Die Phase 1 ist mit der Vorstellung der vorliegenden Rahmenkonzeption als Grundlagenwerk abgeschlossen.
Die Pilotphase (Phase 2) führt mit der Erprobung der zentralen Inhalte der Rahmenkonzeption ab 2024 bis 2027 den Prozess der Strategieentwicklung fort.
In Phase 3 folgt ab 2028 die flächendeckende Verstetigung. Über Entwicklungsprozesse und Projekte werden die Verstetigungsstrukturen geschaffen. 1. Phase 1: Rahmenkonzeption zur sozialen Quartiersentwicklung in Stuttgart Unter Federführung von Gesundheits-, Jugendhilfe- und Sozialplanung wurde in einem integrierten Prozess zusammen mit zahlreichen Projektbeteiligten innerhalb der Stadtverwaltung und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen ein gemeinsames Verständnis der sozialen Quartiersentwicklung entwickelt sowie gemeinsame konzeptionelle Grundlagen erarbeitet. Dieses beteiligungsorientierte Vorgehen ermöglicht auch in der Umsetzung ein integriertes Handeln und die kooperative Umsetzung von Quartiersprojekten und sozialen Quartiersentwicklungen sowie ihre Verstetigung.
Das Ziel der vorliegenden Rahmenkonzeption zur sozialen Quartiersentwicklung in Stuttgart ist es, den ersten Schritt zu einer Gesamtstrategie zur Förderung der Entwicklungen der Quartiere in Stuttgart vorzulegen.
Im Prozess der Rahmenkonzeption wurden Qualitätsstandards für alle Arten von Quartiersprojekten entwickelt. Sie sind die Grundlage der Rahmenkonzeption. Die Fragen, wie soll Quartiersentwicklung vor Ort aussehen und wie umgesetzt werden, waren dafür handlungsleitend.
Wichtige Beiträge zu der Entwicklung der Qualitätsstandards und damit zur Rahmenkonzeption leistete die referats- und ämterübergreifende Projektgruppe sowie die Teilnehmenden des Hearings im November 2022, an dem sich Träger und Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege, Wohnungsunternehmen, gesellschaftlich Engagierte, Initiativen, Religionsgemeinschaften, Bezirksvorsteher*innen, Ämter und weitere Akteur*innen aktiv beteiligten.
Aus den Qualitätsstandards wurden in einem weiteren Schritt konkrete Qualitätskriterien entwickelt, mit Hilfe derer ein Quartiersprojekt oder eine soziale Quartiersentwicklung in ihrer Konzeption und Durchführung bewertet werden kann (Anlage der Rahmenkonzeption).
Alle Projekte/Prozesse können in gemeinsamer Abstimmung und nach gemeinsamen Qualitätsstandards erfolgen. Anhand der Qualitätskriterien können Anträge und Umsetzung von allen Quartiersprojekten und -prozessen bewertet werden. Das ist eine entscheidende konzeptionelle Weiterentwicklung, die die Rahmenkonzeption bietet.
Die Rahmenkonzeption betont die (neue) Rolle der Stadt, koordinierend alle Quartiersentwicklungen zu steuern, um damit alle Aktiven im Quartier stärker unterstützen zu können. Gleichzeitig verdeutlicht sie den Bedarf an Verstetigung der Prozesse in dauerhafte Strukturen.
Die Leitziele lassen sich zusammenfassend in folgende vier Handlungsfelder einordnen:
§ Die Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts durch die Gestaltung von Treffpunkten und den Ausbau nachbarschaftlicher Aktivitäten auch hinsichtlich der Stärkung der sozialen und kulturellen Vielfalt der Stuttgarter Quartiere.
§ Die Förderung des individuellen und kollektiven Handlungsrepertoires durch eine vermehrte Entwicklung von Beteiligungsmöglichkeiten (auch für stille Gruppen) und die Stärkung von Eigeninitiativen, gesellschaftlichem Engagement und Nachbarschaftshilfe.
§ Die Weiterentwicklung, der Auf- oder Ausbau einer tragenden sozialen Infrastruktur, die barrierefrei und niedrigschwellig gestaltet ist, durch die Bereitstellung bedarfsgerechter (Versorgungs-)Angebote. Bestehende als auch neu entstehende Lücken dieser Infrastruktur werden im Rahmen der sozialen Quartiersentwicklung identifiziert und in Kooperation mit den Akteur*innen vor Ort geschlossen.
§ Die Stärkung eines lebenswerten, bedürfnisgerechten und nachhaltigen Wohnens und Wohnumfelds durch die Einbeziehung städtebaulicher Themen in Kooperation mit Wohnungsunternehmen und dem Amt für Stadtplanung und Wohnen.
