Protokoll: Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
85
VerhandlungDrucksache:
251/2022
GZ:
Sitzungstermin: 03.06.2022
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Fuhrmann
Berichterstattung:Herr Sidgi (SWSG)
Protokollführung: Frau Sabbagh
Betreff: Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft mbH
Jahresabschluss 2021

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 25.05.2022, GRDrs 251/2022, mit folgendem

Beschlussantrag:

Der Vertreter der Stadt in der Gesellschafterversammlung der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft mbH wird beauftragt,

1. den Jahresabschluss zum 31.12.2021 in der vorliegenden Fassung festzustellen,

2. den Bilanzgewinn 2021 in Höhe von 5.106.047,64 EUR den Rücklagen zuzuführen,

3. die Geschäftsführung für das Geschäftsjahr 2021 zu entlasten,

4. als Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2022 die RWT Crowe GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft, Stuttgart zu bestellen,

5. den Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2021 zu entlasten.

Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Die StRinnen Fischer, Rühle (beide 90/GRÜNE) und Tiarks (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) sowie die StRe Puttenat (PULS) und Köhler (AfD) nehmen wegen Befangenheit im Sinne von § 18 GemO an der Beratung und Abstimmung der Beschlussantragsziffer 5 nicht teil.

Zunächst erläutert Herr Sidgi den Jahresabschluss anhand der Vorlage sowie einer Präsentation, die dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt ist. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll ist sie in Papierform angehängt.

BM Fuhrmann dankt für die Präsentation. Interessant sei insbesondere der Ausblick gewesen, in dem er die Projekte der nächsten Jahre vorgestellt habe. Dies unterstreiche, dass die SWSG der große Player im Bereich des Wohnungsbaus in Stuttgart sei.

Auch die Vertreter*innen der Fraktionen danken für den Bericht und darüber hinaus Herrn Sidgi und seinem Team für die geleistete Arbeit.

StRin Fischer lobt die Arbeit der SWSG. Ein wichtiges Standbein sei hier auch die Umnutzung, um weniger neue Flächen bebauen zu müssen. Eine besonders große Herausforderung sei die Sanierungsquote in Höhe von 4 %, die die SWSG anstrebe. Die Preisanstiege beträfen alle Unternehmen. Ihre Fraktion wolle mit den Subventionen noch abwarten und sich zuvor in anderer Runde besprechen. Im Vordergrund stehe für sie, dass die SWSG als selbstständige Einheit in der Lage sei, diese Zukunftsaufgaben zu schultern, und dies mit entsprechend großer Personalkraft. Die Stadt müsse als Eigentümerin eine Sicherheit bieten. Herr Sidgi habe deutlich gemacht, wie wichtig eine stabile, nachhaltige Finanzkraft sei, sodass man Zinsen und Tilgung auch langfristig bezahlen könne. Deshalb unterstütze ihre Fraktion eine moderate Mieterhöhung. Unter der Geschäftsführung von Herrn Sidgi habe sich die SWSG sehr sozial aufgestellt. Dabei habe das Sozialmanagement einen sehr langen Vorlauf und unterstütze Menschen in schwieriger Situation.

Wie ihre Vorrednerin lobt auch StRin Porsch (CDU) die Arbeit der SWSG. Die SWSG investiere nicht nur in ambitionierte Neubauprojekte, sondern auch in den Bestand. Der - bescheidene - Bilanzgewinn sei erforderlich, um reinvestieren zu können. Sie regt eine Diskussion im WA über die Stuttgarter Projekte, auch außer denen der SWSG, die sich im Bestand der Stadt befänden, an. Dabei sollte geklärt werden, wie man die Energiekostenerhöhungen in allen städtischen Objekten finanzieren könne.

