Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Soziales und gesellschaftliche Integration
Gz: SI
GRDrs 21/2019
Stuttgart,
01/14/2019


Tätigkeitsbericht des Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung in der Landeshauptstadt Stuttgart für das Jahr 2018



Mitteilungsvorlage


Vorlage anzurSitzungsartSitzungstermin
Beirat für Menschen mit Behinderung
Sozial- und Gesundheitsausschuss
Kenntnisnahme
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
18.02.2019
25.03.2019

Bericht:


Nach § 15 des Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Landes- Behindertengleichstellungsgesetz – L-BGG BW) vom 17. Dezember 2014 ist in jedem Stadt- und Landkreis eine Beauftragte oder ein Beauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderung (kommunale Behindertenbeauftragte oder kommunaler Behindertenbeauftragter) zu bestellen.
Die kommunalen Behindertenbeauftragten arbeiten unabhängig und weisungsungebunden und sollen die Stadt- und Landkreise in Fragen der Politik für Menschen mit Behinderungen beraten und mit der Verwaltung zusammenarbeiten. Sie sind bei allen Vorhaben der Gemeinden und Landkreise, soweit die spezifischen Belange der Menschen mit Behinderungen betroffen sind, frühzeitig zu beteiligen. Sie sollen von öffentlichen Stellen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützt werden. Dies umfasst insbesondere die Verpflichtung zur Auskunftserteilung und Akteneinsicht im Rahmen der Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten. Zudem sind sie Ombudsfrau beziehungsweise Ombudsmann; die individuelle Beratung behinderter Menschen und ihrer Angehörigen hat für den Behindertenbeauftragten einen hohen Stellenwert, er ist eine Anlauf- und Beratungsstelle vor Ort mit „Wegweiserfunktion“.
Das bedeutet, dass auch der Stuttgarter Behindertenbeauftragte sowohl grundsätzliche und strukturelle als auch sehr individuelle und einzelfallbezogene Aufgaben wahrzunehmen hat.

Vom 01. Juli 2015 bis 31. Dezember 2018 war Herr Walter Tattermusch als ehrenamtlicher Beauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderung in der Landeshauptstadt Stuttgart tätig. Die Funktion des Behindertenbeauftragten ist seit 01. August 2016 im Referat für Soziales und gesellschaftliche Integration angesiedelt. Mit dem vorliegenden Tätigkeitsbericht und der Statistik werden die Schwerpunkte in der Arbeit des Behindertenbeauftragten für das Jahr 2018 näher dargestellt (s. Anlagen 1 und 2).
Am 1. Oktober 2018 hat Frau Simone Fischer die neue Aufgabe als hauptamtliche Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung in der Landeshauptstadt Stuttgart begonnen.







Werner Wölfle
Bürgermeister





Anlage 1 Tätigkeitsbericht des Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung der Landeshauptstadt Stuttgart für das Jahr 2018
Anlage 2 Statistik zu Anfragen in der Ombudsstelle



Tätigkeitsbericht des Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung der Landeshauptstadt Stuttgart für das Jahr 2018

Aufgabenstellung

Die Aufgaben des Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung ergeben sich im Wesentlichen aus § 15 des Landesgesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (L-Bgg BW) vom 17.12.2014.
Danach ist in jedem Stadt- und Landkreis eine Beauftragte oder ein Beauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderungen (kommunale Behindertenbeauftragte oder kommunaler Behindertenbeauftragter) zu bestellen, die bzw. der seine Aufgaben unabhängig und weisungsungebunden wahrnimmt.

Die Beauftragten beraten die Stadt- und Landkreise in Fragen der Politik für Menschen mit Behinderungen und arbeiten mit der Verwaltung zusammen. Zudem sind sie Ombudsfrau beziehungsweise Ombudsmann. Sie sind bei allen Vorhaben der Gemeinden und Landkreise, soweit die spezifischen Belange der Menschen mit Behinderungen betroffen sind, frühzeitig zu beteiligen. Über die jeweilige Stellungnahme informiert die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister den Gemeinderat sowie die Landrätin oder der Landrat den Kreistag. Öffentliche Stellen sollen die Beauftragten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützen. Dies umfasst insbesondere die Verpflichtung zur Auskunftserteilung und Akteneinsicht im Rahmen der Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten.


