Protokoll:
Sozial- und Gesundheitsausschuss
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
91
3
Verhandlung
Drucksache:
198/2021
GZ:
SI
Sitzungstermin:
12.07.2021
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
BMin Dr. Sußmann
Berichterstattung:
die Vorsitzende, Frau Braun (SozA), Frau Vogel (SozA)
Protokollführung:
Frau Schmidt
fr
Betreff:
Integrationsmanagement und begleitende Unterstützungsmaßnahmen - Fortsetzung in den Jahren 2022 und 2023
Beratungsunterlage ist die Mitteilungsvorlage des Referats Soziales und gesellschaftliche Integration vom 24.06.2021, GRDrs 198/2021. Sie ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.
BMin
Dr. Sußmann
erklärt zu Beginn, dass zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar sei, ob das Programm "Pakt für Integration" fortgeführt werde. Das Land werde voraussichtlich erst nach den städtischen Haushaltsplanberatungen in den Beschluss kommen. Unabhängig vom Land vertrete die Stadt eine eigene Haltung, denn man wisse, dass gewisse Strukturen und personelle Kapazitäten vorgehalten werden müssten. Ergänzend merkt sie an, im "Pakt für Integration" sei kein Personalschlüssel niedergelegt. Die vom Land geförderten Stellen hätten sich 2017 aus einer landesweiten Erhebung ergeben. Sie verweist auf die GRDrs 532/2017, die einen Stellenschlüssel von 1:120 vorsehe, wenn der "Pakt für Integration" nicht mehr stattfinde. Ideal sei allerdings ein Schlüssel von 1:100, um die Vielfältigkeit der Aufgaben abzudecken.
StRin
Rühle
(90/GRÜNE) bestätigt, dass noch nichts Näheres zum "Pakt für Integration" bekannt sei. Integration sei ein langer Prozess, der entsprechend verlässlich begleitet und unterstützt werden müsse. Zur Schulung der Integrationsmanager*innen und deren Dauer wünscht sie weitere Informationen. Abschließend möchte sie wissen, wie gut die Berechnung des Stellenschlüssels gesichert und dieser realistisch sei. Einen Schlüssel von 1:100 halte sie für gerechtfertigt.
Es sei dramatisch, wenn das Land nicht weiterfinanziere, so StR
Mörseburg
(CDU). Er hoffe auf ein schnelles Signal des Landes, um Planungssicherheit zu gewährleisten. Der Stadtrat sieht es inhaltlich nicht als Aufgabe der Kommune, diese Maßnahmen komplett alleine zu tragen. Die Kommune habe subsidiär den kleinsten Anteil daran. Er halte es für ausgeschlossen, dass sich das Land dieser Verantwortung entziehe. Er spricht die umfangreich dargestellte Software an, zu der er die Frage stellt, ob im Falle einer alleinigen Finanzierung durch die Stadt diese fortgeführt werden müsse.
StR
Pantisano
(Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) hält die weitere Kostenübernahme durch das Land für selbstverständlich und möchte wissen, ob es bereits erste Signale von Seiten der Landesregierung gebe. Dies sei für die Haushaltsplanberatungen wichtig, um entsprechende Entscheidungen treffen zu können.
Über die Zahl der Integrationsmanager*innen zeigt sich StRin
Dr. Hackl
(SPD) "sehr erschrocken". Die Sozialverwaltung wolle für 2023 nur noch 20 Stellen für die soziale Betreuung in der Anschlussunterbringung zur Verfügung stellen. Dies bedeute einen Abbau von über 30 Stellen gegenüber der aktuellen Stellenzahl und sei fachlich nicht nachvollziehbar. Laut Flüchtlingsbericht befänden sich derzeit immer noch ca. 5.000 Menschen in den Unterkünften und durch Corona seien viele Ehrenamtliche abgesprungen. Die Anforderungen zur Betreuung und Vermittlung in Arbeit und Wohnraum würden nach der Pandemie noch weiter steigen. Die vielfältigen Aufgaben von 51 Integrationsmanagern könnten keine 20 Personen für eine soziale Betreuung leisten. Sie bittet um Darstellung der Kosten, um den Standard zu halten, wenn die Stadt eigenständig dafür aufkommen müsse. Ebenso solle der Ausbildungscampus seine Arbeit während der Corona-Krise darstellen. Kritisch sieht die Stadträtin den Hinweis, dass sich die Wirtschaft aus der Spendentätigkeit zurückziehe. Sie fordert die Verwaltung auf, nochmals auf die Institutionen zuzugehen.