Dem Lob seiner Vorrednerinnen schließt sich StR Conzelmann (SPD) im Namen seiner Fraktion an. Die SWSG stelle im "Bündnis für Wohnen" den Klassenprimus. Sie habe als Einzige die Zahlen bei den Belegungsrechten zu 100 % erfüllt. Wenn das Leerstandsniveau stadtweit dem der SWSG entspräche, hätte man viele andere Probleme nicht. Ein großer Anteil am geplanten Neubau sei auf die Tätigkeit der SWSG zurückzuführen. Angesichts der präsentierten Zahlen hätte die SWSG seiner Ansicht nach in der für die Mieterinnen und Mieter aktuell schwierigen Situation, insbesondere durch die Energiepreissteigerung und die Inflation, auf die Mieterhöhung durchaus verzichten können. Und schließlich wolle er es nicht versäumen, Herrn Caesar, der das Unternehmen ja inzwischen verlassen habe, nochmals ganz herzlich zu danken.

Auch StRin Tiarks sieht die Mieterhöhungen - über die im Übrigen der Gemeinderat entscheide - als völlig unnötig an. Die SWSG brauche keine Gewinne, die letztendlich über die Mieter*innen finanziert werden müssten. Erfreulich sei, dass die SWSG einen so großen Beitrag zu den Sozialmietwohnungen in Stuttgart geleistet habe. Damit komme sie einer ihrer originären Aufgaben nach. Angesichts der steigenden Baupreise plädiert sie dafür, nichts mehr abzureißen, sondern nur noch zu sanieren und so im Bestand das Klimaneutralitätsziel bis 2035 zu erreichen.

StR Neumann (FDP) geht - auch nach der detaillierten Darstellung im Unterausschuss - davon aus, dass das aktuell noch erfreuliche Ergebnis in einem Jahr ganz anders aussehen werde. Dann werde die FrAKTION ihr Bild einer "im Geld schwimmenden SWSG" nicht mehr vermitteln können. Die Gewinne, die hier bislang ausgewiesen würden, seien verschwindend gering gegenüber den künftigen Mehrkosten und Investitionen.

Im Namen seiner Fraktion schließt sich StR Puttenat dem Lob an. Die Stadt habe sich große Ziele gesetzt, was die Klimaneutralität anbelange, und sehe sich nun mit großen Schwierigkeiten aufgrund des Krieges und der Pandemie konfrontiert. Die Probleme würden eher noch wachsen denn sinken. Er sei gespannt, wie die Stadt dies bewältigen werde.

StR Zaiß (FW) weist darauf hin, dass Banken sehr schnell den Geldhahn zudrehten bzw. die Zinsen erhöhten, wenn sie feststellten, dass Zinsen und Tilgungen nicht mehr geleistet werden könnten. Deshalb sei ein vernünftiger Gewinn der SWSG zwingend notwendig. Der Bestand müsse laufend saniert werden. Bei einer Sanierung von 4 % der Wohnungen im Jahr habe man in 25 Jahren den kompletten Bestand saniert und könne dann wieder von vorn beginnen.

StR Köhler attestiert der SWSG ein sehr realistisches Bewusstsein für das, was eventuell auf sie zukomme. Die SWSG sei das zentrale Steuerungsinstrument für einkommensschwache Mieter, um diese mit Wohnraum zu versorgen. Vor diesem Hintergrund sollten der SWSG entsprechende Handlungsspielräume, z. B. die Erhöhung der Miete, eingeräumt werden. Er nehme eine hohe Mieterzufriedenheit wahr. Auch er lobt ausdrücklich die Arbeit der SWSG.

An StRin Porsch gewandt erklärt BM Fuhrmann zu den Baupreissteigerungen, er habe in einem UA Wohnen angekündigt, im Rahmen des Jahresabschlusses oder einer Zwischenbilanz 2021/2022 sämtliche anstehenden Projekte darzustellen und die Herausforderungen zu analysieren. Er sagt hier eine ausführliche Darstellung zu.

StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) bittet, den gleichen Fokus auf Bauprojekte in der Infrastruktur zu legen. Dies sei geplant, betont BM Fuhrmann, er habe es lediglich im UA Wohnen angekündigt, weil das Thema dort angesprochen worden sei. Doch plane die Verwaltung, den Gemeinderat über sämtliche Projekte und Investitionsvolumen, die in der Stadt anstünden, zu informieren und die Auswirkungen aufzuzeigen.

