Protokoll: Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 13.07.2021
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Pätzold
Berichterstattung:Herr Hemmerich (ASW)
Protokollführung: Frau Klemm
Betreff: Vorplanung eines Radschnellwegs an der Jahnstraße, Stuttgart-Degerloch
- mündlicher Bericht -

Vorgang: Ausschuss für Stadtentwicklung u. Technik v. 06.07.2021, öffentlich, Nr. 211
Ergebnis: Vertagung

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.


Zunächst erläutert Herr Hemmerich, anknüpfend an die Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Technik (STA) vom 06.07.2021 (NNr. 211), der Wunsch nach Prüfung von StR Ozasek (Die FrAKTION LINKE SÖS Piraten Tierschutzpartei), ob und wie sich nachträglich die Umwidmung einer Fahrspur stadteinwärts in eine Radverkehrsanlage umsetzen lasse, sei geprüft worden. In einer langfristigen Perspektive bzw. als zweite Ausbaustufe, so das Ergebnis, könne man diese Umwandlung vornehmen und gleichzeitig stadtauswärts Fuß- und Radverkehr trennen, sollten sich die Verkehrsmengen mittelfristig tatsächlich verändern (Folie 24). Den baulichen Aufwand hierfür bezeichnet er als verhältnismäßig. Teilweise ließe sich mit dieser Lösung der volle Radschnellwegestandard stadtauswärts, mindestens aber der reduzierte Standard erreichen. Stadteinwärts betrüge die Breite des Radfahrstreifens 3 m. Zum aktuellen Zeitpunkt empfehle die Verwaltung dies jedoch nicht und wolle die Variante mit einem Fahrstreifen stadtauswärts und zwei Fahrstreifen stadteinwärts weiter ausarbeiten. Danach schildert er das weitere Prozedere: In einem nächsten Schritt werde die Beschlussvorlage erarbeitet, mit der man im November nach den Herbstferien in die Gremien gehen und die Bezirke beteiligen wolle. Er schlage außerdem eine zusätzliche, vorgeschaltete digitale Informationsveranstaltung direkt nach den Sommerferien für alle vier Bezirke (Stuttgart-Süd, -Ost, -Degerloch, -Sillenbuch) vor, um die Erkenntnisse aus diesen Stadtteilen in die Vorlage einfließen lassen zu können.

Ihren Dank und Zustimmung für den weitergehenden Vorschlag und die Videokonferenz mit den Bezirken bekundet StRin Dr. Lehmann (90/GRÜNE). Nach ihrem Verständnis könne nunmehr der Zweirichtungsradweg auf der stadteinwärts führenden Seite gemäß dem Zeitplan angegangen werden und zugleich die Option, auf der gegenüberliegenden Straßenseite ebenfalls einen Radweg einzurichten, mitgeplant werden. Sie wolle darauf hinweisen, dass es beidseits Radwege in zwei Richtungen geben müsse, um "Geisterradler*innen" zu vermeiden.

StR Dr. Vetter (CDU) bedankt sich für die Ausführungen, vermisst jedoch eine weitere Beantwortung der Verwaltung zu seiner bereits in der letzten Ausschusssitzung geäußerten Fragestellung, den vorhandenen Gehweg weiter auszubauen - evtl. unter Verzicht auf den "Wildwuchs"-Grünstreifen - und dort einen eigenständigen Rad- und Gehweg zu schaffen. Die heute vorgestellte Vorgehensweise werde seine Fraktion so nicht mitttragen. Er bitte um Einbeziehung seiner Anregung und ihrer Rahmenbedingungen, auch in die Beratungen in den Bezirksbeiräten, und wirbt um die Zustimmung des Rats.