Die Tätigkeiten des Stuttgarter Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung vollziehen sich demnach in den folgenden Bereichen:

a) Ombudsstelle
Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen nutzen gerne die Möglichkeit, sich mit Fragen, Anliegen, Beschwerden etc. direkt an den Behindertenbeauftragten zu wenden und ihn um Hilfe und Unterstützung zu bitten. Ich nehme das Anliegen auf, prüfe und kläre offene Punkte, informiere den Menschen mit Behinderung über Sachverhalte, Zuständigkeiten, Rechtslagen, berate ihn hinsichtlich des weiteren Vorgehens und leite ihn ggf. auch an eine zuständige Stelle weiter. Es kann aber auch notwendig sein, direkt Kontakt zu einer anderen Stelle aufzunehmen, das Anliegen des Menschen mit Behinderung zu be- oder verstärken, in einem Konflikt zu vermitteln oder auch eine Fallkonferenz mit allen Beteiligten anzuregen oder einzuberufen. Im Jahre 2018 wurde in über 300 Fällen der Ombudsmann von Menschen mit Behinderung und/oder deren Angehörigen um Hilfe und Unterstützung gebeten (s. Anlage 2).

b) Grundsätzliche Bedeutung von Beschwerden
Zur weiteren Aufgabenstellung gehört es, die mir bekanntwerdenden Einzelfälle daraufhin zu überprüfen, ob und ggf. in welchem Umfang sie von grundsätzlicher Bedeutung sind. Ist dies der Fall, wirke ich dann bei den zuständigen Stellen innerhalb und außerhalb der Stadtverwaltung auf eine Veränderung von Abläufen, Strukturen, Ausstattungen und Verfahrensweisen hin.
c) Vernetzung
Ich befördere und unterstütze auch die Arbeit und die Vernetzung der verschiedenen Akteure vor Ort (Selbsthilfegruppen, Behinderteninitiativen, Dienste und Einrichtungen usw.) und versuche dadurch zu erreichen, dass sich diese verstärkt in das Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen und ihre Anliegen und ihre Arbeit wirkungsvoller darstellen können.
Die Behindertenbeauftragten arbeiten vernetzt und zwar regional, landesweit und bundesweit. Die Behindertenbeauftragten tauschen sich regelmäßig aus. Interessant dabei ist auch, ob und inwieweit Entwicklungen in anderen Städten auch für Stuttgart von Bedeutung sind. Ggf. werden entsprechende Informationen in die Verwaltung gegeben. Ein wiederkehrendes Thema war der Austausch über die Fortschritte bei der Umsetzung der UN-BRK in den jeweiligen Kommunen. Ein wichtiges gemeinsames Thema in der Region war die Sicherung der Mobilität der Menschen mit Behinderung und dabei ganz besonders das S-Bahn-Netz, das noch erhebliche Barrieren aufweist.

d) Ämter der Stadtverwaltung
Der Behindertenbeauftragte ist Ansprechpartner für die Ämter der Stadtverwaltung und andere öffentliche Stellen und berät diese zu behindertenspezifischen Fragestellungen. Besonders zu erwähnen ist der seit 2016 bestehende regelmäßige Austausch mit dem Tiefbauamt und dem Stadtplanungsamt. Mit diesem Austausch soll sichergestellt werden, dass die Belange von Menschen mit Behinderung bei der Gestaltung des öffentlichen Raums berücksichtigt und Erfahrungen und neue Erkenntnisse ausgetauscht werden, die in weiteren Planungen einbezogen werden können.
Unabhängig davon gab es im Berichtszeitraum eine Fülle von einzelfallbezogenen Kontakten gerade mit dem Tiefbauamt. Die dort Verantwortlichen greifen die benannten Anliegen und Probleme auf und bemühen sich um schnelle Abhilfe.

e) Planungsprozesse
Verstärkt wurde ich im Jahre 2018 – entsprechend der Vorgabe in § 15 L-BGG BW – von verschiedenen Ämtern, insbesondere vom Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung in Planungsvorhaben eingebunden und konnte dort die besonderen Belange von Menschen mit Behinderung in Planungsprozessen einbringen und vertreten.

