Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Jugend und Bildung
Gz: JB
GRDrs 104/2022
Stuttgart,
03/14/2022


Sachstandsbericht Jugendfarmen und Aktivspielplätze



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
JugendhilfeausschussKenntnisnahmeöffentlich04.04.2022

Bericht:


Städte brauchen Orte der Begegnung und des Naturerlebens. Jugendfarmen und Aktivspielplätze (JuFas Akis) haben das schon in den 1970er Jahren erkannt und Orte im Grünen für Kinder geschaffen. Freies Spiel und Selbsttätigkeit, Selbstbewusstsein und Stärken der Kinder sollten in der Auseinandersetzung mit der Natur zum Tragen kommen dürfen. So sind insgesamt 22 Jugendfarmen, Abenteuer- und Aktivspielplätze seit vielen Jahren ein wertvoller Teil der Kinder- und Jugendhilfe in Stuttgart. Derzeit werden 19 der 22 JuFas Akis von über 140 ehrenamtlichen Vorständen, ein Platz durch den Caritas-Verband und zwei Plätze durch die Stuttgarter Jugendhausgesellschaft begleitet und geleitet.

Gespeist durch gesellschaftliche Veränderungen wie die zunehmende Erwerbstätigkeit von Frauen und die Notwendigkeit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Inklusion etc. haben sich in den letzten 20 Jahren tiefgreifende Veränderungen in der Jugendhilfelandschaft und Stadtgesellschaft ereignet.

Damit die Plätze bedarfsgerecht auf die Anforderungen im Stadtteil reagieren können, wurden mit einer neuen Förderrichtlinie (GRDrs 230/2020) die Bedarfe der Adressat*innen platzübergreifend in ein Baukastensystem aufgenommen.

Mit dieser Vorlage berichtet die Verwaltung über die Entwicklung der Plätze auf der Basis der seit 2020 geltenden neuen Förderstruktur und den damit verbundenen Erfolgen trotz der schwierigen Bedingungen der Corona-Pandemie.

In Punkt I werden die aktuellen Grundlagen der Arbeit und die geltenden Förderbedingungen zusammengefasst. In Punkt II wird die Entwicklung der Plätze im Jahr 2020 dargestellt. Einen Einblick in fünf geplante Inklusionsprojekte eröffnet Anlage 1. In Punkt III wird das Dargestellte zusammengefasst.

Die Verwaltung hat die Vorlage im Vorfeld auch den 22 JuFas Akis zur Verfügung gestellt. Von Seiten des im Jahr 2020 neugegründeten Stadtverbandes der JuFas Akis wurde eine eigene Stellungnahme erstellt. Diese ist in Anlage 2 beigefügt. Der Stadtverband vertritt derzeit 14 Plätze und plant im Jahr 2022 weitere drei Plätze aufzunehmen.


I. Aktuelle Grundlagen der Jugendfarmen und Aktivspielplätze (JuFas Akis)

Im Jahr 2019 hat der Gemeinderat den letzten umfassenden Bericht über die Jugend-
farmen, Abenteuer- und Aktivspielplätze vom Jugendamt erhalten (GRDrs 531/2019). Die Vorlage aus dem Jahr 2019 berichtete über den Planungsprozess, der mit allen 22 Trägern in Arbeitsgruppen mit hohem persönlichen Einsatz der ehrenamtlichen Vorstände durchgeführt wurde. Auch aus diesem Engagement entstand dann im Jahr 2020 der Stadtverband der Jugendfarmen und Aktivspielplätze Stuttgart e.V., dem sich bislang 14 JuFas Akis der in Stuttgart befindlichen ehrenamtlich geführten Träger mit mehr als 3.000 Vereinsmitgliedern angeschlossen haben. Drei weitere Plätze sollen im Jahr 2022 aufgenommen werden.


Im damaligen Planungsprozess wurden die Entwicklungen der letzten Jahre zusammengetragen und ein gemeinsamer inhaltlicher Rahmen formuliert. Auch die städtische Fördersystematik wurde überarbeitet, mit den Trägern abgestimmt und auf dieser Grundlage vom Gemeinderat ein neues Fördersystem beschlossen.