Aufgaben der Stadtverwaltung
Der Stadtverwaltung kommt eine zentrale Aufgabe als Gesamtsteuerung und -koordination aller sozialen Quartiersentwicklungen zu. Ihr quartiersbezogener Blick ermöglicht die Analyse und Verbesserung der Voraussetzungen zur nachhaltigen Lebensgestaltung. Entscheidend ist, dass kleinräumige und flexible Lösungsstrategien gemeinsam mit den Menschen im Quartier entwickelt und umgesetzt werden.
Innerhalb der Rahmenkonzeption sind (neue) Aufgaben für die Stadtverwaltung definiert. Die Bündelung des Wissens über die Entwicklungen in Stuttgart, die Beratung der Prozessbeteiligten und die an Prozessen Interessierten sichert die Qualität über Austausch und Qualifizierung. Die Stadtverwaltung bewegt sich sowohl vertikal zwischen den Ebenen Verwaltung und Quartier (intermediäre Ebene) als auch gesamtsteuernd auf gesamtstädtischer Ebene. Zudem muss die Schnittstelle der sozialen Ämter (Gesundheitsamt, Jugendamt, Sozialamt) zum Amt für Stadtplanung und Wohnen strukturell gesichert werden. Bei dieser Aufgabe unterstützt die im Amt für Stadtplanung und Wohnen angesiedelte ämterübergreifende Arbeitsgruppe Sozialverträgliche Planung (AGSP).
1. Gesamtstädtische Steuerung und -koordination
§ Durchführung von Analysen und Festlegung von Gebieten in Kooperation des Sozialamts, Gesundheitsamts und Jugendamts, um Gebiete zusammen mit den anderen sozialen Ämtern für die soziale Quartiersentwicklung festzulegen und vorhandene Ressourcen bedarfsorientiert sowie angemessen einzusetzen.
§ Überblick über verschiedene Projekte und deren Akteur*innen vor Ort entwickeln.
§ Aufbereitung der Bewerbungen von Vorhaben v. a. der Träger der freien Wohlfahrtspflege, Wohnungsunternehmen, Initiativen und Selbstorganisationen gemäß den Bewertungskriterien für Quartiersprojekte und soziale Quartiersentwicklungen (s. Anlage 1).
§ Klärung von kooperativen Projekten und Grundsatzfragen der Quartiersentwicklung (z. B. Schnittstellenfunktion zum Amt für Stadtplanung und Wohnen).
§ Entwicklung von Instrumenten zur Durchführung und Verstetigung von Quartiersprojekten.
§ Sicherstellung der Umsetzung der Rahmenkonzeption zur sozialen Quartiersentwicklung, mit besonderem Blick auf partizipative Quartiersentwicklung.
§ Übergreifende Identifizierung und Bearbeitung von Querschnittsthemen der verschiedenen Quartiere. 2. Bei Bedarf Unterstützung und Beratung in der Quartiersentwicklung
§ Ansprechperson für alle Akteur*innen in der sozialen Quartiersentwicklung (u. a. Weitervermittlung in die zuständigen Verwaltungsstrukturen, Zuständigkeiten, Verfahren, Förderungen) mit Lotsenfunktion.
§ Wissensmanagement: Qualifizierung und Beratung bzgl. Partizipation, Sozialraumanalyse und Evaluation; Beratung und Informationsweitergabe über Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten; Erfahrungs- und Fachaustausch zwischen Akteur*innen in der sozialen Quartiersentwicklung.
§ Beratung für Akteur*innen in den Quartieren, um Bedarfe abzuklären sowie bei Unterstützungs- und Umsetzungsmöglichkeiten weiterzuhelfen (z. B. Initiativen, Selbstorganisationen, Vereine, Bezirksvorsteher*innen, Bezirksbeirät*innen, Träger der freien Wohlfahrtspflege, Wohnungsunternehmen).
§ Befähigung und Stärkung der Akteur*innen vor Ort.
§ Unterstützung bei (und bei Bedarf Übernahme von) Schnittstellenanalyse, Schnittstellenvermittlung, Vernetzungsarbeit und Moderation.
§ Ggf. Übernahme von Aufgaben der sozialen Quartiersentwicklung, für die keine Ressourcen im Quartier vorhanden sind.
§ Nachhaltiges Einbringen der Anliegen und Themen der Quartiere sowie der Prozesse sozialer Quartiersentwicklung in die entsprechenden Stellen der Stadtverwaltung.
Aufgabe der Stadtverwaltung ist es, im Quartier mit Partner*innen die erforderlichen Ab-stimmungs- und Beteiligungsprozesse zu organisieren und deren Umsetzung zu fördern.