f) Stadtbezirke
Ausgehend von der Erkenntnis, dass es außerordentlich wichtig ist, dass die Frage wie es dem behinderten Nachbarn geht und mit welchen Hindernissen, Problemen und Barrieren er sich auseinandersetzen muss, habe ich im Jahre 2018 verstärkt versucht, Bezirksvorsteher/-innen und Bezirksbeiräte für das Thema Inklusion zu sensibilisieren. Es gab am 01.06.2018 in Wangen, am 05.06.2018 in Hedelfingen, am 17.10.2018 in Sillenbuch und am 15.11.2018 in S-Nord „Rundgänge“ mit den Bezirksvorsteher/-innen, an denen nicht nur Menschen mit den unterschiedlichsten Behinderungen und Bezirksbeiräte, sondern auch Vertreter/-innen der Stadtverwaltung (Tiefbauamt usw.) teilgenommen haben und bei denen Barrieren identifiziert, diskutiert und auf ihren Abbau hin geprüft wurden. Diese Veranstaltungen haben bei allen Beteiligten die Sensibilität für das Thema Inklusion geschärft und sollten weitergeführt werden.

g) Öffentlichkeit
Der Behindertenbeauftragte wirbt in der Öffentlichkeit für ein größeres Verständnis für die Belange, Probleme, Sorgen und Nöte von Menschen mit Behinderung und versucht, die Entwicklung der Landeshauptstadt Stuttgart zu einem inklusiven Gemeinwesen zu befördern. Dazu habe ich über meine Aufgabenstellung und die Situation von Menschen mit Behinderung in Stuttgart in verschiedenen Verbänden, Vereinigungen, in Bezirksbeiräten usw. referiert sowie an Diskussionsrunden teilgenommen und auch Pressegespräche geführt.

h) Beirat für Menschen mit Behinderung
Zu meinen Aufgaben gehört es auch, die Arbeit des Stuttgarter Beirats für Menschen mit Behinderung zu begleiten, zu unterstützen und zu fördern und die Geschäfte dieses Gremiums zu führen.

i) Stuttgarter Aktionsplan
Der Behindertenbeauftragte begleitet, fördert und unterstützt gemeinsam mit dem Stuttgarter Beirat für Menschen mit Behinderung die Umsetzung des Stuttgarter Aktionsplans zur Umsetzung der UN-BRK. Dazu gehört es auch, die einzelnen Themen, Projekte usw. nachzuhalten und dafür zu sorgen, dass sie nicht ins Hintertreffen geraten.


Arbeitsschwerpunkte im vergangenen Jahr

Innerhalb der o.g. Aufgabenbereiche ist die persönliche Ansprechbarkeit des Behindertenbeauftragten als Ombudsmann ein besonderer Schwerpunkt. Die Problemlagen der Menschen, die sich an mich wenden, sind in der Regel komplex und vielschichtig. Eine Behinderung löst Fragestellungen in vielen Lebensbereichen aus; zum Beispiel lässt sich im täglichen Leben „Mobilität“ nicht von sozialer Teilhabe, kultureller Teilhabe und Arbeit trennen. Dabei sind die Fragestellungen so vielfältig und kompliziert wie das Leben.

Manchmal ist ein informatives Gespräch mit Weiterverweisung an eine andere zuständige Stelle ausreichend, manchmal hilft eine Vermittlung des Fragestellers oder seines Anliegens an einen konkreten Ansprechpartner bei einer anderen Stelle. Oft ist aber auch die konkrete Unterstützung durch den behindertenbeauftragten angebracht oder gar erforderlich

Bei vielen Menschen, die sich an den Behindertenbeauftragten wenden, ist bereits ein langer und schmerzvoller Weg zurückgelegt worden. Viele Menschen oder Familien haben eine längere Geschichte hinter sich und dadurch so komplexe Probleme und Fragestellungen, dass mehrere Gespräche notwendig sind. Es kommen natürlich auch Menschen, die Probleme haben, sich zu artikulieren und ihr Problem verständlich zu machen. Die Beratung und Unterstützung der Ratsuchenden ist daher oftmals recht zeitaufwändig. Am Ende eines jeden Gesprächs steht eine konkrete Vereinbarung über das weitere Vorgehen und natürlich auch die Frage, ob das Anliegen des Fragestellers richtig verstanden und aufgenommen wurde.

