Protokoll: Sozial- und Gesundheitsausschuss des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 23.04.2018
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Wölfle
Berichterstattung:Herr Peeß und Herr Schumacher (beide Jobcenter)
Protokollführung: Herr Krasovskij
Betreff: Qualitätsarbeit im Jobcenter
- mündlicher Bericht -

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.


Herr Schumacher (Jobcenter) informiert die Ratsmitglieder analog der Präsentation ausführlich zum Thema "Qualitätsarbeit im Jobcenter" und der vollzogenen Zertifizierung des Jobcenters im vergangenen Jahr 2017.

Er betont, Qualitätsarbeit werde im Jobcenter betrieben, weil man sich als eine lernende, innovative und sich kontinuierlich weiterentwickelnde Organisation verstehe. Dabei sei Qualitätsarbeit auch schon vor der Zertifizierung betrieben worden, sodass zum Teil auf vorhandenen Strukturen aufgebaut werden konnte. Die Zertifizierung betrachte man einerseits als Bestätigung der eigenen Arbeit, sowie andererseits als Verpflichtung zur kontinuierlichen Umsetzung der Qualitätsarbeit in der Zukunft.

Im Folgenden überreicht Herr Höft (Deutsche Gesellschaft zur Zertifizierung von
Managementsystemen Bildung und IT - DQS BIT GmbH) der Amtsleitung des Jobcenters Stuttgart die Urkunde bezüglich der Zertifizierung der Qualitätsarbeit im Jobcenter. Herr
Peeß (Jobcenter) zeigt sich erfreut und bedankt sich im Namen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jobcenters. Er erklärt, dass die Zertifizierung für das Jobcenter ein wichtiges Anliegen gewesen sei.

Im Namen seiner Fraktion gratuliert StR Fuhrmann (CDU) den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Stuttgarter Jobcenters zur erfolgreichen Qualifizierung und der Würdigung ihrer Arbeit. Den Glückwünschen schließen sich im weiteren Verlauf der Aussprache auch StRin Münch (90/GRÜNE), StR Lutz (SPD), StR Adler (SÖS-LINKE-PluS),
StRin
Bodenhöfer-Frey (FW) und StRin Yüksel (FDP) an.

StR Fuhrmann spricht eine Fachtagung zum Thema Qualitätsarbeit an, die im November 2017 stattfand. Es sei positiv, dass Vertreter des Stuttgarter Jobcenters daran teilgenommen, und Erkenntnisse für die eigene Arbeit mitgenommen hätten. Im Rahmen der Fachtagung seien für die Qualitätsarbeit zentrale Aspekte benannt worden, wie eine transparente Kommunikation mit Mitarbeitern und Kunden, eine gute Fehlerkultur, Vertrauensbildung, oder die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit. Viele dieser Punkte würden auch im Stuttgarter Jobcenter bereits umgesetzt, was die Präsentation deutlich mache. Dennoch, so der Stadtrat weiter, seien einige Städte und Landkreise bei ihrer Qualitätsarbeit noch weiter und hätten beispielsweise auch solche Themen wie Digitalisierung, Apps, Selbstbewertungstools oder Videoberatung für junge Leute in den Blick genommen. Dies würde er sich auch für das Stuttgarter Jobcenter wünschen, so StR Fuhrmann. Ähnlich äußert sich auch StRin Yüksel.

Dazu meint Herr Peeß, Themen wie Digitalisierung oder der Einsatz neuer Medien würden in Zukunft, um den jungen Kundinnen und Kunden gerechter zu werden, sicherlich eine immer größere Rolle spielen. Er werde im Mai dieses Jahres zum Tag der Jobcenter, bei dem Digitalisierung in den Jobcentern als Hauptthema vorgesehen sei, nach Berlin reisen. Die vielfältigen Möglichkeiten der Digitalisierung für die tägliche Arbeit würden unter Fachleuten gerade breit diskutiert. Wenn digitale Kommunikationsinstrumente im Stuttgarter Jobcenter eingeführt würden, werde die Implementierung nach den Regeln der Qualitätsarbeit erfolgen, so Herr Peeß.

Zu einer weiteren Frage von StR Fuhrmann führt Herr Peeß aus, derzeit gehe es im Jobcenter nicht darum, durch die Prozessverbesserungen als Folge der Qualitätsarbeit Personal oder Kosten einzusparen.

