Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration
Gz:
GRDrs 101/2023
Stuttgart,
02/02/2023


Strategische Sozialplanung - Sachstand 2023 und aktuelle Entwicklungen



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Sozial- und GesundheitsausschussKenntnisnahmeöffentlich06.03.2023

Kurzfassung des Berichts:
Ausführlicher Bericht siehe Anlage 1


Strategischen Sozialplanung - Sachstand

Durch die Beschlüsse des Stuttgarter Gemeinderats im Doppelhaushalt 2022/2023 wurde im Jahr 2022 die neue Abteilung Strategische Sozialplanung beim Referat Soziales und gesellschaftliche Integration aufgebaut. Die Abteilung besteht aus zwei Vollzeitstellen, einer Abteilungsleitung (A15) und einer fachlichen Koordination (A14). Zudem beschloss der Gemeinderat ein auf zwei Jahre befristetes Budget in Höhe von 40.000 EUR/Jahr.

Über die Ausrichtung und die Aufgaben der Strategischen Sozialplanung wurde 2022 im Sozial- und Gesundheitsausschuss berichtet und in diesem Rahmen eine jährliche Berichterstattung vereinbart (vgl. GRDrs 155/2022 Strategische Sozialplanung – Strategien für eine chancengerechte und soziale Stadt).

In dem ersten Jahr der Etablierung der Abteilung Strategische Sozialplanung wurden die Ziele und Arbeitsmethoden geschärft. Die Ziele der Abteilung bestehen darin, gleiche Chancen für die Einwohner*innen der Landeshauptstadt Stuttgart zur Teilhabe an den Strukturen und Institutionen des öffentlichen Lebens zu entwickeln, um damit den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken (vgl. Bertelsmann Stiftung 2022). Neben der Unterstützung von Teilhabe, Inklusion und Partizipation sind die Bekämpfung und Linderung von Armut und Armutsfolgen, von sozialer Ausgrenzung, Einsamkeit und Segregation sowie die Gestaltung kommunaler sozialer Strategien, wie die alters- und generationenfreundliche Stadt, Kernaufgaben der Strategischen Sozialplanung (vgl. GRDrs 155/2022 Strategische Sozialplanung – Strategien für eine chancengerechte und soziale Stadt).

Die referats- und ämterübergreifenden sozialen Herausforderungen sind vor allem durch Komplexität und Interdependenzen, hohe Dynamik oder akute Krisenlagen gekennzeichnet. Diese Bedingungen erfordern die Entwicklung neuer und innovativer Ansätze gemeinsam mit verschiedenen Partner*innen innerhalb und außerhalb der Stadtverwaltung. Ziele sind die Koordination und Kooperation, die Entwicklung gemeinsamer Lösungen und die Vermeidung von Doppelstrukturen. Dazu werden interdisziplinäre und agile Verantwortungsgemeinschaften mit Politik, Verwaltung, Sozialwirtschaft, Selbstvertretungen und Zivilgesellschaft (u.a. Bürgerschaftliches Engagement und Stiftungen) gebildet.

Diese Herangehensweise hat innerhalb eines Jahres zu einem vernetzten und hoch abstimmungsorientierten Handlungsansatz geführt. Der Bedarf an Abstimmung und das Interesse verschiedenster Partner*innen, sich in die Themenstellungen und Abstimmungsgremien der Strategischen Sozialplanung einzubringen, sind sehr hoch, der Bedarf ressortübergreifend soziale Themen in einer gemeinsamen Herangehensweise zu bearbeiten wird bestätigt. Dies wird als positive Resonanz auf die Arbeitsweise der Strategischen Sozialplanung bewertet, die es weiter auszubauen gilt.

Kommunikation, Beteiligung und Netzwerkarbeit erfordern jedoch Strukturen und auch Ressourcen: Eine zuverlässige Ansprechbarkeit, Wissensmanagement sowie der Aufbau und die Pflege von Websites (u.a. www.stuttgart.de/gemeinsam), die Sammlung und Auswertung von Daten, die proaktive Ansprache von externen und internen Partner*innen, die Entwicklung von Beteiligungsformaten, eine umfangreiche Terminkoordination für Gremien und Veranstaltungen, Veranstaltungsmanagement (analog und digital), die Planung und Umsetzung von Öffentlichkeitsarbeit (Aufträge, Lektorat, Publikationen, Online-Medien, Soziale Medien) fordern feste Strukturen und persönliche und wirtschaftliche Ressourcen.