Es kommt vor, dass Ratsuchende mit der Erwartung an mich herantreten, dass ich über ein Budget verfüge, aus dem ich in Einzelfällen helfend schöpfen kann. Darüber hinaus ist es auch schon vorgekommen, dass ein Hilfebedürftiger die Erwartung hatte, dass ich selbst „mit anpacke“ und praktische Hilfe leiste. In solchen Situationen können die Fragesteller nur an entsprechende leistungsbewilligende Stellen oder soziale Dienste weitergeleitet werden.
Die Themen der Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger, die sich im vergangenen Jahr persönlich an den Behindertenbeauftragten gewendet haben, spiegeln sich in den Grundsatzthemen wider, die im Laufe des Jahres in den Sitzungen des Beirats für Menschen mit Behinderung behandelt wurden. Außerdem wurden diese Themen in Kontakten zu einzelnen Verbänden, Selbsthilfegruppen und Vereinen und den verschiedenen Netzwerktreffen von Behindertenbeauftragten der Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg oder deutschlandweit bewegt.

Ich war im Ehrenamt tätig und grundsätzlich an zwei Tagen pro Woche (Montag und Mittwoch) tagsüber in der Geschäftsstelle im Rathaus zu festen Sprechzeiten erreichbar. Darüber hinaus wurden bei Bedarf besondere Termine ggf. auch vor Ort vereinbart. Die Besucher kommen entweder spontan oder nach Vorankündigung. Die durchgängige Erreichbarkeit an allen Werktagen stellen die Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle sicher.

Für die Statistik wurde jeder ratsuchende Mensch mit seinem spezifischen Anliegen einmal erfasst, egal, wie aufwändig die jeweilige Hilfestellung war. Außerdem wurde bei jeder Anfrage der im Vordergrund stehende Themenbereich festgehalten. Damit ergeben sich die Schwerpunkte der Anfragen in folgenden Themenbereichen:


Zu den einzelnen Themenbereichen:

Mobilität

Das Thema, welches auch im vergangenen Jahr am meisten angesprochen und nachgefragt wurde, ist die Mobilität von Menschen mit Behinderung. Trotz mannigfacher Bemühungen in den vergangenen Jahren wird der Bewegungsradius von Menschen mit Behinderung immer noch in vielen Bereichen des täglichen Lebens behindert und eingeschränkt.

ÖPNV: SSB, VVS und Deutsche Bahn
In den letzten Jahren hat sich ein sehr guter Kontakt zur SSB entwickelt. Ich werde beispielsweise bei der Planung von technischen Änderungen oder Neuerungen beteiligt. Es gab mehrere Vor-Ort-Termine an Stadtbahn- und Bushaltestellen. Dabei ging es einerseits um die Erörterung von Problemlagen und Barrieren, die Menschen mit Behinderung reklamiert hatten, zum Beispiel um ältere Stadtbahnhaltestellen bei denen der Höhenunterschied zwischen Bahnsteig und Bahneinstieg so groß ist, dass er insbesondere von E-Rolli-Fahrern nicht bewältigt werden kann und andererseits um die Inaugenscheinnahme und Bewertung von baulichen Veränderungen/Verbesserungen, die die SSB vorgenommen hatte. Besonders bewährt hat sich das jährliche Gespräch am Ende jeden Jahres, zu dem die SSB einlädt und Behindertenverbände und mich über Planungen und Maßnahmen der SSB informiert und aktuelle Themen behandelt werden.
S-Bahn: Defekte Aufzüge und Höhe der Bahnsteige
Ein großes Problem für Menschen mit Gehbehinderung, insbesondere Rollstuhlfahrer/ -innen bei der Nutzung von S-Bahnen und Zügen sind defekte Aufzüge an Haltestellen.
Hier gab es gemeinsame Aktionen der Behindertenbeauftragten aus der Region wegen der mangelnden Barrierefreiheit vieler S-Bahn-Haltestellen in der Region und der häufigen Ausfälle von Personenaufzügen an den Haltestellen, die dazu führen, dass behinderte Fahrgäste dort förmlich „stranden“ und immer wieder dann auch große Probleme haben, diese S-Bahn-Haltestellen wieder zu verlassen.