Ferner erkundigt sich StR Fuhrmann, wie man überprüfen wolle, ob sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an die vereinbarte respektvolle und freundliche Kommunikationskultur auch wirklich halten, und ob hier ggf. auch Sanktionen in Erwägung gezogen werden könnten. Als Rechtsanwalt könne er berichten, dass einige seiner Mandanten, als Kundinnen und Kunden von Jobcentern bereits schlechte Erfahrungen im Umgang mit Sachbearbeitern gemacht hätten. Dies bestätigt auch StRin Yüksel.

Im Folgenden schließt sich auch StRin Bodenhöfer-Frey der Frage von StR Fuhrmann bezüglich der Qualitätskontrolle an und möchte ferner wissen, wie man sicherstellen wolle, dass die Qualität der Leistungen in allen Zweigstellen des Jobcenters gleich sei.

Zu den Themen Qualitätskontrolle und Umgang mit den Arbeitssuchenden führt Herr Peeß aus, im Rahmen der täglichen Arbeit mit den Kundinnen und Kunden im Jobcenter ließen sich konfliktbehaftete Situation leider nicht immer vermeiden. Das im Sozialgesetzbuch II festgeschriebene Spannungsverhältnis zwischen Fördern und Fordern könne zu Konflikten und Beschwerden führen. Grundsätzlich habe man sich im Jobcenter einer wertschätzenden und verbindlichen Kommunikationskultur verpflichtet. Die Würde der einzelnen Kundinnen und Kunden stehe im Mittelpunkt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien angehalten, den sich in einer schwierigen Situation befindlichen Arbeitssuchenden gegenüber möglichst verantwortungsbewusst, respektvoll, freundlich, offen und verlässlich zu verhalten. Dazu gehöre auch, dass Informationen und Entscheidungen angemessen und verlässlich vermittelt und transparent begründet würden. Eingliederungsstrategien würden gemeinsam mit den Arbeitssuchenden entwickelt. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jobcenters seien Schulungen zu den Themen "Richtige Gesprächsführung" oder "Umgang mit kritischen Situationen" veranstaltet worden, erklärt Herr Peeß gegenüber StR Ehrlich (SPD). Durch diese Art der Kommunikation habe man im Stuttgarter Jobcenter von allen Jobcentern bundesweit eine der niedrigsten Widerspruchsquoten erreichen können. Zudem gebe es auch eine der niedrigsten Sanktionsquoten aller Jobcenter.

Die Qualitätskontrolle finde im Jobcenter durch die intensive Partizipation und Einbindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und das regelmäßige Hinterfragen der eigenen Arbeit statt. In Bezug auf die Zweigstellen erklärt der Leiter des Jobcenters, hier hätten die Zweigstellenleitungen die Aufgabe, die Einhaltung der gemeinsamen Standards zu überwachen.

Im Folgenden wird die Zirkelarbeit von Herrn Peeß als ein besonders wichtiges Instrument beschrieben. Bestehende und neue Prozesse würden in den verschiedenen Zirkeln fortlaufend reflektiert. Daneben gebe es zur Qualitätskontrolle auch das im Rahmen der Zertifizierung vorgeschriebene Instrument der Managementbewertung. Dabei werde mindestens zweimal im Jahr überprüft, ob die Abläufe und Ergebnisse der Prozesse zufriedenstellend seien, bzw. ob es Bedarf für Nachsteuerungen gebe. Zudem würden regelmäßige Kundenbefragungen (bis zu viermal im Jahr) stattfinden. Aus der Analyse der Bewertungen gewinne man ebenfalls Erkenntnisse. Herr Peeß erklärt, dass die Arbeit des Stuttgarter Jobcenters bei den Kundenbefragungen im Durchschnitt mit der Note 2,3 bewertet worden sei.

In ihrem Wortbeitrag äußert sich StRin Münch positiv zur Einführung des Qualitätsmanagementsystems im Jobcenter. Dabei begrüße sie, dass der Schwerpunkt auf ein verfahrensorientiertes System gelegt worden ist, bei dem nicht nur das endgültige Ergebnis, sondern auch die zielführenden Prozesse und deren Ausgestaltung besonders wichtig seien. Dadurch ergebe sich die Möglichkeit der Qualitätskontrolle und Steuerung bereits im Prozess.

Als besonders positiv empfinde sie die ausführliche Zirkelarbeit im Jobcenter. Die offene Aussprache in den Zirkeln stärke die Partizipation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Feedbackkultur und ermögliche, dass Rückmeldungen über alle Hierarchie-
Ebenen hinweg - also auch von unten nach oben - abgegeben werden könnten.