Der Schwerpunkt Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit innerhalb der Abteilung Strategische Sozialplanung sollte gesichert und verstärkt werden, um die soziale Infrastruktur und auch alle Einwohner*innen von Stuttgart, unabhängig vom sozialen Status, bedarfsgerecht zu informieren und einzubeziehen.





Dr. Alexandra Sußmann
Bürgermeisterin





Aktuelle Entwicklungen in den Jahren 2022/2023

Aktuelle Entwicklungen in den Jahren 2022/2023

1. Soziale Kriseninterventionen

Weltweite Krisen führen auch in Stuttgart zu neuen sozialen Herausforderungen, wie die Integration von Geflüchteten aus der Ukraine oder der Umgang mit Inflation und Energiekrise. Die Kriseninterventionen durch die Strategische Sozialplanung sind zeit-, abstimmungs- und kommunikationsintensiv, weil sie akut in dynamische Prozesse eingreifen und in der Regel neue und innovative Lösung einführen und sektorenübergreifend umsetzen.


Aufbau des Zentrums Arrival Ukraine (April / Mai 2022)

Mit dem Kriegsbeginn durch Russland am 24.02.2022 flüchteten viele Ukrainer*innen vor dem Krieg im eigenen Land nach Deutschland. Durch die hohe Zahl ankommender Flüchtender in Stuttgart wurde schnell deutlich, dass die bestehenden Strukturen organisatorisch für das erforderliche vernetzte und agile Handeln nicht ausreichend sind.

Unter der Leitung der Strategischen Sozialplanung wurde das Zentrum „Arrival Ukraine“ aufgebaut, als Ort des Ankommens und der ersten Orientierung. Seit 7. Mai 2022 ermöglicht das Zentrum „Arrival Ukraine“ eine strukturierte und effiziente Aufnahme ukrainischer Geflüchteter in einem neuen Gebäude auf Grundlage einer abgestimmten Zusammenarbeit von Sozialamt, Gesundheitsamt und Amt für öffentliche Ordnung sowie weiteren Partnern wie der Abteilung Integrationspolitik, der Bürgerstiftung und bürgerschaftlichem Engagement. Dazu war innerhalb der Stadtverwaltung eine hohe Vernetzung und intensive Kommunikation notwendig, um das Konzept zu vereinbaren und umzusetzen. Dies umfasste inhaltliche Abstimmungen mit den genannten Ämtern, aber auch operative Arbeiten in Abstimmung mit dem Liegenschaftsamt und der Abteilung Kommunikation (Wegführung, Beschilderung usw.). Die Planungen wurden aufgrund der Krisensituation ebenso in enger Abstimmung mit dem Land (Regierungspräsidium) und dem Bund (Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge) vorgenommen.

Nach Aufgleisen des Prozesses, einführenden Veranstaltungen, Berichten bei der Bertelsmann-Stiftung und anderen bundesweiten Initiativen hat die Strategische Sozialplanung ihre Intervention beendet. Das Zentrum besteht mit fachlichen und örtlichen Anpassungen bis heute und wird für Ankommende aus der Ukraine genutzt.


Unterstützung der Schwäbischen Tafel e.V. u.a. bei der Suche nach neuen Räumlichkeiten (seit September 2022)

Die Schwäbische Tafel Stuttgart e.V. leistet einen wichtigen Beitrag zur Milderung von Armut in der Stadt. Durch die Inflation und den Krieg in der Ukraine steigt die Zahl der Bedürftigen aktuell stetig. Dies stellt eine hohe Belastung für die Bedürftigen aber auch für die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden der Tafel dar, die für die Versorgung auf Lebensmittel-Spenden angewiesen sind. Darüber hinaus muss der Tafelladen in der Hauptstätter Straße in S-Mitte aus dem bestehenden Gebäude mittelfristig weichen, da dieses für den Bau eines städtischen Verwaltungsgebäudes abgerissen wird. Auch für den Standort in S-Bad Cannstatt wurden neue Ladenflächen gesucht, da die bestehenden zu klein waren. Der Gemeinderat hat vielfach auf die schwierige Situation der Tafel hingewiesen (vgl. Anträge der CDU-Gemeinderatsfraktion 158/2022: „Fehlende Lebensmittelspenden in Stuttgarter Tafelläden kompensieren“ und 254/2022: „Die Stuttgarter Tafel benötigt dringend eine Ladenfläche in der Innenstadt“).