Ein wesentlicher Gelingensfaktor sozialer Quartiersentwicklung ist die nachhaltige und konstruktive Vernetzung von vielfältigen Akteur*innen in den Projekten sozialer Quartiersentwicklung (Einwohner*innen und Institutionen) mit der Stadtverwaltung. Alle Quartiersentwicklungsprozesse sind jeweils Teile gesamtstädtischer Strukturen, so dass es einer Vermittlung zwischen lokaler und gesamtstädtischer Prozesse bedarf. Häufig stehen in ausdifferenzierten Prozessen der sozialen Quartiersentwicklung nicht ausreichend Ressourcen für diese Vernetzungs- und Vermittlungsstrukturen zur Verfügung, so dass Hürden, Konflikte, Abbrüche entstehen und die Prozesse auf lange Sicht nicht die geplanten Ziele erreichen können. Aus diesem Grund möchte die Sozialverwaltung Quartieren Ressourcen zur Verfügung stellen, mit denen die Nachhaltigkeit temporärer Prozesse gesichert sowie die Kooperation und Kommunikation zwischen Akteur*innen im Quartier und der Stadtverwaltung koordiniert werden kann. Sowohl in Forschung als auch in Praxis zu sozialer Quartiersentwicklung wird dieser intermediären Ebene eine besondere Bedeutung zugesprochen (vgl. Fehren, Oliver (2016): Soziale Arbeit und Stadtentwicklung aus einer intermediären Perspektive. In: Drilling, M.; Oehler, P. (Hg.): Soziale Arbeit und Stadtentwicklung. Forschungsperspektiven, Handlungsfelder, Herausforderungen. Wiesbaden: Springer, S. 57-69).
Das folgende Schaubild zeigt die Handlungsebenen der sozialen Quartiersentwicklung (Verwaltungsebene und Quartiersebene). Die Herausforderung besteht darin, dass das Handeln sowohl innerhalb dieser beiden Ebenen als auch zwischen ihnen verbunden sein muss.
Die Sozialverwaltung agiert zum einen auf der Verwaltungsebene als verbindende (intermediäre) Instanz zwischen den Ämtern. Zum anderen verbindet sie bei grundsätzlichen Fragen die Quartiersebene und die Verwaltungsebene im Rahmen ihrer Ansprech- und Lotsenfunktion.
2. Phase 2: Umsetzung der Rahmenkonzeption – Pilotphase Die Phase 2 ist der nächste Schritt in der Gesamtstrategie und beinhaltet die Umsetzung der Rahmenkonzeption innerhalb einer Pilotphase. Eine Pilotphase bietet die Möglichkeit, Prozesse und Strukturen, die konzeptionell entworfen wurden, zu testen, wissenschaftlich zu begleiten und für die dauerhafte Etablierung anzupassen. Die Umsetzungsschritte der Rahmenkonzeption werden dabei konkretisiert und ebenfalls getestet. In der Strategie zur sozialen Quartiersentwicklung ist die Abstimmung und das integrierte ämterübergreifende Handeln besonders wichtig und so auch in der Rahmenkonzeption hinterlegt. Um die Rahmenkonzeption umsetzen zu können, übertragen Sozial-, Jugend-, und Gesundheitsamt die Inhalte der Rahmenkonzeption in ihrer jeweiligen Amtsstruktur. Im Prozess der Erstellung der Rahmenkonzeption wurde abgestimmt, dass die aufgelisteten Aufgaben der Stadtverwaltung für die gesamtstädtische Steuerung und -koordination sowie der Unterstützung und Beratung in der Quartiersentwicklung beim Sozialamt verortet werden. Diese Pilotphase soll mit einer externen wissenschaftlichen Begleitung durchgeführt werden, um Inhalte, Strukturen, Prozesse sowie alle Bausteine der Pilotphase evaluieren zu können. Daraus ergeben sich für die Umsetzung in der Pilotphase folgende Schwerpunkte für das Gesundheits-, das Jugend- und das Sozialamt: Baustein Sozialamt
· Gesamtstädtische Steuerung und -koordination
Mit Beginn der Pilotphase wird ein Verfahren entwickelt, das ein Interessensbekundungsverfahren seitens der Bezirke für den Bedarf einer umfassenden sozialen Quartiersentwicklung in den Stadtteilen ermöglicht. Das Verfahren soll noch in der Pilot-phase starten.
Das Instrument der langfristigen Gebietsauswahl anhand von zu definierenden Indikatoren analog der Beschreibung in der Rahmenkonzeption (s. Anlage 1) wird entwickelt, so dass sie abgestimmt mit den Stadterneuerungsvorranggebieten (SVGs) der Stadtsanierung spätestens in Phase 3 umgesetzt werden kann.
