Protokoll:
Sozial- und Gesundheitsausschuss
des Gemeinderats der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
165
2
Verhandlung
Drucksache:
GZ:
Sitzungstermin:
11.12.2017
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
BM Wölfle
Berichterstattung:
Frau Faust-Mackensen und Frau Schmidt-Goretzky,
Herr Dr. Dr. Tropp (alle GesundhA)
Protokollführung:
Herr Krasovskij
pö
Betreff:
"Mein Plan Stuttgart"
- mündlicher Bericht -
Vorgang: Sozial- und Gesundheitsausschuss vom 27.11.2017, öffentlich, Nr. 160
Ergebnis: Vertagung
Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei ist sie in Papierform angehängt.
Frau
Faust-Mackensen
und Frau
Schmidt-Goretzky
(beide GesundhA) stellen das Projekt "Mein Plan Stuttgart" des städtischen Gesundheitsamtes und dessen Zielsetzungen analog der Präsentation vor.
Ergänzend erläutern sie, dass der vorgestellte Medikationsplan ursprünglich vom Heidelberger Uni-Klinikum gemeinsam mit dem dortigen Gesundheitsamt entwickelt worden sei und in Heidelberg bereits seit drei Jahren erfolgreich eingesetzt werde. Durch das Projekt "Mein Plan Stuttgart" wolle man den bundeseinheitlichen Medikationsplan, auf den Patientinnen und Patienten seit dem 01.10.2016 bei Einnahme von mehr als drei Arzneimitteln Anspruch haben, nicht ersetzen, sondern ergänzen, so die Berichterstatterinnen.
BM
Wölfle
äußert sich positiv zum vorgestellten Projekt. Ein Medikationsplan schaffe bei den Patientinnen und Patienten Bewusstsein für die tatsächlich eingenommenen Medikamente, sensibilisiere für die Gefahren einer Medikamentensucht und ermögliche Ärzten, Apothekern, Pflegediensten, aber auch Angehörigen einen besseren Überblick über die gesamte Arzneimitteltherapie, indem Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen der Medikamente deutlicher würden, so der Vorsitzende. Er betont, dass für das Vorhaben "Mein Plan Stuttgart" erfreulicherweise viele Kooperationspartner gewonnen werden konnten.
Es sei positiv, dass die Stadt zu einem größeren Bewusstsein für die Problematiken der Medikamentensucht und der unerwünschten Wechselwirkungen von Arzneimitteln, und zu einer Verbesserung des Therapiererfolgs durch mehr Transparenz beitragen wolle, meint StRin
Bulle-Schmid
(CDU). In diesem Bereich müsse etwas unternommen werden, da sich viele Menschen aus verschiedenen Gründen nicht ausreichend mit den eingenommenen Medikamenten auseinandersetzten. Dennoch habe sie Bedenken, ob das Projekt so wie angedacht tatsächlich funktionieren könne. Gerade bei älteren, alleinlebenden Menschen sehe sie die Gefahr, dass der Medikationsplan aus Vergesslichkeit nicht regelmäßig geführt, bzw. in der Wohnung verlegt und nicht wiedergefunden werde, oder nicht konsequent zu den Ärzten oder Apothekern mitgenommen werde, so die Stadträtin. Eine Herausforderung werde sicherlich sein, möglichst viele Menschen anzusprechen und dafür zu gewinnen, einen Medikationsplan zu führen. In diesem Zusammenhang wundert sich StRin Bulle-Schmid, weshalb man bis zum Jahr 2020 nur mindestens 20 % der Patienten in der Stadt, die auf drei oder mehr Arzneimittel angewiesen sind, durch "Mein Plan Stuttgart" erreichen wolle, und das Ziel nicht höher gesetzt werde.
Im weiteren Verlauf der Aussprache wird das Projekt auch von den StRinnen
Rühle
(90/GRÜNE),
Gröger
(SPD),
Halding-Hoppenheit
(SÖS-LINKE-PluS) und
Yüksel
(FDP) ausdrücklich begrüßt. Ähnlich ihrer Vorrednerin weisen die Stadträtinnen in ihren Wortbeiträgen auf die Gefahren der Medikamentensucht und das Problem der häufigen Unkenntnis über die verschiedenen Wirkungen von Arzneimitteln hin. Dies erschwere eine erfolgreiche Therapie nicht nur für die Patientinnen und Patienten selbst, sondern auch für Ärzte, Pfleger oder Angehörige, und führe nicht selten zu unerwünschten bis gefährlichen Nebenwirkungen.
