Protokoll: Sozial- und Gesundheitsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
168/2017
GZ:
SI
Sitzungstermin: 29.05.2017
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Wölfle
Berichterstattung:Frau Reichhardt (SozA)
Protokollführung: Frau Sabbagh de
Betreff: Flexiblisierung ambulant betreuter Wohnformen: Weiterentwicklung des Wohntrainings

Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Referats Soziales und gesellschaftliche Integration vom 08.05.2017, GRDrs 168/2017. Sie ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


Zunächst erläutert Frau Reichhardt kurz die Vorlage.

Auch wenn sie ambulant betreutes Wohnen und das Wohntraining als sehr gut und wichtig ansehe, äußert StRin Bulle-Schmid (CDU) dennoch Bedenken, ob eine ausreichende Betreuung z. B. nachts gewährleistet sei, wenn man Menschen mit hohem Hilfebedarf von der stationären Unterbringung in ambulantes Wohnen überführe. Sie befürchtet eine Überforderung dieser Menschen.

StRin Münch (90/GRÜNE) begrüßt das Wohntraining grundsätzlich. Da die Finanzierung vom Bundesteilhabegesetz abhängig sei, könne das Projekt erst umgesetzt werden, wenn die Durchführungsverordnung vorliege. Dies würde eine Vorfinanzierung durch die Stadt erfordern.

Auch StRin Gröger (SPD) spricht die Finanzierung an. Bei den unter den Leistungserbringern aufgelisteten therapeutischen Einrichtungen Liebenau fehle neben einem Standort auch immer noch eine Ambulanz. Sie unterstreicht, dass die Vorlage dem Wunsch der Menschen nach anderen Wohnformen entspreche und dies ermögliche. Manche wüchsen hier über sich hinaus und überraschten Skeptiker in den Heimen mit ihrer Selbstständigkeit. Doch sei dies kein Modell für alle Menschen, und hier stelle sich die Frage nach der Situation in den stationären Einrichtungen. Es werde immer deutlicher, dass dort schwerbehinderte Menschen blieben, was das Freizeitverhalten und den Alltag schwieriger gestalte. Dies müsse man unter anderem mit dem KVJS diskutieren.

BM Wölfle berichtet von seinem Besuch der Wohngemeinschaft in einem ganz normalen Wohnhaus in Stuttgart-Giebel. Dort lebten zwei jahrzehntelang stationär untergebrachte Menschen mit Behinderung offensichtlich sehr glücklich und selbstbewusst, denen er zuvor so viel Selbstständigkeit niemals zugetraut hätte.

Zum Finanziellen ergänzt Frau Reichhardt, die Entgelte seien nicht höher als im stationären Bereich. Man bemühe sich um eine gute Nachtbegleitung. In der Regel lebten nicht nur Personen mit Hilfebedarfsgruppe 4 (HBG 4) gemeinsam, doch müsse mindestens eine Person in HBG 4 eingestuft sein. Die Pauschalen seien sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich je nach Hilfebedarf gedeckelt, sodass sich eine Verschiebung abbilden lasse. Der ambulante Bereich biete darüber hinaus den Vorteil, dass Pflegeleistungen erschlossen werden könnten, und damit zum kommunalen Finanzierer ein weiterer hinzukomme. Das Angebot sei absolut freiwillig. Die Träger wählten für dieses Projekt Menschen aus, die sie gut kennten und denen sie eine solche Entwicklung zutrauten.

Die Krisenintervention sei bislang als langfristiges Konzept von ca. einem halben Jahr angelegt gewesen, um in persönlichen Krisen wie z. B. Arbeitsplatz- oder Freundschaftsverlust sowie dem Tod naher Angehöriger Hilfestellung zu leisten. Bei Stimmungsschwankungen werde sie nicht eingesetzt.

Finanziert werde aus dem normalen Eingliederungsbudget, da die Sätze ungefähr gleich seien. Allerdings würden mit dem Bundesteilhabegesetz sowohl neue Hilfeplanverfahren als auch neue Gesamtstrukturen eingeführt. Bisherige Erkenntnisse sollten dann umgeformt werden. Am 01.07.2017 solle begonnen werden. Dabei wolle man möglichst alle interessierten Träger einbeziehen.

StRin Bulle-Schmid unterstreicht, sie sei nicht gegen das Projekt. Aufgrund persönlicher Erfahrungen sei ihr aber wichtig, dass in einer solchen Wohngruppe niemand überfordert werde. Auf eine weitere Frage der Stadträtin legt Frau Reichhardt dar, Personen mit HBG 1 - 3 könnten bereits über die bisherige Struktur versorgt werden. Da es sich um ein Modellprojekt handle, müsse mit Blick auf die Auswertung jeweils mindestens eine Person mit HBG 4 beteiligt sein.

Herr Spatz (SozA) ergänzt, das Modellprojekt sei im Kontext mit der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) zu sehen. Zum Aktionsplan habe die Verwaltung dem Gemeinderat die GRDrs 415/2015 vorgelegt und das Projekt habe unter 12 Punkten eine sehr hohe Priorität erhalten. Die Verwaltung sei froh, wenn sie den UN-Behindertenrechtskonventionsplan Zug um Zug abarbeiten könne.

StRin Gröger regt an, potenzielle Vermieter über die Betreuung zu informieren, wodurch das Mietverhältnis erfahrungsgemäß oft mit weniger Stress als bei regulären Vermietungen verbunden sei. BM Wölfle sagt dies zu.




Er stellt abschließend Kenntnisnahme fest.

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