Den Ausführungen ihrer Vorrednerin zum Abbau von 30 Stellen bei den Integrationsmanager*innen kann sich StRin
Yüksel
(FDP) anschließen.
BMin
Dr. Sußmann
sagt zu, die Aufschlüsselung beim Personalschlüssel und den Fallzahlen nachzuliefern. Der Rückzug der Wirtschaft sei von Beginn an kommuniziert worden. Nichtsdestotrotz werde sie die Thematik nochmals aufgreifen. Gegenüber StR Pantisano erklärt die Bürgermeisterin, bislang gebe es vom Land keinerlei Aussagen, sie werde in dieser Frage aber nachhaken. Sie kenne die Argumentation des Landes, das Anschlussunterbringung als ganz normale Unterbringung betrachte, was wiederum originäre Aufgabe der Kommunen sei. Sie gehe davon aus, dass nochmal mit den kommunalen Landesverbänden das Gespräch gesucht werde.
Frau
Braun
(SozA) erklärt, das Subsidiaritätsprinzip werde von der Kommune sehr hoch gehalten. In diesem Fall liege jedoch ein ungleicher Zeitverlauf der Klärung bei Kommune und Land vor; sie hoffe, vor den Haushaltsplanberatungen vom Land Näheres zu erfahren. Der von StRin Rühle angesprochene Etat-Ansatz der Schulung von Integrationsmanager*innen, der im letzten Doppelhaushalt mit jeweils 20.000 Euro enthalten gewesen sei, werde in der Mitteilungsvorlage zum jetzigen Haushalt nicht erwähnt. Dies sei ein Ergebnis der Auswertungen, denn coronabedingt seien die Mittel in den vergangenen zwei Jahren nur in sehr geringem Maße abgeflossen. Im Budgetgespräch sei die Ansicht formuliert worden, Haushaltsreste zu nutzen, die für die Jahre 2022/2023 ausreichend seien. Zur Frage des Stellenschlüssels führt die Verwaltungsmitarbeiterin aus, in der vorläufigen Unterbringung gebe es einen Stellenschlüssel von 1:110, der vom Bund vorgegeben sei. Für die Anschlussunterbringung habe die Sozialverwaltung einen Betreuungsschlüssel für 2023 von 1:100 vorgeschlagen, wenn die Landesförderung nicht erzielt werde. An dem Instrument des Integrationsmanagements wolle man festhalten, da es sich außerordentlich gut bewährt habe. Über die Software Jobkraftwerk könne nach den einzelnen Modulen hervorragend ausgewertet und neutral Zahlen zu Bereichen wie Arbeit, soziale Integration, Sprache oder Familie generiert werden. Daraus könnten sehr gute Erkenntnisse gewonnen werden, die in die Diskussion mit den Trägern eingebracht würden. Bezüglich der Förderung vom Land gebe es regelmäßige Nachfragen. Sie verweist auf die vergangenen Haushaltsplanberatungen, bei denen die Stadt weitere Landesmittel erhalten habe. Immerhin habe das Land für fünf Jahre die Möglichkeit generiert, Zuschüsse zu geben.