Ziel war es, die Ressource „Natur“ und die Chancen des freien Spielens mitten in der Stadt möglichst vielen Kindern, Jugendlichen, ihren Familien und allen Generationen zugänglich zu machen und so einen wichtigen Beitrag zur Naherholung und zur Bildung in der Natur den Besucher*innen zur Verfügung stellen zu können.

Inhaltlich wird die Arbeit der Jugendfarmen, Abenteuer- und Aktivspielplätze seither unter den folgenden drei Bausteinen gefasst:

Baustein 1 Wohnzimmer in der Natur
Das Herzstück der Farmen ist und bleibt der offene Betrieb. Dieser hat sich systematisch auch für Familien mit Kleinkindern und älteren Bewohner*innen im Stadtteil geöffnet, so dass die Plätze zu einem naturnahen Ort der Begegnung und des Spiels für jung bis alt werden.

Für diese klassische offene Arbeit der Plätze wurde der Begriff „Wohnzimmer in der Natur“ ausgewählt. Die Familiensonntage im Grünen, die Elterncafés, das sich entfaltende freie Spiel im Grünen von Kindern wird dadurch gut abgebildet. Auf den Plätzen findet jedoch noch vieles mehr statt, der Umgang mit Tieren, das Reparieren des Fahrrads, die Werkstatt, der Umgang mit Feuer, Bauprojekte etc. – es ist ein Umfeld voller Möglichkeiten mitten im Grünen.

Baustein 2 Bildungsraum und Ausbildungsraum in der Natur
Schule inszeniert Lernen nicht immer, aber doch mehrheitlich in 4 Wänden mit Stühlen, Tischen und Büchern. Mit dem Baustein „Bildungsraum in der Natur“ werden Fachkräfte der schulischen Ganztagsbetreuung und der Lehrer*innenschaft unterstützt, schulische Bildungsprozesse in der Natur / mit Hilfe der Natur zu gestalten. Das Angebot besteht ebenfalls für Ganztagskitas:

Ganze Gruppen oder Klassen kommen auf die Plätze. Beim Umgang mit Feuer und Werkzeugen, in Angeboten wie „Vom Schaf zur Wolle“, „Gift- und Heilpflanzenwoche“ etc. erfahren und erlernen die Kinder einen aktiven Umgang mit der Natur. Die Öffnung für Tageseinrichtungen für Kinder und Ganztagesschulen trägt so zu einem rhythmisierten, auf den Stadtteil bezogenen „Ganztag“ der Kinder bei. Gleichzeitig wird das Angebot der Jugendfarmen, Abenteuer- und Aktivspielplätze über die Kooperationsbezüge bekannt gemacht und manche/r Besucher*in erfährt erst durch einen solchen Besuch von dem Angebot. Die pädagogische Begleitung der Kitagruppen oder Schulklassen muss durch die mitgebrachten Erzieher*innen und Lehrkräfte sichergestellt werden. Die Jugendhilfe ist hier als Initiator*in für naturnahe Bildung der Motor für Bildungsangebote in der Natur. Die Plätze leisten eine personelle Präsenz im Hintergrund, für Fragen rund um den Platz oder in besonderen Situationen. Der Baustein lebt davon, dass die Fachkräfte, die auf den Plätzen zu Gast sind, Stück für Stück in neue Rollen hineinwachsen und dazu lernen können. Einschränkend kann festgehalten werden, dass aufwändigere Bildungsangebote mit einem reinen Hintergrunddienst fast nicht realisierbar sind.

Zum anderen sollen die Plätze auch als attraktiver Ausbildungsort für Erzieher*innen genutzt werden. Diese Möglichkeit zur Ausbildung soll allen 22 Plätzen zur Verfügung stehen und wird mit 22 PIAs oder Anerkennungspraktikant*innen über die Stuttgarter Jugendhaus gGmbH organsiert.

