Protokoll: Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik des Gemeinderats der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
833/2022
GZ:
OB
Sitzungstermin: 07.02.2023
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: BM Thürnau
Berichterstattung:Herr Rahmer (HochbA)
Protokollführung: Frau Schmidt th
Betreff: Grundsatzbeschluss zur Einführung der Methode Building Information Modeling (BIM) in der Landeshauptstadt Stuttgart

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 18.01.2023, GRDrs 833/2022, mit folgendem

Beschlussantrag:

Der Richtungsentscheidung zur Einführung der BIM-Methode zur Planung, Errichtung und den Betrieb von Bauwerken bei den Ämtern und Eigenbetrieben der Landeshauptstadt Stuttgart bis zum Jahr 2030 wird zugestimmt.


Die Beratungsunterlage ist dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Die zu diesem Tagesordnungspunkt gezeigte Präsentation ist dem Protokoll als Dateianhang hinterlegt. Aus Datenschutzgründen wird sie nicht im Internet veröffentlicht. Dem Originalprotokoll ist sie in Papierform angehängt.


Herr Rahmer (HochbA) berichtet im Sinne der Präsentation. Ergänzende Anmerkungen sind nachfolgend in zusammengefasster Form mit Verweis auf die jeweilige Folie wiedergegeben. Zunächst berichtet der Verwaltungsmitarbeiter über die zeitliche Entwicklung der Thematik (Folie 3) und erklärt zur bis 2030 laufenden Roadmap, dadurch seien vier Felder entwickelt worden, um die Methodik einzuführen. Diese Felder seien organisatorische Fragestellungen (Ausrichtung der Ämter, Gründung von Fachbereichen), Fragen der Standards (Regelwerke der Zusammenarbeit), technische Voraussetzungen (Software, Hardware) sowie die Akteure (Personen, die das Building Information Modeling (BIM) später anwenden sollen). Im Dezember 2021 habe der Gemeinderat erste Ressourcen zur Verfügung gestellt, um Arbeitsgruppen und weitere Fachgruppen einzurichten. Als Beispiel nennt er die AGs zur Ausschreibung und Vergütung von BIM-Leistungen am Markt, zur Gebäudedatenübergabe am Ende eines Projektes oder zu technischen Fragestellungen. Zur auf Folie 3 genannten Organisationsverfügung BIM.Stuttgart führt er aus, innerhalb der Stadtverwaltung seien sehr viele Akteure von BIM betroffen (Folie 4). Dies seien zunächst die planenden und bauenden Ämter wie Hochbauamt, Tiefbauamt und Garten-, Friedhofs- und Forstamt, es gebe aber weitere beteiligte Ämter, die Gebäude betrieben sowie das Stadtmessungsamt, das über eine hohe Expertise im künftigen Umgang mit Daten verfüge. Die Zusammenarbeit erfolge über die drei Ebenen BIM-Kompetenzstellen, Programm-Manager und BIM-Board.

In seinen weiteren Ausführungen greift Herr Rahmer die Ziele der BIM-Umsetzung auf (Folien 5 und 6) und verweist bezüglich der Zielsetzung Klimaneutralität beispielhaft auf das Pilotprojekt Hallenbad Zuffenhausen. Bei diesem Projekt sei ein Anwendungsfall kreiert worden, bei dem verschiedene Szenarien von Energiekonzepten nebeneinandergestellt und bewertet würden. Da die Stadt viele Gebäude über Jahrzehnte in der Liegenschaftsverwaltung halte, sei es perspektivisch sehr wichtig, bereits im Planungsprozess informierte Entscheidungen zu treffen, die über lange Zeiträume richtig seien. Die BIM-Methodik sei ein Instrument, um Material- und Bauteil-Informationen vorzuhalten und daraus Entscheidungen abzuleiten. Die Zielsetzung der Digitalisierung stelle einen Mehrwert dar, wenn alle Planungsbeteiligten verbindlich über eine gemeinsame Kommunikationsplattform agierten. Dies schaffe Transparenz und Verbindlichkeit und bilde die Grundlage für bessere Entscheidungen in einem Projekt. Insgesamt stehe die Entwicklung noch am Anfang; Mehrwerte würden erst zu einem späteren Zeitpunkt generiert. BIM.Stuttgart habe sich zum Ziel gesetzt, im Jahr 2030 rund 80 % der Vorhaben mit dieser Methodik zu planen. Im Zuge seiner Ausführungen zum Ziel der Wirtschaftlichkeit erklärt der Referent, eine modellbasierte Planung bedeute entschieden mehr als eine dreidimensionale Planung. Stattdessen setze sich ein dreidimensionales Modell aus verschiedenen Teilmodellen zusammen und lasse geometrische Defizite erkennen. Darüber hinaus bedeute "modellbasiert" gleichermaßen "datenmodellbasiert". Die Informationen über ein Gebäude könnten auf ihre Konsistenz geprüft werden. Wenn es gelinge, zum Ende eines Projektes möglichst gute Informationen in den Gebäudebetrieb mitzunehmen und diese Daten fortzuschreiben, könne bei den Kosten viel erreicht werden. Abschließend erläutert er die Ziele der GRDrs 833/2022 (Folie 7), wobei sich die drei erstgenannten an die eigene Verwaltung richteten und das letztgenannte Ziel ein Signal nach außen und an den Markt sende. Auf die Frage, wie sich die BIM-Methodik derzeit insgesamt entwickle, lohne ein Blick auf die Entwicklung im Bund, im Land und in den Kommunen. Auf Bundesebene hätten sich die Ministerien für Digitales und Verkehr und für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen zu BIM.Deutschland zusammengeschlossen. Dabei würden nun Standards, Arbeitshilfen und technische Regelwerke entwickelt und festgeschrieben. Anhand dieses zentralen Schlüssels werde sich die BIM-Methodik sehr schnell in großer Breite etablieren. Für den Infrastrukturbau sei BIM bereits seit zwei Jahren und für den Bundesbau seit Januar 2023 verpflichtend anzuwenden. Auf baden-württembergischer Ebene werde im Koalitionsvertrag BIM als klares Ziel der Landesregierung formuliert, und das Land mit seiner großen Liegenschaftsverwaltung stehe vor denselben Aufgaben wie die Stadt. Die Landeshauptstadt Stuttgart stehe in regem Austausch mit anderen Städten, allen voran Hamburg, das bei der Etablierung von BIM-Prozessen schon sehr fortgeschritten sei und in der Gremienarbeit auf Bundesebene viel leiste. Da die komplexe Methodik nun in die Breite geht, hält es der Referent für dringend notwendig, sich damit nun intensiv zu beschäftigen.