VVS-Fahrgastbeirat
Seit 1997 besteht ein Fahrgastbeirat bei der VVS, der die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen dem Verkehrsverbund und den Fahrgästen sichern soll. Dort sind Vertreter verschiedener regionaler Mobilitätsverbände ehrenamtlich tätig. Der Fahrgastbeirat tagt dreimal jährlich. Seit 2018 ist auch der bzw. die Behindertenbeauftragte der Stadt Stuttgart Mitglied in diesem Gremium. Themen dieses Gremiums im vergangene Jahr waren bspw.: Tarife (auch die inzwischen umgesetzte Tarifzonenreform), Fahrgastinformationen, Pünktlichkeit neue Automaten bei der SSB, Stuttgart 21 sowie auch das Thema Barrierefreiheit. Hier konnten einzelne Beschwerden von Menschen mit Behinderung zu Haltstellen eingebracht werden.

Barrierefreie Bushaltestellen
Dankenswerterweise hat der Gemeinderat im Rahmen der Haushaltsplanberatungen für 2018/2019 die Mittel für den barrierefreien Umbau von Bushaltestellen deutlich aufgestockt, so dass dieser deutlich zügiger vorangehen kann. Der Behindertenbe-auftragte wird bei der Planung dieses Ausbaus vom Tiefbauamt mit einbezogen.

Rolli-Taxen
Der Gemeinderat hat in den Haushaltsplanberatungen für 2018/2019 ein Budget zur Verfügung gestellt, mit dem der Umbau von bis zu zehn Stuttgarter Taxen in Rolli-Taxen bezuschusst werden kann. Das Amt für öffentliche Ordnung hat bis Ende 2018 die Förderrichtlinie erarbeitet; diese wurde am 13. Dezember 2018 im Amtsblatt veröffentlicht und damit rechtskräftig. Taxi-Unternehmen mit Sitz in Stuttgart können ab 8. Januar 2019 ihren Antrag auf Bezuschussung des Umbaus stellen. Teil der Förderrichtlinie ist die Verpflichtung für die Taxi-Unternehmer bzw. -Fahrer, an einer Schulung teilzunehmen, die für den Umgang mit Menschen mit Behinderung sensi-bilisieren sowie über die technischen Aspekte des sicheren Transports von Rollstuhl-fahrern informieren soll. Diese Schulungen wurden gemeinsam mit der Lebenshilfe Baden-Württemberg und der BGW (Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege) konzipiert und werden voraussichtlich Ende Februar/Anfang März 2019 stattfinden.

Fahrverbot für Dieselfahrzeuge
Das Verkehrsverbot für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren der Abgasnorm Euro 4 und schlechter tritt am 1. Januar 2019 in Kraft. Viele Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen haben sich mit der Frage zu Ausnahmegenehmigungen an den Behindertenbeauftragten gewendet. Das Maßnahmenpaket zur Luftreinhaltung in Stuttgart beinhaltet Ausnahmeregelungen für Fahrten von Menschen mit Behinderung (Personen, die außergewöhnlich gehbehindert, hilflos oder blind sind und dies durch die im Schwerbehindertenausweis eingetragenen Merkzeichen "aG", "H" oder "Bl" nachweisen sowie auch für Menschen mit einem blauen oder orangenen Parkausweis. Unklar ist immer noch die Situation von Angehörigen bzw. privaten Pflegepersonen von Menschen mit Behinderung, die in Angelegenheiten des behinderten Menschen unterwegs sein müssen, aber ohne diesen nicht unter die Ausnahmeregelungen fallen.