Die Stadträtin äußert abschließend die Hoffnung, dass die konsequente Durchführung der Qualitätsarbeit langfristig nicht nur zu einer Verbesserung der Abläufe im Jobcenter, sondern auch zu einer noch höheren Kundenorientierung und einer besseren Leistung für die Arbeitssuchenden führen werde.

StR Lutz erklärt, es sei wichtig, dass die Inhalte der Qualitätsarbeit nach der Zertifizierung von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Jobcenters wirklich gelebt würden. Es falle ihm noch etwas schwer, sich die theoretischen Zielsetzungen in der praktischen Umsetzung vorzustellen, so der Stadtrat. Er hätte sich mehr praktische Beispiele auch in Bezug auf den höheren Nutzen für die Kundinnen und Kunden gewünscht. Diese Ansicht teilt auch StR Adler. Er erklärt, dass Zielsetzungen und Absichten noch nicht viel über tatsächliche Ergebnisse aussagen würden. Es sei vor allem auch wichtig, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jobcenters neben ihrer eigentlichen Arbeit zeitliche Kapazitäten für echte Partizipation in den Prozessen hätten.

Gegenüber StR Adler, der in diesem Zusammenhang auch die konsequente Beteiligung des Personalrates eingefordert hatte, erklärt Herr Peeß, der Personalrat werde im Rahmen der Qualitätsarbeit vollumfänglich eingebunden und sei nahezu an jedem Zirkel beteiligt. Im selben Kontext regt StR Lutz an, dass Vertreter des Personalrates bei der nächsten Beratung zum Thema Qualitätsarbeit im Jobcenter ebenfalls in den Ausschuss eingeladen werden sollten.

Ferner spricht StR Lutz die im Rahmen der Haushaltsplanberatungen für das Jobcenter beschlossenen zusätzlichen Personalstellen an. Die zeitnahe Besetzung dieser Stellen, die Einarbeitung der neuen Kolleginnen und Kollegen sowie die Klärung der Raumfrage in dem Zusammenhang betrachte er ebenfalls als eine Aufgabe der Qualitätsarbeit.

Im weiteren Verlauf der Aussprache plädiert StRin Yüksel für eine Verbesserung der telefonischen Erreichbarkeit des Jobcenters. Dies erfordere zusätzliche Mitarbeiter, antwortet Herr Peeß. Ferner fordert StRin Yüksel eine engere Zusammenarbeit des Jobcenters mit Anwälten, die Kundinnen und Kunden des Jobcenters beispielsweise in Unterhaltsfragen vertreten. Auch eine bessere Kooperation mit anderen Behörden, wie der Unterhaltsvorschusskasse, sei notwendig.

StRin Bodenhöfer-Frey und StR Dr. Fiechtner (BZS23) erkundigen sich nach den einmaligen und laufenden Kosten der Zertifizierung. Herr Schumacher erklärt, man werde dies nachliefern.

Anschließend wird das Bestreben des Jobcenters, seinen Kundinnen und Kunden bestmögliche Qualität anzubieten, von StR Dr. Fiechtner grundsätzlich begrüßt. Dennoch sei er der Meinung, so der Stadtrat, dass eine wirkliche Optimierung der betrieblichen Prozesse, der Rahmenbedingungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch der Leistung für die Kundinnen und Kunden, nur bei einer echten Konkurrenzsituation stattfinden könne, wenn andere Anbieter Wettbewerber auf Augenhöhe wären und ebenfalls versuchen würden, Arbeitssuchende in Beschäftigung zu vermitteln. Doch das Jobcenter habe ein Monopol auf dem Markt. Deshalb bezweifelt StR Dr. Fiechtner, dass es gelingen werde, die Qualität nachhaltig zu verbessern. Er spricht sich für eine Aufhebung der behördlichen Struktur des Jobcenters aus.

Ferner möchte der Stadtrat wissen, wie hoch die Fluktuation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Stuttgarter Jobcenter sei.

Abschließend bezeichnet BM Wölfle die Zertifizierung als wichtigen und notwendigen Prozess, der viele Möglichkeiten hinsichtlich einer Optimierung der Arbeitsabläufe, einer besseren Partizipation und der allgemeinen Steigerung der Qualität eröffne. Die Wichtigkeit der Qualitätsarbeit und der Zertifizierung für das Jobcenter wird ergänzend auch noch einmal von Herrn Peeß betont.



Danach schließt BM Wölfle diesen Tagesordnungspunkt ab und stellt fest:

Der Sozial- und Gesundheitsausschuss hat vom Bericht Kenntnis genommen.

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