Zur Unterstützung der Schwäbischen Tafel e.V. koordiniert die Strategische Sozialplanung seit September 2022 übergreifend die Abstimmungen zwischen den zuständigen Ämtern Jobcenter, Sozialamt, Arbeitsförderung, Liegenschaftsamt und Amt für Stadtplanung, führt Gespräche mit der Tafel und transportiert Ergebnisse. Für den Tafel-Standort in S-Bad Cannstatt wurde mit Unterstützung der Stadtverwaltung ein neues Gebäude (Steinhaldenstraße 167) gefunden. Für den Tafelladen in der Hauptstätter Straße sind aktuell mehrere Optionen in Prüfung, von einer Umsetzung wird aktuell ausgegangen.


Aufbau des Infopoints Sozialleistungen (ab Dezember 2022)

Durch den anhaltenden Angriffskriegs Russland wurde in Deutschland eine Energiekrise und damit verbunden eine hohe wirtschaftliche Inflation ausgelöst. Dies führt u.a. zu höheren Abschlagszahlungen von Energie, wie Strom und Gas und deutlich gestiegenen Verbraucherpreisen in allen Bereichen. Die Bundesregierung hat verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die Einwohner*innen Deutschlands in dieser Krise zu unterstützen. Zwei gesetzliche Änderungen, die hiermit einhergehen, sind der geänderte Anspruch auf das Wohngeld (Sozialamt) und die Einführung des Bürgergeldes (Jobcenters).
Die Einwohner*innen Stuttgarts, die verunsichert, armutsbetroffen oder armutsbedroht sind, sollen durch den Aufbau des Infopoints Sozialleistungen eine geeignete Ansprechstruktur erhalten, die unterstützt und klärt, ob Sozialleistungen zur Verbesserung der individuellen Situation beantragt werden können. Information, Beratung und Hilfe bei der Antragsstellung sollen dazu führen, dass keine zusätzlichen Hürden bei der Beantragung entstehen und Unsicherheiten beseitigt werden. Angestrebt wird damit auch verdeckte Armut aufzudecken und Menschen damit kurzfristig und ggf. auch langfristig zu unterstützen. Die Leitung des Aufbaus des Infopoints obliegt der Strategischen Sozialplanung, die Jobcenter und Sozialamt unterstützt.
Grundlegend für die Strategische Sozialplanung ist bei diesem Angebot die enge und abgestimmte Zusammenarbeit mit den Trägern der Wohlfahrtspflege, mit Stiftungen, Gewerkschaft, Mieterverbund und Peer-Gruppen, um möglichst viele verunsicherte oder armutsbedrohte Menschen zu erreichen und in der aktuellen Krise zu unterstützen (vgl. Antrag 376/2022 der SPD-Gemeinderatsfraktion vom 30.11.2022: Steigende Energiepreise: Niemand soll im Kalten und Dunklen sitzen!).


2. Kommunale Strategie gegen Einsamkeit

Im Sozial- und Gesundheitsausschuss des Stuttgarter Gemeinderates am 21.11.2021 wurde das Thema Einsamkeit diskutiert und der Strategischen Sozialplanung inhaltlich übergeben.

Die Landeshauptstadt Stuttgart ist eine der ersten Städte, die das Thema Einsamkeit in eine kommunale Strategie umgesetzt hat. Diese Strategie und das Vorgehen werden inzwischen bundesweit nachgefragt. Die Unterstützung der Sozialpolitik war für die breite Wirkung der Offensive wichtig.