Viele Plätze stellen darüber hinaus aus Sach- und Eigenmitteln noch weitere PIAs und Anerkennungspraktikant*innen sowie zusätzliches Personal wie FSJ, FÖJ, Bufdis oder sonstige Fachkräfte (z.B. Tierpfleger*innen) an.

Baustein 3 Inklusiver Ort der Begegnung in der Natur
Traditionell bewegen sich Kinder mit und ohne Behinderung noch in sehr verschiedenen Strukturen. Die JuFas Akis wollen ihre Expertise in der Umsetzung der offenen Arbeit dafür nutzen, Zugänge für alle Kinder des Stadtteils zu schaffen, unabhängig, welche Voraussetzung diese mitbringen. Zur Erfüllung dieses Anspruchs wird Fachwissen benötigt. Immer wieder muss im Alltag zur Erfüllung dieses Anspruchs auch die Zeit für grundsätzliche Reflexion und die Analyse der Angebote und der individuellen Bedürfnisse der Besucher*innen der Farmen und Plätze gefunden werden. Dieser herausfordernden Entwicklung stellen sich viele Farmen und Plätze: alle Plätze realisieren bereits jetzt schon in vielfältigen Formen die strukturelle Teilhabe von Kindern mit Inklusionsbedarf und suchen und entwickeln Möglichkeiten der Inklusion. Zusätzlich dokumentieren und sammeln fünf ausgewählte Projektstandorte in einem Projekt ihre Erfahrungen und arbeiten vertieft an inklusiven Fragestellungen. Dabei ist die Finanzierung der Inklusionsprojekte als Anschubfinanzierung zu sehen, der nach der Projektlaufzeit neu überdacht werden sollte. Die Erfahrungen der Jugendfarm Elsental e. V., welche bereits eine zusätzliche Ressource für Inklusion zur Verfügung hat, werden ebenfalls einbezogen. Ziel ist es, spätestens nach vier Jahren Aussagen über „notwendige Gelingensbedingungen für Inklusion“ zu treffen und einen Rahmen für alle Plätze bei der inklusiven Öffnung zu entwickeln.

Zentrale Organisationsunterstützung

Die Stuttgarter Jugendhaus gGmbH unterstützt die Jugendfarmen, Abenteuer- und Aktivspielplätze bereits mit einer Teilzeit-Stelle bei der Verwaltung des Personals.

Die Plätze werden durch ehrenamtliche Vorstände vielfach mit einem hohen zeitlichen Aufwand geleitet. Diese haben viele strukturelle Fragen zu Brandschutz, Hygiene, Versicherungen etc. und unterschiedlichsten Ansprechpartner*innen auch innerhalb der Stadtverwaltung. Im Rahmen des HH 20/21 wurde zusätzlich eine 100 % Fachkraftstelle für die Verwaltungsfragen der JuFas Akis geschaffen, die die ehrenamtlichen Vorstände entlastet und Fragen klärt, die für alle Plätze relevant sind.


Finanzierung

Die Förderung der Plätze erfolgt aus städtischen Mitteln. Für die pädagogische Arbeit
werden 200% Stellenanteile pro Platz über die Stuttgarter Jugendhaus gGmbH bereitgestellt (bewilligte Förderung 2020 rund 3,229 Mio. EUR) und ein Sachkostenzuschuss an die Träger gewährt (bewilligte Förderung 2020 rund 1,829 Mio. EUR).


Darüber hinaus vorhandenes Personal wird von den Trägern selbst verwaltet. Neben den von der Jugendhausgesellschaft angestellten 200 % Stellen pro Platz und einer PIA Stelle pro Platz, haben die Vereine ihre Personalkapazitäten insbesondere durch den Freiwilligen Dienst (BFD, FSJ, etc.) aufgestockt. Auf einzelnen Plätzen sind Tierpfleger angestellt und viele Vereine haben eine weitere pädagogische Fachkraft finanziert und bei sich angestellt. Aus Sicht der Verwaltung müssen die Vereine dabei auf ihre Belastungsgrenzen achten und eine gute Balance zwischen der Entwicklung der pädagogischen Arbeit auf dem Platz, der finanziellen und organisatorischen Verantwortung bei den Vorständen, dem Wunsch weiteres Personal zu akquirieren und den aktuell geltenden Förderbedingungen finden. Es besteht die Gefahr, und der Stadtverband schildert dies in Ansätzen immer wieder, dass die Vorstände durch die Aufgabenfülle und unter anderem weitere personalbezogene Aufgaben durch beim Verein angestelltes Personal, an ihre Leistungsgrenzen kommen.