Die sich an der Aussprache beteiligenden Stadträtinnen und Stadträte bedanken sich für die Präsentation und äußern sich zustimmend zur Vorlage.

StRin Schiener (90/GRÜNE) erklärt, die Erschließung von Synergien, das Heben von Potenzialen und Kosten- und Planungssicherheit seien die erklärten Ziele aller Beteiligten. Die Fachwelt sei sich darüber einig, dass es sich bei BIM um einen der größten Veränderungsprozesse im Bauwesen handle. Dennoch berichteten manche Anwender von Problemen. Zur Absicherung regt sie an, weiterhin parallel zu arbeiten, um Verluste zu vermeiden. Die Stadträtin möchte wissen, ob neben Hamburg auch Städte in Süddeutschland bereits in die Umsetzung gegangen seien und wie die personelle Situation aussehe. Für die großen Datenmengen müssten auch technische Kapazitäten geschaffen werden. Insgesamt sei eine Einschätzung zu den Kosten hilfreich, und sie bitte um Darstellung von angedachten Projekten. Abschließend thematisiert sie die (technische) Koordination zwischen Stadt und Baubüros und verweist auf Bedenken aus der Architektenschaft, wonach Betriebe ohne BIM nicht mehr beteiligt würden.

Bei der Aussprache zum Positionspapier am 10.11.2020 habe der Ausschuss die Einführung des BIM bereits ausdrücklich empfohlen, hält StR Dr. Vetter (CDU) fest. Ihm liege eine zügige Umsetzung am Herzen, denn BIM bilde den zukünftigen Maßstab wie zum Beispiel Navigationsgeräte bei Autos. Insofern müssten auch kleinere Betriebe BIM als Maßstab ansehen; es sei nur eine Frage des zeitlichen Fortschritts, dass dieses Thema selbstverständlich werde. Heute sei eine Werteabschöpfung noch nicht klassifizierbar; der Prozess werde über Jahrzehnte laufen und erfordere eine gewisse Geduld. Wenn Ressourcen zur Verfügung gestellt werden müssten, bitte er um entsprechende Anträge.

Den Ausführungen seiner Vorredner*innen kann sich StR Conzelmann (SPD) anschließen, der die Kosten- und Planungssicherheit betont. Zustimmend äußern sich auch StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) und StRin Köngeter (PULS).

BM Thürnau erklärt, die Personalproblematik beschäftige die Verwaltung derzeit insgesamt. Wenn belastbare Aussagen zu den Kosten gemacht werden könnten, erfolge ein Bericht im Gemeinderat. Mit dem Grundsatzbeschluss wolle sich die Stadt Stuttgart nach außen positionieren, aber auch eine Wirkung in die Verwaltung hinein generieren.

Ergänzend merkt Herr Rahmer an, BIM erhöhe zunächst die Qualität des Outputs und der Arbeit. Dadurch ständen bestmögliche Informationen zu den städtischen Liegenschaften zur Verfügung. Die BIM-Methodik stamme eher aus dem angelsächsischen Bereich mit einem völlig anderen Verständnis von Bauen (Public Private Partnerships). Als öffentliche Verwaltung sei man jedoch die Praxis der Einzelvergaben gewohnt. Wichtig bei der Entwicklung von BIM in Deutschland und insbesondere bei der öffentlichen Verwaltung seien offene Austauschstandards. Bei BIM verarbeiteten die Standards geometrische und alphanumerische Daten und seien mittlerweile gut etabliert, sodass alle Baufachanwendungen Daten austauschen könnten. Bezüglich der Ebene der Projektarbeit verweist er auf die Arbeitsumgebung des Common Data Environments, auf der alle Akteure verbindlich zusammenarbeiteten. Eine solche Austauschplattform ermögliche die Organisation und Protokollierung kompletter Arbeitsabläufe. Für diese Zusammenarbeit gebe es am Markt bereits vielfältige Instrumente, die bei den städtischen Pilotprojekten gut funktionierten. Zur Gefahr des Ausschlusses von Akteuren erklärt der Hochbauamtsmitarbeiter, die BIM-Methodik solle schrittweise etabliert werden, wodurch niemand überfordert werde. Nicht alle Bereiche entwickelten sich im Gleichlauf, dennoch sei es wichtig, diese Grundsatzentscheidung zu kommunizieren. Es sei mit einem Zeitrahmen von mindestens sieben Jahren zu rechnen, der von den Akteuren genutzt werden solle.


Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen mehr ergeben, stellt BM Thürnau fest:

Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik beschließt einstimmig wie beantragt.

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