Dieser Vorgehensweise schließen sich sowohl StR Serwani (FDP) als auch StR Schrade (FW) an, wohingegen StRin Dr. Lehmann sich gegen eine Einbindung der von StR Dr. Vetter vorgeschlagenen Lösung ausspricht. Abschließend appelliert StR Dr. Vetter an die Kompromissfähigkeit des Rates und verweist auf den Mobilitätsfrieden. StRin Dr. Lehmann entgegnet, die Stadt und nicht die Verkehrsteilnehmer*innen benötige einen Mobilitätsfrieden und weniger Autoverkehr. Eine gute Radinfrastruktur mit mehr Radfahrenden entlaste die Straßen und ermögliche in der Folge auch denjenigen, die auf das Auto angewiesen seien, zügigeres Vorankommen. Sie könne der Prüfung von Neben- und Waldstrecken für eine Radschnellverbindung schon allein mit Blick auf soziale Sicherheit nicht zustimmen. Sie wolle die von StR Dr. Vetter vorgeschlagene zusätzliche Alternative gesondert abstimmen und nicht im Kontext der Beschlussvorlage. StR Dr. Vetter berichtigt, er habe nie von einem Ausbau der Strecke durch den Wald für den Radverkehr gesprochen, sondern vom Grünstreifen entlang der Jahnstraße, den man auch als Radschnellweg ausbauen und somit vom Fußverkehr trennen könne, was laut ERA 2010 nur bei zu erwartendem, regelmäßigem hohem Fußgängeraufkommen nötig wäre (Folie 6, letzter Abschnitt). Mitnichten sei seine Fraktion gegen eine Planung der Verwaltung, durch die den Radfahrenden zukünftig die Nutzung dieser Wegeverbindung leichter gemacht werde.

Auf die ebenfalls bereits in der letzten Ausschusssitzung am 06.07.2021 und in der heutigen Sitzung erneut geäußerte Bitte von StR Dr. Vetter, zur Abwägung der Verhältnismäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Maßnahme die Kosten darzulegen, antwortet Herr Hemmerich, die Kostendarstellung werde im Rahmen der Beschlussvorlage erfolgen.

StR Ozasek betont, man hätte sich gleich eine große Lösung gewünscht, verstehe aber die Sorge um einen Zeitverzug bei einer umfangreichen Änderung der Vorplanung. Langfristig wolle man den Stadtbezirk Stuttgart-Ost jedoch vom Kfz-Verkehr entlasten, was mit der Wegnahme einer Fahrspur stadteinwärts hier seiner Ansicht nach durchaus realisierbar wäre. Er verweist auf entsprechende Zielbeschlüsse - u. a. deutlich weniger einfließender Autoverkehr in die Stadt. Zur nun vorgestellten stufenweisen Realisierung signalisiert er für seine Fraktion Zustimmung. Wichtig sei, sich in der weiteren Planung diese Option nicht nur offenzuhalten, sondern auch auf sich verändernde Verkehrsmengen entsprechend flexibel zu reagieren. Perspektivisch sehe er in der Abtrennung des Gehwegs stadtauswärts den richtigen Schritt hin zu einem mit angemessener Geschwindigkeit fließenden Radverkehr auf dieser überörtlichen Korridorverbindung zu den Filder-Bereichen.

Diese erste Planungsstufe mit der Option eines Ausbaus sei ein sehr wichtiger Schritt für die Schaffung einer Radinfrastruktur in diesem Bereich der Stadt, lobt StRin Schanbacher (SPD) mit Dank die Vorgehensweise der Verwaltung, sowohl die Einbeziehung der Sachkundigen Einwohner*innen (SKE) als auch die rechtzeitige Einbringung der Planung in die Bezirke. Aus ihrer Sicht bestehe kein Zweifel an der Sachlage, dass einer der beiden stadtauswärts führenden Kfz-Fahrstreifen obsolet sei und somit eine Umverteilung des Gesamtverkehrs erfolgen müsse, betont sie vor allem gegenüber StR Dr. Vetter und wirbt für eine gemeinsame Haltung des Ausschusses zum Verkehrskonsens und eine zügige Entscheidungsfindung, um letztlich die gewünschte Verkehrswende realisieren zu können.

StR Schrade erinnert an die Aussage von Herrn Hemmerich in der Ausschusssitzung des STA vom 06.07.2021, bei der zur Debatte stehenden Strecke handele es sich um eine hochbelastete Hauptverkehrsstraße. Aus seiner Sicht sei eine Prüfung der Erhaltung aller 4 bestehenden Kfz-Fahrstreifen deshalb durchaus lohnenswert.