Behindertenparkplätze
Ein leider immer wiederkehrendes Thema ist die Nutzung von Behindertenparkplätzen durch Unbefugte. Sie sind ausschließlich für Menschen bestimmt, deren Gehvermögen auf das Schwerste eingeschränkt ist und für die die Fortbewegung nur mit fremder Hilfe oder großer Anstrengung möglich ist. Sie müssen dann warten und nach einem anderen Parkplatz suchen. Die Ausreden der Falschparker zeugen vielfach von Bequemlichkeit und Ignoranz („Ich musste dringend zum Bäcker…“).
Behindertenparkplätze sind ohnehin im Stadtgebiet und da vor allem im Stadtzentrum knapp bemessen. Dennoch taucht immer wieder bei Verkehrsplanungen die Frage auf, ob es denn wirklich in dieser oder jener Straße weiterhin eines Behindertenparkplatzes bedarf. Hier war/ist es meine Aufgabe, immer wieder darauf hinzuweisen, dass es sich um Parkplätze für außergewöhnlich gehbehinderte Menschen handelt, also nicht nur um Rollstuhlfahrer, sondern vor allem auch um solche Personen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen Querschnittgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen, oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere schwerbehinderte Menschen, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem vorstehend aufgeführten Personenkreis gleichzustellen sind. Vielfach sind diese Menschen so in ihren Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkt, dass sie auch kein - möglicherweise in der Nähe gelegenes - Parkhaus nutzen können, sondern auf einen ebenerdigen Parkplatz angewiesen sind.


Wohnen

In Stuttgart herrscht Wohnungsmangel, der Menschen mit Behinderungen oder mit altersbedingten Mobilitätseinschränkungen besonders trifft. Auch im vergangenen Jahr haben sich wieder viele Menschen mit einer Behinderung gemeldet, die dringend barrierefreien Wohnraum suchen. Manchen konnte mit dem neuen Förderprogramm für alten- und behindertengerechtes Wohnen geholfen werden. Im Rahmen der Haushaltsplanberatungen für 2018/2019 hat der Gemeinderat Mittel bereitgestellt, die Maßnahmen zur Reduzierung von Barrieren in bestehendem Wohnraum finanziell fördern sollen. Damit werden ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen unterstützt, um in ihren eigenen Wohnungen verbleiben zu können. Die Förderrichtlinie wurde im ersten Halbjahr 2018 erarbeitet und trat am 2. August in Kraft. Antrags-berechtigt sind seitdem Wohnungs- und Hauseigentümer, also Vermieter und Eigentümer von selbst genutztem Wohnraum. Es gingen ab Anfang August sehr viele Anfragen in der Geschäftsstelle ein. Bis Ende des Jahres wurden neunzehn Anträge gestellt, von denen sechzehn mit einem Fördervolumen von insgesamt rund 115.000 Euro bewilligt werden konnten. Dabei ist die Förderung von barrierefreien Umbauten in Bad und WC am häufigsten beantragt worden. Eine Auswertung der eingegangenen Anfragen und Anträge wird, zusammen mit Empfehlungen für den kommenden Doppelhaushalt, im Sommer 2019 dem Gemeinderat vorgelegt.
Arbeit

Auch 2018 haben wieder mehrere Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger mit einer Behinderung den Behindertenbeauftragten mit Fragen zu Ausbildung und Arbeitssuche sowie mit Problemen am Arbeitsplatz bzw. im Kollegenkreis aufgesucht. Die Barrieren sind mannigfaltig: das fängt an mit Stellenangeboten, die für Menschen mit Sehbehinderung oder Blindheit nicht barrierefrei erkennbar sind und geht weiter mit der Schwierigkeit, auf dem ersten Arbeitsmarkt Arbeitsplätze zu finden. Für Jugendliche mit einer Behinderung ist es – trotz der Entwicklung, dass immer mehr Lehrstellen nicht besetzt werden können – schwierig, einen Ausbildungsplatz zu finden.
Unter den Behindertenbeauftragten wird intensiv die Frage diskutiert, ob Werkstätten für Menschen mit Behinderung eine Lösung oder eher ein Problem darstellen. Diese Werkstätten sind eher ein exklusives als ein inklusives Angebot. Sie sind aber unverzichtbar, weil es leider noch zu viele Arbeitgeber gibt, die lieber eine Abgabe zahlen, als Menschen mit einer anerkannten Schwerbehinderung einzustellen.
Zur Schwerbehindertenvertretung der Stadtverwaltung besteht ein guter Kontakt und ein reger Austausch zu Querschnittsthemen.