Die Jugendfarm Elsental e.V. erhält seit 2018 zudem Mittel für weitere 100 % Stellenanteile, davon 70 % für einen erweiterten Farmbetrieb und 30 % für Inklusion (GRDrs 413/2018; Förderung 2020 rund 73.300 EUR). Die Jugendfarm Möhringen-Vaihingen erhält seit 2020 zusätzliche Mittel für einen erweiterten Farmbetrieb mit 70 % Stellenanteilen (GRDrs 230/2020; Förderung 2020 rund 51.400 EUR).

Zusätzlich wurden ab 1. Januar 2020 zum einen Mittel für die Förderung einer 100%-Stelle als zentrale Organisationsunterstützung für die ehrenamtlichen Vorstände der pädagogisch betreuten Spielplätze und einer 50%-Stelle für Verwaltung, beide angesiedelt bei der Stuttgarter Jugendhaus gGmbH, zur Verfügung gestellt (GRDrs 230/2020; 85.000 EUR p.a.).

Zum anderen wurde die Einrichtung von insgesamt 22 Plätzen für Erzieher*innen im Anerkennungsjahr und / oder die praxisintegrierte Ausbildung bei der Stuttgarter Jugendhaus gGmbH zum Einsatz auf den pädagogisch betreuten Spielplätzen sowie eine 50 % Verwaltungsstelle zur Koordination ab 1. Januar 2020 beschlossen (GRDrs 230/2020; 540.000 EUR p.a.).


II. Entwicklungen in der konkreten Arbeit der Plätze im Jahr 2020

Die Jugendfarmen und Aktivspielplätze waren im ersten Zeitraum der Geltung der neuen Förderrichtlinie wie alle Jugendhilfeangebote und als Teil der Gesellschaft geprägt durch die sich permanent weiterentwickelnden Herausforderungen durch die Corona-Pandemie. Seit März 2020 fand der Alltag der Plätze unter Corona-Vorzeichen statt, hatte spezielle Hygiene- und Konzept-Anforderungen und ist weiter durch rechtliche Regelungen zur Bekämpfung der Pandemie bestimmt.

„Inmitten der Schwierigkeiten liegt die Möglichkeit.“ Dieses Albert Einstein zugeschriebene Zitat haben die Plätze für sich übersetzt: Gemeinsam mit den Kindern, Familien und Kooperationspartner*innen im Stadtteil haben sie daran gearbeitet, digital und analog kreativ auf die Pandemie zu reagieren und die Inklusionsprojekte haben an der inklusiveren Ausrichtung der Plätze gearbeitet, außerdem gab es Fortschritte beim Baustein Bildung und Ausbildung auf den Plätzen. Die Plätze haben Corona Schließzeiten für Renovierungsarbeiten genutzt und sich weiter in die Stadtteile vernetzt. Die sich immer wieder ändernden Rahmenbedingungen und die daraufhin fachlich notwendige kreative Anpassung war eine große Herausforderung für die Mitarbeiter*innen und Vorstände. Über den sich bildenden Dachverband und die Ressourcen der stjg wurden die JuFas Akis bei der Bewältigung dieser Aufgabe in vielen Bereichen unterstützt.

Jugendfarmen und Akis digital
Die Jugendhilfe - so auch die Farmen und Aktivspielplätze - haben durch die Pandemie aus der Not der Kontaktverbote und der Lockdowns heraus einen Digitalisierungsschub erfahren. Die Farmen und Aktivspielplätze inszenierten sich auch virtuell. So gab es im Jahr 2020 unter anderem


für die Kinder und Familien:


für die Mitarbeiter*innen:
Jugendfarmen und Akis analog

Die analoge Arbeit der Jugendfarmen war durch die Corona-Pandemie deutlich erschwert. Das volle Programm konnte nur bis März 2020 durchgeführt werden. Ab dann mussten auch in der analogen Arbeit neue Wege gegangen werden. Im Sommer gab es eine kurze Entspannung und die Möglichkeit vielfältiger Gruppenangebote, ab Herbst bestimmten wieder Einschränkungen den Farm- und Spielplatz-Alltag.