Anträge der Träger der freien Wohlfahrtpflege, Wohnungsunternehmen, Religionsgemeinschaften, Initiativen, Vereine und Selbstorganisationen für in der Rahmenkonzeption definierte fokussierte Quartiersprojekte werden begleitet und sind im regulären Verfahren der Haushaltsberatungen 2026/2027 gemäß den Bewertungskriterien für Quartiersprojekte und sozialen Quartiersentwicklungen (Anlage der Rahmenkonzeption) möglich.
· Unterstützung und Beratung in der Quartiersentwicklung
· Die Gesundheitsplanung wird die Umsetzung der sozialen Quartiersentwicklung, deren Erprobung und Verstetigung in den Quartieren nachhaltig begleiten und damit dem Auftrag des ÖGD, niederschwellige, zugängliche, gut abgestimmte und passgenaue Angebote zur sozialen Teilhabe und Gesundheitsförderung in den konkreten Lebenswelten nachhaltig zu verorten, gestalten. In der Pilotphase beginnt das Gesundheitsamt mit dem Aufbau tragender sozialer Infrastrukturen mit Angeboten der Gesundheitsförderung und bedarfsgerechten medizinischen Versorgungsangeboten in den Stuttgarter Quartieren.
· Dem Aufbau von Gesundheitsnetzwerken zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung, Prävention und Gesundheitsförderung im Quartier kommt hier eine besondere Bedeutung zu. In der Zusammensetzung aus Mitarbeitenden der Stadtverwaltung und örtlichen Akteur*innen der sozialen, gesundheitlichen und pflegerischen Versorgungsstruktur kann ein quartierspezifisches Handlungskonzept mit verhaltens- und verhältnisbezogenen Maßnahmen zur Stärkung der medizinischen und pflegerischen Versorgungsangeboten für alle Menschen Quartier entwickelt werden. Baustein Jugendamt
· Die Gemeinwesenarbeit des Jugendamtes beabsichtigt, ihre Arbeit gemäß den Qualitätsstandards weiterzuentwickeln. Basierend auf ihren vielfältigen Projekterfahrungen wird sie bei partizipativen Quartiersentwicklungsprozessen einen besonderen Fokus auf stille Gruppen legen. Die Gemeinwesenarbeit wird in einem Pilotprojekt die Quartierskoordination übernehmen.
· Die Jugendhilfeplanung wird gemeinsam mit der Sozialplanung die Thematik der "Verstetigung" konzeptionell schärfen. In Prozessen der sozialen Quartiersentwicklung können die sozialen Treffpunkte im Quartier (Stadtteilhäuser, Stadtteil- und Familienzentren, Begegnungsstätten) bereits heute wichtige Aufgaben übernehmen. Rolle und Aufgaben dieser Infrastruktureinrichtungen bei der Verstetigung sollen voraussichtlich zum Haushalt 2026/2027 konkretisiert und im Rahmenkonzept für Stadtteilhäuser festgelegt werden (vgl. GRDrs 145/2023 Stadtteilhäuser, Begegnungsstätten PLUS und Stadtteil- und Familienzentren PLUS: Sachstand 2023 und Planungen).
Die Pilotphase soll 4 Jahre dauern und mit einer wissenschaftlichen Begleitung die Ergebnisse sichern und evaluieren, so dass in der Phase 3 dann die Verstetigung von erprobten Strukturen und Prozessen erfolgen kann.
3. Phase 3: Verstetigung der Strategie zur sozialen Quartiersentwicklung
Projekte können eine soziale Quartiersentwicklung in Gang setzen und Bedarfe gut sichtbar machen. Aber soziale Quartiersentwicklung besteht auch darin, nachhaltige und langfristig angelegte Strukturen dort zu schaffen, wo sie gebraucht werden. Deshalb ist es eine zentrale Aufgabe, die in begonnenen Projekten bzw. Prozessen erzielten Ergebnisse zu sichern und in dauerhaften Strukturen zu verstetigen. Dies betrifft umfassende soziale Quartiersentwicklungen, neu zu schaffende Quartiersprojekte, die bestimmte Zielgruppen oder Themen betreffen und bereits laufende Quartiersprojekte. Soziale Quartiersentwicklung muss in diesem Verständnis als kontinuierlicher Prozess angelegt sein, die Sicherung der aufgebauten Strukturen ein wesentliches Anliegen. Auch die Erfahrungen der städtebaulichen Sanierung mit einer langen Laufzeit machen den Bedarf an Verstetigung deutlich. Diese Aufgabe ist als Herausforderung in der Umsetzung der Rahmenkonzeption zu sehen, auch im Hinblick auf die Schnittstelle zur Stadtsanierung.