Der Begriff "Mobilitätsfrieden" impliziere einen Krieg, den es nicht gebe, konstatiert StR Goller (AfD). Vielmehr sollte seiner Meinung nach den Bedürfnissen aller Verkehrsteilnehmer entsprochen werden. Autofahrer seien auch manchmal mit dem Fahrrad unterwegs und umgekehrt, und der Ausbau einer Infrastruktur könne nicht dem Rückbau einer anderen gleichgestellt werden. Des Weiteren bemängelt er die immer gleichen Diskussionen im Ausschuss, sobald es um den Radverkehr gehe. Er wünsche sich, den durch die vorliegende Planung ohnehin wegfallenden Kfz-Streifen stadtauswärts künftig in einen Radstreifen umzuwidmen - unübersehbar seien die Vorteile: Maximale Radschnellweg-Breite, schnellstmögliche Umsetzung, genügend Raum für den Fußverkehr sowie Ausweichmöglichkeiten für Pannen- oder Einsatzfahrzeuge. Wolle man eine tatsächliche Verbesserung der Radinfrastruktur ohne höhere Kosten, könne man seiner Ansicht nach keine andere Lösung ins Auge fassen, ergänzt er, an StRin Schanbacher gerichtet. Herr Hemmerich stellt klar, außerorts sei eine bauliche Trennung vorgeschrieben, d. h. Radweg oder gemeinsamer Rad- und Gehweg seien die möglichen anzuwendenden Führungsformen.

Herr Hemmerich sagt zu, die heute geäußerten, zusätzlichen Vorschläge von StR Dr. Vetter und StR Goller in der Beschlussvorlage darzustellen und in den Bezirken aufrufen, weist jedoch gleichzeitig darauf hin, dass die Verwaltung diesen wegen eines deutlich höheren Aufwands durch z. B. ein Planrechtsverfahren nicht folgen könne und man zudem der Auffassung sei, dass der von ihr vorgestellte, asymmetrische Querschnitt tragfähig sei.

Der Vorsitzende bestätigt, in die Beschlussvorlage werden die während der heutigen und der Aussprache am 06.07.2021 eingebrachten, weiteren Variantenvorschläge eingearbeitet. Er lässt zunächst über einen Geschäftsordnungsantrag von StR Körner (SPD) abstimmen, die Aussprache nach § 26 (2) b. Geschäftsordnungsanträge der Geschäftsordnung des Gemeinderats der Stadt Stuttgart (GOG) zu beenden.

BM Pätzold stellt fest:

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik stimmt dem Geschäftsordnungsantrag mehrheitlich bei 1 Gegenstimme zu.

Danach stellt der Vorsitzende die Empfehlung der Verwaltung zum weiteren Vorgehen zur Abstimmung:

- Weitere Ausarbeitung des Verwaltungsvorschlags zu einem straßenbegleitenden gemeinsamen Geh- und Radweg (durchgängig min. 4,00 breit) entlang der Jahnstraße mit begleitender Baumreihe

- Einhaltung der reduzierten Qualitätsstandards für Radschnellverbindungen in Baden-Württemberg

- Die Planung bleibt innerhalb der bestehenden Straßenverkehrsflächen und soll verfahrensfrei umgesetzt werden.

- Dazu wird ein Kfz-Fahrstreifen stadtauswärts zurückgebaut, stadteinwärts bleibt die Zweistreifigkeit mittelfristig erhalten. Eine Erweiterung des Querschnitts auf Grundlage der Variante SKE2 wäre als weitere Ausbaustufe denkbar.

- Einbringung einer Beschlussvorlage für den Abschnitt zwischen Gänsheidestraße und Ruhbank sowie der Anschlussprojekte im 2. Halbjahr 2021, um die Umsetzung ab dem DHH 2022/23 im Zusammenhang mit der Sanierung der Jahnstraße zu ermöglichen.

BM Pätzold stellt fest:

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik stimmt der Empfehlung der Verwaltung zum weiteren Vorgehen mehrheitlich bei 1 Gegenstimme zu.
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