Um die Fachöffentlichkeit und die Stuttgarter Einwohner*innen zu erreichen und verschiedenen thematischen Ansätzen einen Rahmen zu geben, wurde die Initiative „Gemeinsam – ZusammenHalt finden“ entwickelt.
Häufig wird Einsamkeit als persönliches Versagen erlebt und ist mit Scham besetzt. Niemand offenbart gerne seine Einsamkeit. Deshalb ist eine sensible Haltung des Gegenübers wichtig, sowohl in sozialen oder kulturellen Angeboten als auch in der Nachbarschaft oder persönlichen Beziehungen. Diese Haltung gilt es zu vermitteln. Und dazu ist es wichtig das Thema Einsamkeit zu enttabuisieren: In Stuttgart soll über Einsamkeit gesprochen werden. Dazu dient u.a. eine erkennbare Wort-/Bildmarke der Initiative.

Die Initiative, die in Abstimmung mit einer Planungsgruppe des Referates Soziales und gesellschaftliche Integration und in Kooperation mit der Liga der Wohlfahrtspflege entwickelt wurde, wurde mit einer Podiumsdiskussion im Landesmuseum Baden-Württemberg am 25.07.2022 mit rd. 100 Teilnehmenden eröffnet. Viele der Teilnehmenden waren Multiplikator*innen aus sozialen Einrichtungen, der Zivilgesellschaft und verschiedenen Ämtern der Stadtverwaltung.

Grundlegend wurde mit dem Statistischen Amt ausgewertet (Bürgerumfrage 2021), wie viele Menschen in Stuttgart einsam sind und welche Gruppen hier besonders hervortreten. 20.000 Menschen in Stuttgart können als einsam bezeichnet werden. Besonders betroffen sind Menschen mit Migrationshintergrund, gesundheitlichen Einschränkungen und geringen materiellen Ressourcen. Diese Zielgruppen sind in bestehende Angebote oder neue Angebote gezielter einzubeziehen, dazu finden Gespräche mit verschiedensten Partner*innen statt. Auch in die Stuttgart Umfrage 2023 wird das Thema Einsamkeit aufgenommen.

Um Doppelstrukturen zu vermeiden waren die Analyse, die Aufnahme und die Vernetzung von Angeboten, die sich für einsame Menschen eignen, sehr wichtig. Geeignet sind Angebote, die ein offenes, niedrigschwelliges Teilnehmen und Kennenlernen ermöglichen. Bestehende Angebote wurden angesprochen, sensibilisiert und in die Vernetzung einbezogen. Unter www.stuttgart.de/gemeinsam sind die Angebote für Fachleute, Betroffene und Interessierte abrufbar. Die Pflege und Erweiterung dieses Netzwerkes benötigt Ressourcen, auch da sich immer mehr private Personen melden.

Die Strategische Sozialplanung führt viele Informationsveranstaltungen zum Thema Einsamkeit durch, u.a. im Forum Sport, bei den Stadtteilvernetzer*innen, bei den Bezirksvorsteher*innen, um Multiplikatoren zu gewinnen und das Thema in die Fläche zu tragen. Zudem erfolgten umfangreiche Presseartikel und Fachpublikationen, um das Thema öffentlich präsent zu machen.

Als Meilenstein wurde eine Stuttgarter Konferenz gegen Einsamkeit am 07.11.2022 mit rd. 200 Teilnehmenden veranstaltet, die landes- und bundesweit Beachtung und positive Resonanz fand. Die Impulse werden thematisch auch in einer Landes- bzw. Bundeskonferenz aufgenommen.

Es wurde deutlich, dass die Sensibilisierung, eine bewusste Haltung zu dem Thema Einsamkeit in sozialen und städtischen Angeboten aller Art, die Vernetzung der Angebote, die gegenseitige Weiterverweisung und die Qualifizierung und Anpassung von bestehenden Strukturen grundlegend für das weitere Vorgehen sind. Stuttgart hat ein gutes soziales Angebot, das für das Thema Einsamkeit weiter sensibilisiert und vernetzt werden muss.