Inklusion

Im vergangenen Jahr haben sich die Beschwerden und Fragen von Menschen gehäuft, die einen beim Versorgungsamt einen Schwerbehindertenausweis oder eine Änderung ihrer Einstufung beantragt haben und lange Wartezeiten erlebt haben. Vom Schwerbehindertenausweis hängt eine ganze Reihe weiterer Genehmigungen und Vergünstigungen ab, auf die Menschen mit einer Behinderung dann lange warten müssen.
Ich habe mich deswegen mit dem Landratsamt Böblingen, zu dem das Versorgungsamt Stuttgart gehört, in Verbindung gesetzt und dort erfahren, dass das im Versorgungsamt eingesetzte rd. 20 Jahre alte landeseinheitliche Fachverfahren DEVISS im Laufe der Jahre zunehmend störungsanfälliger und instabiler geworden ist und sich dadurch Verzögerungen ergeben. Zudem wurde zum 01.12.2017 im Versorgungsamt die Elektronische Akte und ein Dokumentenmanagementsystem eingeführt. Dies erfordert einen erheblichen technischen und organisatorischen Umstellungsaufwand und eine komplette mentale Neuausrichtung der gewohnten Arbeitsweise von Papierakte auf vollständige Digitaltätigkeit.


Soziale und kulturelle Teilhabe

Ein wichtiges Anliegen von Menschen mit Behinderung ist die Teilhabe an der Gesellschaft, an kulturellen Veranstaltungen und an politischer Wirksamkeit. Eine Grundbedingung der Teilhabe ist die Information über das Vorhandensein, die Erreichbarkeit und Zugänglichkeit von Angeboten.

Stadtführer für Menschen mit Behinderung:
Eine wichtige Hilfestellung soll in diesem Zusammenhang der „Online-Stadtführer für ALLE zum Thema Barrierefreiheit“ werden, der seit Jahren ein besonderes Anliegen der Stuttgarter Behindertenverbände ist. Der Stuttgarter Beirat für Menschen mit Behinderung hatte den Stadtführer in den Haushaltsplanberatungen für 2018/2019 mit höchster Priorität versehen. Ein Online-Stadtführer soll im Rahmen einer barrierefreien Internetseite Informationen über die Zugänglichkeit von Standorten verschiedenster Branchen für Bürgerinnen und Bürger der Stadt und Region Stuttgart sowie auch für Touristen enthalten. Die unterschiedlichen Bedürfnisse der Menschen mit Behinderung erfordern eine differenzierte Erhebung, Gliederung und Aufbereitung der Informationen, damit alle Menschen mit Behinderung diese strukturiert vorfinden und selbstständig abrufen können. Diese Aufgabe muss aufgrund ihrer Komplexität und der umfangreichen Datenerhebung von einem darauf spezialisierten Dienstleister übernommen werden. Der Gemeinderat hat im Rahmen der Haushaltsplanberatungen für die Jahre 2018/2019 die dafür notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt. Im vergangenen Jahr wurde eine EU-weite Ausschreibung durchgeführt, um einen solchen Dienstleister zu finden. Anfang 2019 wird mit der Arbeit an dem Online-Stadtführer begonnen. Voraussichtlich kann das neue Portal Anfang 2020 online gehen.

Inklusive Angebote bei der vhs stuttgart
Auch im vergangenen Jahr gab es wieder einen regelmäßigen und fruchtbaren Aus-tausch mit der vhs Stuttgart, dem wichtigsten Träger der Erwachsenenbildung in Stuttgart. Die vhs hat in vorbildlicher Weise eine Reihe von inklusiven Angeboten entwickelt und diese mittlerweile fest im Programm etabliert. Dafür bin ich besonders dankbar.


Wirtschaftliche Situation und Existenzsicherung

In der Sprechstunde melden sich regelmäßig Menschen mit einer Behinderung oder Familien mit einem behinderten Kind, die aufgrund ihrer besonderen Lebenssituation in einer prekären finanziellen Lage sind. Die Rolle des Behindertenbeauftragten besteht in diesen Fällen in der Information, der Beratung, der Interessenvertretung gegenüber den Krankenkassen, Sozialversicherungsträgern, Ämtern oder in der unterstützten Vermittlung an die zuständigen Behörden und insbesondere an die Fachämter der Stadtverwaltung. Die Zusammenarbeit mit dem Sozialamt und Gesundheitsamt funktioniert seit Jahren gut und zuverlässig.