Von StRin
Rühle
wird positiv hervorgehoben, dass der Medikationsplan auch digital ausgefüllt werden könne. So könne dieser auch von Angehörigen oder Pflegediensten geführt werden, falls die Patienten hierzu nicht mehr in der Lage wären. Dem schließt sich auch StRin
Yüksel
an.
Ebenfalls zeigt sich StRin
Rühle
über die vielen Kooperationspartner des Projektes erfreut, wie die Ärzteschaft Stuttgart oder die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg. So bestehe die Chance, viele Patienten anzusprechen. Ferner möchte StRin Rühle wissen, ob Patientinnen und Patienten die Möglichkeit bekommen sollen, sich zu ihrem Medikationsplan beraten zu lassen, und ob hierfür eventuell die Schaffung einer Stelle geplant sei. In diesem Kontext meint die Stadträtin, dass viele Menschen aus Angst, das Vertrauensverhältnis zu ihrem Arzt zu beschädigen, die ihnen verschriebenen Medikamente oft nicht hinterfragen.
Im Folgenden macht auch StRin
Gröger
deutlich, dass eine breit angelegte Informationskampagne für das Gelingen des Projektes unabdingbar sei. Es gehe darum, die Schwelle für das Vorhaben so niedrig wie möglich zu legen, um möglichst viele Altersgruppen und Bevölkerungsschichten zu erreichen, zum Beispiel auch solche, die nicht mobil seien oder keine Informationsveranstaltungen besuchten. Deshalb sei es möglicherweise sinnvoll, für den Medikationsplan auch in Bussen und Bahnen, in Begegnungsstätten, Wärmestuben oder Vereinen zu werben, so die Stadträtin. Um auch Migrantinnen und Migranten anzusprechen, die Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache hätten, müssten beispielsweise auch Moscheen besucht oder Informationsveranstaltungen in der Muttersprache angeboten werden.
StRin Gröger erklärt weiter, dass der bundeseinheitliche Medikationsplan vom Haus- oder Facharzt nicht automatisch, sondern erst auf Anfrage erstellt werde. Dies sei ihrer Meinung nach ein Problem, da viele Patienten nicht über ihren Anspruch Bescheid wüssten. Diese Ansicht teilt auch StRin
Yüksel
. Auch sei nicht allen bekannt, so StRin
Gröger
weiter, dass in Apotheken auf Verlangen eine Verträglichkeitsprüfung der verschiedenen Medikamente durchgeführt werden könne. Ferner macht die Stadträtin darauf aufmerksam, dass nicht nur Arzneimittel unerwünschte Nebenwirkungen auslösen könnten, sondern zum Beispiel auch die heute vielfach verwendeten Nahrungsergänzungsmittel. Problematisch sei auch, dass man heutzutage immer mehr Medikamente ohne Kenntnis des Arztes rezeptfrei in Online-Versandapotheken im Internet bestellen könne. Dies spricht auch StRin
Halding-Hoppenheit
an und sieht in diesem Bereich großen Aufklärungs- und Handlungsbedarf.
Dadurch, dass alte, nicht eingenommene Medikamente häufig einfach so weggeschmissen würden, werde nicht zuletzt auch die Umwelt und unser Wasser belastet, meint StRin
Gröger
weiter.