Als Ergebnis der Konferenz wird das Thema Einsamkeit über verschiedene Ansätze gemeinsam mit den Ämtern und Abteilungen des Referates Soziales und Gesellschaftliche Integration, anderen Institutionen und verschiedenen Trägern weitergeführt. Aktuelle Ansätze für die Jahre 2024/2025 sind v.a.
· die Information und die Sensibilisierung der Ärzteschaft (Gesundheitsamt),
· die Klärung der Strukturen zur Einbindung von Menschen mit Migrationshintergrund (Integrationspolitik),
· der Aufbau von Kultur-Tandems (Kultur für alle e.V.),
· die Umsetzung einer Koordinationsstelle für Angebote für einsame Menschen im reifen Erwachsenalter (eva stuttgart),
· Fortbildungen für Ehrenamtliche zum Thema Einsamkeit (Free Akademie)
· ein kurzer Informationsfilm in leichter Sprache und Gebärdensprache (im Auftrag des Beirats für Menschen mit Behinderungen der Landeshauptstadt Stuttgart).
Das Thema wird weiterhin von der Strategischen Sozialplanung koordiniert und soll über Vernetzungstreffen und verschiedene Veranstaltungsformate nachhaltig in der Stadtgesellschaft verankert werden.
Dazu gehören z.B. das Online-Format „Auf ein Wort gegen Einsamkeit“ für Fachkräfte und Interessierte, das alle 2 Monate stattfindet und Angebote und Ansätze gegen Einsamkeit vorstellt, oder die Urban Future Conference (21.6. - 23.6.2023 in Stuttgart), die sich u.a. in einem Workshop mit dem Thema Einsamkeit beschäftigen wird.
Einsamkeit wird zudem das Oberthema des Stuttgarter „Filmfests der Generationen“ sein, das unter Federführung des Gesundheitsamts im September 2023 stattfindet.


3. Kommunale Strategie gegen Armut

Die Herausforderungen kommunaler Sozialpolitik nehmen beständig zu. Gesellschaftliche Entwicklungen und Multiproblemlagen wie der demographische Wandel oder Armutsfolgen werden auf der kommunalen Ebene sichtbar. Dazu kommen krisenhafte Entwicklungen, wie die Corona-Pandemie oder die Versorgung und Integration von Geflüchteten, Energiekrise und Inflation. Die bestehenden sozialen Unterstützungssysteme kommen an ihre Grenzen bzw. sind deutlicher denn je auf eine sektorenübergreifende und nachhaltige Zusammenarbeit und eine Koordination angewiesen. Besonders eindrücklich zeigt sich dies am Beispiel der von der Strategischen Sozialplanung initiierten Abstimmungen mit der Liga der Wohlfahrtspflege, Stiftungen und anderen städtischen Ämtern zum Aufbau eines Info-Points Sozialleistungen angesichts von Inflation und Energiekrise.

Wie kann Stuttgart mit einer zunehmenden Armut u.a. durch globale Krisen umgehen, wie können Armutsfolgen gelindert werden? Die gemeinsame und sektorenübergreifende Bearbeitung sozialer Herausforderungen sind Inhalte der 4. Stuttgarter Armutskonferenz 2023, die unter Federführung der Strategischen Sozialplanung mit der Liga der Wohlfahrtspflege geplant und durchgeführt wird.

Der Sozial- und Gesundheitsausschuss hatte in den städtischen Haushaltsplanberatungen 2022/2023 für die Durchführung einer weiteren Armutskonferenz 2023 gestimmt.

Die Stuttgarter Armutskonferenz ist eine Veranstaltung und zugleich ein gemeinsamer Prozess mit der Liga der Wohlfahrtspflege. Diese Kooperation zeigt sich u.a. in der Vorbereitung und Durchführung der Armutskonferenz 2023. Zudem wurden in den Jahren 2022/2023 gemeinsam mit der Liga Armutsthemen in den Sozial- und Gesundheitsausschuss eingebracht (vgl. GRDrs 270/2022 Stuttgarter Armutskonferenz – Handlungsstrategien 2022/2023 Jobcenter Stuttgart: Arbeit und Beschäftigung; GRDrs 895/2023 Stuttgarter Armutskonferenz – Handlungsstrategien 2022/2023 Altersarmut und Gesundheit).