Die Klärung von Problemstellungen mit den Krankenkassen verläuft unterschiedlich. Inzwischen gibt es bei einigen Krankenkassen „bewährte“ Ansprechpartner/-innen, die aber natürlich auch in einen bestimmten Rahmen eingebunden sind. Manche Fälle lassen sich schnell und unkompliziert lösen, bei anderen Fällen tauchen ungeahnte Probleme auf, so dass dann gelegentlich den ratsuchenden Menschen auch nur empfohlen werden kann, eine gerichtliche Klärung zu suchen.


Bildung (in Kindertageseinrichtung und Schule)

Auch im vergangenen Jahr gingen einige Anfragen bzw. Problemanzeigen von Eltern mit einem behinderten Kind in einer Kindertageseinrichtung oder in einer Schule ein. Dazu muss gesagt werden, dass die inklusive Betreuung von Kindern mit Behinderung in Kindertageseinrichtungen in der Regel gelingt. Viele Einrichtungen haben sich auf den Weg gemacht, um die inklusive Betreuung gut zu ermöglichen. Dennoch sind strukturelle Schchstellen bemerkbar, die es schwieriger machen, gute Lösungen zu finden. Im Jahr 2018 hat dazu eine referats- und ämterübergreifende Arbeitsgruppe an einem Konzept unter der Überschrift „Kita für ALLE“ gearbeitet.

Beirat für Menschen mit Behinderung in der Landeshauptstadt Stuttgart
Der Beirat für Menschen mit Behinderung tagte im vergangenen Jahr vier Mal; einige der behandelten Themen sind oben bereits angesprochen worden.
Weitere Themen, die im Beirat behandelt wurden, waren zum Beispiel:
· Vorstellung der Tätigkeit des Gesamtschwerbehindertenbeauftragten der Stadt Stuttgart
· Umsetzung des Bundesteilhabegesetztes in Stuttgart
· Begleitete Elternschaft für Menschen mit einer geistigen Behinderung
· Gründung eines MZEB (Medizinisches Zentrum für Erwachsene mit einer geistigen Behinderung) in Stuttgart
· Förderbudget für inklusive Freizeitangebote


Vernetzungsarbeit, Initiativen und Aktuelles

Seit 2016 treffen sich die kommunalen Behindertenbeauftragten der Region Stuttgart zweimal im Jahr. Diese Vernetzung ist sehr wichtig und hilfreich bei der täglichen Arbeit, da die Behindertenbeauftragten in der Region gemeinsame und übergreifende Themen haben. Über die Region Stuttgart hinaus finden regelmäßige Zusammenkünfte im Netzwerk Inklusion des Städtetages Baden-Württemberg statt. Auch gibt es einen internetgestützten Austausch im Netzwerk der Behindertenbeauftragten der Deutschen Großstädte.


Ende meines Ehrenamtes am 31. Dezember 2018
Meine Tätigkeit endete planmäßig am 31.12.2018. Ich bin dem Gemeinderat außerordentlich dankbar dafür, dass er dem quantitativen und qualitativen Arbeitszuwachs der letzten Jahre Rechnung getragen und eine hauptamtliche Stelle eingerichtet hat.


Hauptamtliche Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung

Seit Oktober ist Frau Simone Fischer hauptamtliche Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung. Mit der Stellenbesetzung zum 01.10.2018 wurde ein fließender Aufgabenübergang ermöglicht.


Notwendiger Hinweis

Wenn ich hier über meine Aufgaben und meine Arbeit berichte, dann ist es offensichtlich, dass diese Arbeit nur mit der tatkräftigen und engagierten Unterstützung durch die Mitarbeiterinnen in der Geschäftsstelle geleistet werden konnte. Dafür danke ich den Kolleginnen Frau Philipp-Soppa und Frau Fiechtner ganz herzlich.




Stuttgart, im Januar 2019


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GRDrs 21_2019 Anlage 2.pdf