Als Arzt beschäftige er sich permanent mit den Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen von Arzneimitteln, meint StR
Dr. Fiechtner
(AfD). Er müsse in Gesprächen mit den Patienten immer wieder feststellen, dass sie zu viele Medikamente verschrieben bekämen und über die einzelnen Präparate häufig nicht informiert seien, was nicht selten zu unerwünschten Wechselwirkungen führe. Das Problem müsse man angehen, so der Stadtrat. Allerdings sei er skeptisch, ob durch das Projekt "Mein Plan Stuttgart" wirkliche Erfolge erzielt werden könnten und könne nicht verstehen, warum die Stadt die Federführung für so ein Projekt übernehme. Er bezweifelt, dass der Medikationsplan durch die Patienten wirklich konsequent geführt würde. Stattdessen wäre seiner Meinung nach mehr erreicht, so der Stadtrat, wenn das Arzt-Patienten-Verhältnis wieder gestärkt würde und die Ärzte mehr Zeit hätten, sich mit der Krankheitsgeschichte und der Therapie ihrer Patienten zu beschäftigen. Heutzutage seien der Zeitdruck und der wirtschaftliche Druck unter den Medizinern aber häufig so groß, dass für den einzelnen Patienten immer weniger Zeit bleibe. Dies könne leider zu Fehlern führen. Ferner spricht sich StR Dr. Fiechtner für die Stärkung der technischen Hilfsmittel für die Ärzte aus, wie den bundeseinheitlichen Medikationsplan.
Von StR
Ehrlich
(SPD) wird gefragt, ob im Rahmen des Projektes auch geplant sei, Reiseveranstalter dahingehend zu sensibilisieren, im Vorfeld der Reise von älteren Teilnehmern eine Art Notfallpass mit allen wichtigen Informationen zu Krankheitsbildern und Medikamenten einzufordern. Es wäre denkbar, diesbezüglich auf die Reiseveranstalter zuzugehen, antwortet Herr
Dr. Dr. Tropp
. In skandinavischen Ländern sei ein solcher Notfallpass bereits heute verpflichtend, hierzulande noch nicht.
Ebenfalls möchte StR
Ehrlich
wissen, ob in dem Medikationsplan auch homöopathische Mittel angegeben werden sollten.
Im Folgenden erläutert der
Amtsleiter
des städtischen Gesundheitsamtes, weshalb sich die Stadt entschlossen habe, das Projekt "Mein Plan Stuttgart" federführend durchzuführen. Das Gesundheitsamt sehe sich als ein Bindeglied zwischen den Bürgerinnen und Bürgern auf der einen Seite und Ärzten, Apothekern und Pflegebetrieben auf der anderen Seite, und wolle in dem Projekt als eine Art Mittler und Koordinator zwischen den Parteien auftreten. Ähnlich äußert sich auch BM
Wölfle
. Anschließend hebt auch Herr
Dr. Dr. Tropp
die Vorteile des Medikationsplanes hervor. Er sehe das Projekt als einen ersten wichtigen Schritt hin zum Aufbau einer breiten Hilfsstruktur für Ärzte, Patienten, Angehörige und andere Akteure, um künftig effektiver Medikamentenabhängigkeit und unerwünschter Wechselwirkungen der Präparate vorzubeugen. Man habe sich im Vorfeld dabei bewusst dafür entschieden, den Medikationsplan zunächst sowohl handschriftlich als auch digital anzubieten. Auch wenn die Digitalisierung unser Leben immer mehr bestimmt, würden gerade viele ältere Patienten das handschriftliche Ausfüllen immer noch bevorzugen.
Auf eine Frage von StRin Yüksel eingehend erklärt Frau
Faust-Mackensen
, das Projekt werde am 11.01.2018 mit einer Auftaktveranstaltung, inklusive Gastauftritt von Herrn Dr. von Hirschhausen, im Stuttgarter Hospitalhof offiziell starten. Anschließend würden Unterlagen an alle Apotheken, Arztpraxen und Krankenhäuser in Stuttgart versandt. Die Homepage werde freigeschaltet und der Medikationsplan könne danach digital genutzt werden. Ebenfalls seien nach Start des Projektes breitangelegte
Informationsveranstaltungen zusammen mit den Kooperationspartnern in ganz Stuttgart geplant.
Abschließend zeigt sich BM
Wölfle
über die überwiegend positiven Rückmeldungen zum geplanten Projekt "Mein Plan Stuttgart" erfreut.
Der Vorsitzende schließt diesen Tagesordnungspunkt danach ab. Somit hat der Sozial- und Gesundheitsausschuss
von dem Bericht Kenntnis genommen
.
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