Viele Referate, Abteilungen und Ämter der Stadtverwaltung sowie soziale Anbieter, die Bürgerstiftung und lokale Initiativen und die Zivilgesellschaft bringen ihre Expertise und Ressourcen seit Dezember 2022 in die fachliche Diskussion und die Umsetzung der Armutskonferenz ein. Damit können aktuelle Probleme und Herausforderungen aufgenommen, einer gemeinsamen fachlichen Bearbeitung und der Herausbildung von kommunalen Lösungsansätzen zugeführt werden.

Die Armutskonferenz wird am 9. Mai 2023 mit sechs fachlichen Foren dezentral in sozialen Angebote beginnen. Die Beteiligung von Betroffenen ist ein grundlegendes Prinzip und wird mit unterschiedlichen Methoden durchgeführt. Die Ergebnisse werden in die zentrale Konferenz im Rathaus eingebracht und mit Politik, Wissenschaft und Fachöffentlichkeit diskutiert.

Im Nachgang zur Konferenz wird eine Gemeinderatsdrucksache erstellt, die Lösungsvorschläge und Hinweise zu bestehenden Haushaltsanträgen enthält und in die gemeinderätlichen Gremien eingebracht wird. Zudem soll eine Stuttgarter Resolution zur Armutskonferenz erarbeitet werden, die v.a. Punkte der Landes- und Bundesebene enthält. Ein weiterer Punkt sind nachhaltige Strukturen gegen Armut in Stuttgart, die aus dieser Konferenz entstehen sollen.


4. Kommunale Strategie für eine alters- und generationengerechte Stadt

Die demografische Entwicklung, v.a. die Zunahme alter und hochaltriger Menschen, stellt die Stadt Stuttgart vor immense Herausforderungen. Im Jahr 2021 waren bereits 24% der Stuttgarter Einwohner*innen über 60 Jahre alt (vgl. LHS, Statistisches Amt).

Notwendig sind Strukturen in der Stadtgesellschaft, die das selbständige Altwerden in Stuttgart unterstützen und die Ressourcen der Älteren für die Stadtgesellschaft erschließen (u.a. ökonomische Ressourcen, Bürgerbeteiligung, Bürgerengagement, familiäres Engagement).

Der Gemeinderat hat die Strategische Sozialplanung mit Beschluss vom 21.2.2022 beauftragt, dem globalen Netzwerk der Weltgesundheitsorganisation (WHO) „Age-friendly Cities and Communities“ beizutreten (GRDrs 42/2022). Dieses im Jahr 2010 gegründete Netzwerk umfasst knapp 1.500 Städte und Gemeinden aus derzeit 51 Ländern (vgl. WHO-Website, Dez. 2022). Das WHO-Netzwerk unterstützt Kommunen weltweit dabei, Antworten auf den demografischen Wandel zu finden. Altern wird verstanden als lebenslanger und aktiver Prozess, dessen Gelingen von der Schaffung alters- und damit auch generationenfreundlicher kommunaler Strukturen abhängig ist. Ältere Menschen werden als Ressource für ihre Familien, die Wirtschaft und Kommunen gesehen, wenn sie selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.

Die Strategische Sozialplanung hat im August 2022 den formalen Beitrittsantrag bei der WHO eingereicht, im September 2022 wurde die Stadt Stuttgart in das Netzwerk aufgenommen.

Seit dem Beitritt hat sich die Strategische Sozialplanung ein Bild von den Angeboten für Ältere in der Stadt, von der bestehenden Pflege-Infrastruktur, den Beratungsdiensten und Begegnungsmöglichkeiten gemacht. Vorgespräche fanden z.B. mit dem Stadtseniorenrat, dem Forum Altenhilfe, der Wohnbaugenossenschaft „Neues Heim“ und Trägern der Wohlfahrtspflege sowie verschiedenen städtischen Ämtern statt.
In einem stadtverwaltungsinternen kollegialen Hearing zum Thema „Age-friendly City“ mit verschiedenen Planungsbereichen der Stadtverwaltung im Dezember 2022 haben alle Beteiligten ihre Mitwirkung an einer Strategie zur Entwicklung einer alters- und generationengerechten Stadt erklärt. Ein vernetztes und handlungsfeldübergreifendes Vorgehen wurde gemeinsam befürwortet. Als Orientierungsrahmen dienen acht von der WHO definierte Bereiche, in denen alter(n)sfreundliche Maßnahmen zu gestalten sind: Mobilität, Teilhabe, Wohnen, Digitalisierung, Beteiligung und Beschäftigung, Stadtplanung, Nichtdiskriminierung, Digitalisierung und Kommunale Gesundheitsleistungen.
Gemeinsam mit dem Gesundheitsamt und unter Beteiligung verschiedener Partner und Ämter wird gerade eine langfristige Datenerhebung geplant.