In ihren weiteren Ausführungen spricht Frau
Braun
den Stellenschlüssel an und erklärt, selbst bei einem Schlüssel von 1:100 in der Anschlussunterbringung und vorläufigen Schätzungen von ca. 3.000 Geflüchteten in 2022 ergäben sich 30 Stellen, was bei derzeit 51,1 Stellen tatsächlich den Abbau von rund 20 Stellen bedeute. Ein Schlüssel von 1:120 würde den Abbau von 30 Stellen zur Folge haben. Die Verwaltung schlage vor, für die Personalbemessung nicht mehr quartalsweise Hochrechnungen zu Grunde zu legen, da dadurch die Stelleneinschätzung durch die Träger noch schwieriger werde. Wenn es weiter möglich sein sollte, städtisch zu fördern, werde als aktuelle Arbeitsüberlegung eine Prognose auf den 30.04.2022 mit über das Jahr gültigen Stellenbesetzungen angestrebt. Dies passe zu den bis 2017 gültigen städtischen Fördereckpunkten, bei denen die Träger die Garantie einer mindestens sechsmonatigen Kündigungsfrist erhalten hätten. Bei einem Schlüssel von 1:100 würden zusätzliche Haushaltsmittel von 985.000 Euro für 2023 benötigt. Gegenüber StRin Dr. Hackl sagt sie zu, Statistiken zum Ausbildungscampus nachzureichen. Auch hier gelte das Subsidiaritätsprinzip. Wenn der Stuttgarter Bildungscampus e.V. mehr Drittmittel erziele, würde sich die städtische Summe der Förderung entsprechend reduzieren. Sie betont, es bestehe nicht der Eindruck, dass sich der Träger "zurücklehne"; stattdessen würden ernsthaft weitere Mittel generiert.
Auf den in der Mitteilungsvorlage enthaltenen Betreuungsschlüssel von 1:120 weist StRin
Bulle-Schmid
hin. Mündlich sei nun mehrfach von einem benötigten Schlüssel von 1:100 gesprochen worden. Dies könne von vornherein in die Vorlage aufgenommen werden, um entsprechende Entscheidungen im Haushalt zu treffen.
Dieser Aussage kann sich StRin
Dr. Hackl
anschließen. Außerdem verweist sie auf die Schätzung von 3.000 zu betreuenden Geflüchteten. Dies würde den Auszug von 2.000 Menschen aus den Gemeinschaftsunterkünften in regulären Wohnraum in den kommenden zwei Jahren bedeuten. Sie erinnert an die Diskussion zur Verbesserung der Situation von Kindern in Gemeinschaftsunterkünften und plädiert dafür, die Stellenzahl für Integrationsmanager*innen aufrechtzuerhalten, um die Vermittlung in Wohnung und Arbeit sicherzustellen und einen langen Aufenthalt in Gemeinschaftsunterkünften zu vermeiden.
BMin
Dr. Sußmann
erklärt, die Mitteilungsvorlage sei mit dem Referat WFB abgestimmt und die mündlichen Ergänzungen heute vorgetragen worden.
Abschließend ergänzt Frau
Vogel
(SozA) zu den Verhandlungen mit dem Land, dass der baden-württembergische Städtetag im Benehmen mit den Stadtkreisen die Gespräche mit der neuen Landesregierung zum Koalitionsvertrag aufgenommen habe. Dieser beinhalte konkret, die erfolgreich etablierte Struktur des Integrationsmanagements weiter zu stärken und zu optimieren. An dieser Aussage knüpften die Landesverbände aktuell an, allerdings ständen derzeit einige Punkte zur Diskussion, insbesondere die befristete Weiterführung des "Paktes für Integration". Die Stadtkreise hätten sich bereits bei der Einführung massiv dafür eingesetzt, dass es sich nicht um eine befristete Aufgabe, sondern eine Regelförderung seitens des Landes handeln solle. Diese Gespräche liefen im Moment und darin flössen auch die Ergebnisse des Rechnungsprüfungshofes über die bisherige Finanzierung des "Paktes für Integration" ein. Die Rückmeldungen des Sozial- und Gesundheitsausschusses würden selbstverständlich in die weiteren Gespräche aufgenommen.
BMin
Dr. Sußmann
stellt fest:
Der Sozial- und Gesundheitsausschuss hat von der GRDrs 198/2021
Kenntnis genommen
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