Zum „vollen Programm“ einer Farm / eines Spielplatzes gehörten im Jahr 2020 z. B.

Spiel- und Sportangebote oder nachhaltig-gesund-essen-kochen mit einer regionalen Biokiste, Umgang mit großen und kleinen Tieren vom Pferd über Schafe und Kaninchen bis hin zu Bienen, Gruppenangebote wie ein Gruselparcours, ein Harry Potter Tag oder eine Jungs- / Mädchenwoche. Nach dem ersten Lockdown wurde die schrittweise Öffnung von den Kindern begeistert angenommen und es gab einen großen Zustrom auch wegen des zu dieser Zeit stattfindenden Wechselunterrichtes.

Beliebt waren, sobald möglich, Familiensamstage und wöchentliche Kleinkindtage. Familiensonntage mit bis zu 300 Besucher*innen konnten jedoch nicht stattfinden, Elterncafés mussten auf Grund des zur Verfügung stehenden Raumes stark eingeschränkt werden, Fußballturniere, Zeltlager und Ausflüge wurden abgesagt.

Beliebt waren in der Corona-Zeit Bastelangebote für zuhause. Ein Platz stellte eine JuFa Kiste auf, bei der sich die Kinder mit einer Angel ihr Bastelangebot fischen konnten, eine andere Farm ließ die Kinder spielerisch einen Tresor knacken für ein Bastelangebot. Offene Zelte und Lagerfeuer waren coronagerechte Orte der Begegnung. Ein Platz reparierte und verlieh Fahrräder für die Möglichkeit zu kleinen Radtouren an der frischen Luft trotz Corona.

Wichtig war und ist für die Farm- und Aktivspielplatzmitarbeiter*innen, im Gespräch mit Andersdenkenden zu sein, ansprechbar für Sorgen und Nöte und belastete Familien zu unterstützen bis hin zur Verteilung von Kleidung und Lebensmitteln.


Bildung und Ausbildung in der Natur

Viele Farmen und Aktivspielplätze konnten die Kontakte zu Ganztagsschulen und Ganztagskitas halten oder sogar ausbauen. Bei einigen war der Kontakt jedoch deutlich erschwert bzw. riss während Corona sogar ganz ab. Es wurde Unterstützungsarbeit für die Notbetreuungen in den Schulen geleistet und die Plätze beteiligten sich an der Kampagne Platz zum Spielen sowie am HzE Unterstützungsformat „Erweitertes Wohn- und Spielzimmer“.

Auch an der Sommerferienbetreuung unter Coronabedingungen beteiligten sich mehrere Farmen aktiv neben den offenen Angeboten.

Das Interesse an Mittagsbetreuungsangeboten für Kinder auf den Farmen, die noch eine Halbtagsschule besuchen, ist weiter gewachsen.

Insgesamt zeichnet sich trotz Corona ab, dass der Bildungsbaustein auf so viel Interesse stößt, dass die Finanzierung durch die Jugendhilfe dies nicht vollständig abdeckt und die Plätze mit der Hilfe von Spender*innen und Sponsor*innen auf den großen, sich abzeichnenden Bedarf reagieren.

Die Verwaltung dankt an dieser Stelle den Spender*innen und den Vorständen, die die Akquise und Abwicklung der Spenden und Angebote meistern.

Alle Plätze sind in Ausbildungsverantwortung für junge Menschen gegangen und bieten ein oder mehrere Möglichkeiten für FSJ, FÖJ, PIA Ausbildungsplätze zum Beruf der Erzieher*in oder Erzieher*in im Anerkennungsjahr: Mindestens 20 junge Menschen waren in 2020 als PIA oder im Anerkennungsjahr auf den Jugendfarmen und Aktivspielplätzen im Einsatz.