Zu den Wortmeldungen führt Herr Sidgi aus, es gehe darum, Risiken so zu erkennen, wie sie antizipierbar seien, und darauf zu reagieren. Die nachhaltige Statik müsse erhalten bleiben. Für ihn sei nicht entscheidend, ob die SWSG einmal keinen Gewinn mache, sondern ob sie nachhaltig ihre Finanz- und Ertragskraft schwäche. Ein Überschuss rekurriere immer auf eine Finanzierungsfähigkeit, die man benötige, um den sozialen Kern erhalten zu können. Hinzu kämen die ebenfalls wichtigen Klimazielsetzungen. Und die Zinswende mache der SWSG sehr zu schaffen.

Auf Nachfrage von StRin Tiarks zur Besteuerung legt Herr Sidgi dar, bei Wohnungsunternehmen und Vermietungsgenossenschaften gebe es einige Privilegierungstatbestände. Die Wohnungsunternehmen könnten die sogenannte erweiterte Gewerbesteuerkürzung wahrnehmen. Der häufig als steuerliche Privilegierung dargestellte Tatbestand gehe auf die Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit 1989 zurück. Damals wurden die von der Steuer befreiten Wohnungsunternehmen zu einer Teilwertberechnung in der Steuerbilanz legitimiert, was dazu führte, dass die Werte der Immobilien- und Steuerbilanz deutlich über den handelsbilanziellen Werten lagen. Dadurch sei die Steuerlast der ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen deutlich niedriger ausgefallen, auch wenn es sich dabei nicht um eine klassische Privilegierung gehandelt habe. Dies dürfe nicht mit der steuerlichen Privilegierung für Vermietungsgenossenschaften und für Vermietungsgesellschaften, die von der Doppelbesteuerung und der erweiterten Gewerbesteuerkürzung profitierten könnten, verwechselt werden. Die SWSG zahle aufgrund des Bauträgergeschäfts nicht mehr Steuern, solange sie dadurch insgesamt nicht mehr Gewinn mache. Im letzten Jahr habe der Verlust im Bauträgergeschäft zu einer Minderung der Ertragssteuern geführt. Die 15 Mio. € Überschuss sagten noch nichts darüber aus, wie viel Geld tatsächlich in der Kasse sei. Eine Mieterhöhung sei einerseits eine Ertragsposition und andererseits eine Liquiditätsposition. Zudem beinhalte der Überschuss von 15,9 Mio. € auch den nicht liquiditätswirksamen Rückstellungseffekt. Im laufenden Jahr wolle die SWSG zur Erreichung der Klimaziele 15 Mio. € mehr im Aufwand ausgeben als im letzten Jahr - eine enorme Aufgabe.

Er teile ausdrücklich die Einschätzung aller, dass man darauf achten müsse, dass die Mieten bei der SWSG signifikant unter den Marktpreisen lägen und leistbar seien.

Im Leonhardsviertel habe die SWSG in den vergangenen Jahren einige Objekte der Landeshauptstadt und anderer Eigentümer aufgekauft und versucht, die Gewerbenutzung so zu gestalten, dass damit eine Aufwertung und Strukturverbesserung erreicht werden konnte. Das sei absolut gelungen. Trotz großer Investitionen in die Objekte seien die Mieten nicht signifikant erhöht worden.

StR Rockenbauch erinnert daran, dass das Geschäftsmodell der SWSG von der Mehrheit im Gemeinderat beschlossen werde. Mit einer strukturellen Defizitübernahme durch die Stadt könnte auf eine Mieterhöhung verzichtet werden.

Abschließend stellt BM Fuhrmann fest:

Der Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen beschließt einstimmig die Ziffern 1 - 4 des Beschlussantrags wie beantragt. Die Ziffer 5 beschließt der Ausschuss, nachdem die befangenen Mitglieder den Saal verlassen haben, ebenfalls einstimmig wie beantragt.
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