Die Strategische Sozialplanung wird ab dem 2. Halbjahr 2023 die prozesshafte Entwicklung von alters- und generationengerechten Handlungsansätzen für Stuttgart aufnehmen und zugleich die bestehenden Ansätze in der Stadt einbeziehen und vernetzen. Erste Bausteine eines agilen Stadtentwicklungsprozesses sind der Einbezug der Politik und vieler Partner*innen der Stadtgesellschaft, die Erhebung und Nutzung neuer Daten, die Gestaltung von „Stadtlaboren“ zu verschiedenen Themen und die Initiierung von Beteiligungsformaten. Im ersten Quartal 2023 wird dem Sozial- und Gesundheitsausschuss ein Entwurf der Vorgehensweise vorgestellt.

Ein früherer Beginn dieses Prozesses ist aufgrund der begrenzten Ressourcen der Abteilung und einer fehlenden Unterstützungsstruktur nicht möglich.


5. Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen

Die Strategische Sozialplanung arbeitet für die Ämter und Abteilungen des Referats Soziales und gesellschaftliche Integration in der Projektlenkungsgruppe „Steuerung der Verankerung der UN Agenda 2030 in der Landeshauptstadt Stuttgart“ der Abteilung Außenbeziehungen des Referates Verwaltungskoordination, Kommunikation und Internationales mit. Damit erfolgt eine abstimmte und koordinierte Vorgehensweise, aus der zwei weitere Ansätze entstanden sind:

Die Steuerung des städtischen Haushalts durch die Nachhaltigkeitsziele (SDG) ist ein Ziel des Gemeinderats. Drei Ämter des Referats Soziales und gesellschaftliche Integration sind Modelle für die Einbindung der SDG-Indikatoren in die Strukturen des städtischen Haushalts. Die Strategische Sozialplanung ist Teil der übergreifenden Projektlenkungsgruppe der Abteilung Außenbeziehungen und der Kämmerei des Referates WFB.

Aus der Zusammenarbeit wurde ein weiterer Ansatz entwickelt, die Verbindung des Themas Armut mit den Indikatoren des SDG-Berichts für die Landeshauptstadt Stuttgart und kleinräumigen Sozialdaten. In der 4. Stuttgarter Armutskonferenz 2023 wird erstmalig ein stadtweiter Bericht dazu erfolgen, der über das Statistische Amt auch die kleinräumige Struktur von Armut aufzeigt.


Fazit

Über die Darstellung der wichtigsten Schwerpunkte der Abteilung Strategische Sozialplanung sollen die Ziele und die kooperativen Methoden der Strategischen Sozialplanung deutlich werden.

Alle diese gesellschaftlichen Herausforderungen, dynamisch, dauerhaft oder akut, lassen sich nur in der Kooperation mit stadtinternen und externen Partner*innen der Stadtgesellschaft lösen. Der Dank gilt der Sozialpolitik und allen Partner*innen, die Ressourcen und Expertise einbringen, um gesellschaftliche Fragestellungen gemeinsam ressortübergreifend anzugehen. Zukünftig gilt es auch verstärkt zivilgesellschaftliche Initiativen einzubeziehen. Beteiligung und Kollaboration sind grundlegende Methoden der Strategischen Sozialplanung, um eine chancengerechte und soziale Stadt zu unterstützen. Dies führt zu einem hohen Abstimmungsbedarf und vielfältigen Aufgaben der Öffentlichkeits- und Netzwerkarbeit; hierzu gilt es Strukturen und Ressourcen zu stärken, um möglichst viele Stuttgarter und Stuttgarterinnen zu erreichen.




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