abends oder bei Nachtschicht nicht mit dem Bus oder der S-Bahn, sondern mit ihrem Fahrzeug nach Hause fahren wollen. Man könne ihnen als Firma nicht befehlen, auf den ÖPNV umzusteigen, sei aber "am Thema dran".

Zu den Parkplätzen könne er sagen, dass zu den 5.500 vorhandenen zusätzliche 1.060 Stellplätze beantragt werden. Weitere 700 habe man in der Planung auf dann 7.200 Stellplätze. Damit sinke der Schlüssel auf 0,58 Stellplätze pro Mitarbeiter. Eine weitere Entwicklung sei beabsichtigt, aber er könne am heutigen Tage, auch aus Gründen der Mitbestimmung, keine Zahl benennen. Die Anregung von StR Dr. Schertlen zum Thema Rad werde er gern mitnehmen. Im Bereich des Baumanagements würden ab Juni 2017 die ersten 20 E-Bikes eingesetzt, um die Mitarbeiter im Werksgelände zu bewegen.

BM Pätzold weist darauf hin, dass man sich im Verfahrensablauf beim Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan befindet. Zu verschiedenen Themen werde man noch in den Ausschuss kommen, auch dazu, wie sich das Mobilitätskonzept umsetzt.


Abschließend stellt der Vorsitzende fest:

Der Ausschuss für Umwelt und Technik beschließt bei 2 Nein-Stimmen und 4 Enthaltungen mehrheitlich wie beantragt.

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