Renovierungen auf dem Platz und Personalmanagement

Die Farmen und Plätze haben die durch Lockdowns erzwungene besucher*innenlose Zeit für Renovierungs- und Instandhaltungsarbeiten genutzt: elektrische Anlagen saniert, Luftfilter eingebaut, Renovierungsarbeiten durchgeführt und Rasen verlegt.

Das Personalmanagement war unter Coronabedingungen ebenfalls schwierig: zum Beispiel durfte eine junge Bolivianerin für ein internationales freiwilliges ökologisches Jahr nicht einreisen. Die Farmen sind unter anderem auch durch den demographischen Wandel teilweise personell im Umbruch und waren durch die Gefahr von Corona zum Teil bei ihren älteren Mitarbeiter*innen besonders belastet. Einigen Farmen ist es trotz Corona gelungen, mehr Ehrenamtliche für die Mitarbeit zu gewinnen, z. B. wurde ein Vorstand von zwei auf sieben Personen erweitert und eine Farm gewann Senior*innen für das Einbringen ihrer Kompetenzen in den Aki Alltag: so leitet ein pensionierter Imker den kindlichen Umgang mit Bienen an oder eine pensionierte Lehrerin fördert die Lesefreude von Kindern auf den „beschrifteten Plätzen“ in der Natur. Diese und andere vielfältige Angebote werden durch ehrenamtlichen Einsatz ermöglicht und koordiniert.

Die Mehrzahl der ehrenamtlich geführten Plätze hat aus Eigenmitteln und dem Sachkostenzuschuss weitere zusätzliche pädagogische Stellen, aber auch andere Stellen z. B. für Tierpfleger*innen und weitere Aufgaben geschaffen. Zudem wirken viele Ehrenamtliche in der Versorgung der Tiere und bei sonstigen Aufgaben auf den Plätzen mit. Für die ehrenamtlichen Vorstände erwachsen in diesem Zuge viele, noch nicht ausreichend berücksichtigte zusätzliche Leitungs- und Koordinations-Aufgaben.

Zusammenarbeit im Stadtteil

Während der Lockdowns verteilte ein Platz alleine ca.1.500 Bastelangebote to go über die Bäckerei und die Apotheke des Stadtteils. Eine andere Farm führte Stadtteilspaziergänge ein, um in Kontakt zu bleiben. Weitere Plätze machten Postversandaktionen an Haushalte des Stadtteils oder schickten Briefe an alle ihre Stammbesucher*innen, oder, wie in einem Fall, verteilten 10.000 Flyer direkt im Stadtgebiet. Bei Hausbesuchen gab es Bastelsets, Backmischungen oder Rätsel für die Kinder, bei Bedarf wurden Lebensmittelspenden verteilt.

Es gab Zaun und Telefongespräche, eine Spielstraßenaktion, ein Spielmobil wurde zu einer Farm eingeladen und in einem Stadtteil beteiligte sich der Aktivspielplatz an einem Einrichtungslauf zu Kinderrechten am Weltkindertag. Vielfach wurden Familien gezielt angerufen und besucht, um diese und die Kinder und Jugendlichen zu unterstützen. In Zusammenarbeit mit vielen Schulen wurden Lernangebote erarbeitet und direkt bei den Trägern umgesetzt.


Kennzahlen und Abrechnungsmodus für 2020
Der kleinste Stuttgarter Aktivspielplatz hat 1.600 m², die größten Farmen mehr als
20.000 m² zur Verfügung. Dementsprechend schwankten die Möglichkeiten der Farmen und Plätze beträchtlich, wieviele Besucher*innen die Plätze unter Coronaregeln
gleichzeitig / nacheinander nutzen konnten. Es mussten Zugangsbeschränkungen ausgesprochen werden, erst auf 10, dann maximal 20 Kinder, große Farmen konnten bei gelockerten Regeln einen Schichtbetrieb für 2 x 30 Kinder installieren. Voraussetzung war aber die für die offene Arbeit so ungewohnte feste Gruppenbildung und eine Anmeldung war erforderlich. Kinder und Familien mussten immer wieder weggeschickt werden, durch den „Schichtbetrieb“ wurde versucht, trotzdem noch viele Menschen coronaregelgerecht zu erreichen.


Bei fast allen Farmen und Akis sind deshalb die Besucher*innenzahlen um mindestens
33 % auf Grund von Corona-Auflagen gesunken, einige konnten nur noch 50 % des Vorjahres erreichen, mehrere Plätze verzeichneten weniger als 10 Besucher*innen pro Öffnungstag, acht Plätze verzeichneten mehr als 30 Besucher*innen pro Tag trotz Corona. Hierbei wurden die Kinder und Jugendlichen nicht mit erhoben, die durch die Plätze im Stadtgebiet und/oder direkt zu Hause angesprochen, begleitet und unterstützt wurden.

Das kalkulierte Minimum für alle Plätze beträgt 20 Besucher*innen pro Öffnungstag. Im Schnitt hat jede Farm im Jahr 2020 trotz Corona pro Öffnungstag ca. 25 Personen erreicht.

Die Anzahl der Öffnungstage der Jugendfarmen und Aktivspielplätze betrug mindestens 116 und maximal 195 Öffnungstage trotz Corona.

Der Gemeinderat hat mit GRDrs 318/2020 beschlossen, die Förderung der Betriebskosten für die Stuttgarter Jugendhilfeangebote trotz der angeordneten Angebotseinschränkungen und Betriebsschließungen auf Grundlage der beschlossenen Fördergrundsätze weiter zu gewähren. Hat der eingeschränkte Betrieb oder die Schließung jedoch zur Folge, dass diese Fördersystematik nicht sachgerecht ist, so kann die Förderung auf Basis einer Einnahmen-/ Ausgabenrechnung erfolgen.
Da die Einrichtungen ihre offene Arbeit mit den damit verbundenen Kennzahlen coronabedingt nicht erfüllen konnten, wurde für die Abrechnung des Jahres 2020 ein Abrechnungsmodus auf Grundlage einer Einnahmen-/ Ausgabenrechnung festgelegt.

Inklusion in der Natur
Der Gemeinderat hat mit GRDrs 230/2020 insgesamt fünf Einrichtungen jeweils 30.000 Euro zur Verfügung gestellt, um ein Inklusionsprojekt in einem Zeitraum bis maximal Ende 2023 zu planen, durchzuführen und zu dokumentieren. Die ausgewählten Plätze haben folgende Schwerpunkte gewählt:

1. Jugendfarm Stammheim (Träger: Verein)
Der Träger plant eine Dokumentation, was schon läuft (strukturelle Teilhabe) sowie die Analyse von Ressourcen im Stadtteil. Vorgesehen ist zudem ein neues Projekt mit einer Inklusionsklasse der Grund- und Hauptschule Stammheim, Unterrichtsschluss soll auf der Jugendfarm sein und den Ausgangspunkt für den Übergang in den offenen Betrieb bilden.


2. Jugendfarm Zuffenhausen (Träger: Verein)
Das Projektteam möchte auf Grund von fehlenden Zahlen bezüglich Kinder mit Behinderung im Stadtteil über partizipative Aktionen herausfinden, was die Bewohner*innen des Stadtteils mit Inklusionsbedarf brauchen, um sich auf der Jugendfarm Zuffenhausen wohlzufühlen. Außerdem wird der Kontakt zu zwei Schulen mit Sehbehinderung aufgebaut.

3. Abi Neustein-Hofen (Träger: stjg)
Der Fokus liegt auf Kinder mit mehr oder weniger stark ausgeprägten autistischen Merkmalen und auf der Schaffung einer inklusiveren Struktur für diese und auch andere Kinder. Rückschlüsse aus dem Projekt sollen für die inklusivere Ausrichtung der eigenen baulichen und organisatorischen Voraussetzungen gezogen werden.


4. Stadtteilbauernhof Bad Cannstatt (Träger: stjg)
Der Träger zielt auf Beteiligungsformate für Kinder mit und ohne Behinderung auf der Basis der Zusammenarbeit mit dem bereits inklusiv ausgerichteten Circus Circuli, der Diakonie Stetten, einem inklusiven Mitarbeiter und weiteren Akteur*innen im Stadtteil. Er erhofft sich daraus Rückschlüsse für die weitere inklusivere Ausrichtung.


5. Aktivspielplatz Raitelsberg im Bezirk Stuttgart (Träger Verein)
Der Aktivspielplatz realisiert bereits viele Formen struktureller Teilhabe, u. a. mit dem KBV, der Berger Schule, der Ostheimer Schule und vielen benachteiligten Kindern und Jugendlichen. Ziel des Projektes ist es, die Teilhabe aller zu ermöglichen, eine inklusive Platzkonzeption zu erstellen, zum Mitmachen zu ermutigen und Barrieren analog und digital abzubauen. Inklusion soll „das neue Normal“ werden.

Alle fünf Projekte haben gemeinsam mit der Jugendhilfeplanung eine Projektbegleitgruppe gegründet und auf einer gemeinsamen Grundlage Projektskizzen zu ihren jeweiligen Projektschwerpunkten erstellt (siehe Anlage 1). In der Projektplanungs-Phase hat sich herausgestellt, dass sowohl die bundesweite als auch die städtische Datenlage zum Thema „Menschen mit Inklusionsbedarf“ noch sehr allgemein ist und es schwierig ist, ohne eine eigene Studie zu konkreteren stadtteilbezogenen Daten zu kommen. Deshalb haben die Projekte gemeinsame Erhebungsgrundlagen auf der Basis bestehender Datensätze (Statistikatlas, Sozialmonitoring) definiert und den Grundbedarf, bezogen auf zwei Stadtteile mit 10 % der dort lebenden Kinder und Jugendlichen der 6- bis unter 15-Jährigen, angenommen.


III. Fazit und Ausblick

Die Jugendfarmen und Aktivspielplätze haben einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie in den Stadtteilen geleistet.

Sie haben sich digital besser aufgestellt und die Kinder und Familien mit verstärkter Stadtteilarbeit und kreativen Angeboten auch analog gut erreichen können. Durch Schichtbetrieb auf den Plätzen haben sie versucht, trotz Corona möglichst viele Kinder und Familien an der Ressource Natur teilhaben zu lassen.

Sie zeigen sich als zuverlässiger Kooperationspartner der Stuttgarter Ganztagseinrichtungen und befriedigen die steigende Nachfrage mit der Akquise von Eigenmitteln. Hier zeichnet sich perspektivisch Handlungsbedarf ab, da vor allem Farmen und Plätze in einkommensschwachen Stadtteilen dies nicht dauerhaft leisten werden können.

Die Plätze und Farmen sind alle in Ausbildungsverantwortung gegangen und tragen damit zur Sicherung wichtiger benötigter Fachkräfte für den Stuttgarter Jugendhilfearbeitsmarkt bei.

Mit den fünf Inklusionsprojekten, die nun nach gründlichen Voranalysen und Recherchen an die praktische Umsetzung der Projekte herangehen, werden im Jahr 2022 und 2023 wichtige Erfahrungen für eine systematischere, inklusivere Ausrichtung der Jugendfarmen und Aktivspielplätze gesammelt werden.

Der neu gegründete Stadtverband der Jugendfarmen und Aktivspielplätze ist dabei, sich als kompetenter und zuverlässiger Ansprechpartner für die fachliche Zusammenarbeit zu etablieren. Die Verwaltung begrüßt den begonnenen Dialog zwischen der Stuttgarter Jugendhausgesellschaft und dem Stadtverband zur Klärung grundsätzlicher Themen und ist bereit, hierbei die eigene Expertise mit einzubringen.






Beteiligte Stellen

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Vorliegende Anträge/Anfragen

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Isabel Fezer
Bürgermeisterin





Anlage 1: Fünf Projektskizzen Inklusion
Anlage 2: Stellungnahme STJAki